Zweiter Sohn des Bankiers
Moritz Eduard Hermann (von) G. und dessen Ehefrau Auguste Marie
Olga, geb. Freiin von Bethmann (1849-1925). Enkel von Peter
Carl G. (1807-1867) und dessen zweiter Ehefrau
Catharina Elisabeth, geb. von Saint-George. Zwei Geschwister: Carl
Alexander (von) G. (1869-1938), späterer Landrat des Kreises Hersfeld (1906-21), und Friederike Louise
Anna (von) G. (1875-1933). Verheiratet (seit 1900) mit Mathilde Bertha
Emma von G., geb. Mumm von Schwarzenstein (1881-1940), einer Tochter des als „Champagner-Baron“ bekannten Kaufmanns Hermann Mumm (von Schwarzenstein; 1842-1904) und dessen Ehefrau
Emma, geb. Passavant (1852-1922). Aus der Ehe von Max und Emma von G. stammten fünf Kinder:
Ernst Eduard Hermann Max (1901-1987), Alexander Sigmund Carl Georg
Rudolf, gen. Rudi (1903-1998), Olga Emma Agnes Elisabeth Bettina
Marguerite (1905-1995), Renata (seit 1944 verh. von Bernus, 1916-2011) und Josephine Hermina Maximiliane Ehrengard
Marielisa (seit 1958 verh. von Pufendorf, 1919-2006).
Von 1879 bis 1888 Besuch des Ffter Gymnasiums, abgegangen ohne Abitur. Solide Bankausbildung mit Volontariaten in London und Paris. Militärdienst in einem Berliner Gardekavallerieregiment. 1898/99 siebenmonatige Weltreise mit Stationen in Wien, Konstantinopel, Athen, Ägypten, Ceylon, Singapur, Siam, Kanton, Japan und den USA. Zum 1.1.1899 Eintritt als Teilhaber in das Privatbankhaus Grunelius & Co. in Ffm., an dem weiterhin sein Onkel
Andreas Adolf von G. (1831-1912; Teilhaber seit 1854), sein Vater
Eduard von G. (1843-1923; Teilhaber seit 1868) und sein Cousin Peter
Carl von G. (1858-1911; Teilhaber seit 1886) beteiligt waren. Nach dem Tod von Carl und
Adolf von G. und angesichts des Alters von
Eduard von G. traten 1921 Emma von G., Ehefrau von Max von G., und Alexander von G., ältester Sohn von
Eduard und Bruder von Max von G., als neue Teilhaber in das Bankgeschäft ein. In der Nachfolge von Alexander von G., der 1938 starb, nahm G. 1939 seinen ältesten Sohn
Ernst Max von G. als Partner auf.
Spätestens seit den Zwanzigerjahren war Max von G. eine anerkannte Bankierspersönlichkeit und ein einflussreicher Netzwerker im Ffter Wirtschaftsleben; er gehörte mehreren Aufsichtsräten an, u. a. der Ffter Hypothekenbank (1912-54, als Vorsitzender 1935-46) und der „Elektrizitäts-AG vormals W. Lahmeyer & Co.“ (EAG), war Mitglied im Beirat der Handelskammer (seit 1943 Gauwirtschaftskammer) und im Vorstand der Ffter Wertpapierbörse. Am 1.5.1933 trat G., der früher der Deutschen Volkspartei (DVP) angehört hatte, in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 2.274.900); zugleich erwarben seine Söhne
Ernst Max und Rudolf von G. (der als Ingenieur tätig war) die Parteimitgliedschaft. Die Position von Max von G. zum und im Nationalsozialismus ist noch nicht abschließend erforscht; es liegt zwar neuerdings eine Untersuchung über den Mitteldeutschen Kunstgewerbe-Verein und G. als dessen Vorsitzenden in der NS-Zeit vor (Bauer: Mitteldt. Kunstgewerbe-Verein in der Zeit d. NS 2016), aber insbesondere das Wirken G.’ als Bankier in der Leitung des Privatbankhauses Grunelius & Co., in den Aufsichtsräten anderer Banken und Unternehmen sowie in wichtigen Wirtschaftsgremien regionaler Reichweite zwischen 1933 und 1945 ist bisher kaum dokumentiert. Unter G.’ Führung war das Bankhaus Grunelius & Co. offenbar nicht grundsätzlich gegen eine Beteiligung an „Arisierungsgeschäften“ eingestellt. Belegt ist, dass sich Grunelius & Co. zumindest in einem Fall aktiv um die Übernahme einer Privatbank aus jüdischem Besitz bemühte und mit einem entsprechenden Angebot an die Inhaber der „arisierungsfälligen“ Bank herantrat, aber nicht zum Zuge kam. Daraufhin beschwerte sich Max von G. 1939 bei der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe (als zuständiger Unterabteilung des Reichswirtschaftsministeriums), dass seiner Bank „die Möglichkeit, ein jüdisches Geschäft zu übernehmen, nicht gegeben“ gewesen sei, „da die nichtarischen Inhaber mit uns vermutlich in Anbetracht unserer Zugehörigkeit zur NSDAP nicht verhandeln wollten“ (Schreiben von Max von G. an Carl [Wilhelm] Tewaag, 19.6.1939; zit. nach: Köhler: „Arisierung“ d. Privatbanken im Dritten Reich 2005, S. 312). Das Ffter Bankhaus Bass & Hertz, um das es hier ging, war am 2.8.1938 an B. Metzler seel. Sohn & Co. – und somit an die Ffter Konkurrenz von Grunelius & Co. – übertragen worden. Rückblickend, im Entnazifizierungverfahren vor der Ffter Spruchkammer im Frühjahr 1947, begründete Max von G. seinen Eintritt in die NSDAP damit, dass er geglaubt habe, als Parteimitglied das Bankhaus Grunelius & Co. wie auch den Mitteldeutschen Kunstgewerbe-Verein eher vor einer Einflussnahme durch die Nazis schützen zu können. Obwohl Mitglied der Partei und weiterer NS-Organisationen (DAF, NSV, Reichsluftschutzbund und NS-Reichskriegerbund), wurde G. durch Entscheidung der Spruchkammer am 14.5.1947 in die Gruppe 4 (Mitläufer) eingestuft, da er sich „in keiner Weise aktiv für die Interessen der Partei eingesetzt, noch sich fördernd für den Nazismus betätigt“ habe. In der Nachkriegsgesellschaft genoss G. weiterhin den Ruf als „eine der (...) angesehensten Persönlichkeiten des privaten deutschen Bankgewerbes“, wie die FR anlässlich seines 80. Geburtstags am 9.12.1950 schrieb.
Seit seiner Rückkehr von der Weltreise 1899, auf der er sein Interesse für fernöstliche Kunst entdeckt hatte, engagierte sich G. auf kulturellem Gebiet in seiner Heimatstadt Ffm. Er trat in den Mitteldeutschen Kunstgewerbe-Verein ein, dessen Vorstand er jahrzehntelang angehörte, seit 1907 als stellvertretender Vorsitzender, dann von 1928 bis 1957 als Vorsitzender und schließlich als Ehrenpräsident. Nach dem Ersten Weltkrieg leitete er die Verhandlungen mit dem Magistrat über die Verstadtlichung der vereinseigenen Institute, der Kunstgewerbeschule, des Kunstgewerbemuseums und der dazugehörigen Bibliothek, die per Vertrag vom 5.2.1921 rückwirkend zum 1.4.1920 aus dem Verbund der „Fft.ischen Gesellschaft zur Beförderung nützlicher Künste und deren Hilfswissenschaften“ (Polytechnische Gesellschaft) ausschieden, an die Stadt Ffm. übergingen und dadurch in ihrem Fortbestand gesichert wurden. Der Mitteldeutsche Kunstgewerbe-Verein, der sich daraufhin ebenfalls von der Polytechnischen Gesellschaft trennte (29.11.1921), fungierte seitdem hauptsächlich als Förderverein des Kunstgewerbemuseums und widmete sich der allgemeinen Pflege des Kunstgewerbes. In der NS-Zeit beteiligte sich der Kunstgewerbe-Verein, der unter G.’ Führung in jenen Jahren „zwischen Abgrenzung und Anpassung lavierte“ (Thomas Bauer), aktiv am kulturellen Leben in Ffm. Als Vertreter des Vereins gehörten G.,
Adolf Feulner und
Georg Hartmann dem nach dem neuen Gemeindeverfassungsgesetz 1934 geschaffenen künstlerischen Beirat des Kulturamts an, der u. a. über die Ankaufs- und Ausstellungspolitik der Stadt mitentschied. Andererseits entzog sich der Verein bis zu einem gewissen Grad der nationalsozialistischen „Gleichschaltung“, indem er etwa seine Satzung nicht auf das „Führerprinzip“ umstellte und auch nicht um einen „Arierparagraphen“ ergänzte, der allerdings nach dem Austritt der meisten jüdischen Mitglieder bis 1935 auch kaum mehr erforderlich gewesen wäre. Im Zweiten Weltkrieg endete die Vortragsreihe und damit offenbar die Tätigkeit des Kunstgewerbe-Vereins mit der Zerstörung des Veranstaltungsorts, des Gebäudes der früheren Kunstgewerbeschule (seit 1933: Städelschule, seit 1942 als Staatliche Kunsthochschule) in der Neuen Mainzer Straße 47 bei einem schweren Luftangriff am 25./26.11.1943; bei den Märzangriffen 1944 wurde das benachbarte Gebäude in der Neuen Mainzer Straße 49 mit dem Kunstgewerbemuseum (seit 1937: Museum für Kunsthandwerk) zerstört. Ein knappes Jahr nach Kriegsende, im März 1946, unternahm G. die Initiative zur „Wiederzulassung“ des Kunstgewerbe-Vereins, indem er den aus städtischen Diensten entlassenen Juristen
Bruno Müller mit der Überarbeitung der Statuten beauftragte. Auf Einladung von G. traf sich zwei Jahre später (10.2.1948) der frühere Vorstand, um sich neu zu konstituieren (11.6.1948); eine neue Vereinssatzung wurde am 11.5.1951 durch die Mitgliederversammlung verabschiedet. Mit der Wiedereröffnung des Museums für Kunsthandwerk, zunächst im wiederaufgebauten Westflügel des Städel, erhielt der Kunstgewerbe-Verein im selben Monat (22.5.1951) seinen Sinn und Zweck zurück. Den Verein bedachten G. und dessen Familie mit großzügigen Schenkungen zugunsten des Museums, u. a. von Objekten aus chinesischem, Meißner und Höchster Porzellan; ein Schultertopf aus der chinesischen Ming-Zeit des 16. Jahrhunderts, der aus der Sammlung von G. stammt, gehört zu den wertvollsten Porzellanen des heutigen Museums Angewandte Kunst.
