Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
in den vergangenen Monaten machte der Große Hirschgraben zumindest zwei seiner Namensbestandteile alle Ehre. Es tat sich dort, direkt neben dem Goethehaus, eine riesige Grube auf. Auf dem Areal des abgerissenen alten „Hauses des Deutschen Buchhandels“ wurde der Grund für einen Neubau gelegt, in dem u. a. das Deutsche Romantik-Museum entstehen wird. Zum Zentrum der Romantik wurde die Mainstadt, eigentlich mehr für ihren Handel und ihre Messen bekannt, um die Wende zum 19. Jahrhundert durch ein Haus, das Goethe „die Mitte Frankfurts“ nannte: das Haus zum Goldenen Kopf in der Großen Sandgasse 12, das Stammhaus der Familie Brentano. Hier trafen sich einst die führenden Köpfe der romantischen Bewegung. Einer der ersten war der junge Schriftsteller Achim von Arnim, dem diesmal unser Artikel des Monats gewidmet ist.
Artikel des Monats: Verheiratet mit einer Frankfurterin
Er wurde von seinem Studienfreund nach Frankfurt eingeladen und heiratete später dessen Schwester: Achim von Arnim. Der 21-jährige Schriftsteller kam im Sommer 1802 erstmals zu Besuch nach Frankfurt, auf Einladung von Clemens Brentano, mit dem er künftig kongenial zusammenarbeitete. In jenem Juni starteten die beiden Dichterfreunde von Frankfurt aus zu einer Rheinreise, die heute als Beginn der literarischen Rheinromantik in Deutschland gilt. Schon bei dem ersten Frankfurtaufenthalt lernte Arnim die damals 17-jährige Bettine Brentano kennen. Um die Zeit der Drucklegung der Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ (1805/08), die er in Heidelberg betreute, kehrte er oft und gern nach Frankfurt zurück. Nach der Hochzeit mit Bettine im März 1811 reiste Arnim noch gelegentlich an Main und Rhein, um die Familie Brentano zu besuchen. 1829, kaum zwei Jahre vor seinem frühen Tod, vertraute er seine Töchter Maximiliane und Armgart seinem Schwager Georg Brentano in Frankfurt zur Erziehung an. Dessen Park in Rödelheim war nicht nur Maximilianes „Zauberreich“.
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An das Haus zum Goldenen Kopf, einst Dreh- und Angelpunkt der literarischen Romantik, erinnert vor Ort in der Sandgasse nichts mehr. Mitten im Zweiten Weltkrieg, im Sommer 1942, war noch die Idee aufgekommen, es als „Haus der Romantik“ museal zu gestalten. Doch bei den Luftangriffen auf die Frankfurter Altstadt im März 1944 wurde das Brentanohaus völlig zerstört. An seiner Stelle erhebt sich heute die Seitenwand des Parkhauses Hauptwache zur Sandgasse. Nur zwei Straßen weiter hat das künftige Deutsche Romantik-Museum in der Nachbarschaft des Goethehauses und unter der Obhut des Freien Deutschen Hochstifts seinen angemessenen neuen Platz gefunden.
Dort, im Großen Hirschgraben, soll das Museum voraussichtlich im Sommer 2019 eröffnet werden. Bald wird es also in der kleinen Innenstadtstraße wieder keinen großen Graben mehr geben. Und Hirsche sind hier schon lange nicht mehr zu sehen, was vor mehr als 260 Jahren auch die Kinder Johann Wolfgang und Cornelia Goethe verwunderte. Auf ihre Fragen, so erzählt Goethe aus der Erinnerung in „Dichtung und Wahrheit“, erklärte man den Geschwistern den Straßennamen damit, dass ehemals dort „ein Graben gewesen“ sei, „in welchem eine Anzahl Hirsche unterhalten worden. Man habe diese Tiere hier bewahrt und genährt, weil nach einem alten Herkommen der Senat alle Jahre einen Hirsch öffentlich verspeiset, den man denn für einen solchen Festtag hier im Graben immer zu Hand gehabt.“
Für die jetzt wieder kommende Zeit der Feste wünsche ich Ihnen nicht nur leckeres Essen und bequemes Leben, sondern auch viel Freude und etwas Besinnlichkeit, gute Ruhe und besonders Wohlergehen sowie allen Menschen mehr Frieden auf Erden.
Mit vorweihnachtlichen Grüßen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons
P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Januar 2017.