Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
wie schön, dass Sie auch im neuen Jahr wieder im Frankfurter Personenlexikon vorbeischauen! Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute, viel Glück und viel Segen für 2018!
Die erste Monatslieferung des Jahres befasst sich vorrangig mit Personen des 20. Jahrhunderts. Dieser Schwerpunkt, der sich wie zufällig aus der laufenden Artikelarbeit ergeben hat, ist dennoch folgerichtig. Gerade aus der Zeitgeschichte ist, nicht nur wegen des Ablaufs von Schutzfristen wichtiger Aktenbestände als wesentlicher Quellen, immer wieder wirklich Neues zu berichten. Auch unser Artikel des Monats bringt Neuigkeiten aus der Geschichte auf dem alleraktuellsten Stand der Forschung.
Artikel des Monats Januar 2018:
Verdienter Senckenberger im Zeichen der NS-Zeit
Er widmete sein Leben zu jeder Zeit „dem Senckenberg“: Rudolf Richter. Der promovierte Geologe und Paläontologe kam 1908 nach Frankfurt, um hier eine Stelle als Lehrer anzutreten, und engagierte sich seitdem – jahrzehntelang ehrenamtlich – in der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft (SNG) und für deren Naturmuseum. 1928 gründete er „Senckenberg am Meer“, die Forschungsanstalt für Meeresbiologie und Meerespaläontologie in Wilhelmshaven. Seit 1932 Direktor des Senckenbergmuseums, bekannte sich Richter als dessen „Führer“ seit 1933 zum Nationalsozialismus. Linientreu zeigte er sich etwa in seinem neuen, durchaus modernen und publikumswirksamen Konzept der Museumsdidaktik. Andererseits blieb er jüdischen Förderern, insbesondere Arthur von Weinberg, und Mitarbeitern, u. a. Tilly Edinger, weiterhin verbunden. Nach dem Krieg, nachdem er im Spruchkammerverfahren als „entlastet“ eingestuft worden war, konnte Richter seine Arbeit am Senckenberg bald fortsetzen, wenn auch nicht mehr in leitender Position. Die Aufnahme des Senckenberg in das „Königsteiner Abkommen“ zur staatlichen Forschungsförderung 1954 ist wesentlich ihm zu verdanken.
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Unser Autor Andreas Hansert hat die Biographie von Rudolf Richter für das Frankfurter Personenlexikon verfasst aufgrund der Forschungen für sein Buch „Das Senckenberg-Forschungsmuseum im Nationalsozialismus“, das soeben erschienen ist. Darin weist Hansert nach, dass das bisherige Bild, wonach die führenden Senckenberger sich in der NS-Zeit „einwandfrei“ verhalten hätten und „ohne Flecken“ geblieben seien, ein Mythos ist – an dessen Entstehung Richter selbst und seine Mitarbeiter maßgeblich beteiligt waren. Um die Einlassungen mit dem Nationalsozialismus vor der Nachwelt zu verbergen, hat Richter sogar die Protokolle des „Führerbeirats“, des Leitungsgremiums der SNG in der NS-Zeit, nachträglich umgeschrieben.
Hanserts Buch dürfte für Diskussionen sorgen – über den angemessenen Umgang mit der Vergangenheit, aber auch über Möglichkeiten und Grenzen bei der Aus- und Bewertung historischer Quellen. Schon jetzt zeigt das aktuelle Beispiel: Das Handwerk des Historikers ist nicht überflüssig geworden. Eine professionelle quellenkritische Betrachtung ist auch bei der Auswertung „moderner“ und vermeintlich leicht verständlicher Überlieferung vonnöten.
Im Frankfurter Personenlexikon bemühen wir uns um eine fundierte wie vielseitige Betrachtung der Vergangenheit. Ein weiterer Schwerpunkt in der Januarlieferung liegt auf Biographien aus den 1920er Jahren: Es sind Artikel über die Architekten Otto und Eduard Fucker, den Rundfunkpionier Ernst Schoen, den Werbefachmann Herbert Skrebba und Felix Weil, den Mitbegründer des Instituts für Sozialforschung, neu im Frankfurter Personenlexikon erschienen.
Einen interessanten und abwechslungsreichen Monat Januar, nicht nur bei der Lektüre des Frankfurter Personenlexikons, wünscht Ihnen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons
P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Februar 2018.