Bis zu seinem 14. Lebensjahr besuchte E. wahrscheinlich die Lateinschule in Hadamar und bezeichnete sich später in seinen Drucken immer wieder als „Hadamarius“. Nach einem humanistischen Studium an der Universität Mainz (1516-20) wandte er sich dem Buchdruck zu. Ab 1524 war er vermutlich als Schriftgießer bei dem Buchdrucker Wolfgang Köpfel in Straßburg tätig. Dort ehelichte E. um 1525 (Richter) oder um 1528 (Benzing) Margarethe Karpf († 3. oder 10.8.1577 Ffm.). Aus dieser Ehe gingen elf Kinder hervor, von denen sechs früh verstarben. Von 1528 bis 1530 gab E. in einer eigenen Straßburger Druckerei rund 50 kleinere Schriften, meist populären Inhalts und viele in deutscher Sprache, heraus. Um 1530 zog er nach Ffm., da es hier keinen dauerhaft niedergelassenen Buchdrucker gab, der Buchhandel zur Messezeit florierte und viele Humanisten in der Stadt lebten.
Am 20.9.1530 erbat E. beim Rat der Stadt Ffm. das hiesige Bürgerrecht, das ihm der Rat noch am gleichen Tag genehmigte und am 27.12.1530 offiziell bestätigte; den Bürgereid legte E. erst am 9.2.1532 ab. Noch im Dezember 1530 veröffentlichte E. zwei Schriften, darunter für den Ffter Rat ein lateinisches Begrüßungsgedicht von
Jacob Micyllus anlässlich eines Besuchs von Kaiser Karl V. in Ffm. Mit dem Dichter, Humanisten und Rektor des Ffter Gymnasiums
Jacob Micyllus und seinem Studienfreund, dem Juristen Dr. Justinus Gobler, verband E. eine lebenslange Freundschaft und eine enge verlegerische Zusammenarbeit (Goblers „Gerichtlicher Prozess“ und „Rechter Spiegel“). E. gewann zahlreiche Gelehrte als Autoren. Bei E. ließen u. a. 1531 Jacob Köbel „Der Stab Jacobs“, 1535 Hans Sachs „Der Keiser Bildnisse und Leben“, 1536 Johannes Dryander seine naturwissenschaftlichen und medizinischen Abhandlungen und Sebastian Münster seine „Cosmographia. Mappa Europae“, 1539
Philipp Melanchthon „Etliche Sprüch Götlicher Schrift“ und Sebastian Franck seine „Chronic Teutscher Nation“ drucken. Ein seit 1535 immer wieder aufgelegter Bestseller war Adam Rieses „Rechenung auff der Linien und Federen“. Mit
Philipp Melanchthon, Ulrich von Hutten, Erasmus von Rotterdam,
Johannes Fichard und etlichen Marburger Professoren stand E. in geschäftlichem wie auch privatem Kontakt. Er redigierte die Drucke, gab auch eigene Werke heraus, z. B. die Chronica von 1535. Im Durchschnitt brachte E. jährlich 20 bis 25 Drucke auf den Ffter Markt.
Mit der Einführung des Buchdrucks in Ffm. begründete E. die überragende Stellung der Stadt im internationalen Buchhandel, der auf den beiden Ffter Messen blühte und gute Absatzmöglichkeiten bot. Dank seiner Monopolstellung und seiner umsichtigen Geschäftspolitik erlangte E. in wenigen Jahren großen Reichtum und Ruhm weit über Ffm. hinaus. Wo E. seine erste Ffter Druckerwerkstatt errichtet hatte, ist unbekannt. Nach Benzing soll er sein Geschäft im Haus zum Wiltberg am Kornmarkt 20 eröffnet haben, das er später auch erworben hat. Am 6.3.1533 bat E. den Ffter Rat um Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Domizil. Wenige Monate später, am 10.6.1533, erwarb E. mit Hilfe eines städtischen Darlehens das Haus von Johann Jeckel in der Bleidengasse 16 für 550 Gulden. Da sich der Umsatz verdreifachte und das Unternehmen weiter expandierte, hat E. im September 1542 die alten Bürgerhäuser zum Wiltperg, zur Alten Münze und Storckenburg an der Ecke Großer Kornmarkt/Sandgasse aufgekauft und niederreißen lassen, um Schriftgießerei, Druckerei, Verlag und Vertrieb in einem geräumigen Neubau zu vereinen. An dem neu errichteten Haus am Kornmarkt 20 ließ E. 1543 eine lateinische Erinnerungstafel anbringen, die 1907 beim Abbruch des Hauses ebenso zerstört wurde wie die am 26.6.1881 anlässlich der 350-Jahr-Feier von E.s Bürgereid angebrachte Gedenktafel für den „erste(n) Buchdrucker Fft.s“.
