Drittes Kind von Wilhelm Friedrich V. (1794-1879), Lehrer und späterem Direktor des städtischen Gymnasiums in Lüneburg, und dessen Ehefrau Rosalie Franziska, geb. Kintzel (1792-1877).
Nach dem Besuch des Gymnasiums begann V. im Mai 1842 an der Göttinger Universität das Studium der Rechtswissenschaften, wechselte im September 1843 zu den Naturwissenschaften, wo er vor allem chemische und mineralogische Vorlesungen hörte. Zu seinen Lehrern gehörte der Chemiker
Friedrich Wöhler. 1845 Promotion und anschließend Habilitation zum Privatdozenten in Göttingen. Mitglied des Corps Hannoverana. 1848 schloss sich V. der revolutionären Bewegung an und war Vorsitzender des Demokratischen Klubs in Göttingen. Dort Bekanntschaft mit
Johannes Miquel, der ihn zeitweise unterstützte. V. wurde als Demokrat im Königreich Hannover bekannt durch seine Bemühungen, die Revolution auf das Land zu tragen, um dort Volksversammlungen zu organisieren. Nach gewalttätigen Ausschreitungen während einer Versammlung bei der Burg Plesse am 30.7.1848 wurde ein Untersuchungsverfahren gegen ihn eingeleitet, so dass er im Frühjahr 1849, nachdem er seine Cousine Luise V. (1822-1902) geheiratet hatte, in die Schweiz emigrierte. Aus der Ehe gingen die Kinder Agnes Volger-Volger (1853-1905) und Kurt V. (1860-1876) hervor; zwei weitere Kinder starben kurz nach der Geburt.
Seit April 1849 war V. als Volksschullehrer in Muri im Kanton Aargau tätig, wechselte 1851 als Lehrer an die Kantonschule in Zürich und wirkte später an der dortigen Universität. In Zürich lernte er viele Emigranten kennen, u. a. den Dichter Georg Herwegh, mit dem er Freundschaft schloss. In diesen Jahren verfasste V. seine wichtigsten Werke, etwa Anleitungen für den Naturkundeunterricht und populäre Darstellungen der Naturgeschichte. Als Geologe vertrat er einen radikalen „Neptunismus“, der sich auf die Ansichten Abraham Gottlob Werners (1749-1817) stützte. V. plädierte für einen natürlichen und zeitlich weit gefassten Entwicklungsgang der Erdgeschichte und lehnte später den Darwinismus ab. Er veröffentlichte eine Theorie über die Ursache von Erdbeben, die er im Einsturz von Hohlräumen nach Gesteinsauswaschungen sah. V. sprach sich zudem für eine deutsche Wissenschaftssprache aus und wandte sich gegen die Benutzung von Fremdwörtern. Dazu unternahm er einen ersten Versuch in seiner „Krystallographie“ (1854), die jedoch keine Resonanz unter den Fachkollegen fand. Er vertrat seine Ansichten auf den Versammlungen Deutscher Naturforscher und Ärzte, wo 1863 seine Debatte mit Ernst Haeckel (1834-1919) öffentliche Aufmerksamkeit erlangte.
1856 wurde V. durch Vermittlung von
Friedrich Scharff als Dozent an die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft nach Ffm. berufen, wo er bis 1861 regelmäßig Vorlesungen hielt. Daneben wirkte er in zahlreichen lokalen und regionalen Vereinen mit und regte 1859 die Gründung des Offenbacher Vereins für Naturkunde an. V. war berühmt für die fassliche Darstellung seiner Vorträge, die er durch Naturexkursionen publikumswirksam auszubauen verstand. Als V. 1863 in die Kaiserlich-Leopoldinische Akademie für Naturforscher aufgenommen wurde, nahm er dort den Beinamen „Senckenberg“ an.
Im Zuge der nationalen Mobilisierungswelle und der deutschlandweiten
Schillerfeiern 1859 initiierte V. die Gründung des Freien Deutschen Hochstifts (FDH), zu der sich 56 Unterstützer am 23.10.1859 zusammenfanden, darunter Ludwig Büchner (1824-1899). Das Hochstift sollte eine nationale Akademie und eine freie bürgerliche Hochschule vereinen, um im Sinne einer kulturellen Nationsbildung ein gesamtdeutsches Einheitsbewusstsein zu fördern. Mit dem Plan, durch den Zusammenschluss der städtischen Vereine und Stiftungen unter der Leitung des Hochstifts eine bürgerliche Hochschule zu gründen, wurde die Grundidee der später errichteten Ffter Stiftungsuniversität vorweggenommen. Obwohl das ursprüngliche Konzept des FDH weitgehend ein Torso blieb, setzte V. seine ganze Kraft für dessen Erhalt und Fortentwicklung ein. Schon Anfang der 1860er Jahre gehörte das FDH zu den mitgliederstärksten Bildungsvereinen in Ffm. und bot, neben den allgemeinen Sitzungen, Lehrgänge und Vortragszyklen an. 1865 initiierte es den ersten Deutschen Geographentag in Ffm. Fortschrittlich zeigte sich das FDH durch die Aufnahme von Frauen, die nicht nur Vorträge halten konnten, sondern auch Aufnahme in die Klasse der Meister des Hochstifts fanden. 1862 erwarb V. zunächst als Privatmann
Goethes Geburtshaus, dessen ursprünglicher Zustand durch geplante massive Umbauarbeiten bedroht war. 1863 wurde das
Goethehaus vom Hochstift übernommen, um es als Museum und Gedenkstätte zu nutzen. Trotz zahlreicher Spenden stellten der Erwerb des Hauses und dessen anschließende Restaurierung für das FDH in den nächsten Jahren eine enorme finanzielle Belastung dar.
