Sohn des Rabbiners
Rudolf P. (1843-1914) und dessen Ehefrau Rosalie, gen. Rosa, geb. Glans (1851-1901). Mindestens zehn Geschwister (acht Schwestern und zwei Brüder), von denen er das zweite Kind und der älteste Sohn war. Verheiratet in erster Ehe (seit 1904) mit seiner Cousine Mückchen, gen.
Meta, P., geb. P. (1875-1934), in zweiter Ehe (seit 1938) mit Elli P., geb. Friedländer, verw. Katzenstein (1884-1938). Zwei Kinder aus erster Ehe: Elisabeth P. (seit 1936 verh. Meter, 1906-1987) und
Richard P. (seit offizieller Namensänderung 1945: Plant, 1910-1998).
Seine ersten Kinderjahre verbrachte P. in seinem Geburtsort Karlsbad. Seit 1882 lebte die Familie in Ffm., wo der Vater
Rudolf P. zum Rabbiner der Israelitischen Gemeinde gewählt worden war. Nach dem Abitur am städtischen Gymnasium in Ffm. studierte P. ab 1892 Medizin in Würzburg, Berlin, Freiburg und München. 1897 wurde er in München approbiert und mit einer Arbeit „Über cerebrale Apoplexien und Embolien“ promoviert. Seine Assistentenzeit absolvierte er in Berlin, Gießen und Zürich. 1899 ließ sich P. als Facharzt für Magen- und Darmkrankheiten in Ffm. nieder. Nach ersten Anfängen in der Eschersheimer Landstraße 14 hatte er seine Praxis zunächst in der Schillerstraße 2 (lt. Adressbuch 1901-09), dann am Opernplatz 4/Ecke Hochstraße (lt. Adressbuch 1910-14) und schließlich im Reuterweg 66 (lt. Adressbuch 1915-34). Im Ersten Weltkrieg war P. zunächst als Militärbahnarzt in Kowno, dann (1917-18) als landsturmpflichtiger Arzt in Stabsarztstellung beim Feldlazarett 287 eingesetzt.
Nach Angaben seines Sohnes war P. überzeugter Marxist und Atheist; er gehörte jedoch bis mindestens 1910 noch der Israelitischen Gemeinde an, und es ist nicht bekannt, ob er später aus der Gemeinde austrat. Höchstwahrscheinlich war P. 1913 Mitbegründer der Ffter Sektion des Vereins sozialistischer Ärzte, deren Vorsitz er übernahm. Der parteilich unabhängige Verein, der fast ausnahmslos jüdische und zur Hälfte weibliche Mitglieder hatte, unterhielt nach der russischen Oktoberrevolution enge Arbeitsbeziehungen zu sowjetischen Fachkreisen, trat für die Legalisierung der Abtreibung ein und engagierte sich für eine Liberalisierung des Sexualstrafrechts. In den 1920er Jahren zählte P. in seiner Praxis ebenso Arbeiter und Gewerkschafter wie Sänger und andere Künstler vom nahe gelegenen Opernhaus zu seinen Patienten. Von 1923 bis 1933 wirkte er außerdem als Administrator des Dr. Christ’schen Kinderhospitals und Entbindungshauses. Der philosophisch hochgebildete Mediziner hielt regelmäßig Vorträge für den Ffter Bund für Volksbildung, und zu seinem engeren Kreis zählten die Schriftstellerin
Margarete Susman, der Neurologe
Kurt Goldstein und der Sozialphilosoph
Max Horkheimer.
