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Söhngen, Hans

Hans Söhngen
Hans Söhngen
Fotografie [aus: Ffter Sportgemeinde Eintracht (F. F. V.) e. V., Vereins-Nachrichten 7 (1933), Nr. 12, Dez. 1933, Titel].
© Eintracht Frankfurt Museum, Ffm.
Söhngen, Hans. Lehrer. Sportler. Sportfunktionär. * 22.5.1895 Ffm., † 3.9.1985 Wiesbaden.
Sohn des Kunstmalers Andreas Bernhard S. (1864-1920).
Von 1902 bis 1910 Besuch der Pestalozzischule in Ffm. Ausbildung zum Volksschullehrer an der Präparandenanstalt in Montabaur, ab 1913 am dortigen katholischen Lehrerseminar. Im Mai 1915 freiwillige Meldung zum Heeresdienst beim Reserve-Infanterie-Regiment 64. Ausbildung zum Stoßtruppführer. Zahlreiche Einsätze an der Ostfront, ab Oktober 1915 an der Westfront. Schwere Verwundungen und Lazarettaufenthalte in Nordfrankreich (Januar bis Mai 1917) und Ffm. (ab November 1918). Nach Kriegsende Entlassung aus dem Heeresdienst im Rang eines Leutnants. Abschluss der Lehrerausbildung mit dem ersten Examen in Fulda (1919) und dem zweiten Examen in Ffm. (1920). Zunächst Vertretungslehrer an diversen Ffter Schulen. 1929 endgültige Ernennung zum Volksschullehrer an der Brentanoschule in Ffm.-Rödelheim.
Ab 1918 Betätigung in Organisationen der extremen Rechten: Mitglied des Nationalverbands Deutscher Offiziere (1918-34) und des Alldeutschen Verbands (1918-31). Im Mai 1931 Beitritt zur NSDAP, im Dezember 1931 zur SA. Ab 1932 Mitarbeit in der Ffter Ortsgruppe des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB).
Daneben umfangreiches sportliches Engagement: Seit 1913 Mitglied im Ffter Fußballverein (FFV; ab 1920: Turn- und Sportgemeinde Eintracht von 1861); dort aktiv in der Leichtathletik-, Rugby- und Fußballabteilung. Wegen interner Streitigkeiten 1924 Wechsel zum Lokalrivalen FSV Fft. Ab 1925 Kreissportwart des Süddeutschen Fußball- und Leichtathletikverbands (SFLV). Zudem Mitarbeiter in Gremien des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen (DRA) sowie Einsätze als Fußballschiedsrichter und Leichtathletikkampfrichter.
Von 1933 bis 1936 gelang S. dank seines Rufs als „alter Kämpfer“ und seiner Kontakte zu ranghohen NS-Funktionären wie dem Gausportführer und SA-Gruppenführer Adolf Beckerle ein rascher beruflicher und gesellschaftlicher Aufstieg. Ab Mai 1933 Presse- und Sportwart der SA-Standarte 63. 1934 Beförderung zum SA-Sturmführer. Im Juli 1933 Ernennung zum stellvertretenden Leiter der Pestalozzischule in Ffm.-Riederwald. Ab September 1933 Assistent des Stadtturnrats Heinrich Echternach (1872-?). 1934 kommissarische Übernahme von dessen Amtsgeschäften. 1935 offizielle Ernennung zum Stadtturnrat und städtischen Beamten auf Lebenszeit. In dieser Funktion Mitglied im Aufsichtsrat der Stadion GmbH und im Beirat des städtischen Sportamts. In letztgenanntem Gremium unterstützte S. 1935 eine Initiative zum Ausschluss aller Jüdinnen und Juden vom Besuch städtischer Badeanstalten.
1933 kehrte S. zu Eintracht Fft. zurück. Im August 1933 ernannte ihn der Vorsitzende Egon Graf von Beroldingen, der den Club seit Mai 1933 nach dem „Führerprinzip“ leitete, zu seinem Stellvertreter. Im September 1933 verabschiedete eine außerordentliche Hauptversammlung der Eintracht entsprechend den Vorgaben der NS-Reichssportführung eine neue Satzung. Beroldingen erhielt nun offiziell den Titel des „Vereinsführers“, S. gehörte weiterhin als sein Stellvertreter einem neu geschaffenen „Vereinsrat“ an. Nach Beroldingens Tod im Oktober 1933 übernahm S. dessen Posten kommissarisch. Eine außerordentliche Hauptversammlung bestätigte ihn im April 1934 im Amt. Zugleich bekleidete S. nun die Funktion des „Dietwarts“ und war damit für die ideologische Schulung der Vereinsmitglieder zuständig. Vor allem in der Außendarstellung trieb er die Integration der Eintracht in das NS-Sportsystem voran, etwa durch linientreue Reden oder Publikationen in der Vereinszeitung. Ein „Arierparagraph“ zum Ausschluss jüdischer Mitglieder wurde zwar erst nach seiner Amtszeit in die Satzung aufgenommen, ab 1937 hatten potentielle Neumitglieder in einem Fragebogen jedoch Angaben zu ihrer „arischen Abstammung“ zu machen.