E.s Schriftgießerei arbeitete nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern belieferte auch andere Druckereien. Im September 1535 berief ihn Landgraf Philipp von Hessen als offiziellen Universitätsbuchdrucker an die neugegründete Universität Marburg. In der von seinem Faktor Andreas Kolbe geführten Marburger Filialdruckerei veröffentlichte E. von 1538 bis 1543 weit über 70 Drucke, darunter 40 amtliche, die in Typografie und im Bilderschmuck das Ffter Niveau nicht erreichten. In Marburg wurde von E. die nüchterne, aber gut lesbare Antiquaschrift verwendet. 1543 trat E. die Marburger Filiale an seinen Faktor ab; danach gab er bis 1552 nur noch wenige gemeinsame Drucke mit Kolbe heraus. Ob E. für den Grafen Reinhard zu Solms 1547 in Hohensolms eine Privatpresse eingerichtet hat, lässt sich urkundlich nicht eindeutig klären und ist in der Forschung umstritten. Es gibt einen Hohensolmser Briefwechsel und Rechnungsbeleg von 1547/48 für eine von E. gedruckte Flugschrift ohne Ortsangabe, worin Friedrich Uhlhorn den Beleg sieht, dass E. eine Druckerei in Hohensolms eröffnet habe; Benzing und Jäcker sehen als gesichert, das E. für Hohensolms druckte, wobei sie den Druckort offenlassen. Um 1550 kaufte E. eine Papiermühle in Gengenbach an der Kinzig im Schwarzwald. Mit der zusätzlichen Papierfabrikation vereinte er alle wichtigen Arbeitsbereiche seines Gewerbes in einer Hand.
Das verlegerische Repertoire von E. erstreckte sich auf alle Wissensgebiete seiner Zeit. In städtischem Auftrag publizierte er 1531 die Ffter Ratsverordnungen und die Goldene Bulle des Kaisers
Karl IV. 1532 ließ der zur Reformation übergetretene Ffter Rat bei dem lutherischen Drucker E. die „Notel von der Abthuung der Mess“ veröffentlichen, die sich mit der Abschaffung des katholischen Messopfers befasste. E.s Verlagsprogramm umfasste gut illustrierte medizinische, anatomische, naturkundliche, geometrische, astronomische und militärische Abhandlungen, theologische, humanistische, juristische und amtliche Schriften, Länderbeschreibungen, Chroniken und Genealogien, praktische Ratgeber wie z. B. Rechen-, Kräuter-, Koch- und Schachbücher sowie rhetorische Werke, Kalender und andere Erbauungsschriften, so z. B. die erste hochdeutsche Übertragung des Reinecke Fuchs (1544). Zu den bedeutenden Werken der rund 35 von E. verlegten medizinischen Bücher gehören u. a. die „Wundartzney und der Chirurgen handwirckung“ des Paracelsus, die von Walter Ryff herausgegebene „De medicinali materia des Dioscorides“ und „Heymlicheyten Alberti Magni allen Hebammen und kindtbaren Frawen dienlich“, die „Hausapothek zu yedem leibs gebrechen“ sowie die „Ordenung und Regiment, sich vor der überscharpffen und giftigen Krankheit der Pestilenz zu enthalten“. Berühmt wurde E. auch als Erneuerer des Musiknotendrucks, da er nach französischem Vorbild den teuren, aufwendigen Doppeltypendruck auf den preiswerten, durchgehenden Notendruck im Fünf-Linien-System umstellte. Von den 17 Musikdrucken sind die 1538 erschienenen „Gassenhauwer und Reutterliedlein“ am bekanntesten.
