Drittes Kind des Ffter Bürgers und Handelsmanns
Philipp Julius F. (1775-1849) und dessen Ehefrau Maria Antonetta (auch: Antonette, Antoinetta, Antoinette) Franziska (auch: Francisca), geb. Steinhäuser (auch: Steinhäußer; 1786-1859), der Tochter eines Ffter Perückenmachermeisters. Acht Geschwister, von denen vier im Säuglings- oder Kleinkindalter starben: Johanna Louise Franziska F. (seit 1841 verh. Beer, 1808-1870); Anton F. (7.3.1809-17.3.1809); Caroline Henriette F. (1811-1812); Heinrich August F. (1813-1837), zuletzt Handlungsbeflissener (Kaufmannsgehilfe) in Rotterdam; Johanna Pauline F. (1814-1815); Johannette Sophie F. (1817-1819); Georg Friedrich Bernhard F. (1821-1888); Carl Christian F. (1823-1895), promovierter Jurist, Stadtgerichtssekretär in Ffm. Verheiratet (seit 1835) mit Anna Elisabetha Dionysia F., geb. Heimberger (1813-1894), einer Ffter Kaufmannstochter. Vier Kinder: Elisabeth F. (seit 1855 verh. Anderst, 1836-?);
Antoinette Franziska F. (seit 1878 verh. Brofft, 1838-?);
Philipp Julius (seit 1889: von) F. (1839-1911), Arzt; Clara F. (1841-1894). Der einzige Sohn
Philipp F. wurde zum Namensgeber und vielleicht auch zum „Urbild“ des „Zappel-Philipps” in der Bildergeschichte, die der mit F. befreundete Arztkollege
Heinrich Hoffmann schuf und ab der zweiten Auflage (1846) in sein Kinderbuch vom „Struwwelpeter“ aufnahm.
F. kam aus wohlhabenden Verhältnissen. Der Vater, geboren als Sohn eines Försters in Annweiler im Pfälzerwald, betrieb ein kaufmännisches Unternehmen (Weinhandel, Lotterie-Hauptkollekte, Kommission und Spedition) in Ffm. Die Mutter, eine „hochbegabte“ und „geistreiche“ Frau (nach dem Zeugnis ihres Enkels
Philipp von F.), sorgte für eine hervorragende Erziehung der Kinder. Schulbesuch an einem Privatinstitut, dann (1820-28) am städtischen Gymnasium. Studium der Medizin und Chirurgie in Heidelberg (1828-30; dort zeitweise Kommilitone von
Heinrich Hoffmann) und Göttingen (1830-32). Am 30.12.1831 Promotion zum „Doctor medicinae et chirurgicae et artis obstetriciae“ (Doktor der Medizin, Chirurgie und Geburtshilfe) in Göttingen mit einer Arbeit „De luxatione femoris in ramum descendentem ossis ischii“ (Über eine Luxation des Oberschenkelknochens in den Ramus descendens des Sitzbeins; im Druck 1832) bei dem Chirurgen und Anatomen Conrad Johann Martin Langenbeck (1776-1851). 1832 Studienreise zur ärztlichen Weiterbildung, insbesondere auf dem Gebiet der Chirurgie (mit den neuesten Operationsmethoden), in Berlin, Prag, Wien, Paris und London.
Im Juli 1832 Aufnahme als Bürger und praktischer Arzt in Ffm. Im Aufnahmeverfahren erklärte F. ausdrücklich, dass er sich der Medizin und der Chirurgie, aber nicht der Geburtshilfe widmen wolle; im Adressbuch 1834 firmierte er mit seiner Praxis erstmals zusätzlich als Augenarzt. Als Armenarzt war er für zwei Ffter Quartiere zuständig. Daneben gründete F. zusammen mit seinen Ffter Arztkollegen Simon Moritz Ponfick (1809-1868), David Eduard Schilling (1809-1890),
Adolph Schmidt (seit 1870: Schmidt-Heyder),
Georg Varrentrapp und
Heinrich Hoffmann 1834 in Ffm. die Armenklinik, die ihre Räumlichkeiten zur stationären Behandlung zunächst in der Stelzengasse (Juli bis Dezember 1834), bald in der Meisengasse (wohl spätestens ab Jahresbeginn 1835) hatte. Die Armenklinik diente einerseits der medizinischen Betreuung der Landbevölkerung in den umliegenden Dörfern, sollte aber andererseits auch das Wissen und die praktische Ausbildung der beteiligten Ärzte im gegenseitigen Austausch fördern, wobei besondere Schwerpunkte auf die höhere Chirurgie und die Augenheilkunde gesetzt wurden. Jeder Arzt der Armenklinik versah abwechselnd mit den Kollegen den poliklinischen Dienst, der zweimal wöchentlich (mittwochs und samstags von 11 bis 13 Uhr) angeboten wurde, und übernahm die Betreuung eines Ffter Dorfs mit Besuchen vor Ort. Die auch privat befreundeten Ärzte trafen sich regelmäßig zum Konsilium mit anschließendem Nachtessen und gelegentlich zu Unternehmungen in ihrer Freizeit, wie z. B. Landpartien in den Taunus.
