Tochter von Franz Gontard (1759-1829) und dessen Ehefrau Barbara, geb. Wichelhausen (1765-1835). Maria wurde als zweites Kind der Familie Gontard geboren; sie hatte einen älteren Bruder, Friedrich (1785-1840), und zwei jüngere Geschwister, Wilhelm (1790-1827) und Sophie (1800-1831). Ein weiterer Bruder, Johann Heinrich (9.1.-7.6.1798), starb im Säuglingsalter.
Die Familie gehörte den vermögenden Kreisen der Ffter Gesellschaft an, deren Lebens- und Geselligkeitsformen B. in ihren „Lebens-Erinnerungen“ (1872) schildert. Maria genoss eine standesgemäße Erziehung durch Hauslehrer und Gouvernanten. Bereits in ihrer Jugend fiel sie durch ihre Selbstsicherheit und Gewandtheit im Umgang mit gesellschaftlich hochrangigen Persönlichkeiten sowie durch ihren Eigensinn auf. Ihre Jugendliebe war Karl von Türckheim (1783-1862), der zweite Sohn von
Lili von Türckheim, geb. Schönemann; doch die ersehnte Verlobung kam nicht zustande (1802). Gegen den Wunsch ihrer reformierten Eltern wählte die 21-jährige Maria den Kaufmannssohn Johann
Peter Josef Belli (1782-1859), der dem katholischen Glauben angehörte, zu ihrem künftigen Ehemann. Innerhalb der Familie war dies nicht gern gesehen; daher wurde die Hochzeit im Februar 1810 unter dem offiziellen Vorwand der Silberhochzeit der Eltern nur in kleinstem Kreise gefeiert. Aus der Ehe gingen zwei Söhne, Josef Maria B. (1810-1819) und
Georg Friedrich Bernhard B. (1811-1882), hervor.
Am kulturellen Leben nahm Maria B. in dieser Lebensphase rege teil. Sie führte ein offenes Haus für Schriftsteller, Schauspieler, Musiker und Künstler. Mit dem Literaturkritiker
Karl Gutzkow unterhielt sie 1844 einen Lesekreis. Mit dem Schauspieler
Christian August Leißring pflegte sie eine langjährige Freundschaft; nach seinem Tod publizierte sie einen biographischen Beitrag über ihn („Christian August Joachim Leißring. Ein Lebensbild“, 1853).
Der Weg als Schriftstellerin bahnte sich für B. 1845 mit einem ungewöhnlichen Aufbruch aus ihrer bürgerlichen Lebenswelt an. Als eine der wenigen Frauen ihrer Zeit trat sie allein eine große Reise an. Sie hatte zwar ab 1830 einige Bildungsreisen durch Europa in Begleitung unternommen, die sie in ihren späteren „Lebens-Erinnerungen“ beschreibt. Die halbjährige Reise mit dem Ziel Konstantinopel wurde jedoch ihr größtes Abenteuer. Sie fuhr mit Postkutsche und Eisenbahn und weiter mit dem Dampfschiff nach Wien. Von dort setzte sie, allen Warnungen der Wiener Freunde zum Trotz, ihre Reise mit dem Dampfboot Galathea fort.
1846 erschien ihr literarischer Reisebericht „Meine Reise nach Constantinopel im Jahre 1845“ bei
J. D. Sauerländer in Ffm. In ihrem Bericht nimmt B. erstaunlich reflektierte, fortschrittlich anmutende Standpunkte ein. Sie beklagt in mancher Hinsicht den unaufhaltsamen Niedergang des osmanischen Reiches und verweist zugleich auf das nicht unproblematische politische Bestreben der europäischen Mächte, ihren Einfluss auf das sich auflösende osmanische Reich zu verstärken. B. vertritt auch in der Einschätzung der Sklavenhaltung und des Harems eine sehr eigene Sichtweise. Mit differenziertem Blick vergleicht sie die Praxis der Sklaverei mit den elenden Lebensumständen zahlreicher europäischer Bevölkerungsschichten. Bereits kurz nach dem Erscheinen erfuhr B.s Reisebericht eine erste kritische Würdigung. Der Autor G. F. Günther, der den „Touristen im Orient“ in den „Blättern für literarische Unterhaltung“ mehrere kritische Artikelfolgen widmete, hob B.s Entschlossenheit als „emancipirte Dame“ und ihre teils vorzügliche Reisebeschreibung hervor.
Nach ihrer Rückkehr erschloss sich für B. ein neuer Wirkungsbereich: als Schriftstellerin. Mit Elan stürzte sie sich in eine aufwendige Forschungs- und Redaktionstätigkeit, die sich über 15 Monate erstreckte. 1850/51 gab sie das zehnbändige Sammelwerk „Leben in Ffm.“ heraus, eine umfangreiche Zusammenstellung von Auszügen aus dem Ffter Intelligenz-Blatt und den Ffter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten von 1722 bis 1821. Neben dem Kunst-, Theater- und Musikleben spiegeln diese Beiträge die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in Zeiten politischer Nöte und Unruhen wie auch wirtschaftlicher und kultureller Blüte wider. B. hat damit wertvolle Beschreibungen zur Lebensführung und Geselligkeit der Stadtgesellschaft überliefert.
Als Schriftstellerin, die weit über Ffm. hinaus Bedeutung erlangte, publizierte B. bis ins hohe Alter von über 90 Jahren. Allein ihr reger Briefwechsel mit befreundeten Wissenschaftlern und Sammlern zeigt, wie geistig rührig sich die ältere Dame an den Forschungen zu ihrer Heimatstadt beteiligte. Sie war berühmt für ihre Kennerschaft, etwa über Ffter Schauspieler und Komponisten, und galt daher als erste Ansprechpartnerin in kulturhistorischen Fragen. Mit
Otto Volger, dem Gründer und langjährigen Leiter des Freien Deutschen Hochstifts, der sie mehrfach zu ihren Kenntnissen befragte, verband sie eine herzliche Freundschaft.
B. hat mit ihren Studien wesentlich zur Erforschung der Kulturgeschichte ihrer Stadt beigetragen. Dafür erhielt sie im Alter von 86 Jahren eine außergewöhnliche Würdigung, die nur wenigen Frauen zuteilwurde. Die „Frau Stiftsgenosse“ wurde am 14.10.1874 vom Freien Hochstift zum „Meister des Freien Deutschen Hochstifts“ ernannt für ihre Verdienste auf dem „mit so großen Erfolge gepflegten Gebiete der Cultur- und Litteratur-Forschung“.
Weitere Schriften: „Briefwechsel zwischen dem Künstler und Schauspieler Moritz Rott und einer Dame“ (1867), „Vor mehr als hundert Jahren. Merkwürdige und interessante Abdrücke aus den in ganz Deutschland zuerst erschienenen Zeitungen“ (1870), „Sammelsoriom der alten Ffter und Sachsenhäuser Volkslieder, Geschichten und Redensarten“ (1875), „Interessante Briefe verstorbener Personen“ (1879), „Der Perlenschmuck“ (1879), „Recepte verschiedener Speisen“ (1880) u. a.
Beigesetzt bei ihren Eltern in der Familiengruft 43 auf dem Ffter Hauptfriedhof.
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Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 57,
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