Seinen verlegerischen Erfolg verdankte E. weniger den fachwissenschaftlichen lateinischen Werken als vielmehr seinen populären, allgemein verständlichen und gut illustrierten Büchern in deutscher Sprache. Er sicherte seiner Buchproduktion einen großen Abnehmerkreis durch reichen Dekor der Titelblätter sowie Holzschnittillustrationen und Bordüren in den Texten. Dafür holte E. eigens den aus Nürnberg stammenden Formschneider
Hans Sebald Beham nach Ffm. 1533 erschienen die von
Beham figürlich nachgebildeten „Biblischen Historien“, die allein sieben Auflagen kurz hintereinander erlebten. Noch berühmter waren
Behams Illustrationen der 1534 verlegten E.’schen Bilderbibel, ein Nachdruck der kurz zuvor in Wittenberg gedruckten deutschen Bibelübersetzung von
Martin Luther. Nach
Behams Tod 1550 ließ E. Holzschnitte anfertigen von Hans Leonhard Schäuffelin („Leben und Sterben Christi“, 1550), Hans Burgkmair („von Gebure und Billicheit“, 1550), Hans Weiditz („Die kleine Bibel, 1549; „Novum Testamentum“ und „Sanctorum et Martyrium icones“, 1551) und von
Conrad Faber den Belagerungsplan von Ffm. 1552. Ferner erwarb E. den Nachlass des Augsburger Druckers Heinrich Steiner zu Petrarcas Trostspiegel und die Holzstöcke des Theuerdank.
Da zu E.s Zeiten das Urheberrecht noch nicht gesichert war, gab es häufig Nachdrucke. Auch E. verantwortete sich 1533 in einem Reichskammergerichtsprozess gegenüber dem Vorwurf des Straßburger Verlegers Johann Schott wegen des Nachschnitts von 230 Illustrationen von Hans Weiditz. In seiner Verteidigungsschrift führte E. den Grundsatz der Verjährung des Urheber- und Verlagsrechts an. In literarischen Flugschriften verteidigte sich E. gegen die Anschuldigung der unbefugten Veröffentlichung einer Vorlesungsnachschrift des Juristen Konrad Lagus von 1543 und gegen die Angriffe des Baseler Botanikers Leonhard Fuchs den Nachdruck seines Kräuterbuchs betreffend. Auch klagte E. vor Gericht seine Rechtsansprüche gegenüber säumigen Schuldnern ein. Nach der Verleihung des kaiserlichen Privilegs 1553, das jeden Nachdruck seiner Werke und Vertrieb derselben bei Strafe verbot, erzwang er noch im gleichen Jahr die Auslieferung von in Lyon nachgedruckten Büchern, die der Buchdrucker Gottfried Beringer während der Ffter Messe angeboten hatte.
Bis zu seinem Tod am 9.2.1555 hat E. in seinen Druckereien in Straßburg, Ffm. und Marburg weit über 500 Werke herausgebracht. Davon sind rund 420 Publikationen in seiner Ffter Zeit entstanden.
E.s Porträt ist in zwei verschiedenen Holzschnitten überliefert: erstmals 1555 auf dem Trauerzettel E.s, später auf Titelblättern der von E.s Erben gedruckten Werke.
Christian E. (d. Ä.) wurde auf dem Peterskirchhof begraben. Auf seinem prächtigen (nicht mehr erhaltenen) Epitaph würdigte ihn eine Inschrift als ersten Buchdrucker Fft.s und gab sein Druckerzeichen wieder: einen Altar mit einem im Feuer brennenden Herzen.
Nach dem Tod E.s 1555 übernahm seine Frau Margarethe den Verlag mit Druckerei und der Gengenbacher Papiermühle sowie ein stattliches Vermögen nebst zahlreichen Häusern, Wiesen und Weingärten. Als unabhängige Geschäfts- und Vermögensverwalterin leitete sie bis 1572 das Unternehmen mit Unterstützung ihrer Schwiegersöhne unter dem Namen „E.s Erben“. Die Stadt Ffm. gestattete ihr, am 19.11.1555 den Bürgerinneneid zu leisten. In dem Erbteilungsvertrag vom 24.12.1572 übereignete sie den Verlag mit Druckerei ihren Kindern, die den Betrieb noch bis 1605 weiterführten. Die Schriftgießerei überschrieb sie ihrer Enkelin Judith (1550-1591), der Tochter ihres bereits 1566 verstorbenen Sohnes Christian E. d. J., der seit 1553 Prediger an der Ffter Peterskirche gewesen war. Zusammen mit ihrem Gatten
Jakob Sabon führte Judith E. die „E.-Sabon’sche Gießerei“ erfolgreich weiter als erste unabhängige Schriftgießerei im deutschsprachigen Raum. Noch bis ins 18. Jahrhundert stellte die Firma unter dem Namen „E.-Lutherische Schriftgießerei“ im Haus zum Wiltperg Drucktypen her.
E.straße im Nordend.
Nach den überlieferten Porträtdarstellungen hat
Eduard Schmidt von der Launitz den Bildniskopf E.s für das
Gutenberg-Denkmal (1840/58) am Roßmarkt geschaffen.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 172-174,
).