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Klimt, Margarethe

Leiterin der Modeklasse an der Ffter Kunstgewerbe- bzw. Städelschule und seit 1934 des städtischen Modeamts.

Margarethe Klimt

Margarethe Klimt
Fotografie von Emy Limpert (um 1930; in Privatbesitz).

© privat. Nähere Informationen auf Anfrage bei der Redaktion.
Klimt, Margarethe (lt. Taufregister: Margaretha; auch: Margarete) Anna Johanna, auch gen. Gret(h)e, geb. Hentschel, in 1. Ehe verh. Klimt, in 2. Ehe verh. von Klenau (seitdem auch: von Klenau-Klimt, Klenau-Klimt, Klimt-Klenau, Klimt-von Klenau). Prof. Modefachfrau. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 3.12.1892 Wien, Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 7.5.1987 Wien, begraben auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 2, Reihe 20, Nr. 1).
Eines von sechs Kindern des Regierungsrats Robert Hentschel (1859-1935), des Direktors der k. u. k. Schulbücherverlage, und dessen Ehefrau Anna, geb. Pietschmann (1861-1937). Verheiratet in erster Ehe (von 1917 bis zur Scheidung nach 1921) mit dem Gutsverwalter Josef Klimt (1882-1947), in zweiter Ehe (seit 1941) mit dem dänischen Komponisten und Dirigenten Paul von Klenau (1883-1946). Zwei Kinder aus erster Ehe: Christian K. (1918-?) und Brigitta Hertha Anna K. (später verh. Boskovsky, 1921-2008).
Margarethe Hentschel, später verheiratete K., erfuhr eine für Mädchen hervorragende Ausbildung in Wien. Von 1904 bis 1910 besuchte sie das öffentliche, reformpädagogisch orientierte Mädchenlyzeum von Eugenie Schwarzwald (1872-1940), das als eine der ersten Schulen Mädchen – wie Margarethe 1910 – das Abitur ermöglichte; parallel wurde sie im Malen und Zeichnen und bis 1910 an der k. u. k. Kunststickereischule unterrichtet. Von 1910 bis 1911 Philosophiestudium an der Universität Wien. Von 1911 bis 1912 Aufenthalt in London; dort Unterricht in Modezeichnen an der County School of Arts and Crafts und Tätigkeit als Volontärin im Modesalon Ludlow & Cockburn. Zurück in Wien, von 1912 bis 1914 Schneiderlehre bei Fritzi Weigl und Innenarchitekturstudium an der privaten Bauschule des Architekten Adolf Loos, deren Räume sich in der mittlerweile in der Herrengasse 10 ansässigen Schwarzwald-Schule befanden. Ihr Festsaal als auch das im gleichen Gebäude befindliche Literaturcafé Herrenhof entwickelten sich zu kulturellen Sammelpunkten, an denen auch Margarethe Hentschel teilhatte. Loos, der Margarethe angeblich einen Heiratsantrag machte, richtete ihr 1914 ein Wohnatelier in der Karl-Schweighofer-Gasse 5 ein. Im Oktober 1914 legte Margarethe Hentschel die Gesellenprüfung, 1916 die Meisterprüfung als Kleidermacherin ab, und im gleichen Jahr meldete sie das Kleidermachergewerbe und einen Schulbetrieb an. 1917 heiratete sie Josef Klimt und bekam bald zwei Kinder. Zeitweise lebte K. nun auf Schloss Seibersdorf/Niederösterreich, wo ihr Ehemann Gutsverwalter war. Dessen Namen behielt sie auch nach der Scheidung (nach 1921) bei. Wie und ob sie ihren Betrieb bis dahin geführt hatte, ist nicht eindeutig zu klären. Der Name ihrer Firma lautete in der Korrespondenz mit der Ffter Kunstgewerbeschule 1926 „Frau Klimts Werkstätten. Wäsche – Ausstattungen für Damen und Kinder, Blusen / Kinder-Kleider / Tisch- und Bettwäsche. Eigene Modelle“. Diesen Betrieb meldete sie im Frühjahr 1926 vorläufig ab.
