Sohn des Kaufmanns Ludwig Ahron G. (1794-1871). Bruder von
Fritz (von) G.Erste chemische Versuche unternahm G. als Schüler im Labor des Ffter Privatgelehrten Julius Löwe. Studium der Chemie, zunächst in Karlsruhe (seit 1860), dann in Heidelberg bei Erlenmeyer, Bunsen und Helmholtz (seit 1862) und kurze Zeit auch in Marburg. 1863 Promotion in Heidelberg. Danach Tätigkeit als Chemiker bei pharmazeutisch-chemischen Fabriken in der Schweiz und in Frankreich. In Paris lernte er August Wilhelm von Hofmann, den Begründer der Teerfarbenchemie, kennen. Durch dessen Forschungen angeregt, begründete G. 1868 in Ffm. ein chemisch-technisches Labor, in dem er zusammen mit dem Chemiker August Leonhardt versuchsweise künstliche Farbstoffe herstellte. Diese Versuchsfabrikation fand das Interesse seines Vaters und seines Schwagers Bernhard Weinberg, der Inhaber der Farbengroßhandlung „
Leopold Cassella“. Dem väterlichen Geschäft wurde 1870 eine Teerfarbenfabrik an der Mainkur in Fechenheim angeschlossen („Ffter Anilinfarbenfabrik von Gans und Leonhardt“, später „Leo Gans & Co.“), der G. als wissenschaftlicher Leiter neben ihren Mitbegründern
Fritz (von) G. und August Leonhardt vorstand. Später trat Meinhard Hoffmann als technischer Betriebsleiter hinzu. Zudem nahm G. seinen Neffen Arthur von Weinberg in die Geschäftsleitung auf. Das Arbeitsgebiet der Firma erstreckte sich vor allem auf die Herstellung und Entwicklung von Naphthalin- und Azofarbstoffen, später auch auf die Produktion von Pharmazeutika. Die Fabrikanlagen mussten schon bald erweitert werden; zudem wurden Auslandsfilialen in Lyon (1885), Riga (1898), New York (1902) und Bombay (1902) errichtet. Das Unternehmen, seit 1894 „
Leopold Cassella & Co.“ genannt, genoss Weltruf und war 1900 auf der Pariser Weltausstellung vertreten. Sein Mitbegründer Leo G. galt nun als Wegbereiter der Farbenchemie und ihrer industriellen Auswertung. Unter seiner Leitung kam 1904 eine Interessengemeinschaft mit den Farbwerken Hoechst zustande. G. zog sich daraufhin aus der aktiven Geschäftsleitung zurück, in der er lediglich während des Ersten Weltkriegs noch einmal tätig war. Nach dem Übergang der Cassellawerke in die IG Farbenindustrie AG (1925) gehörte er dem Aufsichtsrat des Chemiekonzerns an und kümmerte sich trotz seines hohen Alters immer persönlich um die Geschicke des Cassellawerks. 1933 wurde G., der vom jüdischen zum evangelischen Bekenntnis übergetreten war, gezwungen, alle Ämter und Ehrenämter niederzulegen.
Soziales Engagement für seine Belegschaft; so richtete G. schon früh Kranken- und Pensionskassen für die Arbeiter und Angestellten der Cassella ein. Mitglied im Präsidium der IHK. Von 1919 bis 1930 Mitglied, seit 1924 Ehrenmitglied der Ffter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft.
Förderer von Wissenschaft und Kunst. Erster Vorsitzender des Physikalischen Vereins, für dessen Neubau an der Robert-Mayer-Straße er sich besonders einsetzte. Vorsitzender des Ffter Vereins für Luftfahrt. Initiator und Präsident der Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung (Ila) 1909. Gastgeber von Graf Zeppelin nach dessen Landung mit dem Luftschiff „Z II“ in Ffm. am 31.7.1909. Förderer des Ffter Universitätsgedankens. Spendete zur Gründung der Universität eine Million Goldmark, die zur Errichtung des Chemischen Instituts verwendet wurde. Mitglied im Kuratorium und im Großen Rat der Universität, die ihn zu ihrem Ehrenbürger (1923), Ehrensenator (1924), zum Ehrendoktor der Medizin und der Naturwissenschaft ernannte. Vorsitzender und Ehrenmitglied der SNG. Vorstandsmitglied der Rothschildbibliothek. Führendes Mitglied in der Administration des Städelschen Kunstinstituts. Durch Stiftungen ermöglichte G. den Ankauf weiterer Kunstwerke. 1899 errichtete er mit 150.000 Mark einen Kunstfonds, aus dem das an der Friedensbrücke aufgestellte Standbild „Der Hafenarbeiter“ und die Plastik „Der Sämann“ im Günthersburgpark (beide von
Meunier) sowie der Märchenbrunnen am Schauspielhaus (von
Hausmann) bezahlt wurden. Im
Goethejahr 1932 schenkte G. dem Freien Deutschen Hochstift 100.000 Reichsmark (ebensoviel wie die Stadt Ffm.) zur Erhaltung von
Goethes Geburtsstätte und den Sammlungen des Hochstifts, woraufhin er das Ehrenabzeichen des Freien Deutschen Hochstifts erhielt. Noch 1933 errichtete G. eine Stiftung für Bedürftige.
Bereits 1908 wurde G. Ehrenbürger von Fechenheim, das durch die Cassellawerke zur reichsten Gemeinde zwischen Ffm. und Hanau geworden war. Auf einer Festsitzung des Physikalischen Vereins zu G.’ 70. Geburtstag 1913 wurde mitgeteilt, dass die Internationale Versammlung der Astronomen in Hamburg beschlossen habe, die Namensgebung des neu entdeckten Planeten Nr. 728 mit einer Ehrung für G. zu verbinden. Der Planet wurde „Leonisis“ genannt, wobei der Vorname des Jubilars mit dem Namen des Symbols des Physikalischen Vereins, der ägyptischen Göttin Isis, verbunden wurde. Große Goldene Medaille der Ffter IHK. Unter diesen und zahlreichen weiteren Ehrungen ragt die Ernennung G.’ zum Ehrenbürger der Stadt Ffm. 1928 heraus. Er war der neunte Ehrenbürger, jedoch der erste gebürtige Ffter unter diesen.
Ehrengrab auf dem Hauptfriedhof (Gewann III GG 9).
Die 1931 nach ihm benannte Leo-G.-Straße in Fechenheim wurde 1938 umbenannt in Friedrichshafener Straße, trägt jedoch seit 1945 wieder ihren ursprünglichen Namen.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 239f.,
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