Aufgewachsen bei seinem Stiefvater Johannes Umpfenbach, Kupferstecher und Lithograf, in Ffm. Lehre als Lithograf von 1827 bis 1832 und als Kupferstecher von 1832 bis 1835 in der Kupfer- und Steindruckerei des Stiefvaters, deren Leitung er 1835 als „erster Arbeiter“ übernahm. 1844 heiratete er Maria Catharina Josepha Wingens (1816-1851) und erhielt das Ffter Bürgerrecht als Lithograf und Quincailleriehändler. Im Juni 1844 machte S. sich selbstständig und eröffnete seine eigene „Lithographische Anstalt, Kupfer- und Buchdruckerei“. Offenbar hatte er sich schon vorher mit der Weiterentwicklung der Fotografie beschäftigt, deren Erfindung 1839 in Paris bekannt gegeben worden war; außerdem handelte er, wie auch sein Stiefvater, mit modischen Kleinwaren aus Metall (Quincaillerie oder Galanteriewaren). So verkaufte er bzw. sein Stiefvater, wie aus einem Inserat vom 6.4.1843 hervorgeht, auch Rahmen für Daguerreotypien (Fotografien auf versilberten Kupferplatten). Bereits im Oktober 1844 erweiterte S. sein Geschäft als einer der ersten in Ffm. um die Anfertigung derartiger Fotografien und stellte Probebilder in zwei anderen Läden aus. Als geschäftstüchtiger Unternehmer bot er in der Lokalpresse mehrfach Daguerreotypien, auch eingelassen in Armbänder und Ringe oder auf Dosen und Lesepulten, ebenso wie Pariser Lithografien und Kupferstiche als geeignete Weihnachtsgeschenke an. Im November 1846 übernahm er zusätzlich das fotografische Atelier des französischen Malers und Daguerreotypisten Christian Louis Leblanc, der sich vorübergehend in Ffm. niedergelassen und hier auch
Arthur Schopenhauer mehrfach abgelichtet hatte. Ab Sommer 1849 konzentrierte sich S. ganz auf die Porträtfotografie, da sein „photographisches Institut (seine) ganze Thätigkeit in Anspruch“ nehme. Er bot das Inventar seiner lithografischen Anstalt und ca. 600 lithografische Steine zum Kauf an; letztere erwarb der Buch- und Steindrucker Carl Knatz. Am 1.7.1850 zog S. mit seinem Institut in einen neuerbauten Pavillon in der Hochstraße um, wo er bis zum Juli 1857 blieb. Dann verlegte er sein Atelier erneut, und zwar in die Bleichstraße. Dort führte er es bis 1872 weiter.
S. war jederzeit auf der Höhe der fotografischen Technik und deren Weiterentwicklung. Ende 1844 führte der englische Fotograf E. Tanner die Kalotypie in Ffm ein, das neue Verfahren, Fotografien auf Papier herzustellen. Bereits kurz danach fertigte S., wiederum als einer der ersten in Ffm., derartige Porträts. S. inserierte seitdem als „Photographisches Atelier“ und bot „Lichtbilder auf Papier und Daguerreotyp-Porträts“ an. Er errichtete 1846 eigens einen Glaspavillon, um gute Lichtverhältnisse für seine Aufnahmen zu haben. 1847 bezeichnete er sich bereits als „Photograph“, obwohl diese Berufsbezeichnung damals noch nicht offiziell anerkannt war. Auch in den Folgejahren offerierte er Porträts nach beiden Verfahren. Die Papierabzüge, die unscharf und oft dunkel getönt waren, ließ er meistens kolorieren und suchte hierfür häufig „geübte Retoucheure“ per Inserat. Beim Kolorieren wurden nicht nur die abgebildete Person, sondern auch die Einrichtung des Studios, meist Sessel und Tisch, und auch der Hintergrund farbig bemalt. Die Porträts wurden so für das Publikum attraktiver und von der künstlerischen Qualität her Aquarellen gleichgestellt. Typisch für S.s Ansichten ist die Sitzhaltung der Abgebildeten auf einem Sessel, mit dem Ellenbogen auf die Tischkante gestützt. Daneben stellte S. weiterhin Daguerreotypien her, meist allerdings als Vorlage für Lithografien. 1848 konnte er zu diesem Zweck ca. 60 Abgeordnete der Ffter Nationalversammlung aufnehmen. Ebenfalls 1848 geriet S. in einen Patentstreit mit seinem Ffter Kollegen
Carl Friedrich, gen. Fritz, Vogel. Bei Gruppenfotos war häufig einer der Abgebildeten wegen der langen Belichtungszeit verwackelt dargestellt. Es war Praxis geworden, ein solches Foto aus mehreren Einzelfotos zusammenzustellen oder eine Person durch ein besseres Bild aus einem anderen Foto zu ersetzen.
