Fehlermeldung

Deprecated function: The each() function is deprecated. This message will be suppressed on further calls in FieldCollectionItemEntity->fetchHostDetails() (Zeile 378 von /var/www/vhosts/bec2659.online-server.cloud/frankfurter-personenlexikon.de/sites/all/modules/field_collection/field_collection.module).

Hiller, Ernst

Hiller, Ernst. Diplom-Ingenieur. Architekt. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 15.2.1876 Breslau, Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 20.2.1935 Ffm.
Sohn des Kaufmanns und Rittergutsbesitzers Pinto Valentin H. (1839-1880) und dessen Ehefrau Martha, geb. Reinert, später in zweiter Ehe verh. Timendorfer (1851-1916). Geschwister: Moritz Reinert H. (1874-1916), Apotheker; Margarete, gen. Grete, H. (seit 1906 in erster Ehe verh. Bentheim, seit 1928 in zweiter Ehe verh. Hülle, 1877-1943). Verheiratet (seit 1909) mit Rosi (auch: Rosy) Clementine Regina H., geb. Sachs(-Fuld; 1887-1930), der Tochter des Weinhändlers Moritz Sachs-Fuld (1850-1940). Zwei Kinder: Holde Paula Martha H. (seit 1934 verh. Hirsch, 1910-1976), verheiratet (1934-53) mit dem Juristen Ernst Eduard Hirsch (1902-1985); Hans-Sachs H. (1918-1938), tödlich verunglückt auf einer Bergwanderung in der Nähe von Inzell.
H. besuchte die Luisenstädtische Oberrealschule in Berlin. Danach studierte er an der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin bis zur bestandenen Staatsvorprüfung (1900). Ab dem Sommersemester 1901 setzte er an der Hochbau-Abteilung der Königlich Sächsischen Technischen Hochschule zu Dresden sein Studium fort, das er als Diplom-Ingenieur abschloss (Diplomurkunde vom 12.3.1903, Exmatrikulation am 25.2.1904). 1905 beteiligte sich H. im Auftrag der Deutschen Orient-Gesellschaft an Ausgrabungen von Synagogen in Galiläa unter Leitung des klassischen Archäologen Carl Watzinger (1877-1948) und des Architekten und Bauforschers Heinrich Kohl (1877-1914). H. war Mitglied des „Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas“.
Wann und durch welche Umstände H. nach Ffm. kam, ist nicht bekannt. Er war Bauleiter bei der Errichtung des neuen Gebäudes für das Philanthropin in der Hebelstraße (1908), als dessen Architekt Georg Matzdorff (1863-1930) gilt, während die künstlerische Fassadengestaltung wohl von Julius Obst (1878-1939) stammte. H. war Gründungsmitglied des in Ffm. ins Leben gerufenen Verbands Deutscher Diplom-Ingenieure (1909) und Mitglied des Bunds Deutscher Architekten (BDA).
Nach seiner Heirat 1909 lebte H. mit seiner Familie im zweiten Stock des Hauses Schöne Aussicht 16, das seinem Schwiegervater Moritz Sachs-Fuld gehörte. 1910 ist H., auch mit seinem „Architektur- und Baubureau“, unter dieser Anschrift erstmals im Adressbuch verzeichnet. Im gleichen Haus, in der Parterrewohnung, war 1860 der Philosoph Arthur Schopenhauer gestorben. H. war ein Kenner von Schopenhauers Philosophie und gehörte zusammen mit Carl Gebhardt und Clemens Ebrard zu dem Ortsausschuss, der die zweite Generalversammlung der neu gegründeten Schopenhauer-Gesellschaft im Mai 1913 in Ffm. organisierte. Zu diesem Anlass lud H. die 60 Teilnehmenden in seine Wohnung ein, mit „nachfolgender Besichtigung der Räume, welche Schopenhauer in der letzten Zeit seines Lebens bewohnt hatte“ [Schopenhauer-Jb. 3 (1914), S. 329]. Damit rückte Schopenhauers Sterbehaus Schöne Aussicht 16 als zweites Ffter „Schopenhauerhaus“ (neben dem langjährigen Wohnhaus Schöne Aussicht 17) ins Bewusstsein ein größeren Öffentlichkeit.
Im November 1914, im Alter von 38 Jahren, immatrikulierte sich H. an der neu gegründeten Ffter Universität für das Fach Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Er blieb bis zum Wintersemester 1920/21 eingeschrieben, wobei er vom Wintersemester 1915/16 bis zum Wintersemester 1918/19 beurlaubt war, weil er zum Heeresdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen war. Mit dem Bildhauer Richard Petraschke und dem Kunsthistoriker Fried Lübbecke, beide seit etwa 1917 Mieter im Haus Schöne Aussicht 16, war H. eng befreundet. Durch Einladungen trug er stets zum Ruf des Hauses als bedeutender Treffpunkt für Fft.-Besucher und als Schopenhauer-Gedenkstätte bei. Laut Lübbecke liebte H. „eine breite Gastlichkeit, bei der er als Stegreifdichter glänzte“ (Lübbecke: Muschelsaal 1960, S. 466).
Trotz nationalsozialistischer Anfeindungen hielt H. bis zu seinem Tod an einer liberalen Religionsauffassung fest und soll noch auf dem Sterbebett „Schopenhauers Geist, seine Lehre von der Unzerstörbarkeit unseres wahren Wesens durch den Tod“, beschworen haben [Fried Lübbecke in: Hartmann (Hg.)/Lübbecke (Bearb.): Alt-Fft. 1950, S. 325].
Veröffentlichungen von H.: „Aus den Berichten der Herren Kohl, Watzinger und Hiller über die Expedition zur Erforschung der Synagogenruinen Galiläas“ (als Mitverfasser; in: Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft, 1905), „Die archäologische Erforschung Palästinas“ (Vortrag bei der Gesellschaft für Palästina-Forschung, 1910), „Zu Schopenhauers Gedanken über die Architektur“ (in: Schopenhauer-Jb., 1915), „Vorschläge zur Behebung des Mangels an Kleinwohnungen in Ffm.“ (hg. v. Bürgerausschuss e. V., 1920), „Fft.s Geschäfts- und Fabrikbauten“ [Beitrag in: Ruppersberg (Hg.): Fft. Das Buch der Stadt, 1927], „Das neue Fft.“ (in: Technik und Kultur, Zeitschrift des Verbandes Deutscher Diplom-Ingenieure, 1927).
H. wurde neben seiner Frau Rosi in einem Grab auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in der Eckenheimer Landstraße beigesetzt (Block 6B, Reihe 1, Nr. 3 und 4). Die beiden schlichten Grabsteine – auf H.s befindet sich ein Relief mit dem Logenzeichen der Freimaurer – wurden von dem Freund Richard Petraschke geschaffen. Der in den Chiemgauer Alpen 1938 tödlich verunglückte Sohn Hans-Sachs H. wurde neben seinen Eltern begraben, nachdem sein Großvater Moritz Sachs-Fuld die Überführung nach Ffm. veranlasst hatte.
Das „Schopenhauerhaus“ Schöne Aussicht 16 verkaufte Moritz Sachs-Fuld 1939 an die Stadt Ffm., die dort ein Schopenhauer-Museum einrichten wollte. Das Gebäude wurde jedoch bei dem Luftangriff auf Ffm. am 22.3.1944 zerstört. Holde Hirsch-H., Enkelin von Moritz Sachs-Fuld und Tochter von Ernst H., kaufte das Trümmergrundstück Schöne Aussicht 16 aufgrund von Rückerstattungsansprüchen 1951 von der Stadt Ffm. zurück und veräußerte es 1954 zum Bau eines Mietshauses.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Gudrun Jäger.

