Aus einer alteingesessenen Zürcher Familie. Sohn des Architekten
Alfred Friedrich B. (1842-1930) und dessen Ehefrau
Maria Anna, geb. Kriegk (1856-1940). Der Vater arbeitete seit 1870 in einer Bürogemeinschaft mit
Carl Jonas Mylius in Ffm., und die Eltern hatten am 18.2.1876 in der Mainstadt geheiratet. B.s Großvater väterlicherseits war der Rechtswissenschaftler und badische Politiker Johann
Caspar B. (1808-1881), der seit 1861 als Professor für Staatsrecht an der Universität Heidelberg lehrte. B.s Großvater mütterlicherseits war der Ffter Stadtarchivar
Georg Ludwig Kriegk (1805-1878). Verheiratet (seit 1906) mit der ausgebildeten Primarlehrerin Anna B., geb. Bavier (1880-1961). Drei Töchter und ein Sohn.
B. wurde zwar in Ffm. geboren, wuchs aber seit 1881 in der Schweiz auf. Mit der Berufung des Vaters
Alfred Friedrich B. zum ordentlichen Professor am Eidgenössischen Polytechnikum war die Familie nach Zürich umgezogen, wo in ihrem gastfreundlichen Haus zahlreiche Künstler und Intellektuelle verkehrten, u. a. der Schriftsteller Gottfried Keller (1819-1890) und der Maler Arnold Böcklin (1827-1901). B. besuchte ab 1883 die Volksschule (Primarschule) in Zürich, anschließend ab 1888 das humanistische Gymnasium in Winterthur, an dem er 1895 die Reifeprüfung ablegte. Unter dem Einfluss seines Lehrers Robert Keller (1854-1939), eines Botanikers und Anhängers von Haeckels Theorien, begann er ein Studium der Naturwissenschaften mit Schwerpunkt auf der Zoologie in Zürich, das er im Sommer 1896 für einen wohl (auch) krankheitsbedingten Aufenthalt im Schweizer Jura unterbrach. Spätestens mit der Rückkehr zum Wintersemester 1896/97 wechselte B. zur Medizin. Er studierte in München (1896-98), u. a. bei dem Anatomen Siegfried Mollier (1866-1954), und in Zürich (1898-99), insbesondere bei dem Anatomen und Primatologen Georg Ruge (1852-1919), der ihm die von Carl Gegenbaur (1826-1903) entwickelte vergleichend-morphologische Betrachtungsweise in der Anatomie vermittelte. Zum klinischen Studium ging B. daraufhin nach Heidelberg (1899-1900), an Gegenbaurs Wirkungsstätte, und später für ein Semester (1900/01) nach Leipzig. Um diese Zeit manifestierte sich bei ihm eine Schwerhörigkeit, die ihm eine künftige praktische Ausübung des Arztberufs verwehrte, so dass er sich für die wissenschaftliche Laufbahn als Anatom entschied.
Wieder in Heidelberg, arbeitete B. seit November 1901 als Assistent im Anatomischen Institut unter Gegenbaurs Nachfolger Max Fürbringer (1846-1920). Sein Studium schloss er 1902 mit der Approbation und 1903 mit der Promotion in Heidelberg ab; seine Dissertation „Der feinere Bau der Leber von Ceratodus forsteri, zugleich ein Beitrag zur vergleichenden Histologie der Fischleber“ erschien 1903 in Jena im Druck. Im Herbst 1903 unternahm er seine erste Forschungsreise, an die Küste von Rovigno (heute: Rovinj)/Istrien, wo er Material für eine Studie über die Eireifung der Seescheide (Cynthia microcosmus) sammelte. 1904 ging B. an das Anatomische Institut der Universität Zürich, das sich unter Ruge zu einem wichtigen Zentrum für vergleichende Anatomie und Primatologie entwickelt hatte. Mit einer Untersuchung über Arterienvarietäten bei Altweltaffen („Arteria femoralis und ihre Äste bei den niederen catarrhinen Affen“) habilitierte er sich 1906 in Zürich. Eine längere Forschungsreise, die von ihm organisiert und u. a. von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft gefördert wurde, führte B. und den Paläontologen Bernhard Peyer (1885-1963) ab Februar 1912 zunächst nach La Plata in Argentinien zum Studium fossiler Primaten aus einer Privatsammlung, dann in den tropischen Regenwald des Amazonasgebiets zur Beschaffung von Primatenpräparaten und anderem Forschungsmaterial. Insgesamt erlegten und konservierten B. und Peyer auf ihrer Expedition am Amazonas über 300 Affen, Fische, Reptilien und Vögel.
