Sohn des Kreisgerichtssekretärs Wilhelm
Ludwig T. (1818-1886) und dessen zweiter Ehefrau
Auguste Johanna Wilhelmine, geb. Luyken (1834-1903). Eine Halbschwester aus der ersten Ehe des Vaters, vier ältere Schwestern aus der Ehe der Eltern; weitere vier Halbgeschwister und drei Geschwister starben im Säuglings- oder Kindesalter. Die älteste Schwester
Ida Sophie Johanna T. (1857-1909) heiratete 1885 den Geiger Willy Heß (1859-1939). Heß, ein Schüler des legendären Joseph Joachim (1831-1907), war damals (1876-1886) als Konzertmeister in Ffm. engagiert, bevor er in eine internationale Karriere (mit Stationen in Rotterdam, Manchester, Köln, London und Boston) startete und schließlich (1910-28) als Violinlehrer an der Berliner Musikhochschule unterrichtete.
Verheiratet (seit 1894) mit Johanna Caroline, gen.
Lina, T., geb. Wenckenbach (1870-1951). Die Ehefrau entstammte der nassauischen Beamtenfamilie Lange; ihr Urgroßvater, der Archivar Carl Christian Lange (1780-1820), initiierte 1810 den Ausbau der nassauischen Regierungsbibliothek zu einer öffentlichen Bibliothek, die 1813 als „Herzoglich Nassauische Öffentliche Bibliothek“ in Wiesbaden eröffnet wurde (nach mehreren Wechseln von Träger und Namen seit 1963: Hessische Landesbibliothek; seit 2011: Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain). Aus der Ehe von Hermann und Lina T. gingen drei Töchter hervor:
Juliane Auguste Ottilie T. (1895-1975), Berufsschuldirektorin;
Martha Ida Elisabeth T. (seit 1924 verh. Ehlers, 1898-1950);
Irma Emmi Marie T. (seit 1933 verh. Murtfeld, 1903-1990), Bibliothekarin.
Besuch der Elementar- und der Rektoratsschule in Altenkirchen, von 1878 bis 1879 der höheren Bürgerschule in Limburg/Lahn und schließlich von 1879 bis 1887 des Königlichen Gymnasiums in Wiesbaden, das er mit dem Reifezeugnis verließ. Von 1887 bis 1891 Studium der Geschichte und Geografie sowie Philosophie in Bonn und Berlin. Daneben von 1887 bis 1888 Tätigkeit als Amanuensis (Sekretär) an der Königlichen Universitätsbibliothek in Bonn. 1892 Promotion in Berlin mit der Arbeit „Kurfürst Joachim II. von Brandenburg und der Türkenfeldzug vom Jahre 1542“. Von 1893 bis zur Pensionierung 1930 bei der Ffter Stadtbibliothek tätig, zunächst als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, seit 1901 als Bibliothekar und zuletzt (seit 1926) als Oberbibliothekar. Seit 1911 Professor. Von 1924 bis 1927, zwischen den Amtsperioden von
Friedrich Clemens Ebrard und
Richard Oehler als Direktoren, leitete T. als stellvertretender Direktor kommissarisch die Stadtbibliothek. Zum 1.5.1930 ging er aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Die bibliographische Wegweisung für die Wissenschaft sah T. als Hauptaufgabe des modernen Bibliothekars, der er sich zeitlebens verpflichtet fühlte. Am Beginn seiner Laufbahn bei der Ffter Stadtbibliothek wurde er im Lesesaal eingesetzt, wo er die Aufsicht und die wissenschaftliche Beratung der Benutzerinnen und Benutzer übernahm. Er organisierte die Bestände des Lesesaals neu und erstellte ein „Verzeichnis der Handbibliothek des Lesesaals und der ungebunden benutzbaren periodischen Schriften“ (1894, 5. Ausgabe 1913). Zudem förderte er die Kooperation der wissenschaftlichen Bibliotheken in Ffm., insbesondere im Zusammenhang mit der Gründung der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften (1901) bzw. der Universität (1914). Darüber hinaus trat er, etwa als regelmäßiger Besucher der Versammlungen deutscher Bibliothekare (Bibliothekartage), für eine Vernetzung der deutschen Bibliotheken ein. Bereits unter
Ebrard zu dessen Stellvertreter aufgestiegen, setzte sich T. in seiner Amtszeit als (kommissarischer) Leiter der Stadtbibliothek weiter für eine systematische Katalogisierung der Bestände ein und trieb das Erscheinen gedruckter Kataloge voran. In dieser Zeit erstattete er auch den „Bericht über die Verwaltung der Stadtbibliothek Ffm.“ (Nr. 41-45, 1924-29).
