Drittes Kind des in Alfdorf/Württemberg geborenen Kaufmanns
Heinrich Gottlieb B. (auch: Bandel; 1831-1902) und dessen in Heilbronn geborener Ehefrau
Emilie Pauline, geb. Schumm (1833-1896), die 1855 in Heilbronn geheiratet hatten. Acht Geschwister: Heinrich Emil (auch: Henry Emil) B. (1856-1913), Kaufmann, zeitweise in New York;
Emilie Henriette B. (seit 1877 verh. Haas, 1857-1936);
Ottilie Viktorine B. (seit 1881 verh. Wirth, 1859-1916); Carl
Ludwig Oskar B. (1861-1918); Gustav Richard B. (2.12.1862-15.12.1862); die Zwillingsschwestern Helene Pauline B. (1864-1865) und Agnes Adelheid B. (1864-1865);
Max Theodor B. (1869-1879). Ledig.
Als Tochter aus einem wohlhabenden Elternhaus wurde B. im Grüneburgweg 18 geboren. Zwischen 1880 und 1886 soll sie vergeblich versucht haben, in die „Damenklasse“ des Städelschen Kunstinstituts aufgenommen zu werden, aber immer wieder „wegen Platzmangels“ abgewiesen worden sein. Von 1887 bis 1895 studierte B. an der Königlichen Zeichenakademie in Hanau bei
Paul Andorff. Aus den Jahresberichten der Akademie geht hervor, dass B. in der seit 1887 von
Andorff geleiteten Malklasse mehrfach wegen ihrer Leistungen belobigt und mit Preisen ausgezeichnet wurde. Daneben (und wahrscheinlich schon früher) nahm sie Unterricht bei dem bekannten Genre-, Historien- und Landschaftsmaler Georg Cornicelius (1825-1898), der bis 1891 in Hanau eine private Malschule betrieb. B. gilt als dessen letzte Schülerin. Ihr in dunklen Farbtönen gehaltenes, realistisches Selbstbildnis (1894) zeugt von dem Einfluss ihres langjährigen Lehrers Cornicelius. Bereits zu ihrer Hanauer Studienzeit beteiligte sie sich an Ausstellungen. 1892 stellte sie im Ffter Kunstverein aus.
Ab 1895 besuchte B. Radierkurse bei
Bernhard Mannfeld am Städelschen Kunstinstitut in Ffm.
Mannfeld, ein guter Bekannter der Familie B., war mit
Andorffs Tochter
Margarete Auguste Emilie (1878-1966) verheiratet und unterrichtete ab 1895 Radierkunst am Städel. Zu seinen Schülern gehörten auch
Ottilie W. Roederstein und
Eberhard Quirin. Für das von
Mannfeld herausgegebene Werk „Original-Radierungen Ffter Künstler“ (1897) schuf B. zwei Blätter. Gerade unter ihren Radierungen finden sich auch Ffter Stadtansichten.
In den Jahren 1899 und 1900 war B. Meisterschülerin bei
Wilhelm Trübner, dem die Städelschule ein Gastatelier zur Verfügung gestellt hatte, in dem er Privatunterricht erteilen konnte. Der liberale Unterrichtsstil und die in Ffm. „avantgardistische“ Malweise des Impressionisten
Trübner zog zahlreiche Studierende an. Die „
Trübner-Schule“ verfügte über eine Damenklasse und ermöglichte somit auch Frauen, die an anderen Kunstschulen nur eingeschränkt zugelassen wurden, das Kunststudium.
Trübners Schülerinnen in Ffm waren u. a. Alice Auerbach (1874 -1916), die
Trübner 1900 heiratete, Else Luthmer (1880-1961) und Lina von Schauroth (1874-1970). B. war mit über 40 Jahren seine älteste Schülerin und hatte als Künstlerin schon Beachtung gefunden. Unter dem Einfluss
Trübners, der mit den Studierenden auch auf Exkursionen im Freien malte, hellte sich B.s Palette auf, und ihr Pinselduktus wurde energischer; neben Porträts widmete sie sich zunehmend Landschaften und Stillleben. Im April 1901 berichtete die Ffter Zeitung: „E. Bandell-Frankfurt, eine Schülerin von
W. Trübner, beweist uns mit ihrer Kollektion, welch trefflicher Lehrer dieser Künstler ist. Kräftige Handschrift, gute Farbwirkung und ein energischer Wille (...) zeichnen diese Arbeiten aus, die Talent deutlich erkennen lassen.” (F. F. in: FZ, Nr. 99, 10.4.1901, Zweites Morgenblatt, S. 2.) 1902 wurden B. und Alice Trübner in der führenden Kunstzeitschrift „Die Kunst für Alle” als die bedeutendsten Talente im Kreis der
Trübner-Schüler bezeichnet. Der Kontakt von B. zu ihrem Lehrer dürfte über das Ende der Studienzeit 1900 hinaus, zumindest bis zum Weggang
Trübners aus Ffm. 1903, gereicht haben. Unter den zahlreichen Porträts, die
Trübner von seinen Schülerinnen und Schülern schuf, befand sich auch ein Scherenschnitt B.s.