Im Sommer des gleichen Jahres begann Fritz Wichert, Direktor der Ffter Kunstgewerbeschule, Verhandlungen mit K., die man für die Leitung einer neu einzurichtenden Modeklasse gewinnen wollte. Man erhoffte sich von dieser Abteilung kulturelle und wirtschaftliche Impulse, die zur Etablierung Fft.s als Modestadt mit überregionaler Ausstrahlung führen sollten, und reagierte auf die schon Mitte der 1920er Jahre eingerichtete „Fachklasse für Frauenkleidung“ an den Technischen Lehranstalten im benachbarten Offenbach. K. zeichnete sich durch ihre Berufserfahrung ebenso wie durch die Tatsache aus, dass sie „mit der modernen Bewegung vollkommen vertraut“ war (Fritz Wichert). In Irma Simon, geb. Freiin Schey von Koromla (1894-1983), Freundin aus Kindertagen und Ehefrau des Verlegers und Vorsitzenden der Redaktionskonferenz der FZ Heinrich Simon, fand sie eine vertraute Fürsprecherin. Probleme ergaben sich allerdings aufgrund ihrer mit der Heirat erworbenen tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit, da eigentlich keine Ausländer eingestellt werden durften. Erst nachdem Fritz Wichert ausführlich erklärt hatte, dass er keine geeignetere Person hätte finden können, stimmte der Magistrat seiner Wahl zu. K. legte eine erste Lehrplanskizze vor: „Vorläufiges Hauptfach: französische Damenschneiderei, Ausführung, Werkstattleitung, künstlerische und kaufmännische Leitung; Nebenfach: Modezeichnen, Darstellung eigener Modelle zu Reproduktionszwecken.“ Bei den sich fast ein Jahr hinziehenden Verhandlungen, in denen K. auch ein eigenes Atelier in Ffm. forderte, wurde sie von ihrem Bruder, dem Rechtsanwalt Robert Hentschel, unterstützt.
Am 1.4.1927 trat K. die hervorragend dotierte Stelle als Leiterin der Modeklasse an der Ffter Kunstgewerbeschule mit einem Vertrag über fünf Jahre an, der ihr die gewünschten Nebentätigkeiten jedoch nur nach Genehmigung des Magistrats erlaubte. Aufgrund des herrschenden Wohnungsmangels erhielt sie, wie viele ihrer Kollegen, eine Zulage für doppelte Haushaltsführung und wohnte in der Anfangszeit im Haus des Ehepaars Simon am Untermainkai 3. Von Beginn an kämpfte sie für eine längere Laufzeit ihres Vertrags. Sie argumentierte mit ihren in Wien zur Pflege zurückgelassenen Kindern, die ins schulpflichtige Alter kämen, und sie drohte schon bald, einem Stellenangebot aus ihrer Heimatstadt zu folgen. Ein zweiter Dienstvertrag wurde am 1.10.1928 abgeschlossen, wieder auf fünf Jahre, was eine indirekte Vertragsverlängerung bedeutete.
Bereits im März 1928 hatte die Modeklasse an der Kunstgewerbeschule 36 Schülerinnen, die sich als Modezeichnerinnen und Modekünstlerinnen ausbilden lassen wollten. Ursprünglich war das Zeichnen nur als Nebenfach vorgesehen, für dessen Unterricht K. extra vergütet wurde. Sie entwickelte jedoch den Plan eines drei- bis fünfjährigen Lehrgangs mit den gleichwertigen Abteilungen für Modellschneidern und Modezeichnen, wie sie in der Zeitschrift „Das Neue Fft.“ im Mai 1929 vorgestellt wurden. Ziel der Schneiderausbildung waren sowohl die Maßschneiderei als auch die Herstellung von Serienmodellen für die „Industrieverwertung“ und von Theaterkostümen. Das Zeichnen sollte über modegebundene Zwecke hinausgehen und auch in der Gebrauchsgrafik und im Zeitungsbericht Anwendung finden. Neben dem Unterricht organisierte K. Modenschauen und Ausstellungen, wie anlässlich des gut besuchten 4. Deutschen Schneidertags in Ffm. im August 1930 oder im Rahmen der Präsentationen der Kunstgewerbeschule 1929 und 1931. Darüber hinaus reiste sie regelmäßig zu den führenden Modehäusern und Stoffproduzenten nach Paris, worüber sie ausführlich an ihren Dienstherrn berichtete.
