Neuerscheinungen vom 10. Oktober 2021

Einleitung: 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

vor 100 Jahren, im Oktober 1921, wurde das Schopenhauer-Archiv in Frankfurt eröffnet. Heute beim Archivzentrum der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg angesiedelt, bewahrt es die wohl bedeutendste Sammlung zu Leben und Werk des Philosophen Arthur Schopenhauer, der fast 30 Jahre seines Lebens in Frankfurt verbrachte. Der diesmalige Artikel des Monats stellt den fast vergessenen Schöpfer der international renommierten Sammlungs- und Forschungsstätte vor.

Artikel des Monats Oktober 2021:
Schopenhauers Archivar

Er baute das Schopenhauer-Archiv in Frankfurt auf: Carl Gebhardt. Nach dem Studium in Heidelberg und Berlin ließ sich der Sohn eines Frankfurter Schuhmachermeisters aus der Alten Gasse 1905 als Privatgelehrter und Kunstkritiker in seiner Heimatstadt nieder. Als Spinozaforscher erwarb er sich einen internationalen Ruf. Daneben entfaltete er eine ausgedehnte publizistische und volksbildnerische Tätigkeit. Seit 1920 geschäftsführender Vorstand des Rhein-Mainischen Verbands für Volksbildung, begründete er noch im selben Jahr dessen Verbandsbühne als „Frankfurter Künstlertheater für Rhein und Main“ wieder. Bei der Zusammenlegung der Schopenhauer-Sammlungen der Frankfurter Stadtbibliothek und der Schopenhauer-Gesellschaft zum Schopenhauer-Archiv in Frankfurt 1921 wurde Gebhardt, selbst Gründungsmitglied der Gesellschaft, zum Archivar gewählt. Bis zu seinem frühen Tod 1934 ordnete und mehrte er systematisch die Bestände – etwa um Autographen, Porträts und Bücher, aber auch um das legendäre Sofa des Philosophen.
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Schluss: 

Gebhardts Nachfolger als Leiter des Schopenhauer-Archivs und zugleich Präsident der Schopenhauer-Gesellschaft wurde 1936 Arthur Hübscher. In seiner langen Amtszeit (bis 1982) sorgte er dafür, dass Frankfurt das Image als „Schopenhauerstadt“ genoss und pflegte. Das trug Hübscher in der Nachkriegszeit vielfältige Anerkennung und auch einen Artikel in der „Frankfurter Biographie“ ein. Inzwischen ist Hübscher jedoch aufgrund neuerer Forschungen deutlich kritischer zu sehen. Seit 1937 Mitglied der NSDAP, veranlasste er bei der Schopenhauer-Gesellschaft unverzüglich das Ausscheiden der jüdischen Mitglieder aus dem Vorstand, was er nach dem Zweiten Weltkrieg stets verschwieg. In seinem Spruchkammerverfahren wusste er seine Haltung in der NS-Zeit so zu stilisieren, dass man ihm sogar eine widerständige Einstellung attestierte. Im Frankfurter Personenlexikon ist jetzt ein grundlegend neu bearbeiteter Artikel über Arthur Hübscher zu lesen, der auch die Schattenseiten seiner Persönlichkeit nicht ausspart.
Auch Carl Gebhardt, seinem Amtsvorgänger als Archivar bei der Schopenhauer-Gesellschaft, hat Hübscher übel mitgespielt. Seine posthume Schmähung von Gebhardts wissenschaftlicher Leistung dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass der eigentliche Schöpfer des Schopenhauer-Archivs fast in Vergessenheit geriet, was durchaus in Hübschers nicht ganz uneigennütziger Absicht gelegen haben dürfte. Im Jubiläumsjahr besinnen sich nun Schopenhauer-Gesellschaft und -Archiv wieder auf ihren Gründungsarchivar Carl Gebhardt, dem sie einen Aufsatz in ihrem Jahrbuch und eine digitale Ausstellung widmen.

Eine weitere Artikelneuheit in diesem Monat befasst sich mit Henriette Zobel, der Revolutionärin mit dem Regenschirm aus dem Paulskirchenjahr 1848, deren ganze Geschichte sich ab sofort im Frankfurter Personenlexikon nachlesen lässt.
Mit einem grundlegend überarbeiteten und einem ganz neuen Artikel präsentieren sich die beiden Mediziner Georg Kratzenstein und Rudolf Schild. Kratzenstein gründete 1898 das wahrscheinlich erste Röntgen-Laboratorium eines niedergelassenen Arztes in Frankfurt. Es wurde später von Schild zusammen mit dem Kollegen Bernhard Bär übernommen. Kratzenstein und Schild gehörten damit zu den Pionieren auf dem Gebiet der Röntgendiagnostik und -therapie in Frankfurt.

Ich würde mich freuen, wenn auch Sie in diesem Monat wieder den einen oder anderen Artikel im Frankfurter Personenlexikon finden könnten, der Sie anspricht und interessiert.

Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen
mit den allerbesten Herbstgrüßen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons

P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. November 2021.