Arnim, Carl Joachim Friedrich Ludwig, allgemein gen. Achim (auch: Ludwig Achim), familiär gen. Louis, von. Schriftsteller. Gutsherr. * 26.1.1781 Berlin, † 21.1.1831 Wiepersdorf.
Sohn des preußischen Gesandten und Theaterintendanten Joachim Erdmann von A. (1741-1804) und dessen Ehefrau Amalie, geb. Labes (1761-1781). Bruder von Carl Otto, gen. Pitt, von A. (1779-1861). Die Großmutter Caroline von Labes (1730-1810) erzog die Brüder in Berlin. A. war seit dem 11.3.1811 verheiratet mit
Elisabetha, gen. Bettine, von A., geb. Brentano, einer Schwester u. a. von
Georg und
Clemens Brentano. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor: Freimund (1812-1863), Siegmund (1813-1890), Friedmund (1815-1883), Kühnemund (1817-1835), Maximiliane (später verh. von Oriola, 1818-1894), Armgart (später verh. von Flemming, 1821-1880) und Gisela (später verh. Grimm, 1827-1889).
A. verbrachte seine Jugend in Berlin und auf dem nördlich der preußischen Hauptstadt gelegenen Familiengut Zernikow, bevor er als Student den Studenten und Schriftsteller
Clemens Brentano in Göttingen kennenlernte und sich der Dichtung zuwandte. Nach Studien- und Reisejahren (1798-1804) sowie längeren Aufenthalten in Heidelberg und Königsberg wohnte A. als Schriftsteller und Herausgeber von 1809 bis 1814 erneut in Berlin. Ab 1814 widmete er sich zunehmend der Landwirtschaft auf dem Familiengut Wiepersdorf südlich der Stadt, wo er – unterbrochen von tage-, wochen- und monatelangen Aufenthalten in Berlin und Reisen – bis zu seinem Tod im Januar 1831 als Dichter der Romantik und später auch Gutsherr lebte.
A. hat Ffm. in den Jahren 1802, 1805, 1808, 1811/12, 1820 und 1828 besucht. Mit der Stadt am Main verband ihn seine Freundschaft mit
Clemens Brentano und die Liebe zu und Ehe mit dessen Schwester
Bettine, aber auch die lebenslange Bewunderung für
Johann Wolfgang Goethe. In Ffm. war A. ein gern gesehener Gast bei der
Familie Brentano; später verkehrte er auch im Kreis um Marianne von Willemer und den Ffter Senator
Thomas.
Erstmals traf A. um den 1.6.1802 in Ffm. ein, aus Regensburg anreisend und einer Einladung
Clemens Brentanos folgend. Er befand sich auf einer mehrjährigen Bildungsreise, die ihn durch die südlichen deutschen Länder und an den Rhein führte, anschließend weiter in die Schweiz, durch Oberitalien, Frankreich, England, Schottland und Holland. A. und
Brentano, die sich ziemlich genau ein Jahr zuvor zum ersten Mal begegnet waren, unternahmen in jenem Juni 1802 von Ffm. aus eine gemeinsame Rheinreise, zu der sie mit dem Mainzer Marktschiff aufbrachen. Diese Reise, die als Beginn der literarischen Rheinromantik in Deutschland gilt, wird eingerahmt von zwei Fft.-Aufenthalten A.s, ungefähr vom 1. bis zum 7. Juni und für wenige Tage im letzten Drittel desselben Monats (etwa ab dem 22. Juni; genauere Datierungen sind nicht möglich). A. bezog Quartier im
Brentano’schen Wohn- und Handelshaus zum Goldenen Kopf in der Großen Sandgasse und traf in Ffm. erstmals und mehrmals
Bettine Brentano, die nach dem Tod beider Elternteile bei ihrer Großmutter Sophie von La Roche in Offenbach wohnte. An
Brentano, der länger am Rhein geblieben war, schrieb der seine Bildungsreise fortsetzende A. am 9.7.1802 aus der Schweiz: „Deine
Bettine habe ich nur dreymal sehen können und daran war Deine Abwesenheit schuld, aber einen frohen Abend habe ich in ihrem Garten gelebt.“ (Arnim/Brentano: Freundschaftsbriefe 1998, S. 23.) Und: „Sie begleitete mich auf dem Fußweg nach Frankfurt, die gebognen Apfelbäume beschatteten uns (...), ich küste sie zum Abschiede, sie aber schien kalt.“ (Mitte August 1802; ebd., S. 29.) Vor dem Hintergrund dieser Briefstellen erscheint
Bettines spätere ausführliche Darstellung in „
Clemens Brentano’s Frühlingskranz“ (1844) von einem Besuch mit A. und
Karoline von Günderrode auf dem Gelände des heutigen Grüneburgparks und einem gemeinsamen nächtlichen Aufenthalt im Von Cronstett- und von Hynspergischen adeligen evangelischen Stift (vgl. Bettine von Arnim: Clemens Brentano’s Frühlingskranz 2006, S. 170-174) – wie so vieles in
Bettines teilfingierten Quelleneditionen – stark ausgeschmückt oder sogar frei erfunden. Dagegen eröffnete A.