Der Verleihung des Professorentitels an K. im Frühjahr 1929 gingen einjährige langwierige Verhandlungen zwischen Fritz Wichert und dem zuständigen preußischen Minister für Handel und Gewerbe voraus. Bei der Beantragung verwies Wichert wieder auf die bereits existierende Professur an der „Fachklasse für Frauenkleidung“ im konkurrierenden Offenbach. Zwingend erforderlich war zudem die Anerkennung der Modeklasse als Entwurfsklasse, die am 6.3.1929 erfolgte. Ab März 1929 konnte K. den Titel „Leiterin der Modefachklasse und Professorin“ tragen.
Da sie eine unbefristete Anstellung anstrebte, nutzte K. ein lukratives Angebot der 1930 im Entstehen begriffenen Deutschen Meisterschule für Mode in München als Druckmittel. Wichert, der bereits den Typografen Paul Renner an München verloren hatte, setzte alle Hebel in Bewegung, um einen Weggang K.s zu verhindern. Ergebnis neuer Verhandlungen war eine vertraglich am 23.9.1929 zugesicherte lebenslange Anstellung bei höherem Gehalt sowie eine Zusatzvergütung für die Tätigkeit als Beraterin des Fachschulamts und für den stundenweisen Unterricht an einer Berufsschule. Der Forderung K.s nach uneingeschränkter Tätigkeit außerhalb von Ffm. zwecks Entfaltung ihrer künstlerischen Arbeit stand die Stadtverwaltung skeptisch gegenüber. Man sah darin einen Widerspruch zu den Bestrebungen Fft.s, sich als führende Modestadt zu etablieren. Der Wunsch nach einem eigenen Atelierbetrieb, auch damit die Schülerinnen ihr Können praktisch umsetzen könnten, wurde nach wie vor nicht mit großer Begeisterung aufgenommen, und im Falle einer Realisierung wurde die finanzielle Beteiligung der Stadt an den Erlösen verlangt. Wichert versprach dennoch die Schaffung einer Produktionsstätte in den Hofgebäuden der Schule an der Neuen Mainzer Straße 47/49. Zusätzlich erhielt K. einen Mietberechtigungsschein, der es ihr ermöglichte, im Dezember 1929 eine Wohnung in der Neuen Mainzer Straße 39, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Schule, zu beziehen.
Gesellschaftlich verkehrte sie in den Kreisen des Ehepaars Simon. Laut Lilly von Schnitzler, die K. auch in den folgenden Jahren unterstützte, nahm sie als einzige Frau an dem berühmten Freitagstisch von Heinrich Simon teil. Anfang 1931 traf sie Adolf Loos in Ffm., dem man anlässlich seines 60. Geburtstags eine Ausstellung im Kunstverein ausgerichtet und das Januar-Heft der Zeitschrift „Das Neue Fft.“ gewidmet hatte. Angeblich bemühte sich K., den Wiener Architekten als Nachfolger von Ernst May, der die Stadt 1930 verlassen hatte, nach Ffm. zu holen.
