Neuerscheinungen vom 10. Juni 2021

Einleitung: 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

die derzeit schier endlose Reihe der Jubiläen und Gedenktage beschert uns auch diesmal wieder den Artikel des Monats. Vor etwas mehr als 75 Jahren, am 26. Mai 1946, gab es erstmals nach dem Ende der NS-Diktatur wieder freie Kommunalwahlen in Frankfurt. Knapp zwei Monate später, am 25. Juli 1946, wählte die neu konstituierte Stadtverordnetenversammlung Walter Kolb zum Oberbürgermeister. Der Artikel erinnert an das legendär gewordene Stadtoberhaupt und sein Wirken für Frankfurt.

Artikel des Monats Juni 2021:
Der populärste Frankfurter

Er war der erste demokratisch gewählte Frankfurter Oberbürgermeister der Nachkriegszeit: Walter Kolb. Am 1. August 1946 wurde der 44-jährige Verwaltungsjurist aus Bonn, der zuletzt Oberstadtdirektor von Düsseldorf gewesen war, im Amt vereidigt – in der Aula der Universität und nicht im kriegszerstörten Römer. An der Spitze des Bürgereinsatzes zur Trümmerbeseitigung schippte sich das neue Stadtoberhaupt im Herbst 1946 durch die Schuttberge auf dem Römerberg und eroberte damit sofort die Herzen der Frankfurterinnen und Frankfurter. Den Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg schwer zerstörten Stadt begann Kolb mit der Paulskirche. Deren Wiederherstellung pünktlich zum 100. Jahrestag der Deutschen Nationalversammlung 1948 lag ihm besonders am Herzen, um damit ein Signal für den demokratischen Neubeginn in Deutschland zu geben. Der symbolischen Geste ließ Kolb den großflächigen Wiederaufbau der Stadt folgen, den er angesichts der drängenden Wohnungsnot massiv vorantrieb.
Nach der Enttäuschung, dass Bonn und nicht Frankfurt 1949 zur Bundeshauptstadt geworden war, setzte Kolb seinen Kurs auf die Profilierung der zentral und verkehrsgünstig gelegenen Mainstadt als weltoffene Wirtschaftsmetropole. Seine Trümpfe im Ärmel waren der Flughafen und die Messe, deren Wieder- und Neuaufbau er stark förderte. Der ebenso tatkräftige wie volkstümliche Oberbürgermeister, der in einer Zeitungsumfrage 1951 zum populärsten Frankfurter gewählt worden war, starb kurz nach seinem zehnten Amtsjubiläum 1956. Bei seinem Trauerzug säumten über 100.000 Menschen die Straßen.
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Schluss: 

Mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich die Identität der Stadt. Damals wie heute war und ist dieser Wandel umstritten. Doch die von Oberbürgermeister Kolb stets vertretene und verteidigte „Frankfurter Lösung“ zum Wiederaufbau der Innenstadt nach den Richtlinien des modernen Städtebaus der Fünfzigerjahre war seinerzeit wegweisend in der Stadtplanung. Zwei Architekten, die führend an Frankfurts Wiederaufbau in den Fünfziger- und Sechzigerjahren mitarbeiteten, Max Meid und Helmut Romeick, sind übrigens auch mit Artikeln in der aktuellen Lieferung vertreten. Von ihnen stammen etwa Teile der Bebauung in der Berliner Straße (1952) und das Parkhaus Hauptwache (1956), das damals das erste öffentliche Parkhaus der Bundesrepublik war. Dessen Einweihung am 18. September 1956 war einer der letzten offiziellen Termine des Stadtoberhaupts Walter Kolb vor dessen Tod. Der im Amt gestorbene Oberbürgermeister hatte zwar den Wiederaufbau der Stadt entscheidend vorangebracht, doch den engeren Dom-Römer-Bereich noch als Leerstelle hinterlassen. Dessen Bebauung kam erst mit der Eröffnung der Kulturschirn 1986 zu einem (vorläufigen) Abschluss und wurde nach der Entscheidung zum Abriss des Technischen Rathauses 2005 neu diskutiert. An dem freigewordenen Platz entstand von 2014 bis 2018 die neue Altstadt unter Rekonstruktion historischer Häuser, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren.

Seit nunmehr drei Jahren ist die neue Altstadt immer einen kleinen Spaziergang wert, auch in diesen Zeiten, in denen wir unsere Sommervergnügungen zwar schon mit Zuversicht beginnen dürfen, aber doch noch mit Umsicht planen müssen. Machen Sie das Beste daraus und bleiben Sie gesund!

Mit frühsommerlichen Grüßen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons

P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Juli 2021.