Auf Initiative von Ernst Göppert (1866-1945), dem designierten Direktor des Ffter Anatomischen Instituts, der ihn aus Heidelberg kannte, wurde B. im Frühjahr 1914 als Prosektor und Privatdozent an dieses neue Institut berufen. Mit der Eröffnung der Ffter Universität trat er im Oktober 1914 die Stelle an. Inzwischen, kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs, stand Göppert im Feld, und der gerade fertiggestellte Neubau des Anatomischen Instituts war zum Lazarett umgewidmet worden. Dennoch begann B., mit dessen Einberufung aufgrund seiner Schweizer Staatsbürgerschaft nicht zu rechnen war, planmäßig zum Wintersemester mit dem Unterrichtsbetrieb, zunächst in provisorisch eingerichteten Räumlichkeiten im Dr. Senckenbergischen Pathologischen Institut. Er war allein für den Unterricht und den Aufbau einer anatomischen Sammlung verantwortlich, bis Göppert durch Versetzung im Militärdienst nach Ffm. ab 1.5.1915 seine Aufgaben als Institutsdirektor wahrnehmen konnte. Zum Wintersemester 1915 wurde das Institutsgebäude von der Armee an die Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung übergeben und das Institut unter Aufgreifen des alten Namens in „Dr. Senckenbergische Anatomie“ umbenannt. Gefördert von Göppert, bekam B. am 5.10.1915 den Professorentitel verliehen; auch wurde er unter Umwandlung seiner Stelle ab 1.4.1918 vom Prosektor zum „etatmäßigen Abteilungsvorsteher“ erklärt. Am 26.7.1919 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Berufungsverfahren für die Nachfolge von Göppert, der als Ordinarius für Anatomie nach Marburg wechselte, bereits begonnen. Auf der Vorschlagsliste der Medizinischen Fakultät für die Neubesetzung des Lehrstuhls in Ffm. stand B. „primo et unico loco“ (an erster und einziger Stelle). Nach Göpperts Weggang zum 15.9.1919 übernahm er vorerst kommissarisch die Ffter Institutsleitung.
Seit 18.10.1919, mit der offiziellen Ernennung durch den Kultusminister, amtierte B. als Ordinarius für Anatomie und Direktor der Dr. Senckenbergischen Anatomie der Ffter Universität. Kurz zuvor, im August 1919, hatte er die programmatische Schrift „Anatomie als pädagogische Aufgabe“ veröffentlicht. Er trat darin für eine funktionelle oder auch „ganzheitliche“ Anatomie ein, die, über die reine Beschreibung einzelner Strukturen eines Organismus hinaus, Form und Funktion des Körpers als Ganzes („Gesamtorganismus“) zu begreifen lehrte. Der Hochschulunterricht solle mehr den Blick auf das Wesentliche lenken und die kritische Urteilsfähigkeit der Studierenden fördern als totes Wissen vermitteln, wie B. erklärte: „Wissen, das auf eigenen Erfahrungen beruht, das hat wirkliche und tiefe Bildungskraft dem ganzen Menschen gegenüber, unter ihrem Einfluß vergrößern sich nicht nur die Kenntnisse, sondern wächst auch der Charakter, gestaltet sich der aufrechte, starke und damit auch der Hingabe fähige Mensch.“ (Hans Bluntschli: Anatomie als pädagogische Aufgabe 1919, S. 13.) Angesichts der kriegsbedingt stark gestiegenen Studierendenzahlen (allein im Präparierkurs von 60 Teilnehmenden im Eröffnungssemester 1914/15 auf 458 im Wintersemester 1919/20) hatte B. etwa das System der kursbegleitenden „Lehrunterredungen“ für Gruppen von zehn bis 15 Studierenden zur diskursiven Durchdringung des Lernstoffs entwickelt. Auch wenn die Zahl der Medizinstudierenden aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Krise vorübergehend deutlich sank (so im Präparierkurs auf 77 Teilnehmende im Wintersemester 1924/25), führte er als Ordinarius seine grundsätzliche Reform des Anatomieunterrichts weiter fort. So ersetzte er ab dem Sommersemester 1923 die früher für Studienanfänger obligatorische Vorlesung über „Osteologie und Myologie“ (Lehre von den Knochen und den Muskeln) durch eine Vorlesung „Elementare Anatomie“ (mit einem „großen Überblick über die physische Organisation des menschlichen