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Suhrkamp, Peter

Gründer des „Suhrkamp Verlags“.

Suhrkamp, Johann Heinrich, gen. Peter. Dr. phil. h. c. Verleger. * 28.3.1891 (Hatten-)Kirchhatten bei Oldenburg, † 31.3.1959 Ffm.
Sohn eines Landwirts.
1905 Eintritt ins Oldenburger Lehrerseminar. Seit 1911 Volksschullehrer, ab 1913 im bremischen Schuldienst. 1914 Abitur in Bremen. Im Ersten Weltkrieg Stoßtruppführer, zuletzt als Leutnant. Danach Lehrer an der Odenwaldschule (1919) und der Freien Schulgemeinde Wickersdorf/Thüringen (1919-21). Daneben Studium der Germanistik in Heidelberg, Ffm. und München sowie zeitweise Tätigkeit als Sekretär des Schriftstellers Rudolf Binding in Buchschlag. Erste Veröffentlichungen eigener Essays und Dramen, u. a. in der Zeitschrift „Die Schaubühne“. Von 1921 bis 1925 Dramaturg und Regisseur am Landestheater Darmstadt. Dann bis 1929 Lehrer und pädagogischer Leiter in Wickersdorf. Von 1929 bis 1932 Redakteur und Rezensent literarischer Neuerscheinungen in der Zeitschriftenredaktion des Berliner Ullstein-Verlags. In jener Zeit Vertiefung der seit 1920 bestehenden Bekanntschaft mit Bertolt Brecht.
1933 trat S. als Herausgeber der Zeitschrift „Neue Rundschau“ in den Verlag S. Fischer in Berlin ein und war ab Herbst 1933 auch Vorstandsmitglied des Verlags. Als Mann von hoher literarischer Bildung, ausgestattet mit Erfahrungen an Bühnen, in Verlagen und bei Zeitungen, versiert im Umgang mit Kritik, Literatur und Künstlern, war S. von Samuel Fischer als „Spätberufener“ ins Verlagsgewerbe geholt worden. In der „Neuen Rundschau“ ließ S. neben anerkannten Autoren (wie Oskar Loerke und Max Kommerell) auch junge Schriftsteller (wie Luise Rinser und Heinrich Schirmbeck) zu Wort kommen. Nachdem die Erben von Samuel Fischer († 1934) mit zahlreichen prominenten Verlagsautoren ins Exil gedrängt worden waren, leitete S. von 1936 an den in Berlin verbliebenen Verlagsteil treuhänderisch weiter. Es gelang ihm, das auf eine europäische Geistigkeit abgestimmte Verlagsprogramm bis weit in die NS-Zeit hinein aufrechtzuerhalten. Zu den etablierten Dichtern um Hermann Hesse und Gerhart Hauptmann gewann er neue Autoren wie etwa Rudolf Alexander Schröder hinzu. 1942 musste auf nationalsozialistische Verfügung der Verlagsname in „Suhrkamp-Verlag, vormals S. Fischer“ geändert werden. Im April 1944 wurde S., der sich bereits 1939 zur Weiterführung der Verlagsarbeit im Sinne Samuel Fischers bekannt und 1941/42 in der „Neuen Rundschau“ kritische Betrachtungen zur Zeit veröffentlicht hatte, nach gezielter Bespitzelung verhaftet und ins KZ Sachsenhausen gebracht. Mit schweren gesundheitlichen Schäden wurde S. im Februar 1945 aus dem KZ entlassen.
Im Oktober 1945 bekam S. als erster deutscher Verleger eine (britische) Lizenz und ging daran, den Verlag um den alten Autorenstamm herum wiederaufzubauen. Die unsichere Situation Berlins veranlasste ihn, nachdem er am 4.10.1946 auch eine amerikanische Lizenz erhalten hatte, eine Verlagsdependance in Ffm. (Schaumainkai 101) zu gründen. Im Oktober 1948 gingen wesentliche Verlagsfunktionen auf das Ffter Haus über. Nachdem S. im Juni 1947 die Rückgabe der Berliner und Ffter Verlagshäuser an die Familie Fischer angekündigt hatte, bildeten deren Exil-Verlage und S.s Unternehmen für kurze Zeit eine enge Produktions- und Vertriebsgemeinschaft. Bald zeigten sich zwischen den Fischer-Erben und S. divergierende Auffassungen über die Mission des Verlegers und die Notwendigkeiten eines wirtschaftlichen Unternehmens: Während Gottfried Bermann Fischer auf Taschenbuchserien mit literarischen und wissenschaftlichen Titeln setzte, wollte S. eher ein Verlagsprogramm für eine „Leser-Elite“. Die Erben S. Fischers forderten nun im Rahmen eines Wiedergutmachungsverfahrens die Restituierung des Verlags in seiner ursprünglichen Form und versuchten, S. aus dem Unternehmen hinauszudrängen. Schließlich kam es zu einem Vergleich über die Teilung des Verlags, der S. die Fortführung der von ihm entfalteten verlegerischen Tätigkeit unter seinem Namen ermöglichte: In Ffm. wurden 1950 der Suhrkamp Verlag neu- und der S. Fischer Verlag wiedergegründet. 33 von 48 angestammten Verlagsautoren entschieden sich für S., darunter neben Bertolt Brecht und Hermann Kasack auch Hermann Hesse, der sich im Vorfeld am stärksten für die Neugründung eingesetzt hatte. Mit den Werken und Rechten dieser Autoren verfügte S.s Unternehmen über eine sichere Ausgangsbasis.
Am 1.7.1950 wurde der neue S. Verlag ins Ffter Handelsregister eingetragen. Dem Verlag, dessen Büroräume sich im Haus Neue Mainzer Straße 56, ab 1.6.1953 im Haus Schaumainkai 53 befanden, gab S. ein unverwechselbares Profil. Das Unternehmen balancierte zwischen Tradition – verkörpert durch Gesamtausgaben und Neuerscheinungen von Brecht, Hesse, Schröder u. a. – und Fortschritt – repräsentiert durch Verlagsautoren wie Theodor W. Adorno, Günter Eich, T. S. Eliot, Max Frisch, Martin Walser u. a. – und bezog eine eigentümliche Mittelstellung zwischen kommerziellem Interesse und geistiger Sendung. Der Kritiker George Steiner prägte in diesem Zusammenhang 1973 den Ausdruck „S.-Kultur“, die von Ffm. ihren Ausgang genommen habe. Zu S.s verlegerischen Pioniertaten gehörten auch die Durchsetzung von Marcel Proust in Deutschland und eine Ausgabe der Werke Walter Benjamins. Von den Literaten hochgeschätzt und geradezu als „Heiliger“ seiner Zunft verehrt, gilt S. als einer der bedeutendsten deutschen Verleger des 20. Jahrhunderts, dem eine magische Beziehung zur Verwandlung von Manuskripten in Bücher nachgesagt wird.
S. wohnte in Königstein im Taunus, das er aufgrund seiner infolge der KZ-Haft geschädigten Gesundheit immer öfter zu längeren Sanatoriumsaufenthalten verlassen musste.
Seine zahlreichen kleineren Schriften sind zusammengefasst erschienen in den Büchern „Ausgewählte Schriften zur Zeit- und Geistesgeschichte“ (2 Bände, 1951/56), „Munderloh“ (autobiographische Erzählungen, 1957) und „Der Leser“ (essayistische und kulturkritische Arbeiten, 1960).
1951 Ehrendoktorwürde der Universität Ffm. 1956 Bundesverdienstkreuz und Goetheplakette der Stadt Ffm. 1957 Ehrenmitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Das Archiv des Verlags (mit dem Nachlass von Peter S.) wurde als „Suhrkamp Archiv“ zunächst (2002/03) zur wissenschaftlichen Erschließung und Auswertung an die Universität Ffm. gegeben, dann (2009) angesichts des bevorstehenden Umzugs des Verlags nach Berlin jedoch an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar verkauft. Dort wird es unter dem Namen von S.s Nachfolger als „Siegfried Unseld Archiv“ geführt.
1991 Matinee zu S.s 100. Geburtstag im Opernhaus der Städtischen Bühnen Ffm. und Ausstellung in der Deutschen Bibliothek.