Im Frühjahr 1932 bekam K. aus Berlin die ministerielle Anerkennung der lebenslangen Anstellung durch die Bestallung zur Beamtin. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss K. die deutsche (preußische) Staatsangehörigkeit besessen haben. Die Tätigkeit K.s wurde in den Akten der Kunstgewerbeschule stets als erfolgreich gelobt. Ungeklärt bleibt, inwieweit die von der Kunstgewerbeschule propagierten Kooperationen mit Industriebetrieben realisiert und Kostüme für die Städtischen Bühnen wirklich angefertigt wurden. Die Arbeit der Modeklasse, z. B. die Produktion „billiger modischer Serienkleider“, war dem Ffter Schneiderhandwerk immer ein Dorn im Auge, und wurde von der Zwangsinnung für die Damenschneiderei als ernste Bedrohung empfunden. Die Einführung von Abschlussprüfungen an der Kunstgewerbeschule scheiterte am Einspruch der Handwerkskammern. So versuchte man 1932 in Absprache mit der Innung, die Modeklasse in eine „Meisterschule für Entwurfsschneiderei“ umzuwandeln, auch um mit der größten Konkurrenz, der Deutschen Meisterschule für Mode in München, gleichzuziehen. Diese Veränderung wurde erst im März 1933, einige Wochen nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Ffm., vollzogen.
Die neuen politischen Verhältnisse wirkten sich sofort auf die Kunstgewerbeschule aus, deren bisheriger Direktor Fritz Wichert im März 1933 seiner Ämter enthoben wurde. Der neue kommissarische Leiter der Schule, der Hanauer Goldschmied Karl Berthold (1889-1975), beurlaubte K. umgehend zum 31.3.1933. Seine Vorwürfe waren so umfangreich wie abstrus: Freundschaft und Ausnutzung der Beziehung zum jüdischen Ehepaar Simon, Selbstsucht, „undeutsche“ Haltung u. a. in der Modeauffassung, Korruption, Infragestellung ihrer „erzieherischen Fähigkeiten“ usw. Diese Beschuldigungen und die Unterstellung, sie selbst wäre jüdischer Herkunft, wirkten noch lange nach. K.s Bruder Robert Hentschel versuchte nun, in direkten Kontakt zu Oberbürgermeister Friedrich Krebs zu kommen, und ließ dafür seine Beziehungen spielen. So wandte er sich an den Landesleiter des Bunds nationalsozialistischer deutscher Juristen in Wien, dem er die nationale Gesinnung der Familie und deren Verdienste „in der Bewegung“ beschrieb. Selbst dem Gauleiter Jakob Sprenger wurden vom Kampfbund für Deutsche Kultur, Gruppe Wien, Belege für die Haltung der „urdeutschen“ Familie Hentschel geliefert. Im Mai 1933 sprach Robert Hentschel persönlich bei Oberbürgermeister Krebs vor, was diesen offenbar veranlasste, kurz danach, am 16.5.1933, die Beurlaubung K.s aufzuheben.
Bald wurde K. zur Vorsitzenden der Fachgruppe „Mode“ im Bund für das Kunsthandwerk bei der Reichskammer der bildenden Künste in Berlin ernannt. Im Frühjahr 1934 erhielt sie die Leitung des städtischen Modeamts, das Oberbürgermeister Krebs als persönliches Prestigeobjekt Ende 1933 in Ffm. gegründet hatte. Bis dahin hatte K. ein Konzept für diese neue Institution erarbeitet, die bei der „Erringung eines neuen deutschen Modestils“ die führende Rolle spielen sollte. Neben ideologischen Aspekten ließen sich wirtschaftliche Ziele – wie die Unabhängigkeit von Exporten, die Verarbeitung „deutscher“ Materialien und die Belebung des Handwerks – mit dem seit 1935 geführten Titel Fft.s als „Stadt des deutschen Handwerks“ bestens in Einklang bringen. Modeklasse und Modeamt, beide von K. geleitet, waren verwaltungstechnisch zwar getrennt, arbeiteten jedoch engst zusammen.
