Der Sohn des Börsenmaklers
Salomon Amschel Schnapper und dessen Ehefrau Louise, geb. Straus, stammte aus einer alteingesessenen Ffter jüdischen Kaufmannsfamilie, die mit den
Rothschild verwandt war.
Gutle Schnapper, eine Schwester von Amschel Wolf Schnapper (1764-1838; d. i. wahrscheinlich Sch.-A.s Großvater), hatte 1770
Mayer Amschel Rothschild geheiratet und war dadurch zur Stammmutter der weltberühmten Bankiersdynastie geworden.
Amschel Mayer Rothschild, „der Ffter“ ihrer fünf Söhne, war Sch.(-A.)s Gevatter, von dem der Junge auch den zweiten Vornamen bekam. Mütterlicherseits war Sch.(-A.) ein Neffe von Salomon Straus (auch: Strauss, Strauß; 1795-1866), dem Ehemann von
Börnes Freundin
Jeanette, geb. Wohl; aus dem Erbe des Ehepaars Straus(s) erhielt er später
Börnes Nachlass, den er in kleineren Publikationen auswertete. Verheiratet (seit 1880) mit Johanna Arndt (1847-1923), deren Geburtsnamen das Ehepaar mit Genehmigung der königlichen Regierung seit 1887 zusätzlich im Familiennamen (als Doppelname „Schnapper-Arndt“) führte; Johanna Sch.-A. begleitete ihren Mann bei dessen wissenschaftlicher Arbeit, etwa auf den damit verbundenen Studienreisen, und war selbst sozial engagiert, u. a. als Vorsitzende und Delegierte des Vereins „Jugendwohl e. V.“.
Sch.(-A.) erhielt Privatunterricht, da er wegen eines Fußleidens keine Schule besuchen konnte. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit volkswirtschaftlicher Literatur. Angeregt durch die Lektüre des „Kapitals” von Karl Marx wandte er sich sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Forschungen zu. Nach Reisen nach Frankreich, England und in die Niederlande trat er 1877 eine Stelle, zunächst als Volontär, im Königlich Preußischen Statistischen Bureau in Berlin an. Dort machte sich Sch.(-A.) unter der Anleitung des Direktors Ernst Engel mit Methoden der Statistik vertraut und widmete sich wirtschaftshistorischen Studien. Dann absolvierte er ein Studium in Straßburg (bei Gustav Schmoller) und Tübingen, wo er bei Gustav Rümelin 1882 promovierte. Aufgrund seiner richtungweisenden Dissertation „Fünf Dorfgemeinden auf dem Hohen Taunus. Eine socialstatistische Untersuchung über Kleinbauernthum, Hausindustrie und Volksleben” (im Druck 1883) gilt Sch.-A. heute als Pionier auf dem Gebiet der sozialwissenschaftlichen Feldforschung, wobei er erstmals vor allem statistische Methoden anwandte. Nach weiteren Studienaufenthalten in Wien, Berlin, Heidelberg und Wiesbaden sowie größeren Reisen kehrte Sch.-A. 1897 nach Ffm. zurück. Hier widmete er sich als Privatgelehrter seinen sozialwissenschaftlich-statistischen und wirtschaftshistorischen Forschungen. Bereits seit 1885 arbeitete Sch.(-A.) zudem an der Akademischen Abteilung des Freien Deutschen Hochstifts als nebenamtlicher Dozent in der Sektion für Soziale Wissenschaften (bzw. Volkswirtschaft) mit, für die er u. a. einen der ersten Lehrgänge hielt (über „Die menschliche Lebensdauer unter dem Einflusse der sozialen Faktoren und die Methode der Bestimmung derselben“ im Sommersemester 1885) und den vom Hochstift veranstalteten „Sozialen Kongress“ im Oktober 1893 mitorganisierte. 1901 wurde Sch.-A. als Dozent für Statistik an die neu gegründete Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Ffm. berufen. Seine Vorlesungen behandelten viele seiner Interessengebiete, z. B. die Geschichte des Geldverkehrs, die Bevölkerungsstatistik oder die Geschichte der Lebenshaltung. Die Schwerpunkte seiner Arbeit aber waren Wirtschaftsgeschichte und Sozialstatistik, wobei er oftmals Ffter Themen anschnitt. Hier entwickelte er die Methode einer Miniaturstatistik unter Berücksichtigung der Gesellschaft in der Gesamtheit ihrer Beziehungen.
Vorstandsmitglied des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus. Mitglied des Vereins für Sozialpolitik.
Zu Lebzeiten veröffentlichte Sch.-A. einige weitere, meist kleinere Schriften, oft von außergewöhnlicher journalistischer Anschaulichkeit in der Beschreibung sozialer Zustände, u. a. „Zur Methodologie sozialer Enquêten. Mit besonderem Hinblick auf die neuerlichen Erhebungen über den Wucher auf dem Lande“ (1888), „Zur Theorie und Geschichte der Privatwirtschafts-Statistik“ (1903) und „Nährikele. Ein sozialstatistisches Kleingemälde aus dem schwäbischen Volksleben“ (Nachdruck 1906 posthum). Außerdem publizierte er lokalhistorische Beiträge, u. a. „Jüdische Interieurs zu Ende des 17. Jahrhunderts” (1887) und „
Johann Erasmus Senckenberg über den Ratsherrn Hermann Jakob Goethe” (1892), und literaturhistorische Schriften unter Auswertung von
Börnes Nachlass, insbesondere die Aufsätze „
Jeanette Straus-Wohl und ihre Beziehungen zu
Börne” (1887) und „Jugendarbeiten
Ludwig Börne’s über jüdische Dinge” (3 Teile, 1888-92) sowie den Artikel über
„Jeannette Straus-Wohl” [sic!] in der „Allgemeinen Deutschen Biographie“ (1898). Dagegen blieben einige größere Arbeiten, angeblich infolge von des Autors eigenem Anspruch der höchsten Gründlichkeit, zunächst ungedruckt und erschienen erst posthum in den Bänden „Vorträge und Aufsätze“ (hg. v. Leon Zeitlin, 1906), „Sozialstatistik. Vorlesungen über Bevölkerungslehre, Wirtschafts- und Moralstatistik” (hg. v. Leon Zeitlin, 1908), „Beiträge zur Ffter Finanzgeschichte” (hg. v.
Karl Bräuer, 1910) und „Studien zur Geschichte der Lebenshaltung in Ffm. während des 17. und 18. Jahrhunderts” (Auszüge aus dem unvollendeten Hauptwerk „Geschichte des Geldverkehrs, der Preise und der Lebenshaltung in der Reichs- und Handelsstadt Ffm.“, hg. v.
Karl Bräuer, 2 Teile, 1915).
Wissenschaftlicher Nachlass in der Handschriftenabteilung der UB Ffm.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 318,
).