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Grunelius, Ernst Max von

Ernst Max von Grunelius

Ernst Max von Grunelius
Fotografie von „Foto-Hofmann“ (spätestens 1965).

© Institut für Stadtgeschichte, Ffm. (Sign. S7P Nr. 5627).
Grunelius, Ernst Eduard Hermann Max von. Dr. rer. pol. Bankier. Stifter. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 25.3.1901 Ffm., Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 8.12.1987 Ffm.
Ältester Sohn des Bankiers Friedrich Adolf Max (von) G. und dessen Ehefrau Mathilde Bertha Emma, geb. Mumm von Schwarzenstein (1881-1940). Enkel des Bankiers Moritz Eduard Hermann (von) G. und dessen Ehefrau Auguste Marie Olga, geb. Freiin von Bethmann (1849-1925). Urenkel von Peter Carl G. (1807-1867) und dessen zweiter Ehefrau Catharina Elisabeth, geb. von Saint-George.
Besuch des Goethe-Gymnasiums bis zum Abitur 1920. Danach kurzzeitige Beschäftigung im familieneigenen Bankhaus Grunelius & Co. Seit dem Wintersemester 1920 Studium der Staatswissenschaften in Freiburg (1920-21), München (1921-22) und erneut in Freiburg (1922-25). Dort 1925 Promotion mit einer Arbeit über „Die Wiederbelebung des Ffter Privatbankgeschäfts“. Wahrscheinlich seit 1928 Tätigkeit im Bankhaus Grunelius & Co., das G. offenbar in und nach den Krisen der Zwanzigerjahre im Bankgeschäft neu zu etablieren und positionieren versuchte. Am 1.5.1933 Eintritt in die NSDAP (Mitgliedsnummer 2.274.899); außerdem Mitglied der DAF und der NSV. Seit 1939 Teilhaber des Bankhauses Grunelius & Co. Während des Krieges Unabkömmlichstellung auf Veranlassung der Reichsbank und des Reichswirtschaftsministeriums „aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit und seiner weitreichenden geschäftlichen Beziehungen“. Bei Kriegsende am 16.4.1945 Entlassung aus seiner Stellung durch die amerikanische Militärregierung. Im Entnazifizierungsverfahren durch Entscheidung der Spruchkammer in Ffm. am 30.7.1947 in die Gruppe 4 (Mitläufer) eingestuft und zu einer Sühnezahlung in Höhe von 2.000 Mark zugunsten des Wiedergutmachungsfonds verpflichtet. Wiederaufnahme der Tätigkeit im Bankhaus Grunelius & Co. Seit 1963 dessen alleiniger persönlich haftender Gesellschafter.
Nachdem das Stammhaus der Bank in der Großen Gallusstraße 16 bei den Luftangriffen auf Ffm. 1944 zerstört worden war, hatte Grunelius & Co. seinen Sitz am Untermainkai 26, in einem ursprünglichen Wohnhaus der Familie, das G.’ jungverheirateten Eltern Max und Emma von G. im Jahr 1900 von G.’ Großvater Hermann Mumm von Schwarzenstein (1842-1904) überlassen worden war. Dort, in seinem Geburtshaus, wohnte Ernst Max von G. bis zuletzt, versorgt von seiner Schwester Marguerite (1905-1995), die – ebenso wie er – unverheiratet blieb. In der Ffter Stadtgesellschaft galt G. als Original, von dem gerne Anekdoten erzählt wurden, etwa dass er eine Einladung zum Essen ausschlug, um sich – wie er selbst freundlich entgegnet haben soll – lieber daheim von seiner Schwester ein Butterbrot machen zu lassen, oder dass er bis ins hohe Alter in dem Bett schlief, in dem schon Napoleon im Hause von G.’ Ururgroßvater Simon Moritz von Bethmann am Friedberger Tor 1813 übernachtet hatte.
Eine umfassende biographische Untersuchung zu Ernst Max von G., auch im Zusammenhang mit der Geschichte des Bankhauses Grunelius & Co. im 20. Jahrhundert und insbesondere in der NS-Zeit, fehlt jedoch bisher. In dem erwähnten Spruchkammerverfahren direkt nach dem Krieg (1947) wurde G., trotz seines relativ frühen Eintritts in die NSDAP, als „Mitläufer“ eingestuft, weil er aufgrund von Zeugenaussagen glaubhaft machen konnte, „nur nominelles Mitglied“ der Partei gewesen zu sein. Für ihn sprachen u. a. sein Engagement im Freien Deutschen Hochstift (seit 1934) und insbesondere sein Einsatz für den Erhalt der traditionell von seiner Familie geförderten Bethmann-Hollweg-Kleinkinderschule in Oberrad, die er als Vorsitzender von deren Stiftung bzw. der St. Georgen-Stiftung bis 1942/43 wohl weitgehend dem Zugriff der NS-Volkswohlfahrt entzog. Vor der Spruchkammer führte G.’ Rechtsanwalt zudem zur Entlastung seines Mandanten an, „dass das Bankhaus Grunelius & Co. nicht eine einzige Arisierung durchgeführt und es auch absichtlich vermieden hat, sich durch Uebernahme jüdischer Bankfirmen oder deren Kunden an jüdischem Vermögen zu bereichern, obwohl verschiedene diesbezügliche Angebot gemacht worden waren“. Aus einer zeitgenössischen Quelle aus dem Jahr 1939 geht dagegen hervor, dass sich das Bankhaus zumindest in einem Fall aktiv um eine Beteiligung an der „Arisierung“ eines jüdischen Bankhauses bemüht hatte, aber nicht zum Zuge gekommen war, weswegen sich der Seniorchef Max von G., der Vater von Ernst Max von G., bei der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe (als zuständiger Unterabteilung des Reichswirtschaftsministeriums) beschwerte. Zudem saß Ernst Max von G., wahrscheinlich aufgrund der geschäftlichen Verbindungen des Bankhauses Grunelius & Co. zu den Gesellschaften EAG und RWE, im Aufsichtsrat der „Revisionsgesellschaft für Betriebsunternehmungen GmbH“, die offenbar auch zur Bewertung von Unternehmen in „Arisierungsverfahren“ eingesetzt wurde, wobei G.’ denkbarer Anteil daran noch zu untersuchen wäre. Insgesamt wird es erst nach grundlegender Auswertung einschlägiger Quellen möglich sein, G.’ Haltung zum und Rolle im Nationalsozialismus aus historiographischer Sicht gültig einzuordnen.
Mitglied der Ffter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft (1939-85) und der Gesellschaft des Hauses Frauenstein. Mitglied im Beirat der Ffter Versicherungs-AG (seit 1953), im Aufsichtsrat der Ffter Hypothekenbank (seit 1954) und im Aufsichtsrat, zeitweise als Vorsitzender, der Deutschen Olivetti GmbH (1958-86).
Beigesetzt in der Familiengruft auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gruftenhalle, Gruft 3).
Seit Bestehen der Bank 1824 war G. deren zehnter und letzter Inhaber aus der Gründerfamilie. Bis 1978/82 trugen nur zwei Gesellschafter des Hauses, Johann Georg von Heyder (Teilhaber 1846-86) und Wilhelm Mumm (von Schwarzenstein; Teilhaber 1857-86), nicht den Namen G. Mangels eines Nachfolgers aus der Familie nahm G. spätestens 1982 Edmund Knapp als Gesellschafter und dessen Stiefvater Walther Leisler Kiep als stillen Teilhaber auf. Nach dem Tod von Ernst Max von G. 1987 wurde die Trennung von dessen Privat- und dem Bankvermögen vollzogen. Das Bankhaus Grunelius & Co. wurde zum 1.12.1989 in eine KG umgewandelt, deren Kommanditeinlage mehrheitlich von der Deutschen Bank gezeichnet wurde. Unter der Firma „Grunelius KG Privatbankiers“ (seit Februar 1990) sollte die neue Konzerntochter als Vermögensverwaltungsbank für große Privatanleger (mit den drei persönlich haftenden Gesellschaftern Edmund Knapp, 1978/82-97, Gerd Schmitz-Morkramer, 1990-95, und Jürgen Kleppa, 1990-97) revitalisiert und etabliert werden. Mit der vollständigen Übernahme von Grunelius KG Privatbankiers durch die Deutsche Bank zum Jahresbeginn 1997 wurde der althergebrachte Name aufgegeben.
Aus dem Privatvermögen von G. wurde 1989 eine Stiftung gegründet, mit dem ausdrücklichen Ziel, das traditionsreiche bürgerschaftliche Engagement und mäzenatische Wirken der Familie von G. in eine gemeinnützige rechtliche Form zu überführen und Wissenschaft, Kultur, Sport und soziale Zwecke in Ffm. im Sinne des Stifters zu fördern. Die Ernst Max von G.-Stiftung, die auch den Sitz des Bankhauses am Untermainkai 26 übernahm, unterstützt seitdem vielfältige Projekte und Aktivitäten in Ffm., gehörte 1989 zu den Gründern der Ffter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen und erwarb 2002 den privaten Nachlass des Chemikers Otto Hahn (seit 2010 als Dauerleihgabe im ISG). Zusammen mit der Marga und Kurt Möllgaard-Stiftung ermöglichte sie durch großzügige finanzielle Unterstützung 2004/05 die Einrichtung des Grunelius-Möllgaard-Labors für molekulare Evolutionsforschung am Forschungsinstitut Senckenberg.
Ernst Max von G.-Saal, der mit Unterstützung der Ernst Max von G.-Stiftung neu entstandene und 2014 eröffnete Kammermusiksaal der Ffter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen. Ernst Max von G.-Saal im 2021 eröffneten Deutschen Romantik-Museum.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Sabine Hock.

Lexika: Erche, Bettina: Der Ffter Hauptfriedhof. Hg. v. Ffter Denkmalforum, den Freunden Fft.s [u.] der Müller-Klein-Rogge-Stiftung. Supplementband zur Denkmaltopographie Stadt Ffm. Hg. v. Denkmalamt der Stadt Ffm. in Zusammenarb. m. d. Landesamt für Denkmalpflege in Hessen. Ffm. [Copyright 1999]. (Beiträge zum Denkmalschutz in Ffm., Bd. 11; / Teil der Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland).Denkmaltop. Hauptfriedhof, S. 78. | Müller, Bruno: Stiftungen in Ffm. Geschichte und Wirkung. Neubearb. u. fortgesetzt durch Hans-Otto Schembs. Ffm. [Copyright 2006]. („Mäzene, Stifter, Stadtkultur“, Schriften der Ffter Bügerstiftung und der Ernst Max von Grunelius-Stiftung, hg. v. Clemens Greve, Bd. 7).Müller/Schembs: Stiftungen 2006, S. 245, 250, 269.
Literatur:
                        
[Frost, Reinhard:] Wünsche werden Wirklichkeit. Die Deutsche Bank und ihr Privatkundengeschäft. Sonderausgabe für die Historische Gesellschaft der Deutschen Bank e. V. München/Zürich 2009.Frost: Wünsche werden Wirklichkeit 2009, S. 103f. | Grunelius, Ernst Max von: Die Wiederbelebung des Ffter Privatbankgeschäfts. Diss. Freiburg 1925.Lebenslauf in: Grunelius: Wiederbelebung d. Ffter Privatbankgeschäfts 1925, S. 87. | Grunelius Privatbankiers. Was wir denken. Wie wir handeln. Ffm. 1990.Grunelius Privatbankiers 1990. | Hauck, Michael: Ffter Allerlei. Erlebtes und Erlerntes aus neun Jahrzehnten. Düsseldorf [Copyright 2017].Hauck: Ffter Allerlei 2017, S. 188f. | Klötzer, Wolfgang: Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum. Die Ffter Familie Grunelius. Erweiterte Fassung des Vortrags vom 20. November 2007 im Museum für Angewandte Kunst vor dem Kunstgewerbeverein in Ffm. Ffm. 2007.Klötzer: Familie Grunelius 2007, S. 19-21. | Köhler, Ingo: Die „Arisierung“ der Privatbanken im Dritten Reich. Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung. München 2005. (Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 14).Zum Schreiben von Max von Grunelius an Carl Tewaag bei der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe, 19.6.1939: Köhler: „Arisierung“ d. Privatbanken im Dritten Reich 2005, S. 312. | Wörner, Birgit: Ffter Bankiers, Kaufleute und Industrielle. Werte, Lebensstil und Lebenspraxis 1870 bis 1930. Wiesbaden/Ffm. [2011]. („Mäzene, Stifter, Stadtkultur“, Schriften der Ffter Bürgerstiftung und der Ernst Max von Grunelius-Stiftung, hg. v. Clemens Greve, Bd. 9).Kinderbilder von Ernst Max von Grunelius (mit Geschwistern) in: Wörner: Ffter Bankiers, Kaufleute u. Industrielle 2011, S. 213f., 238, 259.
Quellen: Archiv des Historischen Instituts der Deutschen Bank (HADB), Ffm.Archiv d. Hist. Instituts d. Dt. Bank, Sammlungsgut zu übernommenen Banken, SG4/7 (Beteiligungen und Tochtergesellschaften). | Bundesarchiv (BArch) Berlin.Bundesarchiv Berlin, ehem. Berlin Document Center, NSDAP-Mitgliederkartei („Gaukartei“). | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Spruchkammerakten, Best. 520/F (A-Z) Grunelius, Ernst Max von, R. 4638 K. 1375. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/7.489. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/16.333 ([Fa. Grunelius & Co., seit 1990:] Grunelius KG Privatbankiers).
Internet: Ernst Max von Grunelius-Stiftung und Grunelius-Stiftung Vermögensverwaltungs GmbH & CO KG, Ffm. http://www.grunelius-stiftung.de/foerderungen.htmlErnst Max von Grunelius-Stiftung, 10.8.2017.

GND: 125680775 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Grunelius, Ernst Max von. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/10177

Stand des Artikels: 27.12.2021
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 10.2017.