1928 wurde P. als Abgeordneter der SPD in die Stadtverordnetenversammlung gewählt, der er bis zur vom NS-Staat erzwungenen Auflösung der Gemeindevertretungen in Preußen zum 8.2.1933 angehörte. Er war Mitglied im Schul- und im Stiftungsausschuss sowie in der Deputation für das Gesundheitswesen, in der Deputation für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und in der Bestattungsdeputation. Zudem saß er als Vertreter der SPD-Fraktion im Großen Rat der Universität. Als Stadtverordneter setzte er sich insbesondere für eine vorbeugende Gesundheitspolitik zugunsten der mittellosen Bevölkerungsschichten ein. So forderte er 1929 ein Freibad für jeden Stadtteil zur „Körperpflege in Luft, Licht und Wasser unter Anwendung von Gymnastik“.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 war P. aufgrund seiner jüdischen Herkunft und seiner politischen Einstellung bedroht. Noch vor oder an dem Tag des Reichstagsbrands vom 27.2.1933 soll er verhaftet worden sein. Nach Angaben des Sohnes war er im Zuge einer „Aktion gegen sozialistische Ärzte“ 1933 für mehrere Wochen inhaftiert. Dennoch kandidierte er bei den Kommunalwahlen vom 12.3.1933 noch einmal – wenn auch chancenlos – für das Stadtparlament. Wahrscheinlich war P.s Arztpraxis von den Maßnahmen zum „Judenboykott“ am 1.4.1933 betroffen. In den folgenden Monaten wurde ihm die Zulassung bei den gesetzlichen Krankenkassen (22.4.1933) und bei den im Deutschen Ring zusammengefassten privaten Krankenkassen (1.9.1933) entzogen, entgegen den Bestimmungen, wonach für ihn als lange vor dem 1.8.1914 zugelassenem Arzt und ehemaligem „Frontkämpfer“ des Ersten Weltkriegs (noch) eine Ausnahme gegolten hätte. Im März 1934 emigrierte das Ehepaar Theodor und Meta P. in die USA, vermutlich nach San Francisco. Infolge der Krebserkrankung von Meta P. kehrten die beiden wenige Monate später nach Ffm. zurück, da Meta P. den Wunsch hatte, in Deutschland zu sterben und begraben zu werden.
Nach dem Tod seiner Frau im Israelitischen Krankenhaus in Ffm. am 29.8.1934 wohnte P. zunächst bei seiner Schwester Flora Gut, geb. P. (1881-1964), die zusammen mit ihrem Mann Elias Gut (1872-1942) das Knabenheim der Flersheim- und Sichel-Stiftung am Dornbusch leitete. Er versuchte, sich wieder eine Existenz als Arzt in Ffm. aufzubauen, und praktizierte bei der Frauenärztin Dr. Lina Mühlhausen (1871-1938), die ihm ein Zimmer in ihrer Wohnung im Reuterweg 59 (also in unmittelbarer Nähe seiner früheren Praxis) zur Verfügung stellte; auch wurde er 1935 in einer Liste der Prüfer für jüdische Medizinstudenten an der Universität geführt. Ende September 1938 wurde ihm wie allen jüdischen Ärzten in Deutschland die Approbation entzogen. Am 19.10.1938 heiratete P. in Wuppertal-Elberfeld die ebenfalls verwitwete Elli Katzenstein, geb. Friedländer, die dort Mitinhaberin einer von ihrem ersten Mann Gustav Katzenstein (1867-1930) gegründeten Herrenbekleidungsfirma war. Im November 1938 wurde die Firma „arisiert“ und damit Elli P. enteignet. Offenbar schon vor dem Novemberpogrom 1938 kam es in Wuppertal zu antisemitischen Ausschreitungen gegen jüdische Villenbesitzer, u. a. gegen Elli P. Das Ehepaar P. floh daraufhin nach Hamburg, kehrte aber bald in die notdürftig reparierte Villa Am Forsthof 21 in Wuppertal-Elberfeld zurück. Wenige Tage nach dem Novemberpogrom, am 15.11.1938, kamen Theodor und Elli P. unter ungeklärten Umständen ums Leben. In den amtlichen Sterbeurkunden ist Suizid als Todesursache angegeben. Es ist jedoch nicht ganz auszuschließen, dass Theodor und Elli P. bei einem erneuten antisemitischen Übergriff von Nationalsozialisten ermordet wurden.
Mitglied des Ärztlichen Vereins.
Wissenschaftliche und medizinjournalistische Veröffentlichungen.
Auf der Gedenktafel (1998) am Clementine Kinderhospital „zur Erinnerung an die jungen Patienten und die Ärzte dieses Krankenhauses, die in der Zeit des Nationalsozialismus Opfer von Euthanasie-Verbrechen oder der Judenverfolgung wurden“, ist auch der Name von Theodor P. genannt.
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