Sohn des Obersts und Regimentskommandeurs Ludwig Wilhelm W. (1859-1914) und dessen Ehefrau Sophie, geb. Kalle (1868-1920). Verheiratet in erster Ehe (seit 1923) mit Ellen W., geb. Forstmann (1899-1960). Drei Kinder: Käthe (später verh. Hilgenstock, * 1924), Carl-Heinz (1927-1992) und Sylvester (* 1929).
Aufgewachsen in Jüterbog, Stettin, Saarbrücken und Ffm. Der Vater fiel im September 1914 in Frankreich. Mit 17 Jahren trat W. als Freiwilliger in das Regiment ein, das sein Vater geführt hatte. 1918 wurde W. schwer verwundet. Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse. Während der Rekonvaleszenzzeit nach der Verwundung machte er das Abitur an der Musterschule in Ffm. und begann 1919 mit dem Jura- und Volkswirtschaftsstudium in Göttingen und Bonn. 1922 Promotion mit einer Arbeit über „Das Reichsheimstättengesetz vom 10. Mai 1920“. Durch seinen Onkel, den Industriellen und Reichstagsabgeordneten Wilhelm Ferdinand Kalle (1870-1954), kam er zur Deutschen Volkspartei (DVP) unter Gustav Stresemann (1878-1929), der er bis zu deren Auflösung 1933 angehörte.
1925 ließ sich W. in Ffm. als Rechtsanwalt nieder, und 1931 wurde er zum Notar ernannt. Ursprünglich mit einem jüdischen Kollegen assoziiert, schloss er sich nach dessen Emigration 1933 mit
Karl Rasor zu einer Sozietät zusammen. Als Gegenorganisation zum „Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund“ gründete W. mit gleichgesinnten Kollegen Ende 1933 den „Bund deutscher nationaler Juristen“ . Der „Wi-We-Wö-Bund“ genannte Zusammenschluss (nach seinen Gründern Wilhelmi, Wedesweiler, Wörbelauer) wurde allerdings nach vier Monaten zwangsweise aufgelöst. 1936 vereinigten sich W. und
Rasor mit der Kanzlei von
Jacob Flesch und Otto Wedesweiler (1900-1970). Mithilfe der Kollegen konnte
Flesch, dem als „Halbjuden“ Berufsverbot erteilt worden war, weiterpraktizieren, wenn auch offiziell nur als „juristischer Mitarbeiter“ der Kanzlei. Aus dem Vorstand der Anwaltskammer, in den W. am 22.4.1933 berufen worden war, wurde er bald (nachweislich vor dem 10.2.1939) wieder ausgeschlossen, weil er Juden und den katholischen Zentrumspolitiker
Friedrich Dessauer als Klienten angenommen hatte. 1937 gab W. mit dem Münchener Rechtsanwalt Reinhard von Godin (1884-1964) den ersten Kommentar zum neu geschaffenen Aktienrecht heraus (Nachträge 1939 und 1960, neue Bearbeitung von Sylvester W., 1965). Von 1939 bis 1945 war W. im Kriegsdienst als Hauptmann und Regimentsadjutant. Erneute Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse.
Sofort nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1945 wurde W. wieder als Rechtsanwalt und Notar tätig. Die Kanzlei, nun – nach der Wiederzulassung von
Flesch – auch offiziell als Vierersozietät mit den Anwaltsnotaren W.,
Rasor,
Flesch und Wedesweiler, entwickelte sich rasch zur größten und bedeutenden Kanzlei der Nachkriegszeit in Ffm., verfügte bald über mehr als 20 Mitarbeiter und über eine effiziente moderne Struktur.
Im September 1945 wurde W., damals noch als Vetreter der LDP, in den von der amerikanischen Besatzungsmacht eingesetzten Bürgerrat berufen. Am 9.11.1945 trat er als 134. Mitglied der Ffter CDU bei. 1946 wurde er in die Ffter Stadtverordnetenversammlung gewählt, der er seitdem als Vorsitzender der CDU-Fraktion angehörte (bis 13.11.1957). Im politischen Diskurs des Stadtparlaments in den ersten Nachkriegsjahren war W. stets mit dezidierter Haltung präsent, auch in kulturpolitischen Fragen, etwa in der Auseinandersetzung um die Aufführung der Stücke von Bertolt Brecht an den Städtischen Bühnen unter
Buckwitz. So nutzte W. 1952 seine Etatrede in der Stadtverordnetenversammlung zu heftigem Protest gegen die deutsche Erstaufführung von Brechts Parabelstück „Der gute Mensch von Sezuan“, die kurz zuvor ihre erfolgreiche Premiere in Ffm. erlebt hatte: Es sei nicht zu vertreten, dass „in unserer heutigen politischen Situation von einem zum Kommunismus sich bekennenden ‚Dichter‘ ein derartiges Propagandastück“ gespielt werde, worin „das Göttliche in schamloser Weise lächerlich gemacht“ werde. In die öffentliche Diskussion, die er damit entfachte, schaltete sich auch
Ernst Beutler ein, der Direktor des Freien Deutschen Hochstifts, der das Stück hingegen als „ein eminent christliches Märchen“ interpretierte.
1957 kam W. eher überraschend über die Landesliste der CDU in den Deutschen Bundestag. Auf Wunsch von Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876-1967) übernahm er am 4.5.1960 das Bundesministerium für den wirtschaftlichen Besitz des Bundes (das spätere Bundesschatzministerium) nach dem Tod des bisherigen Amtsinhabers Hermann Lindrath (1896-1960). Im Zuge der Privatisierung des Volkswagenwerks wurde W. zum „Vater der Volksaktie“. Nach der Bundestagswahl 1961 ging die CDU/CSU eine Koalition mit der FDP ein, die Anspruch auf die Arbeitsbereiche W.s erhob. W. schied daraufhin aus der Bundesregierung aus (14.11.1961) und kehrte in seine Anwaltskanzlei zurück. Er blieb aber Bundestagsabgeordneter (bis 1969) und war zeitweise Vorsitzender des Rechtsausschusses (1964-69). Hier war er an der Erarbeitung der Notstandsgesetze beteiligt.
Neben der Anwaltstätigkeit und der politischen Arbeit war W. Mitglied in zahlreichen Vorständen von Wirtschaftsunternehmen.
Schon seit den Zwanzigerjahren engagierte sich W. in der evangelischen Kirche, zunächst als Synodaler der Ffter Landeskirche. Am 22.4.1934 nahm er an der Kirchenversammlung in Ulm teil, die die „Ulmer Erklärung“ gegen die Vereinnahmung der evangelischen Kirche durch die Nationalsozialisten veröffentlichte und damit am Beginn der Bekennenden Kirche stand. Seit 1936 fungierte W. als deren Präses in Nassau-Hessen. 1947 wurde er von der Gründungsversammlung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau zum Präses der Kirchensynode gewählt. Er behielt dieses Amt bis 1969. In den ersten zehn Jahren kam es zu heftigen Kontroversen mit Kirchenpräsident
Martin Niemöller über die Fragen der Wiederaufrüstung Deutschlands und der Atombewaffnung.
1957 (Überreichung 1958) Ehrenplakette der Stadt Ffm. 1969 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband.
Die Söhne Carl-Heinz und Sylvester W., beide Juristen, traten in die vom Vater mitbegründete Kanzlei in Ffm. ein und führten sie weiter.
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Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 560f.,
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