Brentano in seinem Brief vom 9.7.1802 die Existenz eines authentischen, anlässlich seines Fft.-Aufenthalts entstandenen Textes: „Ich habe einmal in einer traurigen Stunde Dein ganzes Hauß aus der Verbindung von Feuer und Magnetismus construirt und Dich auch,
Bettine ist die höhere Vereinigung von beyden.“ [Arnim/Brentano: Freundschaftsbriefe 1998, S. 23; vgl. Achim von Arnim: Werke 6 (1992), S. 119-121: „Charakterisierung der
Brentano-Familie“; Manuskript des Textes im FDH, Hs-7214,24.]
Die Arbeit am ersten Band von „Des Knaben Wunderhorn“ (1805) führte A. wieder nach Ffm., wo er
Bettine nach drei Jahren wiedersah und ungefähr ab dem 10.8.1805 die Drucklegung jener gemeinsam mit
Clemens Brentano in Heidelberg zusammengestellten Liedersammlung beaufsichtigte. A. wohnte diesmal im Englischen Hof und verlebte einen Großteil des Sommers und Herbstes in Ffm., unterbrochen von Ausflügen nach Wiesbaden und an den Rhein (etwa vom 10. bis zum 26. September) sowie auf das
Savigny’sche Hofgut Trages bei Hanau (etwa vom 13. bis 18. Oktober). Auf dem Trages wurde die Taufe von
Friedrich Carl von Savignys erster Tochter Bettina (später verh. Schinas, 1805-1835) mit A.,
Clemens,
Christian,
Bettine und Meline Brentano [später verh. (von) Guaita, 1788-1861],
Jacob Grimm u. a. gefeiert. Im November 1805 reiste A. aus Ffm. mit Ziel Berlin ab.
Auch A.s nächster Fft.-Aufenthalt stand ganz im Zeichen des „Wunderhorn“ und der
Brentanos: Anfang Januar 1808 reiste A. von Kassel nach Ffm., wo er
Bettine wiedersah, und dann Mitte Januar weiter nach Heidelberg, um sich dort um den Druck des zweiten und dritten Bandes der Liedersammlung (1808) zu kümmern. Von Heidelberg aus, wo er bis Mitte November wohnen blieb, besuchte A. mehrmals Ffm., so kurz Mitte März, um in der Ehekrise von
Clemens Brentano und dessen zweiter Frau
Auguste zu vermitteln, im August und dann wieder in der ersten Septemberhälfte, als Ausgangspunkt u. a. zu einem Ausflug nach Aschaffenburg, das er am 17. September Richtung Heidelberg verließ. Der mit
Bettine in und um Ffm. verlebte Sommer hinterließ literarische Spuren in A.s im anschließenden Winter entstandener Novellensammlung „Der Wintergarten“ (1809), worin versteckt auch auf die gemeinsam erlebte Taufe „auf dem Trages“ 1805 angespielt wird [vgl. Achim von Arnim: Werke 3 (1990), S. 1182]. Und
Bettine schrieb in jenem Winter aus München an A.: „Auf dem letzten Spaziergang auf dem Trages (...), da warst Du mir so gut (...), ich hing an Deinem Hals und schüttelte einen warmen Herzensregen aus meinen Augen.“ [8. Dezember 1808; Betz/Straub (Hg.): Bettine u. Arnim. Briefe 1986/87, Bd. 2, S. 105.]
