Anton Ulrich, Herzog von Sachsen-Meiningen. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 22.10.1687 Meiningen, Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 27.1.1763 Ffm.
Jüngster Sohn von Herzog Bernhard I. von Sachsen-Meiningen (1649-1706) und dessen zweiter Ehefrau Elisabeth Eleonore (1658-1729) aus dem Haus Braunschweig-Wolfenbüttel. Enkel von Herzog Ernst dem Frommen von Sachsen-Gotha (1601-1675).
A. U. besuchte das berühmte Gymnasium Casimirianum in Coburg und absolvierte danach die übliche Kavalierstour durch die Niederlande, England, die Schweiz und Italien. Nach seiner Rückkehr trat er 1708 in pfalz-neuburgische Kriegsdienste und nahm in den Niederlanden am Spanischen Erbfolgekrieg teil. Noch vor dem Frieden von Rastatt 1713 gab er als Generalmajor den Militärdienst auf und kehrte nach Meiningen zurück. Dort verliebte er sich in die bürgerliche Hauptmannstochter
Philippine Elisabeth Cäsar (1686-1744) aus Kassel, Kammerzofe seiner Lieblingsschwester
Elisabeth Ernestine Antoinette (1681-1766; seit 1713 regierende Äbtissin von Gandersheim). Mit Philippine, die am 1.8.1712 ein Kind von ihm gebar, zog A. U. nach Amsterdam, wo er sie am 15.5.1713 heiratete. Das Paar blieb bis 1724 überwiegend in Amsterdam wohnen. Aus der Ehe gingen insgesamt zehn Kinder hervor.
Da sein Land für eine Erbteilung zu klein war, hatte A. U.s 1706 verstorbener Vater Bernhard I. verfügt, dass nach seinem Tod die Regierung von seinen drei Söhnen gemeinschaftlich ausgeübt werden sollte. Ernst Ludwig I. (1672-1724), der älteste Sohn und A. U.s Halbbruder, strebte jedoch nach einer Primogeniturordnung. Die unstandesgemäße Heirat A. U.s wurde von Ernst Ludwig I. als Mittel benutzt, um den jüngsten Bruder von der Regierung auszuschließen. Nach dem Tod Ernst Ludwigs I. 1724 begann die gemeinschaftliche Landesherrschaft von Friedrich Wilhelm (1679-1746; dem zweiten Sohn von Bernhard I. aus erster Ehe), A. U. und Karl Friedrich (1712-1743; dem Sohn von Ernst Ludwig I.).
Seit 1718 weilte A. U. immer wieder längere Zeit am kaiserlichen Hof in Wien sowie in Prag und Karlsbad. In Wien klagte er beim Kaiser gegen seine beiden in Meiningen regierenden Halbbrüder, um die Anerkennung seiner Frau und seiner Kinder als ebenbürtig durchzusetzen, was ihm endlich 1727 gelang: Seine Gemahlin wurde von Karl VI. (1685-1740) in den Reichsfürstenstand aufgenommen, und seine Kinder wurden zu vollberechtigten Prinzen des Hauses Sachsen erklärt. 1729 zog die Familie von Amsterdam in das Meininger Schloss, wo ihr allerdings keine gleichberechtigte Unterkunft zugestanden wurde. Daher hielt sich A. U. weiterhin (bis 1744) meist in Wien auf.
Kaiser Karl VII. musste 1742 in seiner Wahlkapitulation versprechen, frühere Anerkennungen von Standeserhöhungen zu widerrufen. A. U. folgte daraufhin dem Kaiser in dessen neue Residenz nach Ffm., um diesen Widerruf abzuwenden. Seit 1744 lebte A. U. dauerhaft in Ffm., doch blieben seine Bemühungen erfolglos: Durch kaiserliche Erklärung vom 25.9.1744 wurden seine Kinder von der Erbfolge in Meiningen ausgeschlossen, und
Karls VII. Nachfolger Franz I. (1708-1765) bestätigte 1747 den Widerruf. 1744 starb Philippine in Meiningen. Ihr wurde die Beisetzung im fürstlichen Erbbegräbnis verweigert. A. U. focht weiterhin um die Anerkennung seiner Kinder.
Im März 1746 wurde A. U. nach dem Tod seines Halbbruders Friedrich Wilhelm zum Alleinregenten in Sachsen-Meiningen. Sein Herzogtum umfasste 915 Quadratkilometer und hatte etwa 37.000 Einwohner. A. U. residierte weiterhin in Ffm., weil ihm der Aufenthalt in Meiningen verleidet war, und regierte von hier aus, wobei er in Ffm. ein bescheidenes Hofzeremoniell betrieb (mit Kanzlei, Archiv, Kunstsammlung und wöchentlicher großer Cour). In Meiningen selbst wurden die Regierungsgeschäfte von dem Geheimen Ratskollegium ausgeübt, die Verwaltungstätigkeit von den Landeskollegien. Die Bitten seiner Schwester Elisabeth, die wiederholten Supplikationen der Meininger Landstände, nicht einmal die Aufforderung des Kaisers konnten A. U. bewegen, nach Meiningen zurückzukehren.
