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Hoffmann, Johann

Johann Hoffmann
Johann Hoffmann
Grafik (um 1850; im Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek).
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien (Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign. PORT_00154866_01, online unter: https://onb.digital/result/10E25D05, abgerufen am 24.2.2024).
Hoffmann, Johann. Sänger. Theaterdirektor. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 22.5.1803 (Wien-)Landstraße, † 13.9.1865 Wien.
Sohn des „Sollicitators“ (eines Anwalts oder Rechtsberaters) und späteren Beamten Franz H. und dessen Ehefrau M. A., geb. Hübner, der Tochter eines Wundarztes. Verheiratet in erster Ehe (seit 1830) mit der Sängerin Catharina (auch: Katharina) H., geb. Krainz (Bühnenname auch: Maria Greis; 1809-1857), in zweiter Ehe (seit 1858) mit der Schauspielerin Marie H.-Baumeister, geb. Baumeister (eigentl.: Baumüller; 1819-1887). Tochter aus erster Ehe: Johanna Caroline Anna Elisabeth, gen. Jenny, H. (seit 1855 verh. Hardtmuth-H., 1831-1877), Sängerin, die von 1851 bis 1855 Mitglied des Opernensembles am Ffter Stadttheater war und während dieser Zeit den ebenfalls am Ffter Stadttheater engagierten Sänger (Bariton) Edmund Franz X. Maurus Hardtmuth (1830-1895) heiratete. Tochter aus zweiter Ehe: Marie H.-Baumeister (später verh. Dittrich), Schauspielerin.
1820 Eintritt als Kanzleipraktikant in den Dienst des Wiener Magistrats. Gesangs- und Schauspielunterricht, u. a. bei Joseph Weigl (1766-1846) und Heinrich Anschütz (1785-1865). Im Herbst 1826 Debüt als Sänger (Tenor) an der Wiener Hofoper, seitdem deren Ensemblemitglied (1826-28). Weitere Engagements als Opernsänger in Aachen (1828-29), Berlin (1829-35), St. Petersburg (1835-38; dort auch als Regisseur, ab 1836) und Riga (1838). H. galt zudem als bedeutender Liedinterpret, vor allem der Lieder von Franz Schubert. Von 1839 bis 1844 Theaterdirektor in Riga. Von 1846 bis 1852 Direktor des Königlich-Ständischen Theaters in Prag.
Vom 1.11.1852 bis zum 1.5.1855 leitete H. als Direktor das Stadttheater in Ffm., zunächst zusammen mit dem Schauspieler und Regisseur Leonhard Meck, nach dessen Rücktritt im Juli 1853 allein. Im Oktober 1852 war H. in den erstmals 1842 abgeschlossenen Theatervertrag eingestiegen, wonach die Direktoren als freie Unternehmer zwar das Theatergebäude (mit Anbau und Einrichtung) von der Stadt unentgeltlich zur Nutzung erhielten, aber den Theaterbetrieb (mit Anstellung des gesamten Personals) auf eigene Rechnung zu führen hatten. Bereits seit 1848, als der Theaterbesuch infolge der Märzrevolution stark abgenommen hatte, befand sich das Ffter Stadttheater in einer Krise. Die jährlichen Einnahmen aus dem Logenabonnement hatten sich zum Zeitpunkt von H.s Amtsantritt von früher 54.000 Gulden (1842) auf 27.000 Gulden (31.10.1852) halbiert, und im Rechnungsjahr 1852/53 sanken sie weiter (auf 19.000 Gulden). Dabei bemühte sich H. als neuer Direktor durchaus, das Theater für das Publikum wieder attraktiv zu machen, etwa durch das Herausbringen besonderer Novitäten, Gastspiele berühmter Bühnenkünstler, brillante Ausstattungen einzelner Stücke und die Einrichtung einer Ballettschule, jedoch ohne Erfolg.