Gemeinsam als Ehepaar kamen A. und (die schwangere)
Bettine nur einmal nach Ffm., vom 28.9.1811 bis zum 21.1.1812, unterbrochen von zwei längeren Aufenthalten im Oktober 1811 am Rhein und einem Abstecher A.s nach Koblenz und Heidelberg. Der Besuch des Paars galt den
Brentano-Familien in Winkel im Rheingau und in Ffm. In Winkel, wo A. bereits im Mai/Juni 1808 einmal gewesen war, hatte die Familie von
Franz Brentano ihr Sommerdomizil, während
Georg Brentano das benachbarte Weingut am Johannisberg gepachtet hatte. Unter dem Eindruck der Zeit der Weinlese am Rhein entstand damals, ab Oktober 1811, die Einleitung zur A.s „Novellensammlung von 1812“ [vgl. Achim von Arnim: Werke 3 (1990), S. 1234, 1248]. Ebenfalls im Oktober lernte A. in Ffm., wo er sich Anfang, um die Mitte und gegen Ende des Monats aufhielt, das von Großherzog Carl Theodor von Dalberg mitbegründete Ffter „Museum“ kennen, eine literarisch-künstlerische Gesellschaft, in der er am 18.11.1811 Mitglied wurde.
Erst neun Jahre später, im Oktober/November 1820, sah A. Ffm. wieder. An einem Abend im Oktober, wenige Tage vor Mitte des Monats, kam er an und nächtigte in einem Gasthaus, bevor er am nächsten Tag das Haus zum Goldenen Kopf und den Witwer
Georg Brentano und dessen Kinder aufsuchte. Auch
Bettines Schwester Meline von Guaita,
Franz Brentano sowie die Hausdame und frühere Erzieherin der Brentano-Geschwister Claudine Piautaz (1772-1840) traf er an; an
Bettine schrieb er ein Gedicht („Zuweilen tut mir das Herz so weh...“), das mit dem Vers endet: „Und wer noch liebt ist jung.“ [Brief aus Ffm., 16.10.1820; Vordtriede (Hg.): Achim u. Bettina in ihren Briefen 1988, S. 229.] Im
Brentano’schen Haus in der Großen Sandgasse wohnte A. einige Tage, sah in Ffm.
Moritz Bethmann,
Johann Gerhard Christian Thomas und dessen Frau
Rosette, geb. Willemer, sowie
Theodor Kestner, besuchte
Georg Brentanos Park in Rödelheim und fuhr „auf dem neuen Wege über die Schiffbrücke (...), nahe dem alten, wunderlichen roten Schlosse“ (ebd., S. 227), nach Offenbach, reiste anschließend für ca. zwei Wochen nach Schwaben, kehrte nach Ffm. zurück und reiste im ersten Drittel des November über Winkel wieder ab.
Im letzten Drittel des September 1828 traf A. erneut in Ffm. ein und blieb – unterbrochen von einem viertägigen Aufenthalt in Wiesbaden – etwa zwei Wochen. Er besuchte die Ffter
Brentanos, die alten Freunde und den Rödelheimer Park, wo er ein prunkvolles Wohltätigkeitsfest mit rund 250 Gästen um wenige Tage verpasste. Noch im September suchte er
Joseph Görres, den Freund aus der Heidelberger „Wunderhorn“-Zeit, und dessen Schwiegersohn Johann Baptist Joseph Leopold Steingaß in Ffm. auf; im Oktober gesellten sich
Clemens Brentano, aus der Schweiz kommend, und
Johann Friedrich Böhmer hinzu.
Im Jahr 1829 vertraute A. seine Töchter Maximiliane und Armgart seinem Schwager
Georg Brentano zur Erziehung in Ffm. und Rödelheim an, wo beide Mädchen bis 1834 lebten. A. hat diese und auch Ffm. nicht mehr besuchen können; im Januar 1831 starb er wenige Tage vor Vollendung seines 50. Lebensjahres.
Ölporträt (von Peter Eduard Ströhling, 1804) im Besitz des Ffter Goethe-Museums.
Ein großer Bestand von A.-Handschriften (Gedichte, Dramatisches, Prosa und Briefe) befindet sich im Besitz des Freien Deutschen Hochstifts.
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