Im Oktober 1844 bewarb sich F. um die Stelle als Wundarzt am Hospital zum heiligen Geist in Ffm. Die Chirurgie hatte sich damals erst allmählich vom Handwerk zum medizinischen Fachgebiet entwickelt, und die bisherigen Wundärzte am Heiliggeisthospital waren alle keine studierten Mediziner gewesen, sondern hatten ihre Ausbildung bei einem Handwerksmeister in der Zunft der Barbiere absolviert. Der seit 1815 beschäftigte Hospitalwundarzt Johann Christoph Sturz (1771-1848) wollte sich im Herbst 1844 aus Altersgründen zur Ruhe setzen, und F. bot an, die Stelle zunächst ohne Gehalt zu übernehmen, um dadurch die Pensionszahlung an Sturz zu sichern. Daraufhin wurde F. zum Hospitalchirurg an das Hospital zum heiligen Geist berufen, als erster akademisch ausgebildeter Chirurg in dessen Geschichte, womit Hospitalarzt und Hospitalchirurg an diesem Krankenhaus künftig gleichgestellt waren. Zum 1.1.1845 trat F. die Stelle als dirigierender Arzt (Chefarzt) der chirurgischen Abteilung am Hospital zum heiligen Geist an. Er galt als tüchtiger Operateur und behandelte „vor allem Patienten mit septischen Krankheitsbildern (Abszesse, Phlegmone, Furunkel, Panaritien etc.), mit Verletzungen (Prellungen, Zerrungen, Frakturen), aber auch Patienten mit Bindehautentzündungen“ (Schaefer: Der Weg d. Chirurgie vom Handwerk zur Wissenschaft am Beispiel von Friedrich Wilhelm Fabricius 2006, S. 59). Zu den von ihm ausgeführten Operationsverfahren gehörten vorwiegend „Amputationen an den Extremitäten (Finger bis Oberarm bzw. Hüfte), inkarzerierte Schenkel- bzw. Leistenhernien und Phimosenoperationen“ (ebd.). Auch hielt er regelmäßig Vorlesungen zur Chirurgie an der Dr. Senckenbergischen Anatomie.
Mit seiner Privatpraxis war F. zudem ein gesuchter behandelnder oder konsultierender Arzt in Ffter Familien. In früheren Jahren, nach dem Auszug aus dem Elternhaus wohl mit der Heirat 1835, hatte er Wohnung und Praxis in der Münzgasse Lit. J 128 (später Nr. 4), nachweislich bis zum Eintrag im Adressbuch 1844, so dass auch die Kinder dort geboren wurden. Die beiden folgenden Wohnsitzwechsel – zuerst in die Bleichstraße 44 (lt. Adr. 1849), dann in die Hochstraße 14 (lt. Adr. 1852-57) – lassen sich wegen Erscheinungslücken der Adressbücher nicht ganz eindeutig datieren. Anschließend lebte F. in der Großen Eschenheimer Straße, zunächst Nr. 37 (lt. Adr. 1858-63), zuletzt Nr. 41 (lt. Adr. 1864-72). Im Herbst 1872 musste F. seine Tätigkeit am Hospital zum heiligen Geist krankheitshalber aufgeben; er blieb jedoch als Consiliarius den dortigen Ärzten und Patienten bis zu seinem Tod im Dezember 1872 verbunden.
1845 Mitbegründer, 1848 Vorsitzender des Ärztlichen Vereins. Aus den regelmäßigen Treffen der sechs Ärzte der Armenklinik ab 1834 war ein medizinischer Gesprächskreis entstanden, der sich bereits ab 1837 mit zwei älteren Ffter ärztlichen Kränzchen zusammenschloss; daraus ging am 3.11.1845 der Ärztliche Verein hervor, zu dessen 25 Gründungsmitgliedern auch F. und die anderen Initiatoren der Armenklinik gehörten. Der Ärztliche Verein diente zunächst der gegenseitigen Anregung und Belehrung, später auch insbesondere der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der Wahrung der ärztlichen Standesinteressen.
Besitzer einer Gemäldesammlung.
Zu Beginn seiner ärztlichen Laufbahn veröffentlichte F. zahlreiche Aufsätze in verschiedenen medizinischen Journalen, u. a. die Fallbeschreibung „Zur Behandlung der Contracturen und Ankylosen des Kniegelenks“ (in: Archiv für die gesammte Medicin, 1841); nach der Übernahme der Stelle als Chefarzt am Hospital zum heiligen Geist 1845 fand er keine Zeit mehr für eine fachschriftstellerische Tätigkeit.
Porträt (von
Angilbert Göbel, 1859) als Geschenk des Sohnes
Philipp von F. im Besitz der Dr. Senckenbergischen Stiftung.
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