Zu den Neuerscheinungen auf der Ffter Bühne unter H. gehörten Wagners Opern „Tannhäuser“ (als erste Aufführung eines Bühnenwerks des Komponisten in Ffm. am 15.1.1853), „Lohengrin“ (12.4.1854) und „Der fliegende Holländer“ (2.12.1854). H. hatte die Aufführungsrechte für das Ffter Stadttheater bei Wagner erworben, für 40 Friedrichsd’or pro Oper, was dem damals üblichen Honorar für ein zeitlich unbeschränktes Aufführungsrecht an Hofbühnen entsprach. Zwei Jahrzehnte später wollte Wagner in einem Rechtsstreit (1874/75) durchsetzen, dass der mit H. geschlossene Vertrag zum Erwerb der Aufführungsrechte nur für die Zeit der Direktion von H. und nicht für dessen Nachfolge ab 1855 am Ffter Stadttheater gegolten habe, was er allerdings nicht erreichte; zur Begründung wurde u. a. angeführt, dass der Komponist die Aufführung seiner Opern in Ffm. ab 1855 „wissentlich gestattet“ und den „Lohengrin“ im September 1862 sogar zweimal selbst am Ffter Stadttheater dirigiert habe.
Bei Übernahme der alleinigen Direktion im Sommer 1853 legte H. dem Senat die Situation des Stadttheaters ausführlich dar. Trotz seines engagierten Einsatzes habe er das Publikum nicht für das Theater zurückgewinnen und die Defizite früherer Jahre nicht ausgleichen können. Durch die rückläufigen Abonnementzahlen fehlte dem Unternehmer eine sichere Einnahme, wie er ausführte: Aus dem geringen Abonnementertrag lasse sich kein Betriebsfonds mehr bilden, und mit der schwankenden Tageseinnahme sei keinerlei Betriebsplan zu machen. H. sah daher die dringende Notwendigkeit einer städtischen Unterstützung für das Theater. Nach der daraufhin vom Senat angeordneten Prüfung durch eine Kommission wurde im Herbst 1853 ein Senatskommissar zur finanziellen und technischen Kontrolle des Theaterbetriebs eingesetzt. Der mit dieser Aufgabe betraute Georg Christoph Friedrich Siebert (1804-1891) meldete dem Senat am 30.11.1853 den Abschluss des Theaterjahrs 1852/53 mit einem Defizit von 16.698,15 Gulden und vertrat die Überzeugung, dass das Theater ohne eine städtische Subvention (in Form eines Geldzuschusses) nicht mehr zu halten sei. Eine Aufgabe des Theaters dagegen war ausgeschlossen, nicht nur aufgrund seines Werts als „Kunst- und Bildungsanstalt“ und seiner Attraktion für den Fremdenverkehr, gerade in Messezeiten, sondern auch wegen seiner wirtschaftlichen Bedeutung als Betrieb mit 150.000 Gulden Jahresumsatz und 200 Arbeitsplätzen. Nach längeren Verhandlungen genehmigte der Senat am 28.3.1854 erstmals eine jährliche Subvention für das Theater, und zwar in Höhe von 16.000 Gulden für den Zeitraum vom 1.5.1853 bis 30.4.1854 und von 13.000 Gulden für den Zeitraum vom 1.5.1854 bis 30.4.1855 aus den Erträgnissen der Lotterie.
