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Hase, Elisabeth

Elisabeth Hase
Elisabeth Hase
Selbstporträt am Telefon (Fotografie, Silbergelatineabzug auf Barytpapier, um 1930; Städel Museum, Ffm., Inventarnummer St.F.3589).
© The Estate of Elisabeth Hase, Courtesy Robert Mann Gallery, New York / für die Bildvorlage: Städel Museum, Ffm. – ARTOTHEK.
Hase, Elisabeth. Werbe- und Pressefotografin. * 16.12.1905 (Markranstädt-)Döhlen bei Leipzig, † 9.10.1991 Ffm.
Geboren auf einem Hofgut nahe Leipzig. Der Vater war Landwirt und starb, als H. drei Jahre alt war. Die Mutter zog mit ihr und den drei Geschwistern zunächst in das Erzgebirge und 1913 nach Clausthal-Zellerfeld.
Nach dem Schulabschluss trat H. im April 1923 eine Stelle als „Haustochter“ bei einem Professor der Philosophie in Ffm. an. Bald lernte sie eine Malerin kennen, die ihr Interesse an der Malerei weckte. Sie übernahm deren Haushalt und erhielt nachmittags Zeichen- und Malunterricht. Auf Initiative der Malerin entschloss sich H. zu einer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Ffm. Von September 1924 bis Sommer 1929 erlernte sie schwerpunktmäßig Typografie bei Paul Renner, besuchte die Buchbinderklasse und studierte Gebrauchsgrafik bei Willi Baumeister. Ihre Arbeiten fanden guten Anklang, insbesondere ihre typografische Gestaltung von Bucheinbänden, ihre Buntpapiere für die Innenseiten von Buchdeckeln und ihre Collagen. Einige Beispiele schickte der Leiter der Kunstgewerbeschule, Fritz Wichert, zu einer Ausstellung in Paris, wofür sie eine Auszeichnung erhielt. Ihre Buntpapiere fielen der Metallgesellschaft AG auf, die ihr 1927/28 einen Auftrag über 120 Exemplare für eine Firmenschrift erteilte. Willi Baumeister stellte H. 1929 ein sehr positives Zeugnis aus und bestätigte später, dass sie eine „außerordentlich begabte und sehr fleißige Studentin mit vorzüglichen Resultaten“ gewesen sei.
Mit Fotografie hatte H. in dieser Zeit nur gelegentlich zu tun. 1925, während eines Ferienaufenthalts in Clausthal, porträtierte sie mit einer geliehenen Plattenkamera eine 100-jährige Bäuerin; dies ist die erste bekannte Fotografie von H. Gegen Ende der Studienzeit begann sie, passend zum Unterricht in Gebrauchsgrafik, moderne Bauten für die Zeitschrift „Das Neue Fft.“ aufzunehmen. Die Verbindung zur Kunstgewerbeschule ergab sich daraus, dass Wichert seit 1928 Mitherausgeber dieser zwei Jahre zuvor von Ernst May gegründeten Zeitschrift war. Im Sommer 1929 bewarb sich H. unter Vorlage ihrer Collagen bei dem Fotografen Dr. Paul Wolff und arbeitete zwei Jahre als Angestellte in dessen Atelier. Sie wurde dort allerdings mehr als Hilfskraft eingesetzt, bildete sich aber autodidaktisch in der Fotografie weiter. Parallel fertigte sie in dieser Zeit weiterhin Architekturaufnahmen an und arbeitete als Archiv-Fotografin für das China-Institut an der Ffter Universität.
1932 machte H. sich selbstständig und eröffnete ein Atelier im Haus Goetheplatz 11, in dem auch ihr Lebensgefährte, der Maler und Grafiker Albert Kruse, wohnte. Unter der Bezeichnung „Fotografin für Presse und Werbung“ begann sie ihre Tätigkeit mit einem Grundstock von 300 Fotografien, die sie Zeitschriften und Fotoagenturen zum Abdruck anbot. Sie baute auch eine Zusammenarbeit mit ausländischen Bildagenturen (z. B. in Amsterdam und Wien) auf. Die Nachfrage nach ihren Fotografien entwickelte sich gut. Schon bald erschienen ihre „Rosen mit Tautropfen“ auf dem Titelblatt von „Scherl’s Magazin“ und zwei weitere Ansichten auf der Titelseite der „Ffter Illustrierten“. H. konnte meist zwei bis drei Mitarbeiterinnen beschäftigen. 1936 zog sie mit ihrem Atelier in die Staufenstraße 42 um und heiratete ihren Lebensgefährten, von dem sie sich aber ein Jahr später wieder scheiden ließ. 1939 heiratete sie Hellmuth Simonis, der als Angestellter bei der Metallgesellschaft arbeitete, und bekam ihre erste Tochter; 1944 wurde ihre zweite Tochter geboren. Es folgten die Evakuierung nach Idstein und 1945 der kriegsbedingte Verlust ihrer Kameras und der Dunkelkammer-Ausrüstung.
