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Merton, Adolf

Adolf Merton
Adolf Merton in der Uniform des 6. Dragoner-Regiments
Fotografie von T. H. Voigt (1914).
© Hessisches Wirtschaftsarchiv Darmstadt (Abt. 119, Nr. 3268).
Merton, Adolf Wilhelm August. Psd.: Adolf Wilhelmi. Dr. phil. Kunsthistoriker. Philosoph. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 24.12.1886 Ffm., ⚔ 30.10.1914 Le Quesnoy (Frankreich).
M. wurde als vierter Sohn von fünf Kindern geboren. Die Eltern, der Großindustrielle Wilhelm (eigentl.: William) M. (1848-1916) und dessen Ehefrau Henriette Caroline Emma, geb. Ladenburg (1859-1939), eine Bankierstochter, waren jüdischer Herkunft. M. und seine Geschwister Alfred M. (1878-1954), Walter Henry M. (1880-1967), Richard M. (1881-1960) und Gerta M. (später verh. von Bissing, 1894-1968) wurden nach der Geburt evangelisch getauft; die Eltern konvertierten 1898 zum protestantisch-reformierten Bekenntnis.
Besuch des Goethe-Gymnasiums bis zum Abitur 1905. Studium der Kunstgeschichte in Straßburg und Wien sowie der Philosophie in Halle/Saale, u. a. bei dem Kunsthistoriker Adolph Goldschmidt (1863-1944). Von 1906 bis 1907 unterbrach M. seine wissenschaftliche Ausbildung, um die einjährige militärische Dienstpflicht im deutschen Heer abzuleisten. Im Jahr 1910 wurde er in Halle mit der kunsthistorischen Arbeit „Die Buchmalerei des IX. Jahrhunderts in St. Gallen unter besonderer Berücksichtigung der Initial-Ornamentik“ promoviert; das Buch erschien 1911 und wurde in mehreren Auflagen publiziert. Laut Angaben seines Freundes, des späteren Schriftstellers, Kunsthistorikers, Juristen und Übersetzers Otto Freiherr von Taube (1879-1973), versammelte M. „auf seiner Studentenbude“ (Taube) in Halle regelmäßig einen Kreis von Kommilitonen, um philosophische Fragen zu diskutieren; dieses Ritual hätte M. an seinem letzten Wohnort Berlin fortgesetzt. Aus der intensiven Beschäftigung mit der Philosophie entstand die Schrift „Die Versöhnung der Gegensätze ohne ihre Aufhebung“, verlegt in Ffm. bei [Joseph] Baer (1913). Das Buch erschien unter dem Pseudonym Adolf Wilhelmi, was die Eltern zumindest begrüßten, wie aus der Korrespondenz mit dem Vater Wilhelm M. hervorgeht. Schließlich war M. das einzige Kind, das sich zum Leidwesen seines Vaters weder der Metallwirtschaft noch den sozialreformerischen Projekten, sondern den schöngeistigen Künsten verschrieben hatte. Gleichwohl war M. als Sohn des weltweit bekannten Hauses M. stolz auf die ökonomischen Erfolge und die sozialen Gründungen.
Schließlich schien M. doch eine Tätigkeit im Berliner Institut für Gemeinwohl in Betracht gezogen zu haben. Sogleich traf der Vater autoritär die Entscheidungen, nämlich dass M. täglich am Vor- oder Nachmittag, auf Wunsch auch von zu Hause, für das Sekretariat des Instituts arbeiten sollte; die Jahresvergütung von 6.000 Mark legte der Familienpatriarch ebenfalls fest. Aus der Überlieferung geht nicht hervor, ob M. die Stelle tatsächlich angetreten hat.
Gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs meldete sich M. als Freiwilliger und kam zunächst in der Funktion eines Leutnants zur Fuhrparkkolonne des Mainzer 6. Dragoner-Regiments. Doch M. wollte an der Front zu kämpfen: „Ich fasste den Entschluß, mich zur Infanterie zu melden, bei der ich nicht nur mit Freuden aufgenommen wurde, sondern sogar gleich eine Kompagnie zu führen bekam“, schrieb er Mitte Oktober 1914 an Taube aus dem nordfranzösischen Villers-lès-Roye. Bereits in den ersten Tagen beim 81. Infanterie-Regiment wurde M. mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Auch für den Fronteinsatz schienen ihm Erkenntnisse aus dem Studium argumentativ nutzbar. Etwas dünkelhaft formulierte er: „An dem guten Zustand meiner Nerven ist aber – davon bin ich überzeugt – meine Philosophie zum großen Teile schuld. Die innere Sammlung, das Verständnis für die Forderung der Stunde, die Konsequenz des Verhaltens auf Grund des logischen Denkens heben den Gebildeten zweifellos aus der Masse heraus, die, zwischen Mut, Verzagtheit und unbegreiflichem Leichtsinn schwankend, die Nervenkraft ganz unwirtschaftlich vergeudet.“ (Zit. nach Otto von Taube: Vorwort, in: Merton: Gedanken über Grundprobleme d. Erkenntnistheorie 1916, S. VIII.) Am 30.10.1914 organisierte M. einen Angriff auf den Ort Le Quesnoy nahe der niederländischen Grenze und kam dabei im Alter von 27 Jahren ums Leben.
Familiengrab auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann II GG 10-11) mit Gedenkinschrift für M.
Zum Andenken an ihren gefallenen Sohn stifteten Wilhelm und Emma M. 1916 das „Adolf Merton-Institut“ mit dem ordentlichen Lehrstuhl für Pädagogik an der Ffter Universität. Die Leitung übertrug das Ehepaar dem Ffter Pädagogen und Kommunalpolitiker Julius Ziehen. Im Jahr 1941 gliederten die Nationalsozialisten das Institut samt Vermögen zwangsweise der neu gegründeten Ffter Universitätsstiftung an.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Heike Drummer.

