Aufgewachsen in einer katholischen Familie als ältestes Kind des Zimmerers Daniel R. II (1844-1921). Bruder von
Christoph R.Mitarbeit im väterlichen Zimmermannsbetrieb in Lorsch und Besuch einer weiterführenden Schule. Von 1890 bis 1894 Anstellung als Techniker im Baugeschäft Blattner in Ffm. und Besuch der Gewerbeschule Bensheim. 1894/95 Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger. Von 1895 bis 1898 Tätigkeit im Büro des Architekten Wilhelm Müller (1854-1927) in Ffm. In dieser Zeit entstanden erste eigene Arbeiten, etwa das Mietshaus Jahnstraße 49 im Ffter Nordend (nicht erhalten) und ein nicht realisierter Entwurf zur Erweiterung der St.-Josefs-Kirche in Bornheim. Von 1898 bis 1902 Gasthörer an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, wo er vor allem Vorlesungen des Architekten Christoph Hehl (1847-1911) zur mittelalterlichen Baukunst besuchte. Hehl, der selbst vorwiegend im katholischen Kirchenbau tätig war, dürfte mit seinem modifizierten neoromanischen Baustil von einigem Einfluss auf R. gewesen sein. Beim Wettbewerbsentwurf für den Neubau der Pfarrkirche St. Bernhard in Ffm., den R. 1902 einreichte, war Hehl beteiligt. Schon während der Zeit in Charlottenburg war R. als Architekt in Ffm. und Umgebung tätig, u. a. mit dem Bau von Mietshäusern in Ffm. (Nordend, Sömmerringstraße 21-25, 1899), der Erweiterung der Marienschule in Mainz (1900/01; heute Bischöfliches Willigis-Gymnasium) und der Erweiterung des Alten Rathauses in seiner Heimatstadt Lorsch (1902).
In der Folgezeit schuf R. in Ffm. vor allem drei ortsbildprägende katholische Kirchen: St. Bernhard im Nordend (Koselstraße 11-13, 1905-07), St. Markus in Nied (Mainzer Landstraße 787, 1905-07) und St. Gallus im Gallusviertel (Mainzer Landstraße 299, 1908/09). Die Kirche St. Bernhard im Nordend zeigt sich als mächtiger, neoromanischer Kreuzkuppelbau mit Doppelturmfassade. Die weiß verputzten Fassaden werden durch Rahmen, Friese und Gewände aus hellem Sandstein akzentuiert. Das Tympanon über dem Hauptportal ist mit einem Mosaik des hl.
Bernhard von Clairvaux (nach Entwürfen von
Georg Poppe, 1930) und einem Fries mit Szenen aus dem Leben des Heiligen (von Johann Joseph Belz, 1930) geschmückt. Im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, wurde die Kirche in den ersten Nachkriegsjahren wiederaufgebaut, wobei die beschädigte byzantinisierende Innenausmalung des Düsseldorfer Künstlers Heinrich Nüttgens (1866-1951) aus den Jahren 1911/12 bis auf acht Wandbilder entfernt wurde. Bei St. Markus in Nied, einer Kirche basilikalen Zuschnitts mit Querschiff, Apsis und seitlichem Glockenturm, zeigt sich der neoromanische Stil in schon stark reduzierter Form. Die Rundbogen und Rahmungen fallen flächiger aus, und am Turm finden sich bereits Anklänge an den Jugendstil. Von der St.-Gallus-Kirche an der Mainzer Landstraße hat sich nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg lediglich der schlichte romanisierende Turm aus der Erbauungszeit erhalten. Das Kirchenschiff wurde 1953 nach Plänen von Carl R. (1909-1984; Sohn von Hans R.) in zeitgemäßen Formen neu errichtet.
