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Horovitz, Josef

Josef Horovitz

Josef Horovitz
Porträtplakette von Leo Horovitz (1899; im Besitz des HMF).

© Historisches Museum Frankfurt (Inv.-Nr. MJF3476).
Josef Horovitz (um 1925/30)

Josef Horovitz
Fotografie von Heinrich Junior (um 1925/30).

© The Pritzker Family National Photography Collection, The National Library of Israel, Abraham Schwadron collection.
Horovitz, Josef. Prof. Dr. phil. Orientalist. * 26.7.1874 Lauenburg, † 5.2.1931 Ffm.
Zweitältester Sohn des orthodoxen Ffter Rabbiners Markus H. und dessen Ehefrau Auguste, geb. Ettlinger (1844-1919). Zehn Geschwister. Verheiratet (seit 1907) mit Laura H., geb. Scheier (1881-1933). Keine Kinder.
Aufgewachsen in einem traditionell jüdischen Milieu. Besuch des Philanthropins. 1892 Abitur am städtischen Gymnasium in Ffm. Studium der orientalischen Sprachen und Literatur an der Universität Berlin, abgeschlossen mit der Promotion (1898). 1904 Habilitation. Forschungsreisen in den Orient, darunter nach Kairo, Damaskus und Istanbul. 1907 nahm H. eine Professur am Mohammedan Anglo Oriental College, einer muslimischen Reformuniversität in Aligarh in Britisch-Indien, an. Als erster Europäer lehrte er dort arabische Sprache und Geschichte. Unter seinen islamischen Kollegen stand der Wissenschaftler aus dem Westen in hohem Ansehen und gab ab 1909 als Government Epigraphist for Moslem Inscriptions die „Epigraphia Indo-Moslemica“, die Sammlung islamischer Inschriften Indiens, heraus. 1914 wurde H. an die neu gegründete Ffter Universität auf den Lehrstuhl für semitische Philologie berufen. Einen gleichzeitigen Ruf an die Universitäten Hamburg und Königsberg lehnte er zugunsten seiner Vaterstadt ab, wo damals noch seine Mutter und zahlreiche Geschwister lebten.
Im Sommersemester 1915 nahm H. seine Lehrtätigkeit in Ffm. auf. Als Direktor des Orientalischen Seminars und Leiter der Abteilung Sprachen und Geschichte des Orients bot er neben Seminaren zur Frühgeschichte des Islam auch zahlreiche Übungen zu den orientalischen Sprachen an. Einführungen in die arabische Sprache, die aramäischen Dialekte und die syrische Grammatik gehörten ebenso zu seinem Lehrangebot wie Übungen zum Persischen, Hebräischen und zu Sanskrit. In den Zwanzigerjahren engagierte sich H. für den Aufbau einer Universität in Palästina und trat als Mitglied des Gründungskuratoriums für eine zweisprachige, arabisch-jüdische Landesuniversität ein. Als schließlich die nationaljüdischen Kräfte obsiegten und in Jerusalem 1925 die Hebräische Universität gegründet wurde, setzte er dennoch die Etablierung eines eigenständigen islamwissenschaftlichen Instituts, der School of Oriental Studies, durch. Nach H.’ Auffassung sollte eine akademische Orientalistik, die Schwerpunkte in der Vermittlung der alten und modernen arabischen Sprache und in der Erforschung des Islam setzte, in der Region eine wichtige Vermittlerrolle im jüdisch-arabischen Konflikt spielen. Von 1926 bis zu seinem Tod leitete H. die School of Oriental Studies als Visiting Director von Ffm. aus. In mehreren Intensivseminaren vor Ort regelte er organisatorische Fragen und brachte wissenschaftliche Langzeitprojekte auf den Weg, die dazu beitrugen, die Jerusalemer Islamistik in Fachkreisen bekannt zu machen.
Auch in der städtischen Öffentlichkeit Fft.s war H. in mehrfacher Hinsicht präsent. Er schrieb für die FZ und war Mitbegründer (1917) und Zweiter Vorsitzender des „Wissenschaftlichen Instituts für die Kultur und Wirtschaft des modernen Orients“, bekannter unter dem Namen „Orient-Institut“, das auf Anregung der Deutsch-Türkischen Vereinigung von Vertretern der Stadt, der Wirtschaft und der Universität geschaffen worden war. In diesem Rahmen förderte H. den Studentenaustausch zwischen Deutschland und der Türkei und beteiligte sich an Vortragsreihen zum Thema „Islam und die Türkei“, zu denen sowohl die Universität als auch die Stadt Ffm. einluden und die sich an ein breites, am Orient interessiertes Publikum richteten. Die Verbreitung von Kenntnissen über die Geschichte und die aktuelle politische Lage des Orients war für den Gelehrten, neben der rein wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Thematik, stets ein großes Anliegen.
