Der Vater wirkte als Stadtbaumeister von Schwäbisch Gmünd.
Besuch des Realgymnasiums in Schwäbisch Gmünd bis zum Abitur 1906. Von 1906 bis 1910 Studium der Architektur an der TH Stuttgart bei Theodor Fischer, Paul Bonatz und
Martin Elsaesser, abgeschlossen mit Diplom. Von 1911 bis 1912 staatliche Ausbildung zum Regierungsbaumeister am städtischen Hochbauamt in Dresden bei Stadtbaurat Hans Jakob Erlwein. 1912 zeitweilig in führender Position im Architekturbüro von Wenzel Bürger in Chemnitz tätig, kehrte H. 1913 als selbstständiger Architekt in seine Heimatstadt zurück. Im Lauf des Ersten Weltkriegs wurde er 1915 zum Militärdienst einberufen und blieb bis 1918 als Offizier an der Front. Zwischenzeitlich erhielt er 1917 einen kurzen Sonderurlaub, um sein Examen als Regierungsbaumeister ablegen zu können. 1919 gründete H. mit seinem Partner Theodor Bulling ein Architekturbüro in Stuttgart, das er ab 1922 allein führte. In den folgenden Jahren war H. vor allem im katholischen Kirchenbau tätig, konzipierte aber auch Gebäude für Industrie und öffentliche Einrichtungen sowie Siedlungsbauten und Einzelwohnhäuser. Sein Betätigungsfeld lag vornehmlich im südwestdeutschen Raum.
H.s erster Bezug zu Ffm. ist sein Wettbewerbsentwurf für die St. Bonifatiuskirche in Sachsenhausen 1925. Für die in der Ausschreibung gewünschte Verbindung einer Pfarr-, Jubiläums- (anlässlich 1200 Jahre Wirken des hl. Bonifatius in Deutschland) und Gedächtniskirche (zum Gedenken der im Weltkrieg Gefallenen) plante H. ein Gebäude in expressionistischen Formen mit einem dominanten Portalvorbau für den Eingangsbereich, der durch hohe Nischen gegliedert wurde und so auf das spätere Werk des Architekten vorauswies. H.s Entwurf wurde durch die Jury unter Vorsitz von Wilhelm Kreis mit dem zweiten Preis bedacht; die Ausführung des Baus (1925-27) wurde in die Hände des ersten Preisträgers
Martin Weber gelegt.
Bei dem wohl größten und bedeutendsten Kirchenbauvorhaben der Zwanzigerjahre in Ffm., der Frauenfriedenskirche in Bockenheim, sollte H. dann zum Zuge kommen. Angesichts des Kriegsleidens 1916 hatte
Hedwig Dransfeld, Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbunds, den Plan einer künftigen Friedenskirche gefasst, die als steingewordenes Gebet deutscher Katholikinnen zugleich Gedächtnisort für die im Krieg Gefallenen werden sollte. Nachdem erste Stiftungsgelder durch die Inflation großenteils vernichtet worden waren, gelang es, durch erneute Sammlungen 1926 die erforderlichen Mittel für den Bau bereitzustellen. Der ausgeschriebene Wettbewerb erbrachte 157 Entwürfe. Das u. a. mit
Peter Behrens,
Ernst May und Paul Bonatz prominent besetzte Preisgericht erkannte dem Entwurf „Opfergang“ von Dominikus Böhm und
Rudolf Schwarz den ersten Preis sowie dem Beitrag von Hans Döllgast und Michael Kurz den zweiten Preis zu. H. hatte zwei Entwürfe eingereicht, von denen ein Projekt angekauft wurde. Nach einem erneuten, engen Wettbewerb zwischen Böhm/
Schwarz und H. wurde letzterer mit der Ausführung des Baus beauftragt. Es sollte eine Kombination seiner beiden Entwürfe „Hallenkirche“ und „Höhenbekrönung“ werden. Am 16.11.1927 wurde der Grundstein gelegt, und am 5.5.1929, nach knapp anderthalbjähriger Bauzeit, wurde die Frauenfriedenskirche eingeweiht. Die Kirche präsentiert sich als geschlossener kubischer Block mit einem mächtigen Portalvorbau, der durch drei hohe Rundbogennischen gegliedert ist. In der mittleren Nische erhebt sich die monumentale Skulptur der Friedenskönigin von Emil Sutor. Der als Eisenbetonskelett ausgeführte Bau ist mit Kunststeinplatten verkleidet. Links der Portalzone schließt sich eine kleine Taufkapelle an, rechts verbindet ein kreuzgangartiger Ehrenhof die Kirche mit Pfarr- und Gemeindehaus. An den Pfeilern der Arkaden zum Ehrenhof sind die Namen der Gefallenen eingemeißelt. Das gesamte Ensemble zeichnet sich nach Ansicht des Architekten durch Monumentalität, Schlichtheit und Ruhe aus. Die Frauenfriedenskirche bedeutete für H. den Durchbruch als einer der wichtigsten Vertreter zeitgenössischer Sakralarchitektur der Zwanzigerjahre.