Literatur:
                        
Hartmann, Georg (Hg.)/Lübbecke, Fried (Bearb.): Alt-Fft. – Ein Vermächtnis. Ffm. [1950].Hartmann (Hg.)/Lübbecke (Bearb.): Alt-Fft. 1950, S. 323-326. | Lübbecke, Fried: Der Muschelsaal. Ffm. 1960.Lübbecke: Muschelsaal 1960, S. 466f. | Jahrbuch der Schopenhauer-Gesellschaft. Titel seit 1945/48: Schopenhauer-Jahrbuch. Hg. im Auftr. d. Schopenhauer-Gesellschaft. Bisher 102 Jahrgänge. Kiel, später Heidelberg, ab 1945/48 Ffm., ab 1992 Würzburg 1912-44 u. 1945/48-2021.Bericht über die zweite Generalversammlung der Schopenhauer-Gesellschaft zu Ffm. am 14., 15. und 16. Mai 1913. In: Schopenhauer-Jb. 3 (1914), S. 327-332. | Jahrbuch der Schopenhauer-Gesellschaft. Titel seit 1945/48: Schopenhauer-Jahrbuch. Hg. im Auftr. d. Schopenhauer-Gesellschaft. Bisher 102 Jahrgänge. Kiel, später Heidelberg, ab 1945/48 Ffm., ab 1992 Würzburg 1912-44 u. 1945/48-2021.Gebhardt, Carl: Die Feier des 70. Todestages Schopenhauers. In: Schopenhauer-Jb. 18 (1931), S. 355-360.
Quellen: Adressbuch der Stadt Ffm., 1832-2003.Adr. 1910, T. I, S. 171. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Eintrag der Heirat mit Rosi Clementine Regina Sachs, Ffm., 29.4.1909: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch, Bestand STA 11/410: Standesamt Ffm. I, Heiratsurkunde 1909/I/344 (Bd. 2, Bl. 47). | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Sterbeurkunde der Ehefrau Rosy Clementine Regina Hiller, geb. Sachs, gest. am 3.11.1930: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch, Bestand STA 12/736: Standesamt Ffm. V, Sterbeurkunde 1930/V/1017 (Bd. 2, S. 419). | Universitätsarchiv der Technischen Universität Dresden.Universitätsarchiv d. TU Dresden, Studentenakte Nr. 5043. | Universitätsarchiv Ffm. (UAF), Archiv der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Ffm.Universitätsarchiv Ffm., Studierendenakte Ernst Hiller, Best. 604 Nr. 2972. | Universitätsarchiv Ffm. (UAF), Archiv der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Ffm.Universitätsarchiv Ffm., Studierendenakte Holde Hiller, Best. 604 Nr. 6858.

GND: 117524735 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
© 2024 Frankfurter Bürgerstiftung und bei dem Autor/den Autoren
Empfohlene Zitierweise: Jäger, Gudrun: Hiller, Ernst. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/13192

Stand des Artikels: 30.6.2023
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 07.2023.