Sohn des Ffter Predigers
Hartmann B. aus dessen Ehe mit Katharina, geb. Ligarius († 1613).
B. sollte nach dem Vorbild des Vaters Theologie studieren. Mit einem Stipendium des Ffter Rats ausgestattet, ging er 1579 an die Universität Straßburg. Nach Erlangung des Magisteriums in den Artes liberales entschloss er sich 1583, zur Medizin zu wechseln, und bezog 1584 die Universität Tübingen. Sein dortiges Studium schloss er 1588 mit einer „Disputatio de furore seu mania, eiusque curatione“ ab und wurde zum Doktor der Medizin promoviert. Im folgenden Jahr ließ sich B. in seiner Heimatstadt als Arzt nieder, wo er bereits am 12.3.1589 zum Physicus ordinarius bestellt wurde. Zu seinen Aufgabenbereichen gehörten u. a. die Aufsicht über die städtische Gesundheitsvorsorge und das Apothekenwesen. Vielleicht in diesem Zusammenhang ist seine Erfindung der noch weit über seinen Tod hinaus berühmten „Pilulae angelicae“ („Engelische Pillen“ oder auch „Ffter Pillen“) zu sehen, die als Konkurrenz für den minderwertigen pseudo-venetianischen Theriak, der seinerzeit den Ffter Markt überschwemmte, entwickelt worden sein könnte; das einstige Geheimrezept wird heute in der Privilegienkammer des ISG aufbewahrt.
B. war dreimal verheiratet: seit 1590 mit Catharina, geb. Treudel, verw. Braumann († 1610), seit 1611 mit Clara, geb. Jacob, verw. Stöckel († 1619), und schließlich seit 1621 mit Ursula, geb. von Botzheim, verw. Rücker (1574-1640). Schon die Heirat mit Catharina Treudel, deren Schwiegervater der Tuchhändler und Ratsherr Christoph Braumann sen. († 1571) gewesen war, hatte B. die Türen zu der angesehenen Ffter Patriziergesellschaft Frauenstein geöffnet, in die er selbst 1613 aufgenommen wurde. Gleichsam im Vorgriff war er Ende 1612 in den Ffter Rat gewählt worden. 1614 bekleidete er das Amt des Älteren Bürgermeisters. Als solcher geriet er in den schweren Konflikt der Patrizier mit den aufständischen Zünften. Nachdem die Aufständischen den Rat am 5.5.1614 im Römer unter Arrest gestellt hatten, leitete B. die Verhandlungen mit deren Anführer
Vinzenz Fettmilch, mit dem gemeinsam er am 19.5.1614 die Rücktrittserklärung des Rates unterschrieb.
Schon im nächsten Jahr legte B. alle öffentlichen Ämter nieder und widmete sich nun wieder seinen mathematischen Studien, die er als Jugendlicher begonnen hatte. Wohl beeinflusst durch seinen Vater, der einen Kommentar zu dem astronomischen Standardwerk des Johannes de Sacrobosco herausgegeben hatte, war B. um 1575 durch die um Ffm. liegenden Ortschaften gewandert und hatte auf astronomisch-geometrische Weise die dortigen Sonnenuhren abgezeichnet, etwa die des Isenburger Schlosses in Offenbach. Ab 1597, nachdem er sich als Arzt etabliert hatte, nahm er seine mathematisch-astronomischen Studien wieder auf, wie er rückblickend 1619 in seiner „Logistica decimalis“ schreibt. Als Ergebnis legte er 1603 zwei Schriften zur Fassmessung vor, in denen es um ein einfaches Verfahren zur mechanischen Inhaltsbestimmung von Weinfässern („Visierkunst“) geht. Diese beiden Werke las auch Johannes Kepler (1571-1630), der sich mit derselben Frage beschäftigte und daraufhin mit B. korrespondierte; seine eigenen Ergebnisse brachte Kepler 1615 im Druck heraus. Nach Beendigung der Ratstätigkeit veröffentlichte B. noch einmal zwei Bearbeitungen seiner stereometrischen Werke (1619/20), vor allem aber seine „Logistica decimalis“ (1619), in der er eine Methode darlegte, die üblichen Brüche in Dezimalnotation zu überführen, und für sich (ungerechtfertigterweise) in Anspruch nahm, damit die Dezimalrechnung erfunden zu haben.