Körpers“, auch in physiologischer Darstellung), die er für Hörerinnen und Hörer aller Fakultäten öffnete. Zugleich musste B. als Institutsleiter der kritischen finanziellen Lage in der Inflationszeit begegnen, zumal die Stiftungsgelder zum Unterhalt der Dr. Senckenbergischen Anatomie immer weniger ausreichten. So wurden die Institutsangehörigen, die bisher bei der Dr. Senckenbergischen Stiftung angestellt waren, ab Herbst 1922 in den Dienst der Universität übernommen; ihre Besoldung ebenso wie die Betriebskosten der Anatomie gingen künftig zu Lasten der Universitätskasse. Angesichts der rasant voranschreitenden Hyperinflation musste B. jedoch in immer kürzeren Abständen immer höhere Summen beantragen, um den Institutsbetrieb aufrechterhalten zu können. Notwendige Arbeitsmittel, etwa Alkohol und Formalin zur Konservierung, waren nahezu unerschwinglich geworden, so dass die Forschungsarbeit nur in reduziertem Maße möglich war. Noch am 8.11.1923, eine Woche vor der Ausgabe der Rentenmark, beantragte B. allein 500 Billionen Mark für Heizmaterial. Infolge der Währungsreform (15.11.1923) und des Universitätsvertrags zwischen der Stadt Ffm. und dem Land Preußen (Anfang 1924 rückwirkend zum 1.4.1923) beruhigte sich allmählich die Etatlage auch an der Dr. Senckenbergischen Anatomie, zumindest bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929, und B. wurden Mittel zum Ausbau des Instituts bewilligt, u. a. zur Errichtung eines Anbaus mit einer Mazerations- und Entfettungsanlage für die Herstellung von Skeletten und zum Einbau einer Kühlanlage zur Aufbewahrung von Leichen (1926/27). Die Zahl der Studierenden stieg wieder (bis auf 469 Teilnehmende des Präparierkurs im Wintersemester 1931/32 und damit auf den Höchststand bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs). Ab Herbst 1927 stellte B. Räumlichkeiten im Anatomiegebäude für das neu eröffnete Seminar für Geschichte der Medizin von
Richard Koch und das neu gegründete Institut für gerichtliche Medizin unter Willy Vorkastner (1872-1931) zur Verfügung. 1928/29 amtierte B. als Dekan der Medizinischen Fakultät. Vor allem aber konnte er sich ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre wieder verstärkt eigenen wissenschaftlichen Arbeiten widmen, insbesondere vergleichenden Untersuchungen zur Anatomie von Kiefer, Gebiss und Kaumuskulatur bei Primaten unter funktionellem Aspekt. Zur Förderung seiner primatologischen Studien unternahm er zusammen mit dem Zoologen Rudolf Brandes (1906-?) von April 1931 bis Januar 1932 eine Expedition nach Madagaskar.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich B. für den Frieden unter den Völkern engagiert, u. a. in zahlreichen Vorträgen und Schriften, und mit kritischen Äußerungen hatte er sich als Hochschullehrer bei nationalsozialistisch und antisemitisch gesinnten Studierenden schon früh „verhasst gemacht“ (Alexander Drabek). Spätestens nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 erfuhr er daher in seiner Lehrtätigkeit offenbar massive Störungen vonseiten zumeist fachfremder Studenten. Am 11.4.1933 konfrontierte ihn der geschäftsführende Kurator der Universität, August Wisser (1883-1957), in einem Gespräch mit mehreren Beschwerden gegen ihn, die die „NSDAP Fft.“ gesammelt und beim preußischen Oberpräsidenten eingereicht hatte. Zwei der Beschwerden beruhten auf Denunziationen aufgrund von jahrelang zurückliegenden und eher belanglosen „Vorfällen“, u. a. durch seinen Mitarbeiter Richard Wegner (1884-1967), seit 1920 Abteilungsvorsteher und seit 1923 außerordentlicher Professor an der Dr. Senckenbergischen Anatomie. Schwerer wogen die Vorwürfe, dass B. „der sozialistischen Partei“ angehöre (was tatsächlich nicht zutraf) und dass seine Haltung von „Pazifismus und Internationalismus“ geprägt sei. In der folgenden Sitzung der Medizinischen Fakultät am 25.4.1933, in der es um anstehende Beurlaubungen und Entlassungen zur „Gleichschaltung“ der Fakultät ging, gab der Dekan