Vogel beantragte hierfür ein Patent, um anderen Fotografen diese Fotomontagen zu untersagen. Der Senat der Stadt Ffm. erteilte ihm ein Patent für drei Jahre, wogegen S. und die Kollegen
Steinberger & Bauer heftig in Zeitungsannoncen protestierten. 1852 stellte S. seine Technik auf das Kollodiumverfahren um, bei dem die Papiernegative durch Glasnegative ersetzt und die Abzüge wesentlich präziser in der Darstellung wurden. In einem Inserat bot er sogar „Unterricht“ in allen fotografischen Verfahren an. Daneben hielt er Vorträge im Physikalischen Verein und legte seine Ergebnisse vor, so 1852 über Abzüge von Glasnegativen oder später über Fotografieren bei künstlichem Licht. Ab 1855 bot er Porträts auch als Stereobilder an. Er blieb aber reiner Porträtfotograf; Stadtansichten in Form von Papierabzügen von ihm sind nicht bekannt. Ab Ende der 1850er Jahre folgte S. dem allgemeinen Trend und spezialisierte sich auf Cartes de Visite, d. h. auf Porträts im Format einer Visitenkarte, ca. 10 x 6 cm, unter Verwendung des neuen Albuminpapiers. Die Aufnahmen waren sehr scharf und vor allem wesentlich billiger. Sie wurden, wie der Name sagt, auch als Visitenkarte benutzt und bei vielen Gastgebern gesammelt, wozu S. die passenden Alben verkaufte.
S. war gerade in seiner Anfangszeit, als die Konkurrenz noch nicht so groß war, sehr bekannt und konnte Personen der Ffter Stadtgesellschaft porträtieren. Frühe kolorierte Originale auf Papier haben sich erhalten von dem Bankier und preußischen Generalkonsul
Moritz von Bethmann, ein Porträt, das 1847 in einem Artikel in der Didaskalia lobend erwähnt wurde, von dem Bankier Wilhelm Peter Metzler (1818-1904) und von Ferdinand Fürst zu Solms-Braunfels (1797-1873) sowie von zwei unbekannten Herren. Besonders hervorzuheben sind S.s Porträts von Abgeordneten des Paulskirchenparlaments. 1848/49 ließen sich zahlreiche Abgeordnete von ihm ablichten, und zwar auf Daguerreotypien als Vorlage für Lithografien. Hier konkurrierte er mit seinem Ffter Kollegen
Carl Friedrich Vogel und dem Hamburger Fotografen Hermann Biow (1804?-1850). Der Verlag von
Carl Jügel gab in fünf Lieferungen eine Serie von 54 Lithografien „nach Seib’s Lichtbildern gezeichnet und lithographiert von
H. Hasselhorst und
Ph. Winterwerb“ heraus. Daneben konnten einige weitere seiner Abgeordnetenporträts erworben werden, z. B. von
Beda Weber, Adolf von Zerzog (1799-1880) und Carl Heinrich Ebmeier (1793-1850). Im HMF befinden sich acht Daguerreotypien, insbesondere von
Ernst Moritz Arndt,
Heinrich von Gagern und Franz Raveaux (1810-1851). Anfang der 1850er Jahre war S.s bekanntester Kunde
Arthur Schopenhauer, der sich zunächst über ihn geärgert hatte, ihm dann aber attestierte, dass er der Einzige in Ffm sei, der „gute Maschinen hat“.
Schopenhauer ließ sich zwischen 1852 und 1855 viermal von S. porträtieren und bezeichnete ihn zusammen mit dem Fotografen
Johannes Schäfer als „ersten und reputierlichsten Photographen hier“. Daneben sind von S. weitere Lithografien bekannt, bei denen Daguerreotypien als Vorlagen dienten, so die „Überschwemmung des Mains am 31. März 1845“ mit dem Blick auf die Stadt vom Mühlberg aus und das Porträt des Reichsverwesers
Erzherzog Johann, das er im August 1848 in der Lokalpresse für 48 Kreuzer offerierte. 1859 wurde S.s Aufnahme von
Leonhard Meck, der nach 50 Jahren als Schauspieler und Theaterdirektor in den Ruhestand ging, in der Didaskalia ausführlich gewürdigt. Aus der späteren Zeit sind etliche Porträts als Cartes de Visite erhalten. Originale befinden sich in erster Linie im HMF, im ISG (Bethmann-Archiv), in der UB Ffm. (Schopenhauer-Archiv) und in Privatbesitz.
Einzelne Aufnahmen von S. waren in historischen Fotoausstellungen zu sehen, in Ffm. im HMF 1982 und im Haus Giersch 2003, zudem 1989 im (damaligen) Agfa Foto-Historama in Köln und 1999 im Landesmuseum Koblenz.
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