B. starb im Sommer 1625 angeblich an der Pest und wurde vermutlich auf dem Peterskirchhof begraben.
Porträt (Kopie; von
Robert Forell, 1907) im Besitz der Dr. Senckenbergischen Stiftung.
Zeit seines Lebens, wohl schon seit seiner Jugend, hatte B. sich außergewöhnlich viele Bücher angeschafft. Aufbauend auf einem weitgehend theologisch geprägten, aber auch astronomisch-mathematische Werke enthaltenden Grundstock, den er von seinem Vater geerbt hatte, erwarb B. hauptsächlich medizinische Werke, wobei er auf Aktualität und ein breites Spektrum der dargestellten Behandlungsmethoden achtete. Daneben war seine eigene Sammlung vor allem durch sein mathematisches Interesse geprägt. Zum Zeitpunkt seines Todes 1625 umfasste die Bibliothek, die in einem in der UB Ffm. überlieferten Inventar verzeichnet ist, 2.494 Drucke und einige wenige Handschriften: Sie war damit die größte private Büchersammlung in Ffm. im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert.
Im Jahr 1624, ein Jahr vor seinem Tod, vermachte B. zusammen mit seiner Ehefrau Ursula, geb. von Botzheim, die Bibliothek dem Ffter Rat, der sie der damals im ehemaligen Barfüßerkloster befindlichen öffentlichen Bibliothek, der späteren Stadtbibliothek, eingliedern sollte. In der UB Ffm., ihrer Nachfolgeinstitution, sind bis heute die meisten Handschriften und 178 Drucke erhalten. Nicht aus B.s Büchersammlung, aber über den Nachlass ebenfalls in die Stadtbibliothek bzw. die UB Ffm. gelangt sind einige Vorlesungsmitschriften, B.s Korrespondenz mit Medizinern und Mathematikern der Zeit, seine Sammlung von eigenhändigen Sonnenuhrzeichnungen sowie Handschriften des Ffter Mathematikers Simon Jacob († 1564).
Der andere Teil des Erbes, über das im gemeinsamen Testament des kinderlosen Ehepaars B. 1624 verfügt wurde, bestand hauptsächlich aus Grundbesitz und Barvermögen. B. war durch seine ärztliche Tätigkeit, durch seine Heiraten, vielleicht auch durch seine Publikationen und durch die genannten Pillen zu einem der reichsten Männer Fft.s geworden. Den Eheleuten gehörten u. a. Häuser an der Zeil und in der Eschenheimer Gasse; als Gesamtkapital setzten sie 42.000 Gulden fest, das in eine Stiftung überführt werden sollte. Im Fall des Aussterbens der erstbedachten Familienzweige sollten die jährlichen Zinsen an das Siechenhospital, den Almosenkasten, ein Stipendium für einen Medizinstudenten, die städtische Bautätigkeit u. a. mit jeweils festgelegten Geldsummen gehen. Mit den Mitteln der Stiftung wurden etwa die Gründung eines Waisenhauses in Ffm. (noch heute als „Stiftung Waisenhaus“) und die Ausmalung der Katharinenkirche im Jahr 1680 finanziert. Die Dr. Beyer’sche Stiftung besteht bis heute, verfügt aber aufgrund von Inflations- und Kriegsverlusten nur noch über ein dezimiertes Vermögen.
Literarisches Denkmal in dem Stück „Vinzenz Fettmilch“ (1927) von
Adolf Stoltze.
Johann-B.-Weg auf dem Riedberg.
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Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 69,
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