T. wurde von Jesuiten erzogen und trat 1734 in den französischen Heeresdienst ein. Nach Einsätzen in Italien kam er während des Siebenjährigen Kriegs 1758 zu den von Soubise und Broglie in Deutschland befehligten Armeen. Im Januar 1759 war er maßgeblich an den geheimen Übergabeverhandlungen zwischen der französichen Heeresleitung und dem Ffter Rat beteiligt. Nach der kampflosen Besetzung der Stadt übernahm T. als „Statthalter des Königs“ die Zivilverwaltung in Ffm. T. versah sein Amt korrekt und durchaus zum Wohl der Stadt. In seiner vierjährigen Wirkungszeit führte er in Ffm. eine Reihe vorausschauender Neuerungen ein, darunter die Straßenbeleuchtung, eine Feuerlösch- und Müllbeseitigungsordnung. Außerdem begründete er eine anatomisch-chirurgische Fachschule, die zum Vorbild für die 1763 ins Leben gerufene Dr. Senckenbergische Stiftung wurde. Gegen Ende seiner Ffter Zeit bat T. den Rat, sich für seine Erhebung in den Reichsgrafenstand einzusetzen.
Von 1759 bis 1761 bewohnte T. einen Teil von
Goethes Vaterhaus im Großen Hirschgraben. Für den „fritzisch“ gesinnten
Johann Caspar Goethe war die Einquartierung des französischen Leutnants eine schwere Belastung. Obwohl er in dem adligen Militär einen äußerst rücksichtsvollen „Mitbewohner“ hatte, der noch dazu seine kunstsammlerischen Interessen teilte, blieb
Johann Caspar Goethe über die Einquartierung verbittert. T. war gegenüber dem widerwillig „Besetzten“ nachsichtig, und nur einmal kam es zu einem heftigen verbalen Schlagabtausch. Als
Johann Caspar Goethe am Karfreitag 1759 seiner Wut über die Niederlage des Herzogs Friedrich von Braunschweig freien Lauf ließ, drohte ihm T. mit Inhaftierung.
Johann Wolfgang Goethe, der von seiner
Mutter zum Umgang mit dem kunstsinnigen Franzosen angeregt wurde, zeichnet in „Dichtung und Wahrheit“ ein vorteilhaftes Bild des Königsleutnants, überlieferte ihn aber mit der fehlerhaften Namensbezeichnung „de Thorane“.
Für die Ffter Malerszene war T.s. Aufenthalt ein Glücksfall. Gleich nach seiner Einquartierung im Großen Hirschgraben ließ er die Maler zusammenrufen, deren Werke er in
Johann Caspar Goethes Gemäldegalerie gesehen hatte, und bedachte sie mit zahlreichen Auftragsarbeiten. Zu den von T. besonders geschätzten Künstlern gehörten
Christian Georg Schütz d. Ä.,
Johann Georg Trautmann und
Johann Conrad Seekatz, wobei letzterer, ein an französischer Rokokomalerei orientierter Künstler, am meisten beschäftigt wurde. Für seinen Familienwohnsitz in Grasse ließ T. von
Seekatz zwölf Monatsbilder anfertigen. (Das Atelier befand sich in
Johann Wolfgangs ausgeräumtem Kinderzimmer.)
Nach seinem Weggang aus Ffm. war T. für einige Jahre als Gouverneur auf Santo Domingo, wo ihn
Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ irrtümlich sterben ließ. In Wirklichkeit aber kehrte T. 1768 nach Frankreich zurück und zog sich nach seinem Ausscheiden aus dem Heeresdienst in seine Heimatstadt Grasse zurück.
Zeitgenössisches Porträt (Ölgemälde von Jakob Andreas Scheppelin, 1762/63) in Kopie (von Ernst Hemken, vor 1896) im Besitz des Ffter Goethe-Museums.
In Grasse wurden die rund 200 von T. in Ffm. in Auftrag gegebenen Bilder 1876 von dem Kunstsammler Martin Schubart wiederentdeckt. Während sich die überwiegende Zahl noch heute dort befindet, wurden
Seekatz’ Monatsbilder 1907 dem Freien Deutschen Hochstift geschenkt; sie sind im Gartensaal des Goethe-Museums zu sehen.
„Der Königslieutenant“ (Lustspiel von
Karl Gutzkow, 1849).
Graf-de-T.-Passage zwischen Großem Hirschgraben und Berliner Straße.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 475f.,
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Dieser Artikel wurde noch nicht abschließend für das Frankfurter Personenlexikon überarbeitet.