Damit war für den Theaterbetrieb unter H. zunächst ein gutes Jahr der Planungssicherheit erreicht. Doch bis zum 1.5.1855 musste die Theaterfrage grundsätzlich gelöst werden. Verhandelt wurde über einen Theaterneubau und über die Bühnenleitung, wobei vonseiten der Stadt stets festgestellt worden war, dass die Schuld an der seitherigen „gänzlichen Theilnahmslosigkeit“ des Publikums am Theater nicht bei der Direktion (also H.) zu suchen sei. Inzwischen war jedoch im Ffter Publikum, wohl aus eher nichtigem Anlass und wegen eigentlich unbedeutender Vorkommnisse, eine Missstimmung gegen H. aufgekommen, die sich angesichts der Verhandlungen über die Subvention seit Jahresbeginn 1854 verstärkt hatte: „Das Interesse am Theater war lebhafter geworden, aber nicht der Theaterbesuch. Die bis dahin in Frankfurt unerhörte Thatsache, dass das Theater eine Subvention erhalte, hatte die allgemeine Aufmerksamkeit erregt, lebhafte Besprechungen in allen Kreisen hevorgerufen und jeden Schritt des Theaterdirectors einer scharfen Kritik unterworfen (...).“ (Emil von Oven: Das erste städtische Theater zu Ffm. Neujahrsbl. d. Vereins für Geschichte 1872, S. 70f.) Auch Friedrich Stoltze meldete sich in den Diskussionen um den Theaterdirektor in seinen „Krebbelzeitungen“ mehrfach zu Wort. Aufgrund einer Satire in der Krebbelzeitung „No. Klaa Bissi im Verfassungsmonat 1855“, die H. nicht zu Unrecht als Kritik an seiner Person verstand, strengte er einen Pressprozess gegen Stoltze an, den dieser als Beklagter in Versen und damit ad absurdum führte. Wegen mangelnder Erfolgsaussichten ließ H. als Kläger letztlich das Gerichtsverfahren unter Übernahme sämtlicher Kosten einstellen.
Nach kontroversen und erhitzten Verhandlungen des Senats, der Ständigen Bürgerrepräsentation und der Gesetzgebenden Versammlung fiel am 5.3.1855 eine Entscheidung, die eindeutig gegen H. gerichtet war: Die Gesetzgebende Versammlung beschloss, dass es keine weiteren städtischen Subventionen für das Theater bis zum Vertragsende von H. als Direktor am 1.5.1858 geben sollte; zudem sollte die Stadt das gesamte Theaterinventar (Kostüme, Requisiten, Instrumente, Musikalien, Bibliothek) aus dem Besitz von H. ankaufen, um die Möglichkeit einer „freien Concurrenz“ um die Theaterleitung und damit der Vergabe des Theaters an einen neuen Unternehmer zu eröffnen. Auf Befragung durch den Senat erklärte H., dass er sich ohne weitere Subvention zu einer vertragsgemäßen Fortführung des Theaterbetriebs auf dem bisherigen Niveau außerstande sehe. Durch Senatsbeschluss vom 20.3.1855 wurde ihm daraufhin die Konzession zur Führung des Ffter Theaters zum 1.5.1855 entzogen. Die Stadtkämmerei wurde beauftragt, das Theater zu diesem Termin zu schließen, und H. musste dem gesamten Personal kündigen.
Beim anstehenden Ankauf des Theaterinventars durch die Stadt zeigte sich der Unternehmer als fairer Partner, auch wenn im Stadtgespräch wohl kolportiert und wiederum von Stoltze berichtet wurde, dass sich H. in dieser Angelegenheit als äußerst geschäftstüchtig in eigener Sache erwiesen habe. Tatsächlich hatte der scheidende Theaterdirektor sich erboten, das gesamte Inventar, dessen Wert von Gutachtern auf etwa 50.000 Gulden geschätzt worden war, für 28.000 Gulden an die Stadt abzugeben; mit diesem Betrag konnte er sein eingesetztes Kapital in Höhe von 15.000 Gulden für die Übernahme des alten Inventars von seinen Vorgängern und von rund 13.700 Gulden für das von ihm getragene Defizit aus der Zeit seiner Direktion ausgleichen, ohne einen weiteren Vorteil für sich zu erzielen. Die städtischen Gremien, die anfangs noch versuchten, den Preis zu drücken, nahmen H.s Angebot im Sommer 1855 an, auch im Interesse einer baldigen Fortführung des Theaterbetriebs durch einen anderen Unternehmer, der für den Erwerb eines neuen Inventars deutlich mehr hätte ausgeben müssen. Nach Renovierung und Umbau wurde das Ffter Stadttheater im November 1855 wiedereröffnet und seitdem von der eigens begründeten Neuen Theater-Aktiengesellschaft geführt, zunächst mit Roderich Benedix als Leiter der Bühne.
