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Thoma, Hans

Thoma, Hans. Maler. * 2.10.1839 Bernau/Schwarzwald, † 2.11.1924 Karlsruhe.
Aufgewachsen in handwerklich-bäuerlicher Umgebung bei künstlerischer Prägung der Verwandtschaft mütterlicherseits (Stuben-, Uhrenschilder- und Hinterglasmaler). Lehrzeit bei einem Lithografen, einem Dekorations- und einem Uhrenschildermaler. T. malte in heimatlicher Umgebung naive Landschaften und gravitätische Porträts. Nach Übermittlung entsprechender Arbeitsproben an die Kunstschule Karlsruhe verwendete sich deren Direktor Johann Wilhelm Schirmer für ein landesherrliches Stipendium. Von 1859 bis 1866 während der Wintermonate Studium in Karlsruhe, ab 1867 in Düsseldorf. Dort – wo Publikum und Kollegen T.s Bilder ebenso ablehnten wie in Karlsruhe – machte T. Bekanntschaft mit dem Ffter Maler Otto Scholderer. 1867 Reise mit Scholderer nach Paris. Dort Besuch der Ffter Maler Steinhardt, Schreyer und Burnitz sowie Beeinflussung durch die französischen Maler des Barbizon-Kreises (Delacroix, Corot, Millet und vor allem Courbet, der seit einem Ffter Aufenthalt mit Scholderer bekannt war und den T. in Paris persönlich kennenlernte). Diese Erfahrungen bestärkten T., in heimatlicher Umgebung Figuren und Landschaften nach der Natur zu malen. Viele Kollegen und Kritiker lehnten seine Malweise aufgrund der Verwendung „blasser“ Farbwerte als „chinesisch“ ab. Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, abermals in Karlsruhe Fuß zu fassen, Übersiedlung nach München. Bekanntschaft mit Böcklin. Auf Scholderers Vermittlung fand T. Unterstützung durch den Ffter Maler Victor Müller, mit dem er sich dem Kreis um Wilhelm Leibl anschloss, zu dem auch die später nach Ffm. übergesiedelten Maler Steinhausen und Trübner zählten. T.s Bilder von Schwester und Mutter, Bernauer Landschaften und Schwarzwälder Kindern standen in krassem Gegensatz zur Produktion seiner älteren Künstlerkollegen und zum Zeitgeschmack. Einige jüngere Kollegen hingegen verehrten die „Dreieinigkeit Böcklin, Leibl und Thoma“.
1873/74 erster Aufenthalt in Ffm. auf Einladung des Ffter Arztes Otto Eiser (1834-1898), der durch Scholderer auf T. aufmerksam geworden war. Mit Porträts der Familien Eiser und Haag warb Eiser in der Ffter Gesellschaft sowie unter seinen Kollegen und Patienten um Freunde und Mäzene für T., unter denen Ida Müller, geb. Scholderer, und Eduard Küchler hervorzuheben sind. Von den Erträgen dieser frühen Porträtaufträge finanzierte T. seine erste Italienreise 1874. 1874/75 zweiter Ffter Aufenthalt; Ausmalung der Villa des Fabrikanten Alexander Gerlach (Guiollettstraße 34) mit Familienporträts und sechs Landschaftsdarstellungen nach Jahreszeiten im Gartensaal (Jahreszeitenzyklus heute im HMF).
