Sohn des Psychiaters Bernhard (seit 1875: von) G. (1824-1886) und dessen Ehefrau Clarissa, geb. Voigt (1833-1894). Acht Geschwister. Der Vater ertrank am 13.6.1886 zusammen mit Ludwig II., König von Bayern (1845-1886), unter nicht geklärten Umständen im Starnberger See (damals: Würmsee) und erlangte durch den mysteriösen Tod mit dem Monarchen weltweite Berühmtheit etwa in Literatur, Film und Malerei. Verheiratet (seit 1888) mit der Amerikanerin Edith G., geb. Rood (1865-?). Zwei Kinder: Margarete (eigentl.: Margarethe) G. (seit 1912 verh. Haffner, 1889-?) und Hermann G. (1892-1974).
G. wurde in der psychiatrischen Klinik Werneck, die der Vater leitete, geboren und verlebte seine Kindheit ab 1869 in Zürich, später in München. Die Begabung und Leidenschaft für das Zeichnen entdeckte er bereits während der Schulzeit. Er verließ das Gymnasium und begann im Herbst 1881 ein Studium der Malerei an der Münchner Kunstakademie, zunächst bei Johann Leonhard Raab (1825-1899), dann (ab 1883) bei Ludwig von Löfftz (1845-1910). G setzte das Studium an der Großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe fort und schloss es 1885 ab. Nach einem Aufenthalt in Berlin übersiedelte G. um 1887/88 endgültig nach Ffm.; schon zuvor (seit 1885) soll er ein Atelier in Ffm. gehabt haben, das er jedoch wohl aufgrund seines Militärdienstes in Berlin (1886/87) zeitweise aufgegeben hatte.
Im Gegensatz zum damals vorherrschenden Akademiestil vertrat G. eine freie Malauffassung und gilt deshalb in der Kunstgeschichte als ein Wegbereiter der Moderne. Seine bevorzugten Sujets waren holländische Interieurs und später Landschaften, die er meist in Freilichtmalerei ausführte. Der Künstler entwickelte ein Interesse an Szenen aus dem „Volksleben“; mit solchen Bildern stattete er etwa Innenwände der Villa Merton in Tremezzo am Comer See aus, vermutlich eine Auftragsarbeit für den Ffter Großunternehmer und Sozialreformer
Wilhelm Merton. Zu G.s Gesamtwerk gehörten Porträts von Ffter Bürgern (u. a. von
Wilhelm Merton,
Philipp Stein,
Franz Adickes,
Julius Ziehen,
August de Bary), zahlreiche Selbstbildnisse und auch Karikaturen.
Seine Motive fand G. bei regelmäßigen, zum Teil mehrmonatigen Studienreisen, etwa in die Niederlande, die Vogesen, nach Spanien (Andalusien), Italien und Marokko, zumeist finanziert durch Auftragsarbeiten. Auf dem Hohneck bei Colmar erbaute er sich 1910 ein eigenes Malerhaus, das im Ersten Weltkrieg zerstört wurde. G. war Mitglied in der Ffter Künstlergesellschaft (spätestens seit 1894) und im Deutschen Künstlerbund; 1902 gehörte er zu den Gründern des Frankfurt-Cronberger Künstlerbunds, wo er z. B. mit der Malerin
Ottilie W. Roederstein ausstellte. Überhaupt lassen sich zahlreiche Kunstausstellungen in Deutschland und Europa nachweisen, bei denen G. mit Werken vertreten war: 1888/89 in Berlin, ab 1889 mehrmals in München, 1894 in Wien, ab 1897 wiederholt in Paris, 1901, 1904 und 1912 in Dresden, 1909 in Wiesbaden, 1910 in Darmstadt, 1911 in Bonn und Rom, 1912 in Bremen, 1913 in Köln, Düsseldorf und Mannheim sowie 1914 in Stuttgart. Zu seinem 50. Geburtstag 1913 widmete ihm der renommierte Ffter Kunstsalon Ludwig Schames eine Retrospektive; auch später (nachweislich 1917, 1919) stellte G. noch bei Schames aus.
