Tochter des Exportkaufmanns
Otto Emil Georg Still (1877-1956), eines niederländischen Plantagenbesitzers auf Java, und dessen zweiter Ehefrau
Lilli Sophie, geb. Werner (1892-?). Den Mädchennamen der in Offenbach/Main geborenen Mutter übernahm später die junge Schauspielerin als ihren Künstlernamen. Drei Halbgeschwister aus der ersten (geschiedenen) Ehe des Vaters. Eine Schwester aus der Ehe der Eltern:
Lilli Emma Johanna Marie, gen. Toetie, W. (später verh. von Hoeßlin, 1914-1988). Verheiratet in erster Ehe (1947-53) mit dem amerikanischen Journalisten John de Forest, in zweiter Ehe (1954-66) mit dem Dirigenten und Komponisten Josef Niessen (1922-1994). Ein Sohn aus erster Ehe, der kurz nach der Geburt um 1949 starb.
Auf einer Europareise kam Otto Still nach Ffm., wo seine verwitwete Mutter
Emma Maria Anna Still, geb. Minnigerode (1852/53-1930), Mitinhaberin des Ausfuhrgeschäfts „Gumprich & Strauß“, lebte. Damals soll er auf einem Ball in Ffm. die Offenbacher Kaufmannstochter Lilli Werner kennengelernt haben, die er 1913 in Offenbach heiratete. Mit seiner jungen Frau zog Otto Still zurück nach Niederländisch-Indien. Dort wurden die beiden Töchter geboren. Als Kinder eines wohlhabenden Kolonialherren und angesehenen Konsuls führten die beiden Mädchen „das Leben von kleinen Prinzessinnen“, wie W. in ihren Memoiren schreibt. In Ilses zehntem Lebensjahr beschlossen die Eltern, von Batavia nach Deutschland überzusiedeln, angeblich weil die Mutter das tropische Klima nie gut vertragen habe. Die Familie nahm ihren Wohnsitz in Ffm., zunächst in der Morgensternstraße 30 in Sachsenhausen (lt. Adressbuch 1932-33), dann – nach einer Zwischenstation in der Schumannstraße 9 (lt. Adressbuch 1934) – in der Bockenheimer Landstraße 118 (lt. Adressbuch 1935-36). Nach W.s Erinnerung lag der Wohnungswechsel (von einer „eleganten“ Wohnung in Sachsenhausen in eine viel kleinere und bescheidenere) darin begründet, dass der Vater, der die Leitung seines Export- und Importgeschäfts in Batavia zunächst seinem Kompagnon überlassen hatte, infolge von „Manipulationen“ seines Geschäftspartners in Konkurs gegangen sei und sein gesamtes Vermögen verloren habe.
Zu Ostern 1931 wurde Ilse in die Sexta der Schillerschule in Sachsenhausen aufgenommen. Nachdem sie bisher in den Sprachen Niederländisch, Malaiisch und Englisch aufgewachsen war, musste sie nach eigener Aussage „nun erst einmal richtig Deutsch lernen“. Größere Schwierigkeiten bereitete ihr allerdings das Rechnen: Die Lücken in Mathematik, zu denen ihre Klassenlehrerin anfangs noch rücksichtsvoll in der Schülerinnenakte notierte, dass sie durch die Umschulung „erklärlich“ seien, hat sie wohl nie ausgefüllt, denn in ihrem ansonsten recht passablen Abgangszeugnis von 1936 hatte sie immer noch eine Fünf („nicht genügend“) in „Rechnen und Mathematik“. Eine Eins dagegen hatte sie in Sport (und übrigens nicht im Singen, wie sie selbst einmal schrieb, sondern in Religion). Auch in ihrer Freizeit war Ilse eine eifrige Sportlerin; sie gehörte dem Damen-Schwimm-Verein Fft. an, spielte Tennis beim SC Forsthausstraße und war eine gute Eisläuferin. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 sei – so erinnerte sich W. – ihre ganze Klasse von einer älteren Mitschülerin für den „Bund Deutscher Mädel“ (bzw. für den „Jungmädelbund“ als dessen Eingangsgruppe) geworben worden, und auch sie – begeistert von den in Aussicht gestellten „Heimatabenden und Wanderungen“ – habe sich einschreiben lassen, sei aber zu ihrer Enttäuschung wenige Wochen später wegen ihrer niederländischen Staatsangehörigkeit ausgeschlossen worden. Zusammen mit ihren Schulfreundinnen ging Ilse offenbar gern ins Theater. In ihren Memoiren erzählt sie, wie sie 1934 ihren späteren Filmpartner
Joachim Gottschalk zum ersten Mal auf der Bühne sah, als Melchtal in „Wilhelm Tell“ im Ffter Schauspielhaus, und wie sie und die anderen Mädchen ihn nach der Vorstellung am Bühnenausgang erwarteten, um sich ein Autogramm geben zu lassen.
Kurz nach Beginn der Untersekunda verließ Ilse Still zum 23.5.1936 die Schillerschule. Sie zog mit ihren Eltern von Ffm. nach Wien, wo sie 1936/37 eine Ausbildung zur Schauspielerin am Max-Reinhardt-Seminar absolvierte und unter ihrem Künstlernamen Ilse Werner bald auf der Bühne und im Film debütierte. Mit einem Vertrag bei der Ufa wechselte sie 1938 nach Berlin. Systematisch zum Star aufgebaut, wurde W. durch ihre Mitwirkung in dem Propagandafilm „Wunschkonzert“ (Regie: Eduard von Borsody, 1940) zu einer der populärsten Filmschauspielerinnen im nationalsozialistischen Deutschland. Zu ihren Filmerfolgen gehörten: „Die schwedische Nachtigall“ (Regie: Peter Paul Brauer, 1941; mit
Joachim Gottschalk), „Wir machen Musik“ (Regie: Helmut Käutner, 1942; mit Viktor de Kowa) und „Münchhausen“ (Regie: Josef von Baky, 1943; mit
Hans Albers); der Spielfilm „Große Freiheit Nr. 7“ (Regie: Helmut Käutner, 1944; mit
Hans Albers und Hans Söhnker), in dem sie erstmals in einer ernsten Charakterrolle brillierte, wurde von den NS-Machthabern wegen seiner „schwermütigen“ Tendenzen zur Vorführung im Kino verboten und erlebte erst am 6.9.1945 seine öffentliche Uraufführung.
Wegen ihrer Rolle in der NS-Propaganda, etwa auch als Mitwirkende bei der Radiosendung „Wunschkonzert für die Wehrmacht“, als Moderatorin der ein- bis zweimal wöchentlich live übertragenen Fernsehshow „Wir senden Frohsinn – wir spenden Freude“ sowie als Sängerin und Kunstpfeiferin bei der Truppenbetreuung im Zweiten Weltkrieg, erhielt W. nach Kriegsende ein zeitweiliges Berufsverbot durch die Alliierten. Sie arbeitete zunächst als Synchronsprecherin, trat dann wieder im Film (bis 1955), auf der Bühne und später auch in Hörfunk und Fernsehen auf, als Schauspielerin, Sängerin, Kunstpfeiferin, Musicaldarstellerin, Moderatorin und Talkmasterin, ohne jedoch noch einmal den großen Erfolg zu erreichen. Zu Besuchen kam W. gelegentlich wieder nach Ffm., u. a. zur Ffter Premiere ihres Films „Gute Nacht, Mary“ (Regie: Helmut Weiss, 1950; mit Curd Jürgens), für ein längeres Gastspiel in der Komödie „Europa und der Stier“ am Kleinen Theater im Zoo (Regie:
Fritz Rémond, 1952), zu einer Lesung mit anschließender Signierstunde bei Erscheinen ihrer Autobiographie „So wird’s nie wieder sein...“ (1981) und zu einem Auftritt bei der „Schellack-Party“ auf dem Henninger-Turm, wobei sie zum Ehrenmitglied des Ffter „Schellackklubs“ ernannt wurde (1984). Auch bei Sendungen des Hessischen Rundfunks, wie z. B. in der legendären Frühsendung „Ffter Wecker“ im Radio und in der Unterhaltungsshow „Zum Blauen Bock“ im Fernsehen, wirkte sie mit. Für ihre Auftritte im „Blauen Bock“ schrieb ihr Heinz Schenk etwa die Lieder „Was sind schon 50 Jahre...“ (zum 50. Geburtstag, 1971) und „Die Sanduhr des Lebens“ (1986).
Weitere autobiographische Schriften: „Ich über mich“ (1943) und „Fotos aus meinem Privatarchiv. Erlebnisse mit Prominenten“ (1994).
1981 Bundesverdienstkreuz I. Klasse. 1986 Filmband in Gold des Bundesfilmpreises für besondere Verdienste um den deutschen Film. 1991 Filmband in Gold des Bundesfilmpreises für den Film „Die Hallo-Sisters“ (Regie: Ottokar Runze, 1990; mit Gisela May und Harald Juhnke).
Nachlass im Filmmuseum Potsdam.
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