Während der Abwesenheit des Herzogs in Ffm. brach zwischen den beiden Kleinstaaten Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Meiningen der Wasunger Krieg aus. Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1699-1772) hoffte, die Erbschaft über Sachsen-Meiningen übernehmen zu können, wenn A. U. bzw. seine Kinder für nicht sukzessionsfähig erklärt würden (was 1747 durch Kaiser Franz I. geschah). Als Anlass diente ihm ein Streit zwischen zwei Meininger Hofdamen um den Vortritt bei Hof. A. U. ergriff Partei für die eine Dame, wonach die Unterlegene das Reichskammergericht anrief und damit Friedrich III. einen Vorwand lieferte, mit einer Truppe von 287 Mann im Februar 1747 in Sachsen-Meiningen einzumarschieren und die Stadt Wasungen zu besetzen, um der Entscheidung des Reichskammergerichts Nachdruck zu verschaffen. Wasungen blieb besetzt, bis es durch preußische Vermittlung 1748 zu einem Friedensschluss kam: eine Art Operettenkrieg, der in ganz Deutschland belacht wurde.
Nachdem A. U. als Witwer bereits 1744 erfolglos um die Hand der Prinzessin
Henriette Amalie von Anhalt-Dessau (die nach der Geburt eines unehelichen Sohnes von ihrem heimatlichen Hof verbannt worden war und sich ebenfalls in Ffm. niedergelassen hatte) angehalten hatte, heiratete er 1750 im Alter von 63 Jahren die 20-jährige Landgräfin Charlotte Amalie von Hessen-Philippsthal (1730-1801). Aus dieser (standesgemäßen) Ehe wurden acht Kinder, darunter der Thronfolger, geboren. 1754 trug A. U. die Patenschaft für seinen neugeborenen Sohn, den Erbprinzen August Friedrich
Karl Wilhelm (1754-1782), dem Ffter Rat an, was dieser nicht ablehnte.
A. U. residierte in Ffm. von Anfang an (1744) bis zu seinem Tod 1763 zur Miete in der Alten Kölnischen Post, Kaltelochgasse (Lit. K 139, Nordseite; später Paulsgasse 2). Nach seiner Heirat mietete er 1751 zusätzlich Teile des Hauses zum Alten Frosch in der Alten Mainzer Gasse. Für Beamte und Bedienstete, für seine Sammlungen sowie für seine Kanzlei musste er weitere Räumlichkeiten anmieten – als Nichtbürger durfte er in Ffm. keinen Grundbesitz erwerben. Als regierender Herzog war A. U. jedoch der ranghöchste Einwohner Fft.s, noch vor dem
Fürsten von Thurn und Taxis (der 1748 nach Regensburg übersiedelte), was nicht nur für Aufsehen und Gesprächsstoff, sondern auch für Konflikte sorgte. Im Siebenjährigen Krieg wurde A. U. von den in Ffm. einmarschierten Franzosen mit allen Ehren eines regierenden Herzogs ausgezeichnet.
Seit dem Aufenthalt in Rom während seiner Kavalierstour war A. U. leidenschaftlicher Kunstliebhaber. Der Herzog betätigte sich, wie es sich für einen regierenden Fürsten geziemte, auch als Sammler; dazu nutzte er Ffm. als eines der Zentren des deutschen Kunsthandels, nachdem er bereits 1723-24 erste Ankäufe in Amsterdam und später weitere Akquisitionen in Wien getätigt hatte. 1757 ernannte A. U.
Wilhelm Friedrich Hirt (1721-1772) zu seinem Hofmaler, der in seinem Auftrag das berühmte Panorama „Das Mainufer am Fahrtor“ malte (1757; im Besitz des HMF). Wie viele seiner Standesgenossen verkörperte A. U. den älteren Typus des barocken Universalsammlers: Er sammelte Kunstwerke, Naturalien, Münzen und Medaillen, Musikalien und Bücher. Beim Ankauf von Naturalien unterhielt er gute Kontakte zu
Johann Friedrich von Uffenbach und dessen wissenschaftlicher Gesellschaft. Teile der Sammlung von A. U. wurden noch zu seinen Lebzeiten nach Meiningen verbracht; der Rest wurde nach dem Tod A. U.s von seiner Witwe dorthin überführt.
Nach dem Tod des Herzogs 1763 übersiedelte seine Witwe Charlotte Amalie nach Meiningen, wo sie als Vormünderin ihrer Kinder die Regentschaft übernahm, sich bald große Verdienste als Landesmutter erwarb und höchste Beliebtheit erlangte. Durch ihre straffen Reformen und Sparmaßnahmen für das finanziell zerrüttete Land ging sie als Retterin des Herzogtums in die Geschichte ein.
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Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 26,
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