Wegen „unheimlicher Ahnungen“ zögerte T. lange, Ffm., den „Wohnort angenehmer Menschen“, als dauernden Wohnsitz dem avisierten München oder Wien vorzuziehen. Ab Herbst 1876 teilte er mit Steinhausen ein Atelier in der Kaiserstraße und eine Wohnung Mainzer Landstraße 64. Mit dem Ende der Existenzsorgen begann eine anhaltende Periode der Ausgeglichenheit und künstlerischen Produktivität. Ende 1877 bezog T. mit Mutter, Schwester und mit seiner Münchener Schülerin Bonicella, gen. Cella, Berteneder (1858-1901), die er im Juni 1877 in Säckingen geheiratet hatte, eine Wohnung im Haus Lersnerstraße 20. T. blieb 23 Jahre lang in Ffm., zog sich nur anfangs zeitweise an den Oberrhein zurück und bezeichnete seine Ffter Zeit später als „ruhige Zustände beharrlichen Friedens“ und als „Lebensstufe wohlgetan“. T. suchte hier keinen „Kunstbetrieb“, sondern schätzte die „freie Reichsstadt, die auch in der Kunst jeden in seinem Wesen gelten ließ“. Er fand zwar auch in Ffm. anfangs wenig Anerkennung und oft herbe Kritik, hatte aber Aussicht auf weitere Aufträge. Der Architekt Simon Ravenstein zog ihn und Steinhausen zur Be- und Ausmalung seiner Bauten heran. So entstanden Wandfresken aus Wagneropern im Haus Gärtnerweg 10 (1882) und aus dem Nibelungenzyklus im Haus Reuterweg 60, Tapetenmalereien mit einem Bacchus- und Gambrinuszug im Café Bauer an der Hauptwache (1886; zu Beginn der Dreißigerjahre entfernt); für das Haus „Zum Kaiser Karl“ an der Ecke Zeil/Große Eschenheimer Straße (Architekt: Simon Ravenstein, 1882; kriegszerstört) wurden Kolossalköpfe der sieben Todsünden von T. und der sieben Planeten von Steinhausen geschaffen, wonach der Bau im Volksmund „Fratzeneck“ hieß. Anfangs nahm T., der gern und schnell malte, auch Aufträge Ffter Damen zum Entwurf von Stickmustern an, die oft besser bezahlt wurden als seine Bilder. Peter Burnitz, den T. 1873 porträtiert hatte („das Beste, was ich hier gemacht habe“), führte T. in die Ffter Künstlergesellschaft ein, wo er Kontakte besonders zu Fritz Boehle, Wilhelm Altheim und Louis Eysen pflegte. Später bildete T. mit Steinhausen, Karl von Pidoll, Wilhelm Trübner und Albert Lang einen eigenen Malerkreis um sich.
Durch die Bekanntschaft mit Otto Eiser schon früh für Motive aus der germanischen Sagenwelt interessiert („Alberich und die Rheintöchter“ 1876), fand T. durch diesen den Weg nach Bayreuth, wo er Opernkostüme entwarf und Cosima Wagner porträtierte (1899). Deren Schwiegersohn Henry Thode, der 1889 als Städeldirektor nach Ffm. kam, setzte sich stets für T. ein („Betrachtungen über die Gesetzmäßigkeit von T.s Stil“, 1891). Beide erörterten im Briefwechsel kunsttheoretische Fragen, und T. steuerte den Buchschmuck zu Thodes „Ring des Frangipani“ bei. Thode betextete Zeichnungen T.s („Federspiel“, 1891) und gab 1909 die erste T.-Mappe heraus („Des Meisters Gemälde in 874 Abbildungen“). Während T. bereits seit den 1870er Jahren über den in England lebenden Ffter Charles Minoprio Bilder dorthin verkaufen konnte (Englandreise 1879 und erfolgreiche Ausstellung mit Werken aus der Ffter Zeit in Liverpool 1884), brachte, nach Misserfolgen in Düsseldorf und Berlin, erst eine Ausstellung in München 1890 den künstlerischen Durchbruch in Deutschland und einen verbesserten Zugang zum Kunstmarkt, der T. allmählich Wohlstand bescherte. Es folgten Reisen, vor allem nach Italien und in die Schweiz. Die Vermarktung der Werke übernahm seit 1888 die Ffter Kunsthandlung Schneider/Andreas durch regelmäßige Ausstellungen. Sie wurden in den Jahren 1895 und 1899 zu wahren Triumphen für T., der sich nun auch stärker kunsthandwerklichen Experimenten (Majolika-Entwürfe und Emaille-Malereien für Jugendstil-Möbel) und aquarellierten Zeichnungen zuwandte. Ferner bemühte er sich um eine größere Breitenwirkung seiner Kunst durch Vervielfältigungstechniken und wurde dabei zu einem Pionier der Kaltnadelradierung auf Zinkplatten. Die Sommermonate verbrachte T. von 1894 bis 1898 in Oberursel und später in Kronberg, wo er 1898 ein Haus erwarb und lockere Kontakte zur dortigen „Malerkolonie“ unterhielt. 1899 folgte T. einem Ruf als Galeriedirektor und Kunstprofessor nach Karlsruhe. 1905 Verlobung mit Frances Grun (1874-1946), die T. als Musikstudentin in Ffm. kennengelernt hatte. Das Paar lebte getrennt, doch T. illustrierte Dichtungen seiner Braut („Zauberwald“, 1917; „Der Berggeist“, 1919).
