Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg versuchte R., als Journalist und Schriftsteller Fuß zu fassen, zunächst in Wien, ab 1920 in Berlin. Dort arbeitete er bei verschiedenen Zeitungen (z. B. Berliner Börsen-Courier, Vorwärts), ehe er 1923 Korrespondent für die Ffter Zeitung wurde. R. lebte zumeist in Hotels, was nicht zuletzt mit der sich entwickelnden Schizophrenie-Erkrankung seiner Frau Friederike, gen. Friedl, geb. Reichler (1900-1940), zusammenhing. Auch während seiner häufigen Aufenthalte in Ffm. zwischen 1923 und 1930 hatte R. ein Hotel-Zuhause, den „Englischen Hof“ (Gebäude in ein Bürohaus umgewandelt 1933; erhalten), Am Hauptbahnhof 10/Ecke Kaiserstraße, den er auch als seine „ständige Adresse“, etwa für Korrespondenz, angab. Hier schrieb er an seinen Romanen, von denen einige („Hotel Savoy“, 1924; „Hiob“, 1930; „Radetzkymarsch“, 1932) im Vorabdruck in der FZ erschienen. Das Entscheidendste für seine Aufenthalte war allerdings die journalistische Arbeit für das Feuilleton der FZ. Das Verhältnis zum renommierten Blatt gestaltete sich sehr wechselhaft. R.s politisch-journalistischer Ehrgeiz belastete das Klima, denn er schrieb auch für andere Blätter (z. B. Prager Tagblatt). Das war nicht gern gesehen. Teilweise unabhängig davon knüpfte R. viele Bekanntschaften und Freundschaften in der Stadt, u. a. zu
Fried Stern,
Siegfried Kracauer, Sybil Rares (1907-?; Schauspielerin), Hermann Linden (1896-?; Journalist),
Rudolf Geck, Hans Peters (?-1943; Zahnarzt und Maler). Er gewann gute Ortskenntnisse, lernte das Städel kennen, besuchte Palmengarten und Zoo, immer mit einem kritischen Blick auf Ffter Verhältnisse. Das kann man in den überaus zahlreichen Fft.-Feuilletons nachlesen. Seit 1926 arbeitete R. schwerpunktmäßig im Genre Reisereportage; von Ffm. aus unternahm er z. B. Exkursionen nach Italien, Albanien und Russland. Besonders die Berichterstattung über die Russlandreise von 1926 festigte seinen journalistischen Ruhm. Die mehrmonatige aufwendige Reise, über die er auch öffentlich in Ffm. referierte (Erstabdruck des Vortrags in: Roth: Der Neue Tag, hg. von Ingeborg Sültemeyer, 1970, S. 149-157), hatte eine Art Entschädigung der FZ für die Bevorzugung von
Friedrich Sieburg als Korrespondent in Paris dargestellt. R.s Kränkung über die gefühlte Zurücksetzung bestimmte dennoch für die nächsten Jahre die Beziehungen zur Kollegenschaft. Auch ein hartnäckiger Versuch R.s Ende 1925, ein (wenig gelungenes) Buchmanuskript (über Südfrankreich) im hauseigenen Societäts-Verlag unterzubringen, war gescheitert. Als Ansprechpartner bei derartigen Malheurs diente stets der Redakteur
Benno Reifenberg, seit 1924 Chef des Feuilletons der FZ. Die Beziehung zu ihm war positiv unterlegt durch den Einfluss seiner Ehefrau, der polnischen Schriftstellerin Maryla Reifenberg, geb. von Mazurkiewicz (1892-1981). In der Wohnung der Familie Reifenberg im Grüneburgweg 95 war R. oft zu Gast und konnte so manches aus seiner persönlichen Not (etwa zur Krankheit der Ehefrau) besprechen. Auch nahm R. im Hause des FZ-Verlegers
Heinrich Simon am wöchentlichen Jour fixe gelegentlich teil, der ihn wenig begeisterte, wie er mitunter an den Schriftsteller Bernard von Brentano (1901-1964) klagend schrieb. Denn hier erwachte seine aus Wien und Berlin stammende Missempfindung als „Ostjude“ neu (vgl. dazu die Erinnerungen von Soma Morgenstern). In Ffm. hatte er diese Einschätzung zunächst nicht gespürt, jedoch die Hautevolee, hauptsächlich wohlhabende „Westjuden“, betrachtete er mit einer Art Sozialneid. Die finanzielle Frage spielte eine wesentliche Rolle bei seiner Stellung in der Zeitung und im Verhältnis zum Verleger
Heinrich Simon. Quasi als unterbewertet empfunden, ließ er es mehrfach zu Krisen kommen. 1929 wechselte er zu den Münchner Neuesten Nachrichten. Allen Zerwürfnissen zum Trotz veröffentlichte R. vorab seinen Roman „Radetzkymarsch“ (mit einem Extra-Vorwort) 1932 in der FZ.
