H. weilte im Laufe seines Lebens dreimal zu kurzen Besuchen in Ffm. Erstmals kam er 1815 mit seinem Vater, dem jüdischen Kaufmann Samson H. (1764-1828), der in Düsseldorf mit englischen Samtstoffen handelte, zur Messe in die alte Reichsstadt am Main. „Da bot sich mir ein großes Schauspiel“, erinnerte sich H. nicht ohne ironisch-spöttischen Unterton. „In den sogenannten Hütten, oberhalb der Zeil, sah ich die Wachsfiguren, wilde Tiere, außerordentliche Kunst- und Naturwerke. Auch zeigte mir mein Vater die großen, sowohl christlichen als jüdischen Magazine, worin man die Waren zehn Prozent unter den Fabrikpreis einkauft und man doch immer betrogen wird. Auch das Rathaus, den Römer, ließ er mich sehen, wo die deutschen Kaiser gekauft wurden, zehn Prozent unter den Fabrikpreis. Der Artikel ist am Ende ganz ausgegangen.“ Samson H. hatte eigentlich gehofft, den damals knapp 18-jährigen Sohn in Ffm. für das Bankgeschäft zu begeistern, und gab ihn daher in die Lehre bei dem Bankier Veitel Rindskopf. Doch nach eigenen Angaben hielt H. es „höchstens drei Wochen“ dort aus, wechselte dann für gerade einmal vier Wochen zur Ausbildung in einer Spezereihandlung, bevor er zurück ins Elternhaus floh.
Schon während des ersten Fft.-Aufenthalts, bei einem Besuch im Lesekabinett einer Freimaurerloge, war H. dem Publizisten
Ludwig Börne begegnet, der ihm sofort imponierte. Auf der Reise nach München 1827 machte H., inzwischen mit seinen Gedichten (Band „Gedichte“, 1822), der Tragödie „Almansor“ (1823) und Reisebildern („Die Harzreise“, 1826) selbst als Schriftsteller hervorgetreten, eigens Station in Ffm., um
Börne aufzusuchen. „Er empfing mich mit Herzlichkeit und Liebe“, erzählte H. später, „es vergingen keine drei Minuten, und wir gerieten ins vertraulichste Gespräch. Wovon wir zuerst redeten? Wenn Köchinnen zusammenkommen, sprechen sie von ihrer Herrschaft, und wenn deutsche Schriftsteller zusammenkommen, sprechen sie von ihren Verlegern.“ Danach stellte
Börne seine Freundin
Jeanette Wohl dem Kollegen vor, um ihm dann „die übrigen Merkwürdigkeiten Fft.s“ zu zeigen. „Im gemütlichen Hundetrapp“ durchstreiften die beiden Schriftsteller, Seite an Seite, die Stadt. Die drei Tage in
Börnes Gesellschaft, so meinte H. rückblickend, „verflossen in fast idyllischer Friedsamkeit“ (vgl. H.s Schilderung in seiner Schrift über
Ludwig Börne, 1840). Erst nach
Börnes Tod rechnete H. mit dem Konkurrenten ab, in der Denkschrift „Heinrich H. über
Ludwig Börne“ (1840), die prompt einen Skandal verursachte. Die darin enthaltenen abschätzigen Bemerkungen über
„Madame Wohl“ erregten Missfallen, nicht nur bei deren jetzigem Ehemann Salomon Strauss (1795-1866), der H. daraufhin zum Duell forderte.
Im Frühjahr 1831, auf dem Weg nach Paris, kam H. erneut auf der Durchreise nach Ffm. Er wollte hier seinen Bonner Studienfreund Johann Baptist Rousseau (1802-1867) treffen, den inzwischen berühmten Literaten, der zur Schokolade im stattlichen Kreis seiner Verehrer geladen hatte. Als letzter platzte H. in die Gesellschaft. Geckenhaft elegant gekleidet und eine Rose in den Fingern schwenkend, wippte er lässig auf dem Sofa und gab zunächst nur gekünsteltes Gelispel von sich, um dann in revolutionäre Tiraden der blutrünstigsten Art auszubrechen und sämtliche Aristokraten auf die Guillotine zu wünschen. Nach diesem Auftritt, der selbst die größten Liebhaber seiner Lyrik verschreckte, „erledigte“ H. an der abendlichen Table d’hôte im „Weißen Schwan“ am Steinweg gleich noch einen Konkurrenten. Der Satiriker Moritz Gottlieb Saphir (1795-1858), ebenfalls Hotelgast, wollte wissen, wie der Kollege die vielgepriesenen Ffter Promenaden auf dem Anlagenring finde. „Der Umgang um die Stadt ist jedenfalls interessanter als der Umgang in der Stadt“, konterte H. bissig.