Vor allem aus repräsentativen Gründen hatte die Stadt Ffm. im November 1936 den ehemaligen Wohnsitz des jüdischen Industriellen Paul Hirsch in der Neuen Mainzer Straße 57 erworben, wo sich bis zur Emigration Hirschs im Frühsommer 1936 auch dessen berühmte Musikbibliothek befunden hatte. Anfang 1937 wurde der Architekt Walter Loeffler (1898-1938), Nachfolger Franz Schusters als Leiter der Innenarchitekturklasse an der Städelschule, mit dem Umbau des klassizistischen Gebäudes beauftragt. Kurz vor Eröffnung des Hauses jedoch wurde Loeffler im Oktober 1938 wegen des Vorwurfs früherer Verbindungen zu Kommunisten vorgeladen und nahm sich unmittelbar danach das Leben. Er durfte nun nicht mehr in Zusammenhang mit dem Modeamt erwähnt werden, so dass K. seither als alleinige Ideengeberin für den kostenintensiven, den Bedürfnissen des Modeamts angepassten Umbau galt. Dass sie ihre Vorstellungen tatsächlich in das Umbaukonzept eingebracht haben dürfte, ist wahrscheinlich, doch lässt sich der Umfang ihrer Beteiligung daran nicht klären. Zum fünfjährigen Bestehen des Modeamts wurde das neue Haus am 19.11.1938 hochoffiziell und mit umfangreichem Festprogramm eröffnet. Der Besuch des Modeamts wurde fortan sogar in englischen Reiseführern empfohlen.
Eine wesentliche Aufgabe des Modeamts waren die Organisation und die Veranstaltung von Modenschauen, bei denen häufig die Schülerinnen der Modeklasse mitwirkten. Die zahlreichen, nichtkommerziellen Vorführungen fanden im eigenen Haus, in Ffm. und Umgebung, im gesamten deutschen Reich und auch im Ausland statt. Dabei wurden die Modelle des Modeamts vor unterschiedlichstem Publikum präsentiert, so 1936 vor Mitgliedern der Damen-Schneiderinnung und im IG-Farben-Haus 1937 vor Teilnehmern der Achema (Ausstellung für chemische Apparate). K. nutzte die häufig vom Oberbürgermeister angeordneten Veranstaltungen zur Kontaktaufnahme für ihre Projekte. Finanziell und organisatorisch sehr aufwendig waren die Schauen im Ausland. 1936 zeigte das Ffter Modeamt mit Unterstützung Lilly von Schnitzlers und in Kooperation mit dem Anglo-German Fellowship eine Vorführung in London, und man trat 1937 in Florenz und noch 1941 in Dänemark auf. Außerdem veranstalteten K. und ihre Mitarbeiterinnen im Modeamt Ausstellungen von Kleidern, Accessoires, Fotografien und Zeichnungen. Bildmappen wurden für die intensive Pressearbeit zusammengestellt, die zahlreichen Presseausschnitte in Foliobänden gesammelt. K. reiste sehr viel, auch nachdem sie für die „Exposition Internationale des Arts et Techniques dans la Vie Moderne“ in Paris 1937 vom Reichskommissar zum deutschen Jury-Mitglied in der internationalen Kommission ernannt und von der französischen Ausstellungskommission zur Vizepräsidentin der Jury für die Haute Couture gewählt worden war. Sie stand in Kontakt mit Firmen, denen sie die Ffter Entwürfe zur Übernahme anbot oder deren Stoffe sie für die eigene Arbeit nutzte. Drei hochwertige Modemappen, von K. herausgegeben, stellten zwischen 1936 und 1940 die Entwurfsarbeit des Modeamts vor („Modelle und Modellideen des Modeamtes der Stadt Ffm.“, Mappe I: „Gesellschaftskleider“, 1936-37, Mappe II: „Sommerliche Sportbekleidung“, 1938, und Mappe III: „Tages-Kleidung“, 1940). K.s Texte in den Mappen spiegeln den ideologischen Anspruch des Modeamts wider, „[d]eutsche Modellkunst zu schaffen, in der Zeitempfinden einen sicheren Ausdruck findet und die vom Hauch des frisch aufgebrochenen Heimatbodens beflügelt ist“ (Mappe I, 1936-37). Vor allem in der letzten, nach Kriegsausbruch herausgegebenen Mappe zeichnet K. das Bild der nationalsozialistischen Frau, die aus „Erwerbsleben und Beruf in die Familie“ habe „heimkehren“ dürfen, wozu ihr eigenes Lebensmodell als ehrgeizige Berufstätige und alleinerziehende Mutter in deutlichem Kontrast stand.