Daneben zahlreiche weitere Funktionen in der neu organisierten NS-Sportverwaltung: Ab 1934 Gaufachwart für Leichtathletik im Gau XIII Südwest, Kreisführer des Deutschen Reichsbunds für Leibesübungen (DRL) und Vorsitzender der Ortsgruppe des DRL, ab nicht bekanntem Zeitpunkt Vertrauensmann des Propaganda-Ausschusses für die Olympischen Spiele 1936. Von 1. bis 12.8.1936 Mitglied des internationalen leichtathletischen Kampfgerichts bei den Olympischen Spielen in Berlin.
Ab Ende 1936 geriet S. durch eine Reihe persönlicher Affären stark in Bedrängnis. Wegen Gerüchten über außereheliche Affären leitete die SA-Gruppe Hessen nach einem Hinweis von Oberbürgermeister Friedrich Krebs Ermittlungen zu dem Fall ein. Bei Befragungen brachten Mitglieder von Eintracht Fft. zudem Vorwürfe des Machtmissbrauchs, der Vetternwirtschaft und des vereinsschädigenden Verhaltens vor. Die SA-Standarte R 36, der S. seit 1935 angehörte, beklagte mangelndes Engagement. Als Folge wurde S. im August 1938 aus der SA ausgeschlossen. Im Verlauf des Jahres folgten auf Druck Beckerles der Rücktritt als Kreis- und Ortsgruppenführer des DRL, die Abberufung aus dem Beirat des Sportamts sowie die Übergabe der Vereinsführung von Eintracht Fft. an Adolf Metzner und Rudolf Gramlich. Wegen einer Affäre mit der Frau eines Kameraden leitete 1940 auch die Wehrmacht ein Ehrenverfahren gegen S. ein, das mit der Entlassung aus dem Offizierskorps endete.
Ab Mai 1940 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger zur „Wiederherstellung seiner Ehre“, begonnen im niedrigsten Mannschaftsdienstgrad als einfacher Soldat, zunächst bei der Brückenkolonne 627 in Frankreich, ab Oktober 1940 bei der deutschen Militärmission in Rumänien, ab 1941 vermutlich auf dem Gebiet der Sowjetunion. 1942 Beförderung zum Hauptmann der Reserve, 1944 zum Major.
Wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft im Juni 1945 sofortige Entlassung aus dem städtischen Dienst. Rückkehr aus Kriegsgefangenschaft vermutlich im September 1945. Fortan wohnhaft in einer Behelfsunterkunft in Oberliederbach. Im April 1948 Einordnung als „Mitläufer“ durch die Ffter Spruchkammer. Im Mai 1948 erfolgloser Antrag auf Wiedereinstellung als städtischer Schulturnrat. Ab 1950 Vertretungsstelle als Turnlehrer an der Wiesbadener Mittelschule am Riederberg. 1953 Berufung zum Lehrer auf Lebenszeit. 1954 Umzug mit seiner Familie nach Wiesbaden. Zum 1.6.1960 Versetzung in den Ruhestand. Nach 1945 keine Übernahme von Sportfunktionärsposten.
Eisernes Kreuz I. und II. Klasse. Verwundetenabzeichen. 1936 Ehrennadel der Deutschen Sportbehörde für Leichtathletik (DSB). 1936 Deutsche Olympia-Erinnerungsmedaille. 1949 Goldene Ehrennadel von Eintracht Fft.
Der Bruder Gottfried, gen. Friedel, S. (1899-?), ebenfalls Mitglied von Eintracht Fft., war ein sehr erfolgreicher Leichtathlet und gewann zwischen 1919 und 1922 vier deutsche Meistertitel im Staffellauf.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Maximilian Aigner.

Literatur:
                        
Aigner, Maximilian: Vereinsführer. Vier Funktionäre von Eintracht Fft. im Nationalsozialismus. Göttingen [Copyright 2020]. (Studien zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 4).Aigner: Vereinsführer 2020. | Thoma, Matthias: „Wir waren die Juddebube“. Eintracht Fft. in der NS-Zeit. Göttingen 2007.Thoma: Eintracht Fft. in der NS-Zeit 2007.
Quellen: Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 520/11 Nr. 7624. | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 650 B Nr. 5419. | ISG, Personalakten der Stadtverwaltung (Best. A.11.02), ab ca. 1900.ISG, PA 134.591-134.594.
Internet: Hessische Biografie, ein Kooperationsprojekt des Instituts für Personengeschichte in Bensheim und des Hessischen Landesamts für geschichtliche Landeskunde in Marburg zur Erstellung einer umfassenden personengeschichtlichen Dokumentation des Landes Hessen. https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/17233Hess. Biografie, 25.11.2021. | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_SöhngenWikipedia, 25.11.2021.

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Empfohlene Zitierweise: Aigner, Maximilian: Söhngen, Hans. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/12522

Stand des Artikels: 25.11.2021
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 12.2021.