Obwohl H. nur Spott für die Handelsstadt Ffm. übrig hatte, wie auch seine bitteren Verse anlässlich des in Ffm. projektierten
Goethedenkmals (1821) belegen, zeigten sich die Ffter ihm gegenüber ganz und gar nicht so „kleinlich“, wie er sie eingeschätzt hatte. Während sich H.s Gegner nach dessen Tod 1856 nur noch lautstärker ereiferten, sorgte eine von der Ffter Zeitung initiierte und von Ffter Bürgern gespeiste Stiftung von 1897 bis zum Ersten Weltkrieg stillschweigend für die Pflege und den Blumenschmuck von H.s Grab (mit einer Marmorbüste des Dichters von Louis Hasselriis, 1901) auf dem Friedhof Montmartre in Paris.
H.s Erzählfragment „Der Rabbi von Bacherach“ (entstanden ab 1824, erstmals veröffentlicht 1840) spielt teilweise in Ffm. Darin schildert H. eindrucksvoll die Stadt Ffm., das dortige Messetreiben und die Judengasse im ausgehenden Mittelalter.
Porträt (Radierung von Eduard Mandel, 1854, nach der Zeichnung von Franz Kugler, 1829) als Schenkung von
Marcel Reich-Ranicki im Besitz des Jüdischen Museums Ffm. Porträt (von
Moritz Daniel Oppenheim, 1831) in der Hamburger Kunsthalle.
Zum 100. Todestag 1956 Gedenkfeier in der Paulskirche mit einer Ansprache von
Carlo Schmid.
H.straße (seit 1872) im westlichen Nordend.
Das erste H.denkmal in Deutschland wurde in Ffm. gesetzt und zu H.s 116. Geburtstag 1913 enthüllt. Die Pläne, dem Dichter des „Buchs der Lieder“ ein Denkmal zu widmen, waren auf den erbitterten Widerstand preußischer, konservativer und antisemitischer Kreise gestoßen, die dem politischen Publizisten eine solche Anerkennung versagen wollten. Bereits in den ausgehenden 1880er Jahren war ein Denkmal für H. in dessen Geburtsstadt Düsseldorf geplant. Als die österreichische Kaiserin Elisabeth („Sisi“, 1837-1898), eine glühende Verehrerin des Dichters, davon erfuhr, wollte sie der Stadt das Monument schenken. Angesichts der Politisierung der Denkmalsdebatte zog die Kaiserin ihr Angebot enttäuscht zurück. Das H.denkmal (von Ernst Herter, 1897), obwohl mittlerweile zum „Loreley-Brunnen“ verharmlost, musste seinen Platz in Düsseldorf einem Kriegerehrenmal überlassen und wurde von Deutschamerikanern in New York aufgestellt (im Joyce-Kilmer-Park in der Bronx, 1899, restauriert 1999). Kaiserin Elisabeth hatte sich derweil ihr privates H.monument (mit einer Porträtstatue H.s von Louis Hasselriis, 1873, aufgestellt 1892) in ihrem Sommerschloss Achilleion auf Korfu errichten lassen. Das Anwesen auf Korfu wurde 1907 vom deutschen Kaiser Wilhelm II. erworben, der das Standbild des „Preußenhassers“ H. umgehend aus dem Denkmalstempel entfernen ließ. Die Statue, die den Städten Düsseldorf und Hamburg vergeblich angeboten wurde, soll zeitweise im Besitz eines Cafetiers gelandet sein, der sie zu Werbezwecken in seinem Kaffeehaus aufstellte; schließlich wurde sie von dem Verleger Heinrich Julius Campe (1846-1909) angekauft (Standbild seit 1910 im Kontorhaus Barkhof in Hamburg, seit 1927 im Privatmuseum der Familie Donner in Altona, seit 1939 in Toulon, dort seit 1956 im Parc de Plages du Mourillon). Dieser Vorfall, ein gefundenes Fressen für die Presse, entfachte den Denkmalsstreit neu. Zunächst schaltete sich der etwas dubiose „Varietékünstler“ Danny Gürtler (1875-1917) ein, der ein H.denkmal stiften wollte. Nachdem zuerst Düsseldorf und dann Köln dieses Geschenk ausgeschlagen