Franz Volhard bekannt, dass mit der Beurlaubung B.s zu rechnen sei; vorläufig sollte die Fakultät aber nur die Ankündigung seiner Vorlesungen verhindern. Drei Tage später wurde B. von dem Dekan im Auftrag des geschäftsführenden Kurators der Universität gebeten, „mit Rücksicht auf die gegenwärtige Stimmung der Studentenschaft in diesem Semester sich von den Vorlesungen beurlauben zu lassen“ (zit. nach Drabek: Dr. Senckenbergische Anatomie 1988, S. 70). B., der gerade als Ehrengast bei der Jahrhundertfeier der Universität in Zürich weilte, verweigerte sich der „opportunistische[n] Verschleierungsstrategie (…), die ihm
Volhard nahe legte“ (Gerald Kreft), und antwortete: „Da ich mir aber nichts Wesentliches vorzuwerfen habe und es der Würde eines akademischen Lehrers widerspricht[,] vor Drohungen der Studentenschaft zu weichen, lehne ich es ab[,] mich um eine Beurlaubung von den Vorlesungen zu bewerben, bin aber bereit[,] eine zwangsmässige Beurlaubung von meinen Ämtern auf mich zu nehmen.“ [Zit. nach Benzenhöfer/Hack-Molitor: Zur Ffter Zeit des Anatomen und Pazifisten Hans Bluntschli. In: Benzenhöfer (Hg.): Universitätsmediziner 2012, S. 97.] In Ffm. kursierten derweil Gerüchte unter den Medizinstudierenden, dass sich B. wegen Unterschlagungen im Zusammenhang mit seiner Madagaskarreise in die Schweiz abgesetzt habe, woraufhin B. unverzüglich einen Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die unbekannten Studierenden bei der Universität stellte; die folgenden Untersuchungen entlasteten ihn vollumfänglich. Bei seiner Rückkehr nach Ffm. zu Anfang Mai 1933 war die Situation derart eskaliert, dass sich B. wegen befürchteter Beleidigungen und Angriffe nicht ins Institut traute. In einem Schreiben vom 5.5.1933 wurde B. von Dekan
Volhard gebeten, sich im Interesse der Fakultät beurlauben zu lassen. Erst auf dieses ausdrückliche „Ersuchen der Fakultät“ hin stellte er beim Kuratorium der Universität einen Antrag auf vorläufige Beurlaubung, dem am 19.5.1933 vorbehaltlich der Zustimmung des Ministeriums stattgegeben wurde. Da sich inzwischen eine mögliche Berufung B.s nach Bern abzeichnete, wurde die Entscheidung über seine Entlassung nach dem Berufsbeamtengesetz von der Fakultät hinausgezögert. Mitte August 1933, als seine Wahl zum ordentlichen Professor für Anatomie an der Universität Bern feststand, beantragte B. über das Kuratorium der Ffter Universität seine Emeritierung „aus gesundheitlichen Gründen“, verbunden mit der Bitte, Forschungsmaterialien von seiner Madagaskarreise mitnehmen zu dürfen. Bereits am 30.8.1933 wurde B. vom Dekan mitgeteilt, dass das Ministerium in Berlin seinen „Wünschen“ entsprochen habe.
Seit dem 1.10.1933 wirkte B. als Ordinarius für Anatomie an der Universität Bern, wo er die Lehre nach den in Ffm. erprobten Methoden umorganisierte. In seiner wissenschaftlichen Arbeit befasste er sich vorrangig mit der Auswertung des aus Madagaskar mitgebrachten Materials, vor allem in vergleichend-embryologischen Untersuchungen, wie er sie schon in Ffm. begonnen hatte. Aufgrund seiner erfolgreichen Forschungen genoss das Berner Institut bald internationalen Ruf auf dem Gebiet der Entwicklungsgeschichte, insbesondere der Primaten. Zudem gründete B. die internationale wissenschaftliche Zeitschrift „Bio-Morphosis“, die von 1938/39 bis 1943 erschien, und er engagierte sich für Flüchtlinge aus Deutschland. B.s frühere Ffter Wirkungsstätte, das Gebäude der Dr. Senckenbergischen Anatomie, wurde bei den Luftangriffen auf die Stadt im März 1944 zerstört. Sofort nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützte B. den nunmehrigen Ffter Institutsleiter, seinen einstigen Schüler Dietrich Starck (1908-2001), beim Neuaufbau des Institutsbetriebs, wofür er eigens nach Ffm. reiste.
