Bernhard (auch: Bernardus, Bernard, Bernardo) von Clairvaux (auch: Clarevallis, Claraevallensis, Claraval, Clareval, Claravallensis, Clarevallensis). Heiliger. Abt des Zisterzienserordens. Mystiker. Kirchenlehrer. * 1090 oder 1091 Burg Fontaine-lès-Dijon bei Dijon, † 20.8.1153 Clairvaux bei Troyes.
B., Abt der 1115 von ihm begründeten Zisterzienserabtei Clairvaux bei Troyes, wirkte zugleich erfolgreich als Diplomat in höchsten kirchlichen Angelegenheiten und warb auf seinen Reisen in Europa für die Idee der Kreuzzüge. Im Auftrag des Papstes predigte B. ab 1145 zum Zweiten Kreuzzug, zunächst in Frankreich, wo er den französischen König Ludwig VII. und in dessen Nachfolge weitere wichtige Fürsten für die Teilnahme am Kreuzzug gewann. Nach einem Hilferuf der Erzbischöfe von Mainz und Köln um Unterstützung gegen den fanatischen Kreuzzugsprediger Radulf, der das Volk zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Juden angestiftet hatte, war B. zur Amtshilfe in das deutsche Reich gereist und setzte den Auftritten Radulfs im Herbst 1146 in Mainz ein Ende. Zugleich nutzte er die Gelegenheit, um nun seinerseits, ohne päpstliche Ermächtigung, an Rhein und Main zum Zug gegen die Muslime im Heiligen Land aufzurufen. Insbesondere wollte er den deutschen König
Konrad III. (1093-1152) für den Kreuzzug einnehmen.
In diesem Zusammenhang weilte B. zweimal in Ffm. Bei seinem ersten Ffter Aufenthalt, anlässlich eines Reichstags im November 1146, konnte er
Konrad III. nicht überzeugen, das Kreuz zu nehmen; der König war von Fehden im Inneren des Reichs in Beschlag genommen. Doch B., ein sprachgewaltiger Redner von außerordentlichem Charisma, der nicht umsonst den Beinamen „Doctor mellifluus“ („honigtriefender Lehrer“) trug, hatte große Auftritte vor dem Volk in Ffm.: Er begeisterte seine Zuhörer allein mit seiner dramatischen Performance (zumal er nicht einmal auf Deutsch predigte und deshalb eines Dolmetschers bedurfte) und bewirkte wunderbare Krankenheilungen. Die Gläubigen versuchten, ihm auch körperlich nahezukommen und durch Berührung seiner Heiligkeit teilhaftig zu werden; der Legende nach soll sich die Emphase des Volkes einmal in derartige Dimensionen gesteigert haben, dass
Konrad sich bemüßigt gesehen habe, den Mönch auf seiner Schulter aus dem Dom zu tragen.
Erst mit einer erneuten Ansprache während der Weihnachtsmesse 1146 in Speyer bewog B. den König, die Teilnahme am Kreuzzug zuzusagen. Für Frühjahr 1147 lud
Konrad III. die Fürsten des Reichs erneut zum Reichstag nach Ffm. ein. Auch in dieser kirchenpolitischen Entscheidungssituation präjudizierte B. die päpstliche Heilszusage und versprach den Kämpfern an der „Heimatfront“ dieselben Privilegien wie den Palästinafahrern: Sündenvergebung und Schutz des irdischen Gutes. Bei der Publikation und weiteren Proklamation des Slawenkreuzzugs rekurrierte B. allerdings auf deren politische Legitimierung: In dem an alle Christen adressierten Brief 257 veröffentlichte B. den in Ffm. vom König, von Bischöfen und Fürsten gefassten Beschluss („consilio domini Regis et episcoporum et principum, qui convenerant Frankonovort“), sich gegen die Heidenvölker zu rüsten, und alle, die sich in Ffm. versammelt hätten, wünschten, diese Entscheidung zu verbreiten.
Zum Zustandekommen des Zweiten Kreuzzugs (1147-49) hat B. wesentlich beigetragen. Seine eigenmächtige Ausweitung der Kreuzzugsidee auf Deutschland ist von den Nachgeborenen, jedoch auch schon von den Zeitgenossen stark kritisiert und teilweise sogar für das Scheitern des Zweiten Kreuzzugs verantwortlich gemacht worden. Bereits beim ersten Feindkontakt in Dorylaion (dem heutigen Eskişehir, seit 2013 Partnerstadt von Ffm.) musste
Konrads Kontingent eine verheerende Niederlage hinnehmen und vorerst umkehren, bevor die Zahl seiner Mitstreiter, empfindlich dezimiert, schließlich im Heiligen Land ankam.
Es sind ca. 1.500 Schriften (Predigten, Briefe und Traktate) von B. überliefert, darunter die Traktate „Apologia“ über sein Ideal des Mönchslebens (1125) und „De diligendo Deo“ (Über die Gottesliebe; 1130-41), letzteres der klassische Leitfaden für Mystik nach B., 86 Predigten über das Hohelied („Sermones super Cantica canticorum“, seit 1135), der Papstspiegel „De consideratione“ (1152) sowie zahlreiche Predigten über die Feste des Kirchenjahrs und der Heiligen. Erste Gesamtausgabe der Werke: „S. Bernardi Opera omnia“ (hg. v. Jean Mabillon, 1667, Neuausgabe 1862). Vollständige deutsche Werkausgabe (hg. v. Gerhard B. Winkler, 10 Bände, 1990-99).
B. wurde 1174 heiliggesprochen und 1830 zum Kirchenlehrer (Doctor Ecclesiae) ernannt.
Goethe lässt B. als Doctor Marianus in der Schlussszene des „Faust“ auftreten („Faust II“, 1832, Z. 11889-12031).
Historisierendes Wandbild „
Konrad III. und B. von Clairvaux 1147“ (Entwurf:
Edward von Steinle, Ausführung: Peter Hoegen, Rahmung:
Alexander Linnemann, zwischen 1880-98; beim Wiederaufbau des Doms nach 1945 übertüncht, im Zuge der Domrestaurierung 1991-93 wieder freigelegt) im südlichen Querschiff des Ffter Doms.
Im Hainer Hof, einem Gelände, das das hessische Kloster Haina 1240 zur Errichtung eines Wirtschaftshofs in der Nähe des Bartholomäusstifts in Ffm. erworben hatte, befand sich eine B. gewidmete Kapelle, die bereits 1147 errichtet worden sein soll. Möglicherweise, so Hans-Otto Schembs, könnte die Kapelle aber auch auf eine Herberge B.s während seiner Fft.-Aufenthalte zurückgehen, die das Kloster Haina beim Erwerb des Grundstücks vorfand und in eine Kapelle umgestaltete. Mit Geld aus dem Nachlass des Patriziers und Weinhändlers Jacob Inckus zu Schwanau († 1473) wurde die inzwischen verfallene St. Bernhardskapelle im spätgotischen Stil neu errichtet. Nach dem Erwerb durch Hessen-Kassel 1574 diente der Hainer Hof von 1670 bis 1806/08 als Poststation, wobei die frühere Kapelle als Briefpostlager und Postwagenexpedition genutzt wurde. Danach beherbergte das Gebäude der Kapelle ein Wirtslokal und war um 1931 Sitz des Klubs „Schlaraffia Francofurta“. Im Zuge der Altstadtsanierung in der NS-Zeit wurde der Hainer Hof 1939 neu gestaltet, wobei von der ursprünglichen Bebauung nur die ehemalige St. Bernhardskapelle und das Pforthaus erhalten blieben. Wie der Architekturhistoriker Dieter Bartetzko schreibt, war vorgesehen, das Areal des Hainer Hofs den Verbänden der Hitlerjugend als Aufmarschgelände zu übergeben, und die einstige Kapelle sollte als „Fahnenheiligtum“ dienen. Zu einer Ausführung dieses Plans kam es nicht mehr: Im Zweiten Weltkrieg wurde die frühere St. Bernhardskapelle bei den Luftangriffen auf die Altstadt zerstört.
Kirche St. Bernhard (auch: Bernardus-Kirche; Architekt:
Hans Rummel, 1905-07) in der Koselstraße im Ffter Nordend. B. von Clairvaux als Kirchenpatron ist auf einem Mosaik (von
Georg Poppe, 1930) über dem Haupteingang zur Kirche abgebildet und als Statue mit einem Modell des Kirchenbaus im Innenraum präsent; ein Relief-Fries (von Johann Joseph Belz, 1930) unter dem Mosaik am Haupteingang zeigt Szenen aus dem Leben des hl. Bernhard.
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