hatten, bot Gürtler es im März 1908 der Stadt Ffm. an. Aber auch der hiesige Magistrat lehnte ab. Denn der vermeintlich so großherzige Stifter, selbsternannter „König der Boheme“, handelte wohl eher „aus reiner Reklamesucht“ im eigenen Interesse. Nach dieser Affäre wurde die Idee eines H.denkmals in Ffm. plötzlich auch in seriösen Kreisen diskutiert. Aus verschiedenen kulturellen Vereinigungen, u. a. dem Freien Deutschen Hochstift, dem Ausschuss für Volksvorlesungen, dem Journalisten- und Schriftstellerverein, der Künstlergesellschaft „Schlaraffia“ und der Freien literarischen Gesellschaft, bildete sich ein Denkmalskomitee unter Vorsitz von Paul Fulda, dem Bruder des Schriftstellers
Ludwig Fulda; weitere Mitbegründer waren etwa Theaterintendant
Emil Claar und Städeldirektor
Georg Swarzenski. Im Juni 1910 sagte der Magistrat dem Komitee seine grundsätzliche Unterstützung zu. Auch die aggressivsten Protestkundgebungen antisemitischer Gruppen konnten das Projekt nicht mehr stoppen. Nach einem eingeschränkten Wettbewerb, in dem drei Künstler um ihre Entwürfe gebeten worden waren, erhielt der in Berlin lebende Bildhauer
Georg Kolbe den Auftrag für das Denkmal, das allein durch Spenden von Ffter Bürgern finanziert wurde. Am 13.12.1913 wurde das H.denkmal in der Friedberger Anlage (am Eingang zur Zeil) von Oberbürgermeister
Georg Voigt in Anwesenheit von 2.000 Gästen enthüllt. Begeistert wurde
Kolbes Kunstwerk aufgenommen, ein fast zart anmutendes Ensemble aus zwei Bronzefiguren, einem schreitenden Jüngling und einem davor sitzenden Mädchen, die in ihrem Widerspiel von Bewegung und Ruhe den Rhythmus von H.s Lyrik symbolisieren sollen. Auf dem weißgrauen Steinsockel war unter einer Plakette mit H.s Porträt die Widmung angebracht: „Dem Dichter Heine“. Dem „ganzen“ H. ein Denkmal zu setzen, hatten sich auch die Ffter doch nicht getraut. In den folgenden Monaten war die Stadt wegen des H.denkmals einer schier unglaublichen Hetze der nationalen und antisemitischen Presse ausgesetzt. Am 27.4.1933, knapp drei Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurde das H.denkmal gestürzt. Der Schriftsteller Valentin Senger erzählt in seinem autobiographischen Buch „Kaiserhofstraße 12“, wie er als Jugendlicher an jenem Abend eine Gruppe von Hitlerjungen beobachtete, die die Bronzefiguren gewaltsam mit Stemmeisen vom Sockel brach. Doch die beiden Figuren wurden geborgen und restauriert. Als „Frühlingslied von
Kolbe“ auf neutralem Sockel im Städelgarten aufgestellt, überstand das Denkmal die NS-Zeit. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Bronzen im Keller des Städel eingelagert und dort bei einem Bombenangriff verschüttet, aber nicht beschädigt. Bald nach Kriegsende, anlässlich von H.s 150. Geburtstag 1947, wurde das wiederhergestellte H.denkmal am neuen Standort in der Taunusanlage enthüllt. Die zerstörte Bildnisplakette auf dem Sockel hatte der nur wenige Wochen zuvor verstorbene Bildhauer
Georg Kolbe noch selbst neu erschaffen können. Seitdem trägt das Denkmal die uneingeschränkte Widmung: „Heinrich Heine“. Heute (seit 2023) steht das H.denkmal wieder in der Friedberger Anlage, unweit von seinem ursprünglichen Platz.
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Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 313,
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