Schüler der weltbekannten Jeschiwa (Talmudschule) in Fürth. Seit 1782 setzte H. sein Studium des Talmuds, der rabbinischen Literatur und der profanen Wissenschaften in Ffm. fort, wo er zu dem Kreis um Rabbi Nathan Adler gehörte und außerdem Beziehungen zu dem Ffter Oberrabbiner
Pinchas Halevi Horowitz und dem Hanauer Rabbiner Moses Tobias Sondheimer pflegte. Gefördert von dem Gelehrten Seligmann Schammes. Nach seiner Heirat 1788 übersiedelte H. nach Offenbach und begann hier seine Tätigkeit als Drucker und Verleger sowie Herausgeber hebraistischer Schriften (Grammatiken, Kommentare zu hebräischen Texten), was ihm zwar die Anerkennung vonseiten der Wissenschaft, nicht aber den erhofften wirtschaftlichen Erfolg einbrachte. So musste eine 1789 begonnene Pentateuchausgabe mit Kommentar aus Geldmangel abgebrochen werden. Erst als auf Vermittlung von
Wolf Breidenbach die geschäftliche Verbindung mit
Baruch Baschwitz zustandekam und von Reichsgraf
Volrath Friedrich Carl Ludwig zu Solms-Rödelheim eine Konzession zur Errichtung einer „Privilegierten Orientalischen und Occidentalischen Buchdruckerei“ in Rödelheim erlangt werden konnte (1798), ging es mit dem nunmehr (1799) nach Rödelheim verlegten H.’schen Betrieb aufwärts. Von 1800 bis 1802 erschien hier der „Rödelheimer Machsor“, eine neunbändige Ausgabe der israelitischen Festtagsgebete in Hebräisch und Deutsch mit fundiertem Kommentar, die weltweit bekannt wurde. Die Ausgabe bestach nicht nur durch ihre hervorragende Druckqualität, sondern vor allem auch durch die Korrektheit der hebräischen Sprache und die Vollkommenheit der deutschen Übersetzung. Zudem bot sie erstmals seit Jahrhunderten wieder alle mittelalterlichen israelitischen Dichtungen (Pijutim) vereinigt und kommentiert dar. Zusammen mit
Baschwitz machte H. sich um die Aufhebung des Leibzolls für Juden in Solms-Rödelheim verdient (1803). Der Verlag musste auch in Rödelheim noch finanzielle Hürden überwinden, zumal er stets gegen geschäftsschädigende Raubdrucke zu kämpfen hatte. Infolge dieser Schwierigkeiten schied
Baschwitz 1806 aus der Druckerei aus. Im selben Jahr noch gab H. sein „Ssafa Brurah“ („Klare Sprache“) heraus, ein Buch mit täglichen Gebeten, dem das kleine Gebetbuch „Sefath Emeth“ („Sprache der Wahrheit“; seit 1831 mit einer deutschen Übersetzung von
Michael Creizenach erschienen) folgte, das als „Rödelheimer Tefillah“ noch heute Weltruhm genießt. 1818 konnte endlich auch eine meisterhafte Pentateuchausgabe vollendet werden.
Neben seiner umfangreichen Herausgeber- und Verlegertätigkeit beschäftigte sich H. mit allen Bereichen der jüdischen Wissenschaft (u. a. mit Religionsphilosophie, mittelalterlicher Astronomie, Naturgeschichte, Poesie und Grammatik). Seine wissenschaftliche Leistung ist – abgesehen von der editorischen Arbeit – vor allem auf dem Gebiet der hebräischen Grammatik (Lehre von den Akzentzeichen und Vokalisierung der talmudischen Texte, der Massora) anzusiedeln. Besonders die liberal eingestellten Ffter Juden (
Abraham Geiger,
Hess,
Johlson,
Michael Creizenach) schätzten H. und seine Arbeit sehr, während sich die Beziehungen H.s zu
Horowitz, der anfangs noch einen Bannfluch gegen Lemle Geiger wegen dessen Raubdrucken nach H.’schen Vorlagen ausgesprochen hatte, angesichts von H.s gemäßigt modernen Ansichten merklich abkühlten. Mit H. begann eine neue Epoche in der jüdischen Ritualliteratur, weshalb er auch der „
Henri Etienne der hebräischen Literatur“ oder der „Mendelssohn des Machsor“ genannt wird. Er kann als Vorgänger von Zunz und dessen Arbeiten zur synagogalen Poesie gelten. H.s Textausgaben wurden erst durch die von Seligmann Baer übertroffen, der 1868 für seine Editionen einen Teil von H.s Nachlass sowie eine ungleich größere Anzahl von Handschriften und älteren Drucken als H. benutzen konnte.
Dichter von Oden an Persönlichkeiten, die sich um die Emanzipation der Juden verdient gemacht haben (an den Grafen zu Solms-Rödelheim, 1799; an Dalberg, 1803), was ihm wiederum den Titel eines „hebräischen Klopstock“ einbrachte. Auch seinem Freund
Hufnagel widmete H. eine Ode (1822).
H.s Wohn- und Geschäftshaus in der Rödelheimer Straße 170-172 sowie sein Grabstein (erneuert 1893) auf dem Rödelheimer Jüdischen Friedhof sind erhalten.
Nach H.s Tod ging die Rödelheimer Druckerei zunächst an Israel Lehrberger, spätestens im Jahr 1901 an
Ignatz Kauffmann über. Das Unternehmen bestand als „Jüdischer Buchvertrieb und Buchverlag I. Kauffmann & M. Lehrberger & Co.“ (seit 1912) bis zur Liquidation in der NS-Zeit (um 1935/36). Heute erscheinen die Rödelheimer Ausgaben in New York und Basel.
Wolf-H.-Straße in Rödelheim.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 311f.,
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