Das Ffter Modeamt befand sich stets unter Legitimierungsdruck und musste sich gegen das Deutsche Mode-Institut in Berlin und die Deutsche Meisterschule für Mode in München behaupten. Im Juni 1935 bot Lilly von Schnitzler an, bei der Gattin des Ministerpräsidenten Hermann Göring werbend für das Modeamt vorzusprechen. Einige der Modeentwürfe stellten den Versuch dar, sich dem nationalsozialistischen System direkt anzudienen. So wurden bereits in der ersten Modenschau 1934 Arbeitsdienstkleider vorgestellt, ein Bauernschaftskleid vereinte 1935 Städtisches mit Ländlichem, und ein Sonnenhut für den BDM wurde zwar 1941 patentiert, aber später nicht eingeführt. Letztlich setzte das Modeamt seinen Schwerpunkt auf die „Hochmode“, die im Sinne der NS-Ideologie dem neuen deutschen, weiblicheren Frauentyp dienen sollte. Materialknappheit führte zur Propagierung von Ersatz- oder neuen Werkstoffen, wie Fischleder, dessen Produktion in Deutschland angekurbelt werden sollte, oder Plexiglas für Schuhabsätze. Nach Kriegsbeginn forderte Oberbürgermeister Krebs von K. verstärkt den Entwurf von Gebrauchskleidung, um der veränderten Lebensrealität zu entsprechen. So entstanden Berufskleidung oder auch Hosen für Frauen, die beispielsweise im Luftschutz eingesetzt waren.
Die Modeklasse war nach Auflösung der Kunstgewerbeschule zuerst der Handwerker-, dann der Städelschule angegliedert worden. 1939 wurde dort zusätzlich eine eigene Klasse für Modezeichnen unter der Leitung des von K. vorgeschlagenen Wiener Malers und Grafikers Eduard Gaertner (1890-1966) geschaffen. Die Gesamtleitung behielt K. 1939 verfolgte man die Idee, beide Klassen mit dem Modeamt zu einer Modeakademie mit Hochschulstatus zu verschmelzen. Damit sollte auch der Konkurrenz aus Wien begegnet werden, wo im gleichen Jahr ein „Haus der Mode“ eröffnete. Bereits im Oktober 1938 hatte die Stadt Wien offenbar versucht, K. zu dessen Aufbau heranzuziehen, was ihr Oberbürgermeister Krebs allerdings verweigert hatte. Als „Gegenleistung“ forderte sie nun die unwiderrufliche Verstetigung einer bereits seit Juli 1936 ausgezahlten jährlichen Vergütung von 10.000 Mark für nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten, die ihr später gewährt wurde. Im Wiener „Haus der Mode“ gehörte K. zum Vorstand.
Im Sommer 1941 heiratete K. den dänischen Komponisten und Dirigenten Paul von Klenau, der lange in Deutschland und Österreich gelebt und gearbeitet hatte. Er war in erster Ehe bis 1926 mit Anne Marie Simon, der Schwester von Heinrich Simon, verheiratet gewesen; möglicherweise lernten sich K. und Klenau bereits in dessen Haus kennen. Nach der Hochzeit mit Klenau behielt K. ihren früheren Ehenamen, unter dem sie beruflich bekannt war, teilweise in einem Doppelnamen, bei. Bedingt durch die Eheschließung musste sie die dänische Staatsangehörigkeit annehmen. Ihre Befürchtungen, durch die Verheiratung und die Aufgabe der deutschen Staatsangehörigkeit ihren Beamtenstatus und ihre Arbeit zu verlieren, erwiesen sich nach Prüfung der Rechtslage als unbegründet. Die Ehe mit dem angesehenen und – wie K. bei Bedarf betonte – „vom Führer mit dem Deutschen Adlerorden der 1. Klasse ausgezeichneten“ Komponisten trug ihr die persönliche Einladung des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels zu den großangelegten Mozart-Feierlichkeiten in Wien 1941 ein. Da sich Klenau seit 1940, dem Jahr der deutschen Besatzung Dänemarks, in seine Heimat zurückgezogen hatte, mussten Besuche bei ihm aufwendig vorbereitet und genehmigt werden.