Artikel aus: Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 454-456, verfasst von: Tobias Picard.
Dieser Artikel wurde noch nicht abschließend für das Frankfurter Personenlexikon überarbeitet.
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Literatur:
                        
Mendelssohn, Peter de: S. Fischer und sein Verlag. Ffm. 1970.Mendelssohn: S. Fischer u. sein Verlag 1970. | Pfäfflin, Friedrich/Kussmaul, Ingrid: S. Fischer, Verlag. Von der Gründung bis zur Rückkehr aus dem Exil. Hg. v. Bernhard Zeller. Marbach 1985. (Marbacher Kataloge 40).Pfäfflin/Kussmaul: S. Fischer, Verlag 1985. | Sarkowicz, Hans: Hessen hat ein Gesicht. Außergewöhnliche Persönlichkeiten gestern und heute. Ausgewählt von Klaus Eiler, Volker Mosbrugger, Hans Sarkowicz, Klaus Pohl, Bernd Loebe, Juliane Kuhlmann und Klaus Euteneuer. Ffm. 2013.Sarkowicz: Hessen hat ein Gesicht 2013, S. 123-125. | Unseld, Siegfried: Peter Suhrkamp. Zur Biographie eines Verlegers in Daten, Dokumenten und Bildern. Unter Mitw. von Helene Ritzerfeld. Ffm. 1975. (Suhrkamp Taschenbuch 260).Unseld: Peter Suhrkamp 1975.
Quellen: Ffter Allgemeine Zeitung. Ffm. 1949-heute.Walther, Peter: Suhrkamps unbekannte Geschichte. In: FAZ, Internetausgabe (www.faz.net), Feuilleton, 8.4.2013. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/4.284. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/2.759 (Suhrkamp Verlag). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/1.038 (S. Fischer Verlag).

GND: 118619977 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Picard, Tobias: Suhrkamp, Peter. Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1392

Stand des Artikels: 13.9.1995