H. wechselte von Ffm. wieder nach Wien, wo er noch 1855 die Direktion des Theaters in der Josefstadt übernahm und 1856 das von ihm erbaute Thalia-Theater eröffnete. Nach finanziellen Verlusten schloss er am 10.5.1865 das Theater in der Josefstadt. In den folgenden Monaten bis zu seinem Tod im September 1865 wirkte H. noch als Schauspieler in Volksstücken im Thalia-Theater mit.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Sabine Hock.

Lexika: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. München/Leipzig 1875-1912.Joseph Kürschner in: ADB 12 (1880), S. 605. | Ludwig Eisenberg’s Großes Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Leipzig 1903.Eisenberg, S. 442. | Kosch, Wilhelm: Deutsches Theaterlexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. Fortgef. v. Ingrid Bigler-Marschall. 7 Bde. Klagenfurt, ab 4 (1998) Bern/München, ab 5 (2004) Zürich, ab 7 (2012) Berlin 1953-2012. Bisher 6 Nachtragsbände (bis Sr). Berlin 2013-18.Kosch: Theater 1 (1953), S. 820. | Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950 (ÖBL). Hg. v. d. Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 16 Bde. Wien 1957-2022.ÖBL 2 (1959), S. 376f. | Schrotzenberger, Robert: Francofurtensia. Aufzeichnungen zur Geschichte von Ffm. 2., vermehrte u. verbesserte Aufl. Ffm. 1884.Schrotzenberger, S. 112. | Wurzbach, Constantin von: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bde. und Registerband. Wien 1856-91/1923.Wurzbach: Biogr. Lex. d. Kaiserthums Oesterreich 9 (1863), S. 172.
Literatur:
                        
Breitkreuz, Petra: Immer Theater um das Theater – Comoedienhaus und Oper im Lichte von Friedrich Stoltzes „Ffter Latern“. Ffm. 2015.Breitkreuz: Comoedienhaus u. Oper im Lichte von Stoltzes „Ffter Latern“ 2015, S. 8f. | Neujahrsblatt des Vereins für Geschichte und Altertumskunde zu Ffm. Ffm. 1859-1886.Oven, Anton Heinrich Emil von: Das erste städtische Theater zu Ffm. Ein Beitrag zur äußeren Geschichte des Ffter Theaters. 1751-1872. Nach den Acten bearb. (…). Neujahrsbl. d. Vereins für Geschichte 1872, S. 66-76, 80f.
Quellen: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Heiratseintrag der Tochter Johanna Hoffmann mit Edmund Hardtmuth, Ffm., 9.5.1855: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch, Bestand STA 11/6: Standesamt Ffm., Heiratsbuch 35 (1855), S. 104. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Sterbeeintrag der ersten Ehefrau Catharina Hoffmann, geb. Krainz, gest. am 1.12.1857: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch, Bestand STA 12/8: Standesamt Ffm., Totenbuch 82 (1857), S. 691, Nr. 1190. | ISG, Magistratsakten (Best. A.02.01), Serien 1868-1930 und 1930-69.ISG, MA S 1.451 (Schutz literarischer und artistischer Werke, 1869-1930), Vorgang 4-6.
Internet: Oesterreichisches Musiklexikon (oeml) online, Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen (IKM), Abteilung Musikwissenschaft, Wien. https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_H/Hoffmann_Familie.xml
Hinweis: Artikel von Elisabeth Th. Hilscher über die Familie Hoffmann, 17.8.2020.
Oesterreichisches Musiklex., 14.2.2024.
| Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Hoffmann_(Theaterdirektor)Wikipedia, 14.2.2024.

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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Hoffmann, Johann. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/6832

Stand des Artikels: 17.2.2024
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 02.2024.