In seinen Feuilletons für die FZ hat R. immer wieder über Ffm. geschrieben. Seine Erstbekanntschaft mit der Stadt war geradezu positiv überwältigend. In einem Artikel für den Berliner Börsen-Courier vom 22.3.1923 formulierte er eine Art Liebeserklärung an den Geist der ehemals unabhängigen Reichs- und Freien Stadt, den er in den monarchistisch geprägten Gegenden nicht erlebt hatte: „Frankfurt ist die einzige deutsche Stadt, in der die Hunde ohne Maulkörbe herumlaufen. Die Tollwut ist Schicksal, es zu verhängen, ruht in der Allmacht Gottes, der die Frankfurter Hunde väterlich liebt und schont. Die Tiere bellen, daß es eine Lust ist, manchmal wird ein Frankfurter gebissen, aber in Berlin wird man auch gebissen, obwohl die Hunde Maulkörbe tragen. Die Stadt ist frei von der Kulturschande des mittelalterlichen Schinders oder ‚Wochenmeisters‘, der wöchentlich durch die Straßen kutschiert und häßliche Schlingen aus prophylaktischen Gründen um ahnungslose Tiere wirft.“ Die Altstadt faszinierte R. enorm: „Frankfurt besteht aus einer Stadt und einem Traum. (...) Die Gäßchen sind launisch und eigenwillig, sie machen hier eine sanfte Biegung und hören dort unvermutet auf, und hinter jeder Ecke wartet ein Wunder auf den Spaziergänger, der Lustwandler ist.“ (Berliner Börsen-Courier vom 22.3.1923.) Der „Traum“ bestand für R. im Anblick eines Phänomens, „uralt und deutsch, ist heimlich und versonnen, er hat Giebel und Erker und verwitterte steinerne Stufen vor den Häusern, und in den Winkeln liegen noch die verwehten Wort- und Gesprächsreste und die verlorenen Geheimnisse der Verstorbenen“ (ebd.). Hier äußert sich die lebenslang spürbare Affinität R.s zur deutschen Kultur; vor dem Ersten Weltkrieg (1913/14) hatte er ein Germanistikstudium begonnen. Besonders entzückte R. ein Detail an einem (in den einschlägigen Instituten bisher nicht zu ermittelnden) Bauwerk in der Altstadt: „Ich lerne jenes Haus mit den Karikaturen kennen, von denen nur wenige Frankfurter wissen – mein Führer, ein junger Alt-Frankfurter, weiß die Geschichte: Ein Architekt will ein vierstöckiges Haus bauen. Die Ratsherren gestatten ihm nur drei Stockwerke. Und der Architekt rächt sich: An der Front des Hauses bringt er die steinernen Ratsherren an – in einer blamierenden, aber sehr menschlichen, sehr heimlichen Situation. Und sich selbst in derselben Lage – über dem Kopf des Bürgermeisters. Er war ein mutiger Architekt, aber es müssen auch spaßige Ratsherren gewesen sein, die einen derben Witz begriffen und schmunzelnd in Kauf nahmen für den Preis der Unsterblichkeit, in die sie so blamabel hineinkauern, lächerlich, aber ewig...“ (ebd.).
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