Sohn des K. k. Hofphotographen Ignácz Ferencz (eigentl.: Isak) Schrecker (1834-1888) und dessen Ehefrau Eleonore, geb. von Cloßmann (1854-1919). Der Vater war bei der Heirat 1876 vom jüdischen zum reformierten Glauben übergetreten.
Sch. besuchte die Realschule und das Konservatorium in Wien. Dort war er Kompositionsschüler von Robert Fuchs, bei dem auch Hugo Wolf, Gustav Mahler und Alexander (von) Zemlinsky Unterricht erhielten. 1906/07 wirkte er als Chordirektor und Kapellmeister an der Wiener Volksoper. 1907 gründete er den Philharmonischen Chor Wien, den er bis 1920 leitete; Höhepunkt war die Uraufführung von Schönbergs „Gurreliedern“ (1913). Seit 1912 lehrte Sch. Komposition an der Akademie für Tonkunst in Wien, wo zu seinen Schülern auch Ernst Krenek gehörte (1916-20). Mit Arnold Schönberg verband ihn eine freundschaftliche Beziehung. 1920 wurde Sch. zum Direktor der Musikhochschule in Berlin berufen, 1923 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Künste (Ausschluss 1933). Auf Druck einer Gruppe konservativer und nationalsozialistischer Professoren wurde er genötigt, als Direktor der Berliner Musikhochschule zum 1.7.1932 zurückzutreten; daraufhin übernahm er die Leitung einer Meisterklasse für Komposition an der Preußischen Akademie der Künste. Die Uraufführung von Sch.s letzter Oper „Der Schmied von Gent“ an der Städtischen Oper in Berlin am 29.10.1932 wurde von nationalsozialistischen Demonstranten gestört. Emigrationsabsichten in die USA scheiterten an den Folgen der Weltwirtschaftskrise. Im Zuge der nationalsozialistischen „Gleichschaltung“ ab 1933 aus der Preußischen Akademie der Künste entlassen (Beurlaubung im Mai 1933, Zwangspensionierung im Januar 1934), erlitt Sch. im Dezember 1933 einen schweren Schlaganfall und starb wenig später an einem Herzinfarkt.
Die Ffter Oper, die damals sehr experimentfreudig war, hat zum Erfolg Sch.s wesentlich beigetragen: Vier seiner neun Opern wurden in Ffm. uraufgeführt, alle unter der musikalischen Leitung von
Ludwig Rottenberg und der Regie von Christian Krähmer. „Der ferne Klang“ (UA: Ffm., 18.8.1912) „wurde zu einem Triumph und stellte Sch. in eine Reihe mit den führenden Opernkomponisten seiner Zeit“ (Ulrike Kienzle in: NDB). „Über Nacht avancierte Sch. zu einem der meistbeachteten Opernkomponisten der Gegenwart.“ (Dies. in: MGG.) „Das Spielwerk und die Prinzessin“ (UA: Ffm. und Wien, 15.3.1913) erregte in Wien einen Opernskandal, hatte in Ffm. nur einen „freundlichen Achtungserfolg“ (ebd.). Nach „Die Gezeichneten“ (UA: Ffm., 25.4.1918) wurde „Der Schatzgräber“ (UA: Ffm., 21.1.1920) zum Sensationserfolg (mit 385 Aufführungen an 50 Häusern in den folgenden zwölf Jahren). Diese Oper wurde vom Komponisten „Der Stadt Frankfurt am Main und ihrem Opernhaus in Dankbarkeit zugeignet“. In dem Widmungsschreiben von Sch. an den Ffter Oberbürgermeister
Georg Voigt heißt es: „Der an Sie schreibt, ist seit dem 18. August 1912, an welchem Tage die Uraufführung seiner Oper ‚Der ferne Klang’ im Opernhause stattfand, ein Kind, ein Schützling Ihrer Stadt, Frankfurts, geworden. Ein Hort des Glaubens an mich selbst, die Wiege meiner weiteren Entwicklung als Künstler ist mir, dem ferne Lebenden, Frankfurt die eigentliche wahre künstlerische Heimat geworden.“ (Wien, 24.5.1919; in: ISG, MA U 504, Bd. 2, Nr. 104). Zur Zeit der Uraufführung des „Schatzgräbers“ 1920 stellte der aus diesem Anlass in Ffm. anwesende