Um 1901/02 mietete B. ein eigenes Atelier an der Städelschule (erstmals im Adr. 1902), in dem sie bis zu ihrem Tod 1918 als freie Malerin arbeitete. Zu dieser Zeit entwickelte sie einen eigenständigen, modernen Stil, der auf einer abstrahierten Formensprache basierte, indem sie Motive aus rhythmischen Pinselabdrücken oder Farbflächen zusammensetzte. Sie löste sich von den Naturfarben und erweiterte ihr Farbspektrum um kräftige Töne. Da sie ihre Werke oft mit „Eug. Bandell“ signierte, wurde sie in einigen Rezensionen als „Eugen Bandell“ und somit als männlicher Künstler wahrgenommen.
Werke von B. waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen, u. a. in Baden-Baden (1895, 1896), Berlin (1905), Chemnitz, Darmstadt (1918), Dresden, Düsseldorf, Freiburg (1895), Heidelberg, Karlsruhe (1896), Krefeld (1905), Mainz (1917), Mannheim, München (1911), Paris, Pforzheim, Speyer, Wien, Wiesbaden (1915) und Zürich (1903). Sie präsentierte ihre Werke regelmäßig in den Münchner Jahresausstellungen im Glaspalast (1897, 1898, 1901, 1904, 1905) und in den Ausstellungen der Münchener (1903, 1904) und der Berliner Secession (1900-02). Ab 1900 bis zu ihrem Tod beteiligte sie sich fast in jedem Jahr an Ffter Ausstellungen, so an den Jahresausstellungen Ffter Künstler (1900-08, 1910, 1912-13), den Ausstellungen im Ffter Kunstverein (1900-03, 1909, 1911) und in verschiedenen Kunstsalons wie Bangel und Goldschmidt.
Wie ihre Lehrer
Andorff und
Mannfeld gehörte B. dem Ffter Ortsverein der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft an, zu dem die Ffter Künstlergesellschaft engen Kontakt hielt. Von Beginn an engagierte sich B. in dem im Mai 1913 gegründeten Frauenkunstverband als Mitglied des Hauptvorstands, zusammen u. a. mit
Ottilie W. Roederstein; die Erste Vorsitzende war Käthe Kollwitz (1867-1945). Der Frauenkunstverband fungierte als Netzwerk und setzte sich für die Zulassung von Frauen an den staatlichen Kunsthochschulen ein. B. war auch im „Dreistädtebund” tätig, einer seit 1916 bestehenden Untergliederung des Frauenkunstverbands für die Städte Darmstadt, Ffm. und Mainz. Bis 1911 gehörten B. und ihre Schwester zudem dem von
Franz Wirth 1886 mitbegründeten Ffter Friedensverein an, in dem schon ihr Vater seit 1894 Mitglied gewesen war.
B. starb in ihrem Elternhaus in der Hermannstraße 35 im Ffter Nordend, in dem die Familie seit 1871 wohnte. In diesem Haus verbrannte bei dem schweren Luftangriff auf Ffm. am 22.3.1944 der größte Teil ihres umfangreichen Werks. Es wurden damals 250 Ölgemälde, 43 Aquarelle, 30 Gouachen, 60 Radierungen, zehn Federzeichnungen, 200 Kohlezeichnungen und 100 Skizzen vernichtet. Über 150 Werke der produktiven Künstlerin sind jedoch in öffentlichen und privaten Sammlungen erhalten geblieben. Das HMF besitzt ihre Bilder „Weiblicher Rückenakt“ (vor 1899), „Die Alte“ (um 1900) und „Bildnis eines Jünglings vor bunter Tapete“ (1908). Das Städel erwarb von B. 1919 das Gemälde „Sonne am Mittag (Wilhelmsbad)“ (1913) und 1925 das Gemälde „Japanische Puppen mit Äpfeln“ (1915). Als Geschenk der Nichte Eugenie Haas-B. (1879-1975) kam 1956 das Selbstbildnis B.s (1894) in die Sammlung des Städel Museums.
B. wurde in der Familiengrabstätte auf dem Ffter Hauptfriedhof beigesetzt (Gewann D 277).
In einem Nachruf der Ffter Zeitung wurde B. als „eine der markantesten Künstlerinnen unserer Stadt“ gewürdigt (FZ, Nr. 94, 5.4.1918, Zweites Morgenblatt, S. 2). Der Ffter Kunstverein widmete ihr im März 1920 eine Gedächtnisausstellung. Das Historische Museum Fft. zeigte ihre Werke 1984 in einer Retrospektive.
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