Mit dem fortschreitenden Krieg erschwerten sich zunehmend die Arbeitsbedingungen für das Ffter Modeamt, das seit 1943 kein Material mehr aus deutscher Produktion beziehen konnte. Bereits 1942 hatte K. bei der Wirtschaftsgruppe Bekleidungsindustrie um Stoffe aus Beutegut nachgefragt. Der Oberbürgermeister stellte nun die Kriegswichtigkeit der Institution grundsätzlich in Frage. K. konnte Krebs dennoch von der anhaltenden Bedeutung des Modeamts überzeugen und den Verkauf der vorhandenen Kleidermodelle verhindern. Bei den schweren Luftangriffen auf Ffm. 1943 und 1944 wurden zahlreiche Gebäude in der Neuen Mainzer Straße, darunter das Schulgebäude (Nov. 1943), das Modeamt (Januar 1944, 22./23.3.1944) und K.s Wohnhaus, zerstört.
K., deren Gesundheitszustand schon in den Jahren zuvor häufig angeschlagen war, verließ die Stadt Ffm. 1943 krank in Richtung Wien. Am 1.5.1945 wurde die Zahlung ihres Gehalts eingestellt, da der Stadtverwaltung keine neuen ärztlichen Atteste vorlagen. Im Dezember 1945 reiste K. nach Dänemark zu ihrem Ehemann, der am 31.8.1946 in Kopenhagen starb. Mit dessen Nachlass im Gepäck kehrte sie im März 1947 nach Wien zurück, nach eigener Aussage auf Berufung des österreichischen Handelsministeriums, um ein „Haus der österreichischen Mode“ aufzubauen. Als künstlerische Leiterin des Modereferats beim Wirtschaftsförderungsinstitut der Wiener Handelskammer arrangierte sie im Oktober 1950 eine auch in Ffm. gastierende Modenschau. Von 1949 bis 1959 leitete sie als Vertragslehrerin bzw. Lehrbeauftragte Meisterklassen für Mode bzw. Mode- und Textilarbeiten an der Wiener Akademie (heute: Universität) für Angewandte Kunst. Nach langwierigen Verhandlungen mit der Stadt Ffm., in denen 1948 die Dienstunfähigkeit K.s anerkannt worden war, wurde K. 1951 als Beamtin in den Ruhestand versetzt und erhielt seitdem eine Pension.
Porträtzeichnung (von Oskar Kokoschka, 1916) in Privatbesitz.
Nachlass in Privatbesitz. Das ISG verwahrt umfangreiche Akten zu Kunstgewerbe-, Städelschule und Modeamt. Das HMF besitzt weitere Materialien wie Fotos, Entwürfe und Foliobände mit Presseausschnitten des Modeamts.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Ulrike May.

