Der Name M. stammt aus dem Französischen und wird wie „Mikel“ mit langem „i“, kurzem „e“ und Betonung auf der ersten Silbe gesprochen.
Seit 1846 Student der Rechtswissenschaft in Heidelberg und Göttingen, engagierte sich M. 1848 als radikaler Demokrat. Im bürgerlichen Beruf ab 1854 Rechtsanwalt in Göttingen. 1859 Mitbegründer des Deutschen Nationalvereins. Von 1864 bis 1866 Mitglied der 2. Kammer der Hannoverschen Ständeversammlung. 1867 Mitbegründer der Nationalliberalen Partei. Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses (1867-82), des Reichstags des Nordeutschen Bundes (1867-70), des Deutschen Reichstags (1871-77 und 1887-90) und des Preußischen Herrenhauses (1882-90 und 1901). Bürger-, seit 1869 Oberbürgermeister von Osnabrück (1865-69 und 1876-80). Zwischen den beiden Osnabrücker Amtszeiten war M. vorübergehend im Bankgeschäft tätig, zunächst als Direktor (1869-73), dann als Vorsitzender des Verwaltungsrats (1873-76) der Berliner Disconto-Gesellschaft.
Von Osnabrück wechselte M. als Nachfolger von
Daniel Heinrich Mumm von Schwarzenstein 1880 in das Amt des Ffter Oberbürgermeisters. Der Finanzexperte erklärte bei seiner Amtseinführung am 3.3.1880 die Sanierung des defizitären Ffter Haushalts zum Programm. Dem ersten Sparetat für das Haushaltsjahr 1881/82 ging eine Reform des städtischen Rechnungswesens voraus. Strenge Kontrollen der einzelnen Kassen sowie der Einnahmen und Ausgaben der Verwaltungszweige bildeten die Grundlage der Sparpolitik. Die Überprüfung des Ordinariums und des aus Anlehen und Grundstücksverkäufen finanzierten Extraordinariums sorgten für mehr Transparenz. Haupteinnahmequelle der Stadt war der städtische Zuschlag auf die staatliche Klassen- und Einkommenssteuer. Während die Stadtverordnetenversammlung Mehreinnahmen über die Erhöhung des städtischen Zuschlags anstrebte, favorisierte M. die Erhebung indirekter Abgaben sowie Betriebseinnahmen über Gebühren. Auseinandersetzungen mit den Stadtverordneten um die Steuerpolitik überschatteten die Amtszeit M.s. Die städtischen Subventionen für die am 20.10.1880 eröffnete Oper waren ein weiterer Zankapfel der Kommunalpolitik. Nach dem Anstieg des jährlichen Zuschussbedarfs von zuvor 80.000 auf 150.000 Mark erwog M. die Privatisierung des Opernbetriebs. Die Verpachtung der Oper an einen Privatunternehmer scheiterte am Widerstand der Stadtverordneten.
Die Mainkanalisierung bis nach Ffm., die den Anschluss der Hafenstadt an die Binnenschifffahrt sicherstellte, zählt zu den bleibenden Verdiensten M.s. Aufgrund der geringen Tiefe des Fahrwassers konnten moderne Rheinschiffe den Main nicht befahren, ging die Mainschifffahrt von 1863 bis 1878 fast um die Hälfte zurück. Gegenüber den partikularistischen Interessen der Konkurrenzhäfen Mainz, Ludwigshafen und Mannheim erwirkte M. im Verein mit der Ffter Handelskammer bei Handelsminister Maybach und Reichskanzler
Bismarck die Kanalisierung des Mains (1884-86). Trug der preußische Staat die Kosten der Arbeiten am Flussbett, so investierte die Stadt Ffm. 6,3 Millionen Mark in den Bau des Sicherheits- und Handelshafens (Westhafen). Unter der Ägide M.s wurde Fft.s Rang als Verkehrsknotenpunkt durch die Eröffnung des Hauptbahnhofs 1888 gefestigt. Ungeachtet des Sparprogramms M.s erforderte der Bevölkerungsanstieg von 136.831 Einwohnern im Jahr 1880 auf 180.020 im Jahr 1890 Investitionen in die Infrastruktur. In M.s Amtsperiode wurden der Schlacht- und Viehhof (1884/85), das Grundwasserwerk „Forsthaus“ (1885) und die erste europäische Großkläranlage (1887) in Betrieb genommen. Hinsichtlich der Übernahme der Straßenbahnen, der Gaswerke und des geplanten Elektrizitätswerks diktierte M. im Gegensatz zu den Stadtverordneten der Kommune Zurückhaltung. Statt städtische Regiebetriebe einzurichten wurden 1880 bzw. 1883 die Konzessionen der Trambahn- und der beiden Gasgesellschaften verlängert. M. vermied die kostspielige Eingemeindung weiterer Vororte. Aus finanziellen Gründen unterblieb eine vorausschauende Grundstückspolitik, ein Versäumnis, das M. später angekreidet wurde.
