Schlosser, Johann Friedrich Heinrich, gen. Fritz. Fürstlich Primatischer Stadt- und Landgerichtsrat. Dr. jur. Jurist. Politiker. Schriftsteller. * 30.12.1780 Ffm., † 22.1.1851 Ffm.
Sohn von
Hieronymus Peter Sch. und dessen Ehefrau Margaretha Rebecca Elisabeth, geb. Steitz (1749-1819). Enkel von
Erasmus Carl Sch. Neffe von
Johann Georg Sch.Schüler des Ffter Gymnasiums. Studium der Rechtswissenschaften in Halle, Jena und Göttingen, wobei er in Jena
Goethe und
Schiller kennenlernte. Nach seiner Promotion (1803) war Sch. zunächst als Advokat in Ffm. tätig, wurde dann 1806 von Dalberg zum Stadt- und Landgerichtsrat ernannt und veröffentlichte auf der Grundlage des französischen „Code de Commerce” Materialien zu einem Handelsgesetzbuch für Ffm. Bald trat er als Rat in die neu errichtete Oberschul- und Studienkommission ein und fungierte als Direktor des Großherzoglichen Lyceums (errichtet 1812) in Ffm. Nach dem Ende des Großherzogtums nahm Sch. kein öffentliches Amt mehr an, sondern widmete sich als Jurist der inneren Umbildung seiner Vaterstadt und der Betreibung einiger ihm anvertrauter Reklamationen bei den höchsten Behörden. Bereits Anfang 1814 arbeitete er als Mitglied einer von dem Generalgouvernement der verbündeten Mächte eingesetzten Kommission den (später nicht verwirklichten) Entwurf einer neuen Verfassung mit aus. Mit einer Privatreklamation von Ffter Bankiers und Geschäftsleuten betraut, reiste Sch. zum Wiener Kongress. Nach dem Vorbild seines jüngeren Bruders
Christian Friedrich Sch. (1782-1829) trat er zusammen mit seiner Frau
Sophie Johanna Sch., geb. du Fay (1786-1865), am 21.12.1814 in Wien zum katholischen Glauben über und engagierte sich seitdem verstärkt für die bürgerliche Gleichstellung der Katholiken in Ffm. Um die Mitte des Jahres 1815 in seine Vaterstadt zurückgekehrt, veröffentlichte Sch. hier eine Schrift über das Verhältnis der Justizverwaltung zum Ganzen der öffentlichen Verwaltungszweige in Ffm., kritisierte die 1816 eingeführte Verfassung und verteidigte weiterhin vehement die Rechte der katholischen Gemeinde, bis er diese 1822 endlich gesichert sah. Als Jurist mit Reklamationen beim Bundestag befasst, gab er diese wie seine juristische Tätigkeit überhaupt nach einem Konflikt 1823 auf.
Schon früher hatte sich Sch. kulturell interessiert gezeigt; so hatte er seit 1808 an den Unterhaltungen des „Museums” teilgenommen und 1811 als Übersetzer auf
Giordano Bruno aufmerksam gemacht. Vor allem aber war er als Freund des
Freiherrn vom Stein 1819 an der Gründung der „Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde” beteiligt gewesen und hatte das Projekt „Monumenta Germaniae Historica” maßgeblich unterstützt. Nach seinem Rückzug ins Privatleben lebte Sch. als Schriftsteller und Übersetzer im Winter in seinem Haus am Liebfrauenberg in Ffm., im Sommer auf seinem 1825 erworbenen Landsitz Stift Neuburg bei Heidelberg. Sch. und seine Frau führten hier wie dort ein gastfreies Haus, das zum gesellschaftlichen Mittelpunkt für Künstler, Gelehrte und Geistliche wurde. Zu Sch.s Gästen gehörten
Goethe, Marianne von Willemer und
Goethes Schwiegertochter Ottilie, der
Freiherr vom Stein,
Friedrich Schlegel und
Johannes Janssen, die
Brentanos, Overbeck,
Steinle, Johannes und
Philipp Veit. Insbesondere Sch.s Sommersitz Stift Neuburg mit seiner bedeutenden Bibliothek sowie seinen wissenschaftlichen und künstlerischen Sammlungen wurde als Treffpunkt der Heidelberger Romantiker auch zu einem wichtigen geistigen Zentrum. Neben seinem allerdings meist außerhalb von Ffm. lebenden Bruder
Christian Friedrich Sch., der mit Johanna
Helene Sch., geb. Gontard (1790-1820), einer Tochter von
Susette Gontard, verheiratet war, gilt Sch. daher als bedeutendster Ffter Vertreter der Romantik.
Mit
Goethe verband Sch. eine lebenslange Freundschaft, während es zwischen
Goethe und Sch.s Bruder
Christian Friedrich zum Bruch kam. Als Jurist erledigte Sch.
Goethes geschäftliche Angelegenheiten in Ffm. 1808 benachrichtigte er
Goethe vom Tod von dessen Mutter
Catharina Elisabeth und ordnete deren Erbschaft. Für „Dichtung und Wahrheit” sammelte und lieferte Sch. Mitteilungen aus Ffm. Nach
Goethes Tod richtete Sch. auf Neuburg ein
Goethe-Museum (mit einem Sch. gewidmeten Porträt des Dichters von Kügelgen, 1810) ein. Nach Sch.s Tod ging dessen große
Goethe-Sammlung an das Katholische Seminar in Mainz über.
Als Schriftsteller und Übersetzer widmete sich Sch. in späteren Jahren vor allem poetisch-religiösen Texten, schuf eine neue deutsche Übertragung der Gedichte des Franz von Assisi und verfasste eine Darstellung über die Zustände der griechischen Kirche Russlands. Seine Witwe
Sophie Johanna Sch. gab posthum sein Werk „Die Kirche in ihren Liedern durch alle Jahrhunderte” (mit einem Vorwort von
Beda Weber, 2 Bände, 1851-52) und Schriften aus seinem Nachlass (4 Bände, 1856-59) heraus.
Das Kochbuch und das Hausbuch von
Sophie Johanna Sch., „der gestrengen Rätin”, wurden später von Alexander von Bernus veröffentlicht, dessen mit Frau Rat Sch. verwandte Familie nach deren Tod auch das Stift Neuburg erbte.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 292f.,
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