Seit 1893 Mitglied des Ffter Vereins für Geographie und Statistik, gehörte T. seit 1900 dessen Vorstand an, zunächst als Beisitzer, dann (von 1901 bis etwa 1909) als Erster Schriftführer und (von 1904 bis mindestens 1925) als Generalsekretär sowie zeitweise als Vorsitzender (nachweislich 1917-19 und 1920-22 mit einer Unterbrechung im Vereinsjahr 1919/20) bzw. stellvertretender Vorsitzender (nachweislich 1922-24); anlässlich seiner 25-jährigen Mitgliedschaft im Vorstand am 17.10.1925 wurde er zum Ehrenvorsitzenden des Vereins ernannt. Als Generalsekretär besorgte T. die Veröffentlichungen des Vereins, u. a. die Herausgabe des „Jahresberichts des Ffter Vereins für Geographie und Statistik“ (Jahrgänge 68-83, 1903-19). Auch verantwortete er das Programm von Vorträgen international renommierter Forscher (wie Roald Amundsen, Wilhelm Filchner, Sven Hedin und Sir Ernest Shackleton) mit, und er engagierte sich für eigene Forschungen des Vereins, z. B. die Sunda-Expedition unter der Leitung des Forschungsreisenden Johannes Elbert (1909/10), deren seit 1908 bestehender Vorbereitungskommission er zusammen mit
Emil Deckert,
Friedrich Clemens Ebrard,
Bernhard Hagen u. a. angehörte. Zudem vertrat T. den Verein seit 1910 in der Kommission für die Senckenbergische Bibliothek (bis mindestens 1922 bzw. höchstens 1925).
Mitglied im Verwaltungsrat des Freien Deutschen Hochstifts, im Ffter Verein für Geschichte und Altertumskunde und im Kirchenvorstand der St. Katharinen-Gemeinde. Nicht zuletzt durch den freundschaftlichen Kontakt mit dem verschwägerten Violinisten Willy Heß waren im Haus der Familie T. in der Textorstraße 110 in Sachsenhausen oft prominente Musiker zu Gast, zumal T. selbst musikalisch außergewöhnlich begabt war.
Auf wissenschaftlichem Gebiet arbeitete T. intensiv zur Ffter Stadtgeschichte, hielt darüber Vorträge und brachte entsprechende Publikationen heraus, u. a. eine ganze Reihe von Artikeln in der FZ und in der historischen Zeitschrift „Alt-Fft.“. Seine 1908 erstmals erschienene Schrift „Der Römer und die neuen Rathausbauten in Ffm.“ wurde zum Standardwerk über die Baugeschichte des Ffter Rathauses, erlebte mehrere Neuauflagen und auch eine englische Ausgabe (1927). Eine umfangreiche „Geschichte Fft.s im Dreißigjährigen Kriege“ blieb unvollendet (Manuskript und Materialsammlung im ISG). Als Ausschnitt daraus verfasste T. den Vortrag „
Gustav Adolf und Ffm.“, den er im Ffter Verein für Geschichte und Altertumskunde halten wollte. Doch kurz nach Vollendung des Manuskripts starb er plötzlich und unerwartet infolge eines Herzschlags. Zum Gedenken an T. verlas der Vereinsvorsitzende
Otto Ruppersberg am 10.12.1931 und 15.2.1932 das Vortragsmanuskript, und 1933 erschien es posthum als Beitrag im „Archiv für Fft.s Geschichte und Kunst“.
Weitere Veröffentlichungen von T.: „Katalog der permanenten Ausstellung [der] Stadtbibliothek zu Ffm.“ (mit Fritz Quilling, 1894), „Die hundertjährige Geburtstagsfeier
Goethe’s am 28. August 1849. Ein Rückblick“ (in: FZ, 23.8.1899), „Katalog der Bibliothek des städtischen Tiefbau-Amts zu Ffm.“ (1900), „Königin Luise und Fft.“ (in: Alt-Fft., 1909), „Die Überfahrt am Gutleuthof vor dem Reichskammergericht. Eine Episode aus dem Rechtsleben des alten Reiches“ (in: Alt-Fft., 1911), „Adolf von Glauburg und seine Bibliothek“ (in: Festgabe für
Friedrich Clemens Ebrard, 1920), „An meine Mitbürger auf der rechten Seite des Rheinufers über die Frage: Besitzen denn die Franzosen die Freiheit, welche sie uns anbieten?“, verfasst 1798 von
Johann Jakob Willemer (als Herausgeber, 1924), „Die
Herren von Holzhausen und ihre Bibliothek“ (in: FZ, 27.11.1925), „Zwei Briefe
Robert Blums aus der Zeit der Deutschen Bewegung von 1847/48“ (in: Alt-Fft., 1928), „Die Archive des vormaligen Deutschen Bundes und der Deutschen konstituierenden Nationalversammlung und ihre Übergabe an die Stadt Ffm. im Jahre 1867“ (in: Archiv für Fft.s Geschichte und Kunst, 1929), „Aus den Zeiten der Reaktion in Deutschland“ (in: Alt-Fft., 1929), „
Louis Liebmann“ (Nachruf in: Alt-Fft., 1929), „Briefe eines deutschen Burschenschafters aus Amerika 1848“ (in: Alt-Fft., 1929), „
Friedrich Clemens Ebrard“ (in: Alt-Fft., 1930) u. a.
1920 Verdienstkreuz für Kriegshilfe. 1930 Ehrenplakette der Stadt Ffm.
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Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 482,
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