Am 5.2.1931 starb Josef H. im Alter von 57 Jahren unerwartet an einem Schlaganfall. Der plötzliche Tod, kurz vor einer geplanten Forschungsreise nach Indien, riss ihn aus zahlreichen wissenschaftlichen Projekten. Darunter waren ein vollständiger Korankommentar, zu dem er mit seinen Schülern in Ffm. die Vorarbeiten geleistet hatte, sowie das Buch „Das Weltbild des Korans“ und eine Abhandlung zu den wechselseitigen Beziehungen zwischen Judentum und Islam für die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums. Am 8.2.1931 wurde H. auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in der Eckenheimer Landstraße beigesetzt, wo sein Grab bis heute erhalten ist. Die Trauerrede hielt sein älterer Bruder, der Ffter Rabbiner Jakob H. Die letzte Ehre am Grab erwiesen ihm nicht nur die Abgesandten der Universität, darunter der Rektor und der Dekan der Philosophischen Fakultät, sondern auch Repräsentanten jüdischer Organisationen sowie ein Vertreter der türkischen Botschaft in Berlin, der dem Verstorbenen im Namen der „islamischen Völker“ für seine Verdienste um die Völkerverständigung dankte.
Vorstandsmitglied der „Akademie für die Wissenschaft des Judentums“. Mitglied der „Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums“ und der Markus-Horovitz-Loge in Ffm. Obwohl H. den politisch-nationalen Zionismus ablehnte, war er Mitglied von Brit Shalom (Friedensbund), einer 1926 von deutschstämmigen Zionisten gegründeten zionistischen Organisation, zu der u. a. Martin Buber, Gershom Scholem und Georg Landauer gehörten und die das Ziel der Errichtung eines binationalen Staates in Palästina verfolgte.
H. galt als international anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der Erforschung des frühen Islam und der Koranstudien. Er veröffentlichte in zahlreichen Fachzeitschriften. Von seinen Büchern sind zu nennen: „Spuren griechischer Mimen im Orient“ (1905), „Die Feldzüge Muhammeds“ (1909), „Koranische Untersuchungen“ (1926) und „Indien unter britischer Herrschaft“ (1928).
Darüber hinaus übersetzte und kommentierte H. eine Reihe bedeutender frühislamischer Texte. Unter seiner Herausgeberschaft entstanden: „Biographien der medinischen Kämpfer Muhammeds in der Schlacht bei Bedr“ (1904), die Werke des arabischen Dichters Kumait („Die Hasimiijat des Kumait“, 1904) und im Auftrag der indischen Regierung die „Epigraphia indo-moslemica“ (1909-10).
Porträtplakette, angefertigt von seinem Bruder, dem Ffter Bildhauer Leo H. (1899), im Besitz des HMF.
Laura H., die im Februar 1933 auf einer Asienreise starb, hatte testamentarisch verfügt, dass der wissenschaftliche Nachlass ihres Mannes dem Orientalischen Seminar der Universität Ffm. unter der Aufsicht von dessen Amtsnachfolger, Gotthold Weil, überlassen werden sollte. Weil, der als Jude im Wintersemester 1933/34 die Universität Ffm. verlassen musste und nach seiner Zwangspensionierung (1935) einem Ruf an die Universität Jerusalem folgte, sprach sich in einem Gutachten gegen die Übernahme aus. Daraufhin beschloss das Kuratorium der Universität, die Erbschaft auszuschlagen.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Gudrun Jäger.

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Quellen: ISG, Einwohnermeldekartei („Nullkartei“), ca. 1870-1930.ISG, Nullkartei. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/3.599.
Internet: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_HorovitzWikipedia, 27.3.2015.

GND: 117010014 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Jäger, Gudrun: Horovitz, Josef. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/3576

Stand des Artikels: 2.11.2017
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 04.2015.