Da sich ihr Archiv erhalten hatte, konnte H. bald nach dem Zweiten Weltkrieg daran denken, ihr Atelier neu aufzubauen. Dabei half ihr der Dank für eine frühere Hilfeleistung. Sie hatte in den 1930er Jahren Freunde bei der Emigration in die USA unterstützt. Nach Kriegsende beauftragten sie über die amerikanische „Life“ einen Reporter, sich nach dem Verbleib von H. zu erkundigen. Er beschaffte ihr eine Kamera und Filmmaterial, so dass sie 1946 ihr Atelier wieder eröffnen konnte. Auch jetzt warb sie mit dem Hinweis: „Photographie – Presse – Werbung“. 1949 nahm H. an einem Lehrgang am „Lehrinstitut für Farbenphotographie“ in Höchst teil und stellte einige Jahre später vollständig auf Farbfotografie um. Im fortgeschrittenen Alter fotografierte sie nur noch Stillleben mit Pflanzen in ihrem eigenen Garten in dem neuen Domizil in der Wildenbruchstraße im Dichterviertel am Dornbusch.
In den ersten Jahren war die fotografische Tätigkeit von H. geprägt vom Reformgeist der Kunstgewerbeschule, der dem Stil der Neuen Sachlichkeit entsprach. Dies zeigte sich für H. insbesondere beim Unterricht in Gebrauchsgrafik, der auch die Fotografie als Gestaltungsmittel in die Werbegrafik einbezog. Dementsprechend stellten H.s Architekturfotografien moderne Bauten im Rahmen des städtischen Projekts „Das Neue Fft.“ unter der Leitung von Ernst May dar, z. B. Siedlungshäuser in Westhausen und Praunheim (Originalabzüge im ISG) oder das neue Messegelände. Die Aufnahmen waren bestimmt für die Zeitschrift „Das Neue Fft.“, deren Redaktion Willi Baumeister nach Mays Weggang im Oktober 1930 übernahm. Dazu kamen Selbstporträts, Straßenszenen aus der Ffter Innenstadt und sorgfältig ausgerichtete Stillleben von Pflanzen und Gegenständen. Nach Gründung ihres eigenen Ateliers 1932 konzentrierte H. sich auf künstlerische Fotografien wie Pflanzenstudien, Stillleben anderer Art oder Selbstporträts. Typisch dafür ist die Ansicht der „Rosen mit Tautropfen“, die zu ihrem Markenzeichen wurde und ihren Briefbogen in der rechten oberen Ecke zierte. Ein ähnliches Motiv war auf ihrer Visitenkarte abgedruckt. H. stellte laufend Titelblätter für illustrierte Zeitschriften und erhielt Aufträge von Unternehmen wie IG Farben, Mouson oder dem Hersteller der Zahnpasta „Chlorodont“. Die IG Farbenindustrie AG beauftragte sie 1938, für die Festschrift zum 75-jährigen Bestehen des Werkes Griesheim (früher: Chemische Fabrik Griesheim-Elektron) Werksansichten einzureichen. Von den 18 erhaltenen Aufnahmen wurden sieben zur Illustration des Buchs ausgewählt. Auffallend ist ferner das Selbstporträt von H. am Telefon, das die Buchdruckerei Erich Norberg in Worms für ein Werbeplakat verwendete. Dazu kamen Porträts, zuerst über persönliche Empfehlungen, da sie keine Eigenwerbung betrieb, sowie Kinderbilder, jedoch keine Serien oder Reportagen. Über ihre Kontakte zu ausländischen Bildagenturen erreichte sie auch internationale Aufmerksamkeit. Ihre Abkehr von der Architekturfotografie ergab sich daraus, dass der Stil der klassischen Moderne infolge der politischen Entwicklung zu Ende