Als nationale Katastrophe erlebte der großdeutsche Föderalist V. 1866 die Niederlage Österreichs und das Ende des Deutschen Bundes, und er gehörte zu den Gegnern der preußischen Politik unter
Bismarck. Mit der Zäsur des Jahres 1866 wurde das nationale Konzept des Hochstifts immer fragwürdiger. Nach der preußischen Annexion Fft.s galt V. als „Welfe“ und wurde polizeilich überwacht. Er nutzte weiterhin das Hochstift, um seine großdeutschen Ideen zu verbreiten, die er auch nach der Reichsgründung von 1871 äußerte. Zu diesem Zweck setzte er u. a. die
Goetherezeption ein. Im Sinne einer großdeutschen Kulturnation entwickelte er den Plan, die Ffter und Weimarer
Goethestätten in einer nationalen
Goethe-Stiftung zu vereinen. Dafür konnte er sogar die Unterstützung des Weimarer Großherzogs Carl Alexander (1818-1901) gewinnen.
Von 1869 bis 1874 war V. Mitglied der Ffter Stadtverordnetenversammlung; er gehörte zum Kreis des Altdemokraten
Nicolaus Hadermann und wurde 1873 in den Vorstand des Demokratischen Vereins gewählt. Aus der Kommunalpolitik zog sich V. enttäuscht zurück, da er gegen die Stadt Ffm. einen langjährigen Prozess über einen Trinkwasserbrunnen führte. Die Stadt hatte sich geweigert, den Brunnen vertragsgemäß zu übernehmen. Infolge dieses Rechtsstreits und anderer gescheiterter Unternehmungen kam es zu V.s vollständigem Bankrott 1877.
Als 1881, im Zuge des „Berliner Antisemitismusstreits“, V. eine antisemitisch gefärbte Stellungnahme in den Berichten des Hochstifts veröffentlichte, wuchs die Zahl seiner Gegner. Sein eigensinniger Führungsstil, sein starres Festhalten an den ursprünglichen Ideen des Hochstifts und dessen geringe Leistung wurden zunehmend kritisiert. Nachdem dem FDH 1880 durch den Ffter Kanzleirat
Adolf Müller, einen engen Freund V.s, ein Vermächtnis von über einer halben Million Mark zugefallen war und die Behörden deshalb Änderungen der Satzung verlangten, traten diese Konflikte offen zutage und führten im November 1881 zu V.s Sturz als Obmann. Mit allen Mitteln versuchte er, die Umgestaltung des FDH zu verhindern, konnte sich aber damit nicht mehr durchsetzen. Als er Mitglieder der Verwaltung in „Offenen Briefen“ persönlich angriff und dafür weiterhin das offizielle Hochstiftsemblem benutzte, folgte Ende 1882 sein endgültiger Ausschluss. Das Hochstift bewilligte V. später eine Jahresrente von 3.000 Mark.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Hochstift hielt sich V., durch die Auseinandersetzungen der letzten Jahre gesundheitlich angeschlagen, seit 1884 immer öfter in Bad Soden am Taunus auf, wohin er schließlich seinen Wohnsitz verlegte. Seine Tochter Agnes betrieb dort eine „Kräftigungsanstalt für Töchter“, und V. gab für einige Monate die Zeitung „Der Kurgast“ (1884) heraus. Er widmete sich nun wieder verstärkt seinen wissenschaftlichen Forschungen. Im Auftrag des badischen Großherzogs sichtete er den Nachlass des Naturforschers Karl Schimper (1803-1867), mit dem er befreundet gewesen war, und er unternahm optische Versuche, in deren Folge er sein Augenlicht teilweise einbüßte. 1892 bezog die Familie ein Haus („Sonnenblick“; dort Gedenktafel, 1982) in Sulzbach. V. starb dort am 18.10.1897 und wurde in aller Stille am 20.10.1897 in Ffm. beigesetzt.
Wichtige Werke: „Die Krystallographie oder Formenlehre der stoffeinigen Naturkörper“ (1854), „Erde und Ewigkeit. Die natürliche Geschichte der Erde als kreisender Entwicklungsgang im Gegensatze zur naturwidrigen Geologie der Revolutionen und Katastrophen“ (1857), „Untersuchungen über das Phänomen der Erdbeben in der Schweiz“ (3 Bde., 1857-58), „Das Buch der Erde. Naturgeschichte des Erdballs und seiner Bewohner“ (2 Bde., 1859), „Das Freie Deutsche Hochstift für Wissenschaften, Künste und allgemeine Bildung zu Ffm. Vorläufiger Entwurf eines freien Anregungs= und Lehrvereins zur Vertretung der gesammten Deutschen Bildung als einheitlicher Geistesmacht und zur Belebung des Selbstgefühls im Deutschen Volke“ (1859), „
Goethe’s Vaterhaus. Ein Beitrag zu des Dichters Entwicklungsgeschichte“ (1863) und „Die Lichtstrahlen. Allgemein-verständliche Begründung eines bisher nur beiläufig behandelten, wichtigen Abschnittes der ‚physiologischen Optik’“ (1892).
Auf V.s Grabstätte auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann J 815) ließ das Hochstift 1934 einen Gedenkstein errichten. Im selben Jahr, am 10.11.1934, wurde eine Erinnerungstafel mit einem Porträtrelief V.s (von
Richard Scheibe) im Hof des Ffter Goethehauses angebracht.
Der umfangreiche Nachlass V.s befindet sich im Besitz des Freien Deutschen Hochstifts. Im ISG sind weitere Bestände vorhanden, die V.s Tätigkeit als Stadtverordneter und Obmann des FDH betreffen.
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Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 520f.,
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