Sohn des jüdischen Kantors Lippmann Selig S., zuletzt in Neudamm (d. i. wahrscheinlich Neudamm/Neumark), und dessen Ehefrau Hannchen, geb. Graatz. Verheiratet (seit 1879) mit Martha S., geb. Trier (1854-?), einer Ffter jüdischen Kaufmannstochter; die Angabe, S. habe „eine wohlhabende jüdische Witwe” geheiratet (vgl. etwa Eichler: Arbeiterbewegung, S. 425), findet sich in den Standesregistern nicht bestätigt. Eine Tochter:
Dora Regina (1880-?).
Besuch des katholischen Gymnasiums in Breslau. Studium der Philosophie, Sprachen und Staatswissenschaft in Breslau und Berlin, unterbrochen durch Tätigkeiten als Hauslehrer im In- und Ausland. Nach einem Aufenthalt in Österreich kam S. im August 1870 nach Ffm. Seit 1871 Lehramtskandidat, dann wissenschaftlicher Hilfslehrer am Philanthropin. Im Dezember 1872 wurde S., der sich inzwischen der sozialdemokratischen Bewegung angeschlossen hatte, wegen seines Engagements in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) aus dem Schuldienst entlassen. Bis 1884 Privatlehrer in Ffm. Journalist, u. a. für den Ffter Beobachter.
Nach einem vorübergehenden Rückzug von der Arbeiterbewegung gegen Ende der 1870er Jahre avancierte S. unter der „milden Praxis” des Sozialistengesetzes ab 1881 zu einem der Wortführer der Ffter Sozialdemokratie. Seit 1882 beteiligte er sich an der illegalen Parteiorganisation. Befreundet mit Bebel. 1882 gehörte S. zu den ersten sozialdemokratischen Kandidaten bei der Stadtverordnetenwahl in Ffm. 1884 kandidierte er für den Reichstag und gewann in der Stichwahl gegen
Leopold Sonnemann, errang damit als erster Sozialdemokrat das Ffter Reichstagsmandat. Zu diesem Wahlsieg trug vor allem bei, dass die Konservativen und Nationalliberalen in der Stichwahl für S. stimmten, angeblich auf direkte Weisung
Bismarcks. Es wurde damals verbreitet, dass das Reichsamt an den Nationalliberalen Verein eine entsprechende Depesche („Fürst wünscht S.”) gerichtet hätte, um den Sieg des dem
Reichskanzler zutiefst verhassten liberalen Demokraten
Sonnemann zu verhindern. Im lokalen Parteistreit von 1885/86 nahm S. eine entschiedene Position gegen
Karl Frohme ein. Nach Aufdeckung der illegalen Parteiorganisation (November 1886) unterstützte S., der wahrscheinlich durch eine bedeutende Erbschaft nach dem Tod seiner Schwiegermutter Regine Trier, geb. Strauß (1818-1885), zu Vermögen gekommen war, die Familien der Inhaftierten. Obwohl er selbst im Rahmen des „Kleinen Belagerungszustands“ bereits Ende 1886 aus Ffm. ausgewiesen worden war, behauptete er 1887 sein Ffter Reichstagsmandat, wenn auch nur knapp in der Stichwahl gegen
Albert Metzler. In den Folgejahren zog sich S. allmählich von der Sozialdemokratie zurück und gab im November 1889 seinen Verzicht auf eine abermalige Reichstagskandidatur aus gesundheitlichen Gründen bekannt. Sein Nachfolger im Reichstagsmandat wurde 1890
Wilhelm Schmidt (SPD). Als Reichstagsabgeordneter ist S. beim Volk insbesondere wegen seiner merkwürdigen Redewendungen in Erinnerung geblieben („Das läßt tief blicken”, 17.12.1884; „Etwas geht vor, man weiß aber nicht recht, was”, 13.3.1889), die teilweise sogar als „geflügelte Worte” in den „Büchmann” aufgenommen wurden.
Nach dem Fall des Sozialistengesetzes kehrte S. nach Ffm. zurück, wo er künftig sehr zurückgezogen lebte und wegen seines Herzleidens nur zu Kuraufenthalten nach Königstein und Wiesbaden reiste.
Mitglied in der Verwaltung der Joseph und Clara Trier’schen Stiftung.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 230f.,
).