ging. Obwohl ab 1933 der Nationalsozialismus Druck auf die Bildmedien ausübte, bewahrte H. ihre eigene Bildsprache. Ihr Schaffen dominierten jetzt Blumenstillleben, Kinderporträts und Bilder von Puppen in natürlicher Umgebung. Diese Motive wurden von NS-Zeitschriften aufgegriffen, und sie erhielt auch Aufträge von offizieller Seite, z. B. von der „NS-Frauenwarte“. Nach der Wiedereröffnung ihres Ateliers 1946 wurde H. bekannt für ihre Aufnahmen von der zerstörten Ffter Innenstadt, insbesondere der ausgebombten Paulskirche und deren Wiederaufbau. Fünf dieser Motive wurden in dem Bildband „Alt-Fft. Ein Vermächtnis“ (1950) abgebildet. Dies führte zu einem (im ISG erhaltenen) Schriftwechsel von H. mit Fried Lübbecke, dem Bearbeiter des Buchs. Mit Schreiben vom 30.11.1950 dankte H. für die Übersendung des Belegexemplars und bat darum, weitere Bücher kaufen zu können. Sie wolle damit „einigen Freunden, die von hier nach Amerika auswanderten, eine Weihnachtsfreude machen“. Dabei handelte es sich vermutlich um die Bekannten, die sie bei der Emigration unterstützt hatte und die ihr 1946 beim Wiederaufbau ihres Ateliers geholfen hatten. In den Folgejahren war H. wieder erfolgreich mit künstlerischen Werbefotos, Stillleben und Selbstporträts, jetzt mit den eigenen Kindern, sowie Babyfotos für „Nivea“- und „Penaten“-Reklame. Ihre Auftraggeber waren Leitz Rollei, VW, Merck, Thyssen sowie Versandhäuser für deren Kataloge, aber z. B. auch Herausgeber von Weihnachtspostkarten. H. war damit eine sehr gefragte Werbe- und Pressefotografin in Deutschland. Ihre Fotografien waren auf einer Vielzahl von Titelseiten und Werbeanzeigen zu sehen, und ihr Gesicht war eines der meistabgebildeten Werbegesichter in ihrer Zeit. Allerdings ließ H. ihre Fotos meist ohne Nennung der Fotografin erscheinen, weil sie sich selbst nicht besonders herausstellen wollte.
Der Nachlass von H. wurde nach dem Tod ihres Ehemanns 1997 von der Tochter und Malerin Nani Simonis (* 1944) gesichtet, ausgearbeitet und betreut. Die Historikerin Gabriele Lohmann (* 1955), die den Nachlass einsehen konnte, veröffentlichte 2004 die Dissertation „Elisabeth Hase. Fotografin für Presse und Werbung“. Im Jahr 2016 übergab H.s Tochter den gesamten Nachlass an den New Yorker Galeristen Robert Mann, der in seinen Räumen eine Auswahl unter dem Titel „An Independent Vision“ zeigte. Weitere Originale von H. befinden sich im Museum Folkwang in Essen, in der Albertina in Wien, im Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung in Berlin, im ISG und im Städel in Ffm. sowie in Privatbesitz.
Weitere Ausstellungen: Museum Folkwang in Essen (2003), Lesesaal des Palmenhauses im Palmengarten in Ffm. (2003) und HMF (2005). Ausstellungen, in denen H. mit einzelnen Originalen vertreten war: Haus der Geschichte in Bonn (2001), Galerie Anna Augstein in Berlin (2006), Museum für Photographie in Braunschweig (2011), Deichtorhallen in Hamburg (2014), Museum Angewandte Kunst in Ffm. (2019) und Städel Museum in Ffm. (2021).

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Eberhard Mayer-Wegelin.

