Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
wie das Leben in einer biographischen Lexikonredaktion manchmal so spielt, steht unversehens die Altfrankfurter Familie Bansa im Blickpunkt dieser Septemberlieferung. Das beschert mir den willkommenen Anlass, den Artikel des Monats einer der beeindruckenden Frauen aus dieser Familie zu widmen.
Artikel des Monats September 2019:
Alleinerziehende Unternehmerin zur Goethezeit
Sie war Hausfrau, Mutter, Netzwerkerin, Unternehmerin – und damit eine moderne Frau im alten Frankfurt vor mehr als 200 Jahren: Sophie Bansa, geb. Streiber. Die knapp 19-jährige Tochter eines wohlhabenden Bankiers aus Eisenach war nach der Heirat mit dem Kaufmann Johann Matthias Bansa 1781 nach Frankfurt gekommen. Bald stand die junge Frau Bansa im Mittelpunkt eines kulturinteressierten Kreises, den sie und ihr Mann um sich versammelten, zunächst im Saalhof, dann in ihrem Haus in der Fahrgasse, wo auch das familieneigene Bank- und Handelshaus „Bansa & Sohn“ seinen Sitz hatte. Als Johann Matthias Bansa mit 44 Jahren 1802 starb, hatte seine Witwe Sophie sechs unmündige Kinder allein zu versorgen. Kurzerhand entschloss sie sich, die Leitung der Firma „Bansa & Sohn“ zu übernehmen. Erst 1837, inzwischen 75 Jahre alt, schied Sophie Bansa endgültig aus dem Geschäft aus.
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Schon in ihrem Elternhaus in Eisenach hatte Sophie Bansa einst Goethe kennengelernt, den sie bei seinen Besuchen in Frankfurt und Wiesbaden 1814/15 wiedertraf. An diese Begegnungen der Frau Bansa mit dem Dichterfürsten erinnert ein Gartentempel auf dem Mühlberg, wo sich damals das Landgut Engelbach-Bansa befand. Dort hat wiederum Sophies Schwiegertochter Cleophea Bansa, geb. Schmid, glückliche Jugendtage verbracht und konnte sich seitdem „kaum ein lieblicheres Fleckchen Erde“ als den Mühlberg vorstellen. Auch Cleophea, genannt „Clefchen“, ist übrigens Goethe einmal begegnet. Denn natürlich war sie dabei, als Sophie Bansa mit ihrer ganzen Familie am 6. September 1815 von dem befreundeten Ehepaar Johann Jakob und Marianne Willemer zu einem kleinen Fest für den verehrten Dichterfürsten auf der Gerbermühle eingeladen war.
Cleophea Bansa, wieder eine interessante Frau dieses Namens, die mit einem Artikel in dieser Lieferung bedacht ist, hat seit ihrer Zeit auf dem Mühlberg sich einen Zug ins Grüne bewahrt und eine Leidenschaft für die Gartenkunst entwickelt. Ihr späterer Garten am Schneckenbrunnen in Sachsenhausen soll einer der schönsten in Frankfurt gewesen sein.
Wenn es jetzt an sonnigen Herbsttagen auch Sie hinaus ins Grüne zieht, so hätte Ihnen wohl unser Frankfurter Lokalpoet Friedrich Stoltze ebenfalls den Mühlberg als lohnendes Ausflugsziel empfohlen:
„Korzum, es is uff dere Welt
kää Plätzi, was merr so gefällt!“,
schwärmte er einmal auf gut Frankfurterisch in einem Loblied auf die doch eher bescheidene Erhebung im Osten Sachsenhausens.
Längst gibt es aber auf dem Mühlberg keine Weinberge mehr, und die wunderbaren Sommervillen mit ihren großen Gärten sind auch verschwunden. Immerhin ist jedoch vom ehemaligen Landgut Engelbach-Bansa noch ein Stückchen Park übrig, das lange zum Mühlbergkrankenhaus gehörte und nun eine Seniorenwohnanlage umgibt. Da steht bis heute der Goethetempel, der nicht nur dem berühmtesten Frankfurter, sondern auch einer faszinierenden Frankfurterin gewidmet ist: Sophie Bansa. Wenn das Tempelchen nicht wäre, hätten wir sie fast vergessen. Nun erzählt das Frankfurter Personenlexikon ihre Geschichte.
Schöne Septembergrüße
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons
P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Oktober 2019.