1898 Präsident der Ffter Künstlergesellschaft.
T.s Nachleben in Ffm. war beträchtlich: 1922 Gründung der T.-Gesellschaft, die 1929 im Städel das gesamte Radierwerk zeigte. Beim Tod T.s 1924 befand sich sein Werk zum großen Teil in Ffter Privatbesitz. Die T.-Sammlung Eisers fiel an Eduard Küchler und wurde 1925 mit dessen Sammlung vereinigt. Beide Sammlungen wurden von Frau Bergmann-Küchler in einem T.-Museum im Oeder Weg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und 1939 teilweise dem Städel übereignet, das daher mit 45 Ölbildern und dem gesamten grafischen Werk [nach anderen Angaben: 86 Gemälden und über 400 Arbeiten auf Papier] eine der beiden größten T.-Sammlungen besitzt. Darunter befinden sich die Bilder „Hühnerfütterung“ (1864), „Am Fenster“ (1877), „Unter Flieder“ (1871), „Flucht nach Ägypten“ (1879), „Einsamer Ritt“ (1889) und „Sonnenuntergang an der Nied“. Auch in den Ffter Jahren malte T. hauptsächlich Bilder von Familie und Freunden, darunter Vorgangsbilder aus dem Alltagsleben und später auch biblische, mythologische, allegorische und phantastische Motive. Ein Schwerpunkt seines Werks waren Landschaftsbilder von T.s jeweiligem Aufenthaltsort, in Ffm. also Taunus-, Main- und Niddalandschaften. Hinzu kamen einige interessante Motive der Ffter Stadtlandschaft: T. malte viermal die Holzhausen’sche Öde (u. a. „Offenes Fenster“, 1883) sowie den Kühhornshof (1888), „Mondnacht am Main“ und den Blick von der Gerbermühle auf die Stadt (1898 und öfter). Unter den Taunusbildern sind hervorzuheben: „Cronberg im Taunus“ (1879), „Taunuslandschaft bei Eppstein“ (1888), mehrere Bilder von Oberursel und seinen Kastanienhainen (z. B. „Blick durch das offene Fenster“, 1896) und „Blick auf ein Taunustal“ (1897).
Autobiographien „Im Herbste des Lebens“ (1909) und „Im Winter des Lebens“ (1919). Bekenntnisbuch „Wege zum Frieden“ (1919).
T. wurde in Baden vielfach geehrt: Mitglied der Ersten Badischen Kammer (1905), Verleihung der Titel Geheimer Rat und Exzellenz, zweifache Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg. Mitglied der Akademien von München, Berlin und Dresden. Ehrenmitglied der Ffter Künstlergesellschaft.
Briefwechsel T. – Steinhausen im ISG. Teilnachlass in der T.-Gedächtnisstätte im Oberurseler Vordertaunusmuseum.
T. wurde nach 1890, auch durch die massenhafte Verbreitung seiner Werke in Mappen und Kalendern, zum volkstümlichen Künstler, der nahezu stereotyp als „naiv-fröhlich empfindendes Kind des Volkes“ und als „deutschester Maler seiner Zeit“ rezipiert wurde. In der NS-Zeit galt seine volkstümliche Malerei und Grafik als ästhetisches Alibi für die Bilderwelt des Nationalsozialismus. Nach 1945 erfolgte eine Neubewertung T.s. Er wurde nun als symbolanfälliger „Realist der frühen Stunde“ eingestuft, der seine Bilder nicht nach den zeitgenössischen Regeln der Genre- und Landschaftsmalerei komponieren wollte, sondern einfache Themen der heimatlichen Landschaft und des ländlichen Lebens wählte und sich in seiner Darstellungsweise durch Zeitströmungen nicht abbringen ließ. Insbesondere wird dabei sein auf die Realität gerichtetes ästhetisches Ziel herausgestellt, das Licht als Naturphänomen im Bildwerk wirken zu lassen.
