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Rauter-Wilberg, Paula

Paula Rauter-Wilberg

Paula Wilberg, später verh. Rauter-Wilberg
Fotografie (1934; in Privatbesitz).

© Dr. Johannes Rauter.
Rauter-Wilberg, Sofie Auguste Pauline, gen. Paula, geb. Wilberg. Innenarchitektin. * 28.2.1902 Ffm., † 7.2.1990 Mayrhofen/Zillertal (Österreich).
Zweites Kind des Drogisten Rudolf Friedrich Wilhelm Wilberg (1866-1920) und dessen Ehefrau Anna Marie Julie Gertrude, geb. Ficus (1876-1946). Eine Schwester: Sofie Gertrude Marie, gen. Maria, Wilberg (später verh. Ficus, 1900-1970). Verheiratet (seit 1942) mit dem aus dem Zillertal stammenden Architekten Otto Rauter (1903-1986). Ein Sohn: Johannes Rauter (* 1945), promovierter Volkswirt.
Der Vater Wilhelm Wilberg, der in (Muldestausee-)Pouch im damaligen Kreis Bitterfeld geboren wurde und nach seiner Ausbildung in Dresden u. a. für drei Jahre in den USA gearbeitet hatte (1883-86), hatte 1891 in Ffm. die „Schwanen-Drogerie“ in der Seilerstraße 41 übernommen und war nach dem Verkauf der Drogerie um 1895/96 als Kaufmann tätig, etwa als Mitinhaber der Firma „Bohnert & Wilberg“ für „Glaswaaren und Messingarmaturen für alle Beleuchtungsarten“ in der Brönnerstraße 13 (lt. Adr. 1897-1907) und später als kaufmännischer Mitarbeiter seiner Schwäger, der Kürschnermeister Fritz und Carl Ficus, in dem Pelzwarengeschäft „Carl Kovatschek“ am Goetheplatz; während des Ersten Weltkriegs engagierte er sich ehrenamtlich in der Kriegsfürsorge für Familien.
Paula R.-W. litt unter der Enttäuschung des Vaters, der sich einen Stammhalter gewünscht hatte und sie daher stets mit „Paul“ anredete. Sie wuchs mit ihrer älteren Schwester in der Leerbachstraße 28 im Ffter Westend auf. Von 1908 bis 1918 Besuch der Elisabethenschule, meist mit mäßigen Noten, allerdings im Zeichnen „sehr gut“. Von 1924 bis 1927 Studium an der städtischen Kunstgewerbeschule in Ffm., u. a. bei Richard Lisker, Hans Warnecke und Ferdinand Kramer. Um 1925/26, noch während des Studiums, Mitarbeit unter Kramer an dem Projekt zu Ausbau und Einrichtung des städtischen Kindergartens im Hallgartenblock, dessen Ausführung bei der Möbelklasse der Kunstgewerbeschule und der Erwerbslosenzentrale der Stadt Ffm. lag. Vermutlich Empfehlung von Lisker an Lilly Reich. Am 14.9.1927 Abmeldung von Ffm. nach Berlin. 1927/28 Mitarbeiterin im Büro des Architekten Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) in Berlin, der damals in enger Zusammenarbeit mit Lilly Reich die noch bis Ende Oktober 1927 laufende Werkbund-Ausstellung „Die Wohnung“ in Stuttgart leitete. Von 1928 bis 1932 angestellte Architektin bei der Firma „Philipp Holzmann“ in Berlin. 1932/33 Zeichnerin für Möbelstoffe in Berlin. Gefördert von Heinrich Tessenow (1876-1950), dessen Vorlesungen sie besuchte. Ab 1933 selbstständige Raumgestalterin und Möbeldesignerin in Berlin. Vom Werkbund geprägt, entwickelte R.-W. mit sicherem Gespür eine eigene Handschrift bei der Gestaltung von Inneneinrichtungen und eine klare Linie in ihren Möbelentwürfen (mit besonderer Vorliebe für Stühle), bei deren Ausführung sie schon früh auf die Zusammenarbeit mit hervorragenden Handwerkern setzte, was wesentlich zu ihrem Erfolg beitrug. Gewann bald Privatkunden aus dem Berliner Großbürgertum, u. a. den Unternehmer Johannes Heidenhain (1898-1980), die Schauspielerin Marianne Hoppe (1911-2002) und den Bildhauer Richard Scheibe, nicht zuletzt durch den Kontakt zu Charlotte Heidenhain, geb. Hahn (1901-1997), einer Nichte des Chemikers Otto Hahn, bei dem Charlottes Mann Johannes Heidenhain promoviert hatte, und durch die Verbindung mit Otto Rauter, der in den 1930er Jahren erfolgreich als Architekt in Berlin arbeitete. Zudem Aufträge aus der Wirtschaft, u. a. der Berliner „Vorsorge Lebensversicherungs-AG“ zur Gestaltung der Vorstandsbüros und vermutlich der Kantine (1937/38). Mitglied in der Reichskammer der bildenden Künste, Fachgruppe: Raumgestalter (lt. Fragebogen vom 13.5.1939) bzw. Entwerfer (lt. Schreiben vom 25.10.1940). 1942 Heirat mit Otto Rauter. 1943/44 dienstverpflichtet als Mitarbeiterin des Architekten Hans Schwippert (1899-1973) in dem Projekt „Ländliche Möbel in einfacher Herstellung“ im Auftrag des „Reichskommissars für die Festigung des deutschen Volkstums“. 1944 Rückzug nach Mayrhofen im Zillertal. 1945 Geburt des Sohnes. Von 1946 bis 1949 Mitarbeit an Otto Rauters Bestandsaufnahme bäuerlicher Kultur im Zillertal (vgl. das spätere Buch „Häuser Höfe Handwerkskunst“, 1978). 1947 Pläne für eine Bürogemeinschaft von Otto Rauter und Paula R.-W. mit dem Architekten Udo von Schauroth (1905-1988) in Ffm., die jedoch nicht realisiert wurden. Von 1949/50 bis 1976 Tätigkeit als freie Innenarchitektin in Mayrhofen, oft in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Otto Rauter, für dessen Bauten in Mayrhofen und Umgebung sie die Innenausstattung übernahm. Schuf individuelle Einrichtungen für Hotels, Pensionen, Restaurants, Cafés, Modegeschäfte und Privathäuser sowie ein Lichtspielhaus (im Hotel Neuhaus, 1958) und zwei Bankfilialen (u. a. Raiffeisenbank Mayrhofen, 1975) im Zillertal, vor allem in Mayrhofen, aber auch in Hintertux und Zell, stets als Gesamtensembles mit eigenen Entwürfen für Möbel (insbesondere Stühle, Sessel und Tische), Wand- und Deckenverkleidungen, Kunstschmiedearbeiten, Lampen und sämtliche Ausstattungsdetails bis hin zu Türklinken und Garderobenhaken, die sie mit ortsansässigen Handwerkern verwirklichte.
Schon früh begeistert für die Idee der Typenmöbel, die Ferdinand Kramer für das „Neue Fft.“ weiterentwickelte, fand R.-W. schließlich zu einem eigenen Stil in der Symbiose aus dem modernen Designgedanken des Werkbunds und der bäuerlichen Handwerkskunst ihrer neuen Heimat Tirol. Mit den Inneneinrichtungen ihrer „Tiroler Linie“, die ab 1949 für zahlreiche Auftraggeber aus der Fremdenverkehrsbranche im Zillertal entstanden, prägte sie das Erscheinungsbild eines Tourismuszentrums in der österreichischen Alpenregion in den 1950er und 1960er Jahren wesentlich mit. Zugleich gestaltete sie in einer moderneren und schlichteren Linie, die stärker den Idealen des Werkbunds und auch des Bauhauses verpflichtet blieb, weiterhin komfortable Wohnungseinrichtungen in „moderater Opulenz“ (Maria Auböck), wofür sie schon seit ihren Berliner Jahren bekannt war, sowie Geschäftsräume und insbesondere das Kino in Mayrhofen (1958; erhalten).
R.-W. schuf auch Scherenschnitte, Buchbindearbeiten sowie Entwürfe für Schmuck, Kleider und Puppen.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Sabine Hock.