Literatur:
                        
Archiv für Fft.s Geschichte und Kunst. Bisher 78 Bde. Ffm. 1839-2019.Christina Treutlein in: AFGK 75 (2016): Akteure des Neuen Fft., S. 115. | Fotogeschichte. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie. Bisher 39 Jahrgänge (154 Hefte). Marburg 1981-2019.Mettner, Martina: Elisabeth Hase. Porträt einer Fotografin. In: Fotogeschichte 1 (1981), H. 2, S. 59-67. | Frauenobjektiv. Fotografinnen 1940 bis 1950. [Begleitbuch zur Ausstellung im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, 18. Mai bis 29. Juli 2001. Red.: Petra Rösgen.] Köln 2001.Kat. Frauenobjektiv 2001. | Klemp, Klaus/Sellmann, Annika/Wagner K, Matthias/Weber, Grit: Moderne am Main 1919-1933. Stuttgart/Ffm. [2019].Klemp u. a.: Moderne am Main 2019, S. 246-249, 298. | Koetzle, Hans-Michael (Hg.): Augen auf! 100 Jahre Leica. Heidelberg/Berlin 2014.Koetzle (Hg.): 100 Jahre Leica 2014, S. 534. | Leica-Fotografie. [Titel anfangs: Leica-Photografie.] Zeitschrift der Kleinbildfotografie. 40 Jahrgänge. Ffm. 1949-88.Krass, Fred: Eine Frau macht Fotogeschichte. Elisabeth Hase. In: Leica-Fotografie 1983, H. 5, S. 27-33. | Lemke, Kristina (Hg.): Neu Sehen. Die Fotografie der 20er und 30er Jahre. [Katalog zur Ausstellung im Städel Museum, 30. Juni bis 24. Oktober 2021.] Bielefeld 2021. (Kerber Photo).Lemke (Hg.): Neu Sehen 2021, S. 123, 131, 192. | Lohmann, Gabriele: Elisabeth Hase. Fotografien 1928-1943. Göttingen 2003. (Reihe Beruf: Fotografin).Lohmann: Elisabeth Hase. Fotografien 2003. | Lohmann, Gabriele: Elisabeth Hase. Fotografin für Presse und Werbung. Die 1930er bis 50er Jahre. 2 Bde. Bochum 2004.Lohmann: Elisabeth Hase. Fotografin für Presse u. Werbung 2004. | MG-Information. Eine Zeitschrift für die Mitarbeiter im Bereich der Metallgesellschaft AG. 38 Jahrgänge. Ffm. 1966-2003.Becker, Hannelore: Ihr erster Auftrag kam von der Metallgesellschaft – die Fotografin Elisabeth Hase. In: MG-Information 22 (1987), H. 3, S. 18f. | Photonews. Zeitung für Fotografie. Bisher 33 Jahrgänge. Hamburg 1989-2021.Komenda, Adelheid: Archiv-Geschichten VII: Verloren für die deutsche – gewonnen für die internationale Fotografiegeschichtsschreibung? Der Nachlass von Elisabeth Hase befindet sich nun in New York. In: Photonews 12/2016-1/2017, S. 8f. (Zweitveröffentlichung online unter: https://www.netzwerk-fotoarchive.de/archiv-geschichten/nachlass-elisabeth-hase, abgerufen am 30.11.2021). | Porträts Ffter Senioren. Senioren Zeitschrift 1976-1999. Hg.: Dezernat Soziales und Jugend der Stadt Ffm. Autoren: Erika Albers, Hans R. Darnstädt, Lore Kämper, Verita Mohr, Lothar Vetter. Ffm. 1999.Albers, Erika: Elisabeth Hase. Die Welt mit Herz und Kamera gesehen. In: Porträts Ffter Senioren 1999, S. 97-99. (Erstmals erschienen in: Senioren-Zeitschrift 2/1988, S. 18-20.)
Quellen: ISG, Archiv der „Freunde Fft.s“ (vorm. Bund tätiger Altstadtfreunde), 1950-90.ISG, Freunde Fft.s – Bund tätiger Altstadtfreunde, V40/96, Bd. 2 (Buchveröffentlichung „Alt-Fft. Ein Vermächtnis“, 1950). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/8.440.
Internet: Elisabeth Hase, Internetseite zu Leben und Werk der Fotografin, Copyright: Nani Simonis, München. http://www.elisabeth-hase.deElisabeth Hase, 30.11.2021. | Städel Museum, Ffm. https://sammlung.staedelmuseum.de/de/person/hase-elisabeth - https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/ohne-titel-selbstportraet-am-telefon -
Hinweis: Eintrag zu Elisabeth Hase in der digitalen Sammlung.
Städel, 30.11.2021.
| Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_HaseWikipedia, 30.11.2021.

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Empfohlene Zitierweise: Mayer-Wegelin, Eberhard: Hase, Elisabeth. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/3505

Stand des Artikels: 22.8.2022
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 12.2021.