2013 Werkschau „Hans T. ‚Lieblingsmaler des deutschen Volkes‘“ im Städel Museum.
Hans-T.-Straße in Sachsenhausen.

Artikel aus: Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 471-473, verfasst von: Tobias Picard.
Dieser Artikel wurde noch nicht abschließend für das Frankfurter Personenlexikon überarbeitet.
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Lexika: Dessoff, Albert: Kunst und Künstler in Ffm. im 19. Jahrhundert. 2. Bd.: Biographisches Lexikon der Ffter Künstler im 19. Jahrhundert. Ffm. 1909.Dessoff, S. 155-157. | Renkhoff, Otto: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. Wiesbaden 1985, 2., überarb. Aufl. 1992. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau XXXIX).NB 1985, S. 399f., Nr. 2295; 1992, S. 810, Nr. 4427.
Literatur:
                        
Hansert, Andreas: Geschichte des Städelschen Museums-Vereins Ffm. Hg. vom Vorstand des Städelschen Museums-Vereins. Ffm. 1994.Hansert: Städelscher Museums-Verein 1994, S. 16, 20, 47-49, 55, 59, 64-66, 68, 72f., 76, 132, 152; vgl. auch S. 184, Nr. A014. | Helmolt, Christa von: Hans Thoma. Spiegelbilder. Stuttgart 1989.Helmolt: Hans Thoma 1989. | Hoffmann, Hilmar: Die großen Ffter. Ehrenwürdige Bürger und Ehrenbürger [von Karl dem Großen bis Friedrich von Metzler]. 4., durchges. Aufl. Ffm. 2012.Hoffmann: Die großen Ffter 2012, S. 76f. | Hans Thoma in Fft. und im Taunus. Hg. v. d. Museumgesellschaft Kronberg im Taunus. Ffm. 1983.Kat. Hans Thoma in Fft. u. im Taunus 1983. | Museum Giersch der Goethe-Universität (Hg.): Kommen und Gehen. Von Courbet bis Kirkeby. Künstleraufenthalte in der Region Fft./RheinMain. Katalogred.: Susanne Wartenberg, Manfred Großkinsky. Petersberg [Copyright 2016].Manfred Großkinsky in: Kat. Kommen u. Gehen 2016, S. 64-69. | Krämer, Felix (Hg.): Hans Thoma. „Lieblingsmaler des deutschen Volkes“. Köln 2013.Krämer (Hg.): Hans Thoma 2013. | Holzinger, Ernst (Hg.)/Ziemke, Hans-Joachim (Bearb.): Die Gemälde des 19. Jahrhunderts. Text- und Bildband. Ffm. 1972. (Kataloge der Gemälde im Städel’schen Kunstinstitut I).Städelkat. d. Gemälde d. 19. Jh.s 1972, Textband, S. 405-433. | Ulbricht, Wilibald: Hans Thoma. Der Malerdichter aus dem Schwarzwalde. Ein Lebensbild. 2. Aufl. Berlin 1952.Ulbricht: Hans Thoma 1952. | Wiederspahn, August/Bode, Helmut: Die Kronberger Malerkolonie. Ein Beitrag zur Ffter Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts. Mit dokumentarischen Beiträgen von Änne Rumpf-Demmer, Julius Neubronner und Philipp Franck. 3., erw. Aufl. Ffm. 1982.Wiederspahn/Bode: Kronberger Malerkolonie 1982, S. 118-120, 707f. | Wolters, Dierk: Große Namen in Fft. Wer wo lebte. Ffm. 2009, erw. Neuaufl. 2012.Wolters: Wer wo lebte 2009, Neuaufl. 2012, S. 153-155.
Quellen: ISG, Archiv der Ffter Künstlergesellschaft (mit dem Nachlass von deren langjährigem Vorsitzenden Heinrich Schopp), 1874-2006.ISG, Ffter Künstlergesellschaft, V2/313 (biographische Mappe). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/951.

GND: 118622064 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Picard, Tobias: Thoma, Hans. Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1476

Stand des Artikels: 3.5.1995