G. nahm von 1914 bis 1918 als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil; aus dieser Zeit sind Karikaturen von Soldaten überliefert. Ab den 1920er Jahren wohnte und arbeitete er im Haus Lichtenstein, Römerberg 11; die Stadt Ffm. hatte das Gebäude renovieren lassen und es Ffter Künstlerinnen und Künstlern als Atelierraum sowie für Ausstellungen zur Verfügung gestellt. Als bei dem Brandanschlag auf den Münchner Glaspalast 1931 mehr als 3.000 Kunstwerke völlig zerstört wurden, sollen sich darunter auch Bilder G.s befunden haben. Im selben Jahr zog G. nach Höll bei St. Blasien im Schwarzwald, wo er bereits 1918 ein Haus erworben hatte.
G.s Rolle in der NS-Zeit ist noch nicht abschließend erforscht. Lange vor 1933 engagierte sich G. für den Nationalsozialismus und gegen die Moderne der Weimarer Republik. Er soll bereits in den 1920er Jahren im Schwarzwald einen „SA-Sturm“ gegründet und dessen Einkleidung finanziert haben. Ein Nachruf im Ffter Volksblatt bezeichnete G. 1935 als Hitlers „begeisterten Gefolgsmann“: „Der SA war er verschworen wie wenige.“ (H. Th. W. [d. i. Heinrich Theodor Wüst]: Maler Rudolf Gudden †. In: Ffter Volksblatt, 18.9.1935.) Als im Zuge der nationalsozialistischen „Gleichschaltung“ 1933 der Goldschmied und Nationalsozialist Karl B. Berthold (1889-1975) zum kommissarischen Direktor der städtischen Kunstgewerbeschule bestellt wurde, gehörte G. zu den Ffter Künstlerinnen und Künstlern, die Bertholds Ernennung in einer Glückwunschadresse an Oberbürgermeister
Friedrich Krebs vom 25.4.1933 begrüßten (ISG, MA 8.391, Bl. 39a). Bereits im März 1933 war der bisherige Direktor
Fritz Wichert zwangsweise beurlaubt worden, gegen den Berthold nun ein Disziplinarverfahren anstrengte. In dem Prozess gegen
Wichert trat auch G. als Zeuge auf und unterstellte
Wichert in verleumderischer Manier, den barocken Kunst- und Architekturstil verachtet zu haben. [Vgl. Danzer: Das Neue Fft. (mit)gestalten 2018, S. 301f.] Kurz nach G.s Tod 1935 erschien in der NS-nahen Hauserpresse eine Monographie „Rudolf Gudden. Ein deutscher Maler“, verfasst von Kurt Schede (1870-1952). Der Ffter Kunstverein präsentierte in Zusammenarbeit mit der NS-Kulturgemeinde Ffm. 1936 eine Gedächtnisausstellung für G.
Werke G.s im Historischen Museum Ffm., Institut für Stadtgeschichte Ffm., Jüdischen Museum Ffm., Städel Museum, bei der Dr. Senckenbergischen Stiftung und in Privatbesitz.
Mehrfach gezeichnet bzw. karikiert von
Lino Salini, u. a. für die Kleine Presse vom 9.8.1919.
Der Sohn Hermann G. und dessen Ehefrau Ida Marie Emma
Luise (eigentl.: Louise), geb. Andreae (1893-?), hatten 1924 das Hofgut Ornatsöd bei Untergriesbach erworben. Später verkaufte die Familie G. den Hof an Vorfahren des Schauspielers und Kabarettisten Ottfried Fischer (* 1953). Hermann G. verwahrte bis zu seinem Tod 1974 zahlreiche Bilder des Vaters.
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Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 284,
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