Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
wenn Sie an Ihre Jugend denken: Welche Musik hören Sie? Swing, Jazz, Rock oder Pop? War Marlene Dietrich Ihr Idol? Oder Ella Fitzgerald? Oder vielleicht Joan Baez? Fühlten Sie sich als Rebell bei den Klängen der Rolling Stones? Oder als Sieger beim Hit von Queen? Hatten Sie keine Panik mit Udo Lindenberg? Oder schwärmten Sie für Udo Jürgens? Oder für Charles Aznavour? Waren Sie ein Fan von David Bowie? Oder von Madonna?
Das sind sicher Geschmacks-, aber auch Generationenfragen. Und dennoch: Falls Sie jemals das Glück hatten, „Ihren“ Star oder „Ihre“ Band live auf der Bühne zu sehen und zu hören, dann verdanken Sie das wahrscheinlich dem Mann, dem der diesmalige Artikel des Monats gilt.
Artikel des Monats Oktober 2018:
„Rock ’n’ Rau for ever”
Er holte Bob Dylan, Jimi Hendrix, die Rolling Stones und ABBA nach Deutschland: Fritz Rau. Sein erstes großes Konzert organisierte der damals 25-jährige Jurastudent 1955 in Heidelberg mit Albert Mangelsdorff und den Frankfurt All Stars. 1963 gründeten er und Horst Lippmann die Konzertagentur „Lippmann + Rau“ mit Sitz in Frankfurt. Damit begann der Aufstieg von Fritz Rau zum bekanntesten und bedeutendsten Konzert- und Tourneeveranstalter Deutschlands. Er brachte die Weltelite des Jazz, Blues, Rock und Pop nach Europa und promotete deutsche Künstler wie Udo Lindenberg und Peter Maffay auf internationaler Ebene. Als erster veranstaltete er ein Open-Air-Rockkonzert in Deutschland, mit den Rolling Stones, die 1976 vor über 40.000 Besuchern im Stuttgarter Neckarstadion auftraten. Bei dem einzigen Deutschlandkonzert von Madonna 1987 im Frankfurter Waldstadion organisierte Rau auch gleich die Anreise der Fans aus der ganzen Bundesrepublik mit 20 Sonderzügen à 1.000 Plätzen – direkt zum „Bahnhof Madonna“, wie die Haltestelle „Frankfurt Sportfeld“ kurzzeitig hieß. Die Hochachtung, die der Konzertmanager bei „seinen“ Künstlern genoss, spricht aus den Worten von Mick Jagger, dem Frontmann der Stones, an Fritz Rau: „Rock ’n’ Rau for ever”.
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Alle Artikel der aktuellen Lieferung erzählen Biographien aus dem 20. Jahrhundert. Ihren Protagonisten ist gemeinsam, dass sie die Zeit des Nationalsozialismus erlebt haben und damit umgehen mussten – wenn auch auf unterschiedlichste Weise. Sie lebten für oder gegen das Regime oder zumindest mit ihm und entgingen dabei, anders als unzählige Menschen, oft nur knapp dem Tod. Einen Rückzug ins Private erlaubt eine Diktatur nicht, auch wenn uns das die Wirtschaftswundergeneration in der Bundesrepublik gerne glauben machen wollte. Selbst und gerade Kinder waren betroffen. Wie Fritz Rau, bei Kriegsende erst 15 Jahre alt, der als „Hitlerjunge“ in der NS-Ideologie erzogen worden war. Nach Kriegsende wurde er vom Jazz „entnazifiziert“, wie er selbst sagte. Als überzeugter Demokrat engagierte sich Rau ein Leben lang für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit, auch in seinem Beruf als Konzertveranstalter. Gegen den wieder aufkeimenden Rechtsradikalismus setzte er immer wieder Zeichen, etwa als er 1978 Bob Dylan auf dem früheren Reichsparteitagsgelände der NSDAP in Nürnberg auftreten ließ.
Genießen wir unsere Freiheit. Und legen Sie dazu doch einfach mal wieder eine Ihrer alten Platten auf – ob von der Dietrich oder den Stones, ganz wie Sie wollen.
Einen genussvollen goldenen Oktober wünscht Ihnen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons
P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. November 2018.