Literatur:
                        
Archiv für Fft.s Geschichte und Kunst. Bisher 78 Bde. Ffm. 1839-2019.Ulrike May in: AFGK 75 (2016): Akteure des Neuen Fft., S. 128f.; vgl. auch S. 42, 44, 173, 184. | Danzer, Carina: Das Neue Fft. (mit)gestalten. Der Kunstschuldirektor und Kulturpolitiker Fritz Wichert (1878-1951). Ffm. 2018. (Studien zur Ffter Geschichte 64).Danzer: Das Neue Fft. (mit)gestalten 2018, S. 156-160, 308f. | Das Neue Fft. Monatsschrift für die Probleme moderner Gestaltung. [Späterer Untertitel: Internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung.] 5 Jahrgänge. Ffm. 1926-31.Das Neue Fft. 3 (1929), H. 5, S.94f. | Die Form. Zeitschrift für gestaltende Arbeit. Für den Deutschen Werkbund u. den Verband Deutscher Kunstgewerbevereine hg. (...). Jg. 1. München/Leipzig 1922. Jg. 1 [sic!] bis 10. Bonn, dann Berlin 1925/26-1935.Wichert, Fritz: Die Ffter Schule für freie und angewandte Kunst. In: Die Form 4 (1929), H. 13, S. 333-356. | Patka, Erika (Red.): Kunst: Anspruch und Gegenstand. Von der Kunstgewerbeschule zur Hochschule für Angewandte Kunst in Wien 1918-1991. Hg. v. d. Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Salzburg/Wien 1991.Hochschule für Angewandte Kunst in Wien (Hg.): Kunst: Anspruch u. Gegenstand 1991, S. 354. | Junker, Almut (Hg.): Fft. Macht Mode 1933-1945. [Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Historischen Museum Fft.] Marburg 1999.Junker (Hg.): Fft. Macht Mode 1999. | Klemp, Klaus/Sellmann, Annika/Wagner K, Matthias/Weber, Grit: Moderne am Main 1919-1933. Stuttgart/Ffm. [2019].Klemp u. a.: Moderne am Main 2019, S. 124-127, 298. | Rukschcio, Burkhardt/Schachel, Roland L.: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg/Wien 1982. (Graphische Sammlung Albertina, Veröffentlichung der Albertina 17).Rukschcio/Schachel: Adolf Loos 1982, S.199-212 (unter dem Namen Grethe Hentschel). | Salden, Hubert (Hg.): Die Städelschule Ffm. von 1817 bis 1995. Mainz 1995.Salden (Hg.): Städelschule 1995, S. 150f., 210, 246. | Wingler, Hans M. (Hg.): Kunstschulreform 1900-1933. [Dargestellt an den Beispielen] Bauhaus Weimar, Dessau, Berlin, Kunstschule Debschitz München, Ffter Kunstschule, Akademie für Kunst und Kunstgewerbe Breslau, Reimann-Schule Berlin. [Handbuch zur Ausstellung vom Bauhaus-Archiv, Berlin.] Berlin 1977. (Gebr.-Mann-Studio-Reihe).Wingler (Hg.): Kunstschulreform 1977, S. 162f.
Quellen: Adressbuch der Stadt Ffm., 1832-2003.Adr. | ISG, Magistratsakten (Best. A.02.01), Serien 1868-1930 und 1930-69.ISG, MA S 1.753, Bd.1 u. 3. | ISG, Magistratsakten (Best. A.02.01), Serien 1868-1930 und 1930-69.ISG, MA 2.449. | ISG, Magistratsakten (Best. A.02.01), Serien 1868-1930 und 1930-69.ISG, MA 2.452. | ISG, Magistratsakten (Best. A.02.01), Serien 1868-1930 und 1930-69.ISG, MA 6.681. | ISG, Magistratsakten (Best. A.02.01), Serien 1868-1930 und 1930-69.ISG, MA 8.382-8.394. | ISG, Magistrat: Nachträge (Best. A.02.02), Mischbestand aus dem Bereich Stadtkanzlei-Haupt(verwaltungs)amt, 1917-67; dazu Rep. 804.ISG, Magistrat: Nachträge 243. | ISG, Personalakten der Stadtverwaltung (Best. A.11.02), ab ca. 1900.ISG, PA 134.495. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/12.318. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/2.521 (Modeamt der Stadt Ffm.). | Österreichisches Staatsarchiv Wien.Österreichisches Staatsarchiv Wien, Sign. AT-OeStA/AdR UWFuK BMU PA Sign 3 Klimt-Klenau Margarethe (Personalakte Klimt-Klenau Margarethe, Akademie für angewandte Kunst, 1945-84).

GND: 1193154944 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: May, Ulrike: Klimt, Margarethe. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/5929

Stand des Artikels: 17.4.2018
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 04.2018.