Beim Wettbewerb für die Heilig-Kreuz-Kirche in Bornheim, die wenig später von
Martin Weber realisiert wurde (Grundsteinlegung 18.3.1928, Einweihung 25.8.1929), saß H., u. a. mit
Ernst May, im Preisgericht. Ein Vergleich beider Bauten zeigt sowohl Ähnlichkeiten als auch bedeutsame Unterschiede. Die hohen Rundbogenarkaden am Eingangsbereich sind bei
Weber filigraner und luftiger ausgeführt; Heilig-Kreuz ist als schlichter, weißer Putzbau in die umgebende May-Siedlung eingebunden und zeigt im Inneren schon einen liturgisch zukunftsweisenderen Einraum, der Schiff und Altarbereich ohne Abtrennung des Chors umfasst. Auch H.s Ziel war ein pfeilerloser, gemeinschaftsbildender Raum mit freier Sicht auf den Altarbereich. Er ging jedoch konstruktiv einen anderen Weg. Mit der Idee, auf die in Frauenfrieden noch vorhandenen Querbinder in der Deckenkonstruktion zu verzichten und die Dachlast ganz auf Längsbinder zu verlagern, schuf H. eine räumliche Dynamik, die sich ganz auf den Altar als liturgischen Mittelpunkt zubewegte (zuerst bei Herz-Jesu-Kirche in Ratingen, 1927-29, wegen Baufälligkeit abgerissen 1967; dann u. a. bei Heilig-Kreuz in Neuenbürg, 1928-29, St. Joseph in Schömberg, 1928-30, und St. Cäcilia in Mosbach, 1934-35). Die seinerzeit als technische Meisterleistung gewürdigte Längsbinderkirche darf als H.s ureigener Beitrag zum Kirchenbau des 20. Jahrhunderts gelten.
H. näherte sich mit seiner Architektur nicht dem Neuen Bauen, sondern sah sich einer traditionelleren Formensprache innerhalb der Moderne verpflichtet. Er kann damit, ähnlich wie Dominikus Böhm, durchaus als repräsentativer Baumeister seiner Zeit angesehen werden. In den Dreißigerjahren erlebte H. eine fortschreitende Abnahme von Bauaufträgen, die 1940 zur Aufgabe seines Büros führte. In der Folgezeit war er als leitender Angestellter für die Bearbeitung monumentaler Bauaufgaben in der Wehrkreisverwaltung Stuttgart tätig, bei der er, mit zweijähriger Unterbrechung beim Stellvertretenden Generalkommando Stuttgart, Abt. Luftschutz (1942-44), bis zu deren Auflösung im April 1945 arbeitete. 1946 trat H. in die Bauabteilung des Staatlichen Aufbauamts Württemberg-Baden ein. Spätestens 1947 gründete er ein eigenes Architekturbüro in Stuttgart, das er später gemeinsam mit seinem Sohn Jörg (* 1923) betrieb. Keiner der zahlreichen weiteren Bauten von H. befindet sich in Ffm. Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich seine Tätigkeit weitgehend auf den Stuttgarter Raum. Als Kirchenbauten schuf er u. a. St. Michael in Stuttgart-Sillenbuch (1953), St. Salvator in Stuttgart-Giebel (1956-57) und St. Martin in Kornwestheim (1956-59; nur noch im Planungsstadium beteiligt).
Ein Wettbewerbsentwurf von H. für einen Verwaltungs- und Fabrikneubau der Firma „H. Fuld & Co.“ in Ffm. 1929 wurde nicht realisiert.
H. veröffentliche einige Erläuterungs- und Kurzberichte zu Wettbewerben und realisierten Bauten in Architekturzeitschriften.
Hans-H.-Ring auf dem Riedberg.
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