Literatur:
                        
Bauwelt. Bisher 111 Jahrgänge (mit Unterbrechungen). Gütersloh u. a. 1910-45 und 1952-2020.Wilberg, Paula: Die Dachwohnung eines Architekten. In: Bauwelt 31 (1940), H. 48, S. 1-4. | Rauter, Johannes: Paula Rauter-Wilberg. Innenarchitektin. Fft. – Berlin – Mayrhofen. Eine Frau, ihr Weg und ihr Werk. 1902-1990. Utting [2011].Rauter, Johannes: Paula Rauter-Wilberg 2011. | Voigt, Wolfgang/Sturm, Philipp/Cachola Schmal, Peter (Hg.): Ferdinand Kramer. Die Bauten. / The Buildings of Ferdinand Kramer. Tübingen/Berlin/Ffm. 2015.Voigt u. a. (Hg.): Ferdinand Kramer. Die Bauten 2015, S. 120.
Quellen: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Heiratseintrag der Eltern Rudolf Friedrich Wilhelm Wilberg und Anna Marie Julie Gertrude Ficus, 19.4.1899: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch, Bestand STA 11/267: Standesamt Ffm. I, Heiratsurkunde 1899/I/743 (Bd. 3, Bl. 50). | Rauter, Johannes: Otto Rauter. Architekt, Wissenschaftler und Publizist 1903-1986. Typoskript, 7 Seiten, 2010.Rauter, Johannes: Otto Rauter 2010. | Rauter, Johannes: Paula Rauter-Wilberg. Innenarchitektin 1902-1990. Typoskript, 8 Seiten, 2016.Rauter, Johannes: Paula Rauter-Wilberg 2016.

GND: 1019509503 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Rauter-Wilberg, Paula. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/8550

Stand des Artikels: 23.4.2022
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 04.2022.