Lexika: Bibliographie zur Geschichte der Ffter Juden 1781-1945. Hg. v. der Kommission zur Erforschung der Geschichte der Ffter Juden. Bearb. v. Hans-Otto Schembs mit Verwendung der Vorarbeiten von Ernst Loewy u. Rosel Andernacht. Ffm. 1978.Bibliogr. z. Gesch. d. Ffter Juden, S. 535. | Heuer, Renate (Bearb.): Bibliographia Judaica. Verzeichnis jüdischer Autoren deutscher Sprache. 4 Bde. Zunächst (für die Erstausgabe von Bd. 1) München, dann (für alle Bände) Ffm./New York 1981/82-96.Heuer: Bibliographia Judaica 2 (1984), S. 98. | Schiebler, Gerhard: Jüdische Stiftungen in Ffm. Stiftungen, Schenkungen, Organisationen und Vereine mit Kurzbiographien jüdischer Bürger (...). Hg. v. Arno Lustiger im Auftrag der M. J. Kirchheim’schen Stiftung in Ffm. Ffm. 1988, Nachdr. Sigmaringen 1994.Schiebler, S. 78, 85f.
Literatur:
                        
Achinger, Hans: Wilhelm Merton in seiner Zeit. Ffm. 1965.Achinger: Wilhelm Merton 1965, bes. S. 227-232, 332-334. | Merton, Adolf: Die Buchmalerei des IX. Jahrhunderts in St. Gallen unter besonderer Berücksichtigung der Initial-Ornamentik. Phil. Diss. Halle 1911.Merton, Adolf: Die Buchmalerei d. IX. Jahrhunderts in St. Gallen 1911. | Merton, Adolf: Gedanken über Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Bruchstücke aus dem Nachlass. [Mit einem Vorwort von Otto Freiherr von Taube.] München 1916.Merton, Adolf: Gedanken über Grundprobleme d. Erkenntnistheorie 1916. | Roth, Ralf: Wilhelm Merton. Ein Weltbürger gründet eine Universität. Ffm. 2010. (Gründer, Gönner und Gelehrte, Biographienreihe der Goethe-Universität Ffm., hg. v. d. Goethe-Universität Ffm., [Bd. 1]).Roth: Wilhelm Merton 2010, S. 162f. | Wilhelmi, Adolf [d. i. Adolf Merton]: Die Versöhnung der Gegensätze ohne ihre Aufhebung. Philosophische Prolegomena. Ffm. 1913.Wilhelmi, Adolf [d. i. Adolf Merton]: Die Versöhnung d. Gegensätze ohne ihre Aufhebung 1913.
Quellen: Bayerische Staatsbibliothek (BSB), München.Bayerische Staatsbibliothek, Nachlass Otto von Taube, Sign. Taubeana X/1 u. X/4. | Hessisches Wirtschaftsarchiv, eine Einrichtung der hessischen Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammer Rhein-Main, Darmstadt.Hess. Wirtschaftsarchiv Darmstadt, Abt. 15 u. 119. | ISG, Magistratsakten (Best. A.02.01), Serien 1868-1930 und 1930-69.ISG, MA S 1.666 (Schenkung des Dr. Wilhelm Merton und seiner Frau Emma Merton zum Andenken an ihren Sohn Adolf Merton; Errichtung eines Lehrstuhls für Pädagogik, 1915-26). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/933 (Familie Merton). | ISG, Bestand von Akten u. a. der Stiftungsabteilung beim städtischen Rechtsamt (Best. A.30.02), 1875-2002.ISG, Stiftungsabt. 318 [Adolf-Merton-Stiftung, a) Schenkung der Merton’schen Erben zum Bau der Universität (Jügelhaus), b) Adolf-Merton-Institut, Stiftung von 1915/16 für den Lehrstuhl für Pädagogik an der Universität, 1915-38, 1954]. | Münchner Stadtbibliothek, München.Münchner Stadtbibliothek, Monacensia, Nachlass Otto von Taube, Sign. OvT B 1057. | Universitätsbibliothek Basel.UB Basel, Nachlass Adolph Goldschmidt, Sign. UBH NL 20:A 158.

GND: 116907401 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Drummer, Heike: Merton, Adolf. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/13250

Stand des Artikels: 26.4.2023
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 05.2023.