Nach seiner Emeritierung 1947 widmete sich B. wieder intensiv Publikationen zu politischen und historischen Themen. Auch hielt er häufig Vorträge im In- und Ausland. Als die Ffter Universität zum
Goethejahr 1949 einen internationalen Gelehrtenkongress „
Goethe und die Wissenschaften“ veranstaltete, gewann sie B. für einen Vortrag über „
Goethe und die Biologie“. B. bedankte sich für die die Einladung, die er als eine Ehre betrachtete: „Sie verpflichtet mich zu aufrichtiger Dankbarkeit und zugleich zur Versicherung, daß meine Anhänglichkeit an die Ffter Universität durchaus lebendig geblieben ist, trotz der bitteren Erfahrungen von anno 33.“ (Zit. nach Hammerstein: JWGU I 1989, S. 761.) Der Vortrag, den B. während des Kongresses im August 1949 in der Aula der Universität hielt, erschien unter dem Titel „Die Lebenseinheit in
Goethes Auffassung der Biologie“ in dem später herausgegebenen Tagungsband (1951). Anlässlich des Besuchs in Ffm. 1949 wurde B. die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät verliehen, als „ein Versuch der Wiedergutmachung des früher an einem Gesinnungstreuen begangenen Unrechtes“ (Erich Hintzsche) und zudem als Dank für seinen Einsatz beim Wiederaufbau der Ffter Anatomie. Auch zur Einweihung des neuen Anatomischen Instituts der Ffter Universität am 30.6.1953 hielt B. den Festvortrag: „Vor alten und neuen Zielen“.
Von 1918 bis 1923 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei.
Angehöriger des Wingolfsbunds, einer farbentragenden, nichtschlagenden und überkonfessionellen Studentenverbindung. Mitglied in wissenschaftlichen Gesellschaften, u. a. in der Anatomischen Gesellschaft (seit 1903), der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (seit 1910), der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft (seit 1915) und der Association des anatomistes (seit 1937, zeitweise als Vizepräsident). Gründer (1934) und später Ehrenpräsident (1947) der Freien Vereinigung der Anatomen an schweizerischen Hochschulen. Freimaurer in der Zürcher Loge Modestia cum Libertate.
Geschäftsführer der Beratungsstelle in Volkshochschulangelegenheiten bei der Ffter Universität (als Nachfolger des 1923 verstorbenen Pharmakologen
Alexander Ellinger) und daher Mitglied im Arbeitsausschuss des Ffter Bunds für Volksbildung. Zudem gehörte B., der mit dem Ehepaar
Ludwig und
Anna Edinger befreundet gewesen war, dem Vorstand der Ludwig-Edinger-Stiftung an.
Zahlreiche Veröffentlichungen zur vergleichenden und funktionellen Anatomie, insbesondere zur Primatenkunde, Kieferanatomie, Funktionsmorphologie und zur Stammesgeschichte der Neuweltaffen, sowie zur Zoologie, Paläontologie und Geografie. Daneben Publikationen zu pädagogischen, politischen, sozialen und ethischen Fragen, die von B.s pazifistischer und freiheitlicher Einstellung zeugen, u. a. „Der Geist germanischer Demokratie erläutert am Beispiel der Schweizerischen Eidgenossenschaft“ (1919), „Heimat, werde die Friedensinsel!“ (Ansprache zur 1.-August-Feier der Schweizer Kolonie in Ffm., 1920, im Druck 1920), „Das Friedensproblem als Gewissensfrage“ (zwei Vorträge im Rahmen eines Lehrgangs des Ffter Bunds für Volksbildung über die Friedensfrage, 1920, im Druck 1921), „Gandhi und unsere Zeit“ (Aufsatz, 1924), „Von der Schweizer Freiheit“ (1925), „Die europäische Lage und Gandhi“ (Aufsatz, 1926) und „Vom Termitenstaat und uns Menschen“ (Vortrag, 1949, im Druck 1950). Die Projekte grundlegender Lehrbücher der funktionellen Anatomie sowie später der Morphologie und Primatologie konnte B. trotz intensiver Planungen und einiger Vorarbeiten nicht realisieren.
Herausgabearbeiten: „Carl Gegenbaur: Gesammelte Abhandlungen“ (mit Max Fürbringer, 3 Bde., 1912), „Lehr- und Wanderjahre des Architekten
Alfred Friedrich Bluntschli 1842-1930 / nach hinterlassenen Aufzeichnungen und Briefen / zusammengestellt von seinem Sohn Hans Bluntschli“ (1946).
1948 Eiserne Senckenberg-Medaille und Ernennung zum Korrespondierenden Ehrenmitglied der SNG.
Schriftlicher Nachlass im Familienarchiv B. in der Zentralbibliothek Zürich.
.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 78f.,
.