Die Neuordnung des Armenwesens datiert in die Anfangsphase der Amtszeit M.s. Nach Erlass der Freizügigkeit 1867 litt das Ffter Armenwesen unter dem Dualismus öffentlicher und privater Fürsorgeeinrichtungen. Weil die traditionellen Stiftungen Hospital zum heiligen Geist, Allgemeiner Almosenkasten und Waisenhaus zugewanderten Bedürftigen die Unterstützung versagten, hatte die Stadt 1870 ein nach Polizeisektionen gegliedertes rein bürokratisches Armenwesen eingerichtet. Angesichts der finanziellen Notlage der Stadt betrieb M. nach seinem Amtsantritt umgehend die Vereinheitlichung der Armenfürsorge. Die von M. entworfene Armenordnung vom 26.1.1883 integrierte die bestehenden Stiftungen in die kommunale Armenpflege, begründete das Armenamt, in dem der Oberbürgermeister, Magistratsmitglieder, Stadtverordnete und Delegierte der Pflegämter vertreten waren, und überzog nach dem Elberfelder System die Stadt mit einem Netz von Armenpflegern. Die Reform des Fürsorgewesens gilt als eine der größten Leistungen M.s während seiner Ffter Amtszeit.
Die Partei des Oberbürgermeisters, die Nationalliberalen, blieb in der Ffter Stadtverordnetenversammlung gegenüber der Demokratischen Partei und der Fortschrittspartei in der Minderheit. Gegen seinen einflussreichen Widerpart, den Demokraten
Leopold Sonnemann, hatte M. einen schweren Stand. Als M. nach den Reichstagswahlen 1887 ein Mandat erhielt, stellte er sein Amt als Ffter Oberbürgermeister zur Verfügung. Einstimmig bat ihn die Stadtverordnetenversammlung um sein Verbleiben im Amt. 1890, M. zählte inzwischen zu den bedeutendsten Kommunalpolitikern seiner Zeit, berief ihn Wilhelm II. zum preußischen Staats- und Finanzminister. Am 24.6.1890, zwei Jahre vor dem Ablauf der regulären, auf zwölf Jahre befristeten Amtszeit, erklärte M. seinen Rücktritt als Oberbürgermeister, um nach Berlin zu wechseln. Dort erwarb er sich mit der Durchführung der preußischen Steuerreform in den Jahren von 1891 bis 1893 neue, herausragende Meriten. Sein Nachfolger im Amt des Ffter Oberbürgermeisters wurde
Franz Adickes.
Nach seiner Demission als Staatsminister am 5.5.1901 kehrte M. nach Ffm. zurück.
Von 1886 bis 1890 Abgeordneter für den Stadtkreis Fft. im Kommunallandtag von Wiesbaden und im Provinziallandtag von Hessen-Nassau.
Die Reden M.s aus den Jahren von 1860 bis 1901 wurden in vier Bänden veröffentlicht (hg. v. Walther Schulze und Friedrich Thimme, 1911-14).
Ffm. dankte M. den Einsatz zum Wohle der Stadt am 1.7.1890 mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts.
1897 Schwarzer Adlerorden und Erhebung in den preußischen Adelsstand.
Ölporträt (von Heinrich von Angeli, 1900) in der Galerie der Oberbürgermeister vor dem Ludwig-Landmann-Saal (Magistratssitzungssaal) im Römer.
Ehrengrabstätte (mit einem Grabmal von
Augusto Varnesi, 1903) auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann D 297).
M.allee, ein Teilstück des Alleenrings um die Ffter Innenstadt.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 56-58,
(redigierte Onlinefassung für das Frankfurter Personenlexikon).