Jurastudium in Halle und Ffm. 1935 Promotion in Hamburg. Nach kurzer Tätigkeit im Staatsdienst, den B. 1936 unter den Nationalsozialisten quittieren musste, spezialisierte er sich auf Wirtschafts- und Steuerrecht und arbeitete ab 1939 in einer Wirtschaftsprüfergesellschaft in Berlin. 1941 wurde B. zur Marine eingezogen; er geriet 1944 in britische Gefangenschaft, aus der er erst 1946 nach Magdeburg zurückkehrte. Von 1946 bis 1949 war B. Ministerialdirektor im Wirtschaftsministerium von Sachsen-Anhalt, und seit Mai 1948 lehrte er als Professor an der Universität Halle.
1930 war B. als 18-Jähriger in die SPD eingetreten; er schloss sich dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold an und war 1932 Vorsitzender der Sozialistischen Studentenschaft in Halle. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten gehörte B. zu den Widerstandskreisen um Carlo Mierendorff und Theo Haubach. Seine politische Orientierung führte dann in der DDR zu neuer Verfolgung: B. wurde am 28.10.1949 verhaftet und als Hauptangeklagter im „Dessauer Schauprozess“ am 29.4.1950 zu 15 Jahren Zuchthaus wegen angeblicher Wirtschaftssabotage und „Sozialdemokratismus“ verurteilt. Sieben Jahre musste B. in Zuchthäusern verbringen, die meiste Zeit in Einzelhaft; 1957 konnte er dann in den Westen gelangen.
B. übernahm bereits 1958 die Leitung der Landesfinanzschule Hessen in Rotenburg/Fulda. Fünf Jahre später, am 1.3.1963, wechselte er zur Landesregierung nach Wiesbaden. Ministerpräsident
Georg August Zinn berief ihn zum Staatssekretär und Chef der Hessischen Staatskanzlei; zugleich wurde B. Direktor des Landespersonalamts. Schon am 2.7.1964 jedoch wurde B. zum Ffter Oberbürgermeister gewählt, und am 27.8.1964 wurde er mit der Vereidigung in das Amt eingeführt. Mit B., der auf Empfehlung des Ministerpräsidenten
Zinn als OB-Kandidat nominiert worden war, endete die „Ffter OB-Krise“, die durch den Rücktritt von
Werner Bockelmann ausgelöst worden war.
B. erwarb sich rasch Achtung, Vertrauen und Sympathie der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gremien wie auch der Bevölkerung Fft.s. Obwohl seine nur sechsjährige Amtszeit von Finanznot und früheren Weichenstellungen der Kommunalpolitik beeinträchtigt war, hat er doch deutlich eigene Akzente gesetzt. Die Verschuldung Fft.s und das Defizit in den Haushaltsplänen konnten in seiner Amtszeit gestoppt werden. Dafür wurden z. B. 1965 auf kostspielige Großprojekte wie die Bundesgartenschau verzichtet und Gebühren- bzw. Steuererhöhungen (Gewerbesteuer, Straßenbahnpreise) festgesetzt; auch innerhalb der städtischen Verwaltung gab es Einsparungen (Verringerung der Dezernate). Neben der Reorganisation und Reformierung der Verwaltung legte B. besonderen Wert auf kulturelle Aspekte. Als sich nach dem Rücktritt von
Harry Buckwitz 1967 eine Intendantenkrise bei den Städtischen Bühnen abzeichnete, griff B. schnell vermittelnd ein und gewann Ulrich Erfurth als Nachfolger. Die Wiederherstellung des Limpurgsaals im Römer gehörte ebenso zu seinen kulturpolitischen Signalen wie die Präsentation von Museumsexponaten im Rathaus oder die Öffnung von Lesesaal und Bibliothek im Stadtarchiv. Das Jahr 1968 brachte Erfolge wie die Eröffnung des neugestalteten Bereichs an der renovierten Hauptwache, der U-Bahn und des Nordwestzentrums sowie den S-Bahn-Vertrag mit der Bundesbahn, aber auch Spannungen und Probleme im Gefolge der Studentenunruhen. B.s Wiederwahl am 19.3.1970 war überschattet von parteipolitischen Auseinandersetzungen um die „Littmann-Affäre“. Teile der Ffter SPD warfen dem Polizeipräsidenten
Gerhard Littmann – und indirekt B. als dem politisch Zuständigen – faschistoide Polizeipraktiken gegen demonstrierende Studenten vor. Doch zu diesem Zeitpunkt lag B. schon krank in der Klinik; er starb an den Folgen der langjährigen Unterernährung in der DDR-Haft. Die Stadt Ffm. würdigte B. mit einem Ehrenbegräbnis auf dem Hauptfriedhof.
Seit Juni 1967 war B. Präsident des Deutschen Städtetags. In dieser Funktion startete er bedeutsame Initiativen zur Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung. Zahlreiche weitere Ämter, u. a. Präsident des Hessischen Sparkassen- und Giroverbands, Vorsitzender der Planungsgemeinschaft Untermain, Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen, Präsident der Stiftung „Hilfswerk Berlin“ und Präsident des Deutschen Bühnenvereins.
Neben zahlreichen wissenschaftlichen Schriften hat B. mehrere autobiographische Zeugnisse hinterlassen, darunter die für seinen politischen Werdegang aufschlussreiche Betrachtung „Von Weimar bis heute. Im Spiegel eigenen Erlebens“ (1965).
B. wurden viele Ehrungen zuteil. 1965 „Ehrenurkunde des Widerstands“ von der Internationalen Union der Verfolgten und Widerstandskämpfer. 1968 Silbernes Ehrenkreuz am blauen Band der Europäischen Konföderation der Frontkämpfer und Kriegsinvaliden. September 1967 Komturkreuz des Verdienstordens der Republik Italien für seine Verdienste um die soziale und menschliche Betreuung der italienischen Arbeitnehmer in Ffm. Februar 1970 Großes Silbernes Ehrenzeichen mit dem Stern der Republik Österreich.
Porträt (von Ricarda Jacobi, 1971) in der Galerie der Oberbürgermeister vor dem Ludwig-Landmann-Saal (Magistratssitzungssaal) im Römer.
Nachlass im ISG.
Willi-B.-Siedlung in Hausen.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 113-115,
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