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Metzner, Adolf

Adolf Metzner
Adolf Metzner bei den Leichtathletikeuropameisterschaften in Turin 1934 Fotografie der Pressebild-Agentur Schirner (1934). Bildquelle: Stadtarchiv Frankenthal.
© Pressebild-Agentur Schirner/Deutsches Historisches Museum, Berlin.
Metzner, Karl Adolf. Prof. Dr. med. Arzt. Leichtathlet. Sportfunktionär. * 25.4.1910 Frankenthal/Pfalz, † 5.3.1978 Hamburg, begraben in Frankenthal/Pfalz.
Sohn des Brauereibesitzers und Malzfabrikanten Otto Daniel M. (1873-1921) und dessen Ehefrau Hedwig Marie Elisabeth.
1926 Mittlere Reife an der Realanstalt am Donnersberg in Bolanden. 1929 Abitur an der Oberrealschule Worms. Anschließend Studium der Medizin in Ffm., München, Gießen, Innsbruck, Kiel und Berlin, abgeschlossen mit der Staatsexamensprüfung in Düsseldorf (1936). Im Dezember 1938 Promotion an der Ffter Universität. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs Assistenzarzt am Physiologisch-Chemischen Institut in Ffm.
M. war einer der herausragenden deutschen Kurzstreckenläufer der 1930er Jahre. Ab 1924 war er beim FV Frankenthal aktiv. 1929 wechselte er in die überregional erfolgreiche Leichtathletikabteilung von Eintracht Fft. In deren Trikot feierte er eine Reihe bedeutender Erfolge, darunter fünf deutsche Meistertitel 1931, 1932 und 1934 (jeweils im 400-Meter-Lauf) sowie 1936 und 1937 (jeweils mit der 4-mal-100-Meter-Staffel). Den Höhepunkt seiner sportlichen Karriere erreichte er bei den ersten Leichtathletikeuropameisterschaften in Turin 1934 durch Siege auf der 400-Meter-Strecke und mit der deutschen 4-mal-400-Meter-Staffel. Von 1930 bis 1937 absolvierte M. 14 Länderkämpfe für die deutsche Leichtathletiknationalmannschaft, zudem nahm er an den Olympischen Spielen in Los Angeles 1932 und in Berlin 1936 teil.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten unterstützte M. die Sportpolitik des neuen Regimes. Bereits 1932 hatte er begonnen, Artikel für die von seinem Bruder Emil Rudolf M. (1905-1961) herausgegebene Leichtathletikzeitschrift „Der Aktive“ zu verfassen. Während seine Beiträge anfänglich keine klare politische Linie erkennen ließen, finden sich ab 1933 zahlreiche Loyalitätsbekundungen gegenüber der NS-Regierung sowie völkische und rassistische Motive. Am 1.9.1933 schloss M. sich der SS an. Ab 1937 betätigte er sich als Übungsleiter in der Ffter SS-Sportgemeinschaft. Zum 1.5.1937 wurde er Mitglied der NSDAP. Seine Karriere als Sportfunktionär begann im darauffolgenden Jahr: Im März 1938 ernannte ihn der Gausportführer Adolf Beckerle zum Gaufachwart für Leichtathletik des Gaus XIII Südwest. Im Dezember 1938 übernahm er gemeinsam mit dem Fußballer Rudolf Gramlich das Amt des „Vereinsführers“ von Eintracht Fft. Auf beiden Posten löste er den Stadtturnrat Hans Söhngen ab. Am 20.5.1940 verabschiedete eine außerordentliche Hauptversammlung der Eintracht unter M.s Leitung eine neue Satzung, die – wie von der NS-Reichssportführung gefordert – erstmals einen „Arierparagraphen“ zum Ausschluss jüdischer Mitglieder enthielt. M. und Gramlich wurden zudem im Amt bestätigt, das sie offiziell bis 1942 bekleideten. Die Verpflichtung als „Vereinsführer“ 1940 nahm M. im Rahmen eines Urlaubs vom Kriegsdienst wahr. Faktisch leitete den Verein ab Mai 1940 bis zum Kriegsende kommissarisch der Tennisspieler Anton Gentil.
Im Oktober 1939 wurde M. zur bewaffneten SS eingezogen und zugleich zum SS-Untersturmführer befördert. Bis Kriegsende kam er als Lazarett-, Truppen- und Musterungsarzt im annektierten Posen, in Wien, Berlin, vermutlich in Russland sowie ab 1944 bei einer SS-Artillerieschule im brandenburgischen Glau zum Einsatz. Er stieg im August 1940 zum SS-Obersturmführer und 1942 zum SS-Hauptsturmführer auf. Hinsichtlich seiner Einheitszugehörigkeiten und Funktionen liegen nur fragmentarische Informationen vor. M. selbst trug zu diesen Unklarheiten bei, indem er seine Karriere in der Waffen-SS nach 1945 systematisch zu verschleiern versuchte.
Nach Kriegsende wurde M. kurzzeitig von den Alliierten interniert, kam jedoch im Januar 1946 wieder frei. Im März 1949 wurde er in einem Spruchkammerverfahren in Fritzlar als „Mitläufer“ eingeordnet. In den 1950er und 1960er Jahren avancierte M. zum renommierten Sportarzt, -wissenschaftler und -journalisten. 1953 erhielt er eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Leibesübungen, wo er mit einem Kollegen, dem Kardiologen Ernst Gadermann (1913-1973), wegweisende Studien zur telemetrischen EKG-Messung durchführte. Ab 1966 leiteten beide gemeinsam ein vom Deutschen Sportbund eingerichtetes Sportmedizinisches Untersuchungs- und Forschungszentrum (heute: Institut für Sport- und Bewegungsmedizin) an der Universität Hamburg. 1971 ernannte der Hamburger Senat M. zum Professor. Ein Jahr später wurde er aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Ab 1960 betreute er alleinverantwortlich das neu geschaffene Sportressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.
1949 Goldene Ehrennadel von Eintracht Fft.
Wie testamentarisch von M. verfügt, floss nach seinem Tod eine Million Mark aus seinem Vermögen in die Gründung der Adolf-M.-Stiftung (1982). Diese förderte fortan kulturelle und soziale Projekte in der Stadt Frankenthal, u. a. die Anlage des Adolf-M.-Parks, in dem die Bronzestatue eines Staffelläufers (von Fritz Fleer, aufgestellt 1985) an M. erinnert, sowie die Veranstaltung des zweijährlich stattfindenden Adolf-M.-Musikwettbewerbs mit der Vergabe eines Preises für junge Talente (1999-2017). 2010 machte der Frankenthaler Förderverein für jüdisches Gedenken auf M.s SS- und NSDAP-Mitgliedschaft aufmerksam. Im Zuge einer kontroversen Debatte wurde über eine Umbenennung des Musikpreises diskutiert und eine Büste M.s aus dem CongressForum Frankenthal entfernt.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Maximilian Aigner.

Literatur:
                        
Aigner, Maximilian: Vereinsführer. Vier Funktionäre von Eintracht Fft. im Nationalsozialismus. Göttingen [Copyright 2020]. (Studien zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 4).Aigner: Vereinsführer 2020. | Frankenthal einst und jetzt. Hg.: Stadtverwaltung Frankenthal/Pfalz u. a. Bisher 62 Jahrgänge. Frankenthal 1959-2020.Nestler, Gerhard: Adolf Metzner – eine deutsche Biographie. In: Frankenthal einst u. jetzt 2010, S. 28-36. | Thoma, Matthias: „Wir waren die Juddebube“. Eintracht Fft. in der NS-Zeit. Göttingen 2007.Thoma: Eintracht Fft. in der NS-Zeit 2007.
Quellen: Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 520/FH, Karton 215, Metzner, Adolf. | Stadtarchiv Frankenthal.Stadtarchiv Frankenthal, Bestand XVI/5 Adolf Metzner. | Stadtarchiv Frankenthal.Stadtarchiv Frankenthal, Bestand XIII/2/9 Nr. 3 Athletik-Freund/Der Aktive. | Stadtarchiv Frankenthal.Stadtarchiv Frankenthal, Bestand XIII/10 Personen M.
Internet: Hessische Biografie, Kooperationsprojekt des Instituts für Personengeschichte in Bensheim und des Hessischen Instituts für Landesgeschichte in Marburg zur Erstellung einer umfassenden personengeschichtlichen Dokumentation des Landes Hessen. https://www.lagis-hessen.de/pnd/125146361Hess. Biografie, 25.11.2021. | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Metzner_(Leichtathlet)Wikipedia, 25.11.2021.

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Empfohlene Zitierweise: Aigner, Maximilian: Metzner, Adolf. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/12523

Stand des Artikels: 3.2.2022
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 12.2021.