G. förderte weitere Stiftungen und Vereine, insbesondere zu wissenschaftlichen Zwecken, in Ffm. Er gehörte seit 1910 der Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung an und war seit 1903 Mitglied, seit 1919 Ewiges Mitglied der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, verwaltete in seinem Bankhaus die Gelder der Stiftung und der Gesellschaft, half dem Bürgerhospital über die Inflationszeit hinweg und soll den ab 1933 amtierenden Vorsitzenden der Administration, den Arzt
August de Bary, „als dessen Stellvertreter in dem Bemühen, die Stiftung und das freigemeinnützige Hospital einigermaßen unbeschadet durch die NS-Diktatur zu manövrieren“, unterstützt haben (Thomas Bauer). Außerdem war G. Vorstandsmitglied des Vereins für das Historische Museum, zeitweise als stellvertretender Vorsitzender, sowie Mitglied des Ffter Vereins für Geographie und Statistik (seit 1904) und der Ffter Bibliophilen-Gesellschaft, und er unterstützte das China-Institut (Seminar für Chinakunde und Chinaforschung) der Universität, dem er ab 1935 das Haus Untermainkai 18 (sein Elternhaus) als geeignete Räumlichkeit für dessen Bibliothek und Sammlungen vermietete.
Das gesellschaftliche Leben seiner Kreise in Ffm. gestaltete G. seit der Zeit um die Jahrhundertwende (schon vor seiner Heirat 1900) bis etwa zum Zweiten Weltkrieg (wahrscheinlich bis zum Tod seiner Ehefrau Emma 1940) lebhaft mit. So gehörte er zu dem von jüngeren Leuten 1895 gegründeten „Chokoladen-Club“, zeitweise als dessen Sekretär, und zu der ausschließlich auserwählten Herren („Rittern“) offenen „Bohnenrunde“ (seit 1913), zwei exklusiven Privatklubs, in denen sich die großbürgerliche Stadtgesellschaft traf. Auch arbeitete er im Festausschuss der Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung (Ila) in Ffm. 1909 mit.
Seit seiner Heirat mit Emma Mumm von Schwarzenstein (1900) wohnte Max von G. im Haus Untermainkai 26, das zunächst die Schwiegereltern Hermann und
Emma Mumm von Schwarzenstein zur Verfügung stellten und 1905 in das Eigentum von Max von G. überging. Als Sommersitz nutzten Max von G. und seine junge Familie die Villa St. Georgen vor Oberrad, die seinen Eltern
Eduard und Olga von G. gehörte und sich bis zum Verkauf 1925 in Familienbesitz befand.
Beigesetzt in einer der Familiengrabstätten auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann B 95-97).
Als begeisterter Amateurfotograf nahm G. während seiner Weltreise 1898/99 zahlreiche Bilder mit zwei Plattenkameras (im Format 18 x 24 cm und 9 x 12 cm) auf. Diese Fotografien befinden sich im Besitz des früheren Museums für Kunsthandwerk [seit 2000/13: Museum (für) Angewandte Kunst] in Ffm., das schon mehrfach eine Auswahl in einer Ausstellung zeigte (Fotos aus Siam und Japan, 1960; „Eine Reise um die Welt im Jahre 1898“, 1989; 2006).
Marguerite von G. schenkte dem heutigen ISG vier Erinnerungsalben ihrer Mutter Emma von G., geb. Mumm von Schwarzenstein („Emma-Alben“): In diesen großformatigen „Scrapbooks“ hat Emma ihr Leben in den Familien Mumm von Schwarzenstein und
von G. von 1894 bis 1914 mit zahlreichen eingeklebten Fotografien und Andenken bunt illustriert und eindrucksvoll dokumentiert.
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