Nach 1910 verlagerte R., seit etwa 1919 in Gemeinschaft mit seinem Bruder
Christoph R., seine Tätigkeit im Kirchenbau aus Ffm. in das nähere und weitere Umland. Es entstanden Gotteshäuser u. a. in Neu-Isenburg (St. Josef, 1911), Bad Schwalbach (St. Elisabeth, 1914-16), Aschaffenburg (St. Laurentius, 1921-23), St. Goarshausen (St. Johannes der Täufer, 1923-25), Bürstadt (St. Michael, 1923-26), Niederjosbach (St. Michael, 1928/29), Offenbach (St. Josef, 1930-32) und Eibingen (St. Hildegard, 1933-35). Insgesamt werden den Brüdern R. etwa 50 Kirchenbauten in dieser Zeit zugeschrieben. Erst um 1930 wurden die beiden Architekten wieder in Ffm. aktiv und schufen zwei weitere prägnante Sakralbauten: die Kirchen St. Josef in Bornheim und „Mutter vom Guten Rat“ in Niederrad. Zu St. Josef hatte R. schon früh Verbindung; nach seinen Plänen waren 1903 das Gemeindehaus in der Berger Straße 133 und 1913/14 das Schwesternhaus mit der (ehemaligen) Notkirche in der Eichwaldstraße (zerstört 1944) entstanden. Der Neubau von St. Josef (1931/32) stellt eine T-förmige Erweiterung des Altbestands dar. Das Mittelschiff der alten Josefskirche von 1877 bildet den Chor der neuen Anlage, und das Hauptschiff verläuft senkrecht dazu parallel zur Eichwaldstraße. Als städtebauliche Dominante fungiert der 32 Meter hohe, querrechteckige Turm in der Berger Straße. In dessen Verlauf führt ein dreibogiger Durchgang in einen Innenhof. Spitzbogen, Lanzett- und Rautenfenster sind in expressionistischer Formensprache ausgebildet. Das Gebäude selbst wurde zeitgemäß als Stahlskelett mit Schwemmsteinausfachung errichtet. Die Kirche „Mutter vom Guten Rat“ in Niederrad entstand 1932/33 nach einem preisgekrönten Entwurf der Brüder R. Zur Bruchfeldstraße bilden der Glockenturm mit halbrundem Kapellenvorbau und der Frontgiebel mit dreifacher Portalöffnung und Fensterrosette die Zugangssituation der Kirche. Dahinter erstreckt sich das Langhaus mit flachem Walmdach. Innen flankieren zwei niedrige Seitenschiffe den Hauptraum; der Chorbereich ist eingeschnürt und, wie das Schiff, durch eine flache Segmentbogendecke überwölbt. Als Konstruktion wurde auch hier ein Stahlskelett mit Schwemmsteinausfachung verwendet, wobei alle Wandflächen verputzt wurden.
Nach der kriegsbedingten Zerstörung des Ateliers R. in der Vogtstraße 48 im Jahr 1944 löste sich die Bürogemeinschaft auf. Hans R. trat nach dem Zweiten Weltkrieg als Architekt nicht mehr in Erscheinung und übergab seine Geschäfte seinem Sohn Carl R., der ebenfalls im katholischen Kirchenbau in Ffm. und Umgebung tätig war (u. a. Kirche Maria Rosenkranz in Seckbach, mit Heinrich Horvatin, 1952/53).
1948 Mitbegründer des BDA Landesverbands Hessen.
In seiner Architektur war Hans R. eher dem Historismus verpflichtet. Die (teilweise erhaltenen) Mietshäuser, die er vor allem um 1900 in Ffm. realisierte, legen davon ein deutliches Zeugnis ab. Sie können in ihrem Erscheinungsbild dem allgemeinen Kanon der Gründerzeitarchitektur zugeordnet werden. Die neoromanisch geprägten Kirchen R.s aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts sind als zeitgemäß und modern zu bezeichnen. Sie bilden einen markanten Bestandteil des Sakralbaus in Ffm. dieser Zeit. Die um 1930 entstandenen Gotteshäuser St. Josef und „Mutter vom Guten Rat“, beide in Werkgemeinschaft mit dem Bruder
Christoph R., erscheinen in ihrer baulichen Gestalt im Ffm. dieser Zeit eher als konservativ. St. Josef wurde, sicher in Verbindung mit dem bestehenden neugotischen Altbau, noch in expressionistischem Stil errichtet, als Architekten wie
Martin Weber oder
Martin Elsaesser sich schon dem Neuen Bauen näherten. Die Niederräder Kirche „Mutter vom Guten Rat“ mit ihrer trutzigen Erscheinung suchte keine Verbindung zur nahen
May-Siedlung Bruchfeldstraße, anders als zum Beispiel
Webers Heilig-Kreuz-Kirche zur Siedlung am Bornheimer Hang.
Weitere bemerkenswerte Bauten von R.: Bau der Ffter Mühlenwerke AG mit dem modernen Silo in der Franziusstraße 15-20 im Ffter Osthafen (1910), St.-Heinrich-Kirche in Uerdingen (mit
Christoph R., 1913-15), Verwaltungsgebäude der Sektkellerei Scharlachberg in Bingen (mit
Christoph R., 1927), Christus-König-Kirche der Franziskanerinnen in Thuine/Emsland (mit
Christoph R., 1928/29) u. a. Zahlreiche Bauten von R., in Ffm. etwa die katholische St.-Anna-Kirche in Hausen (1903) und das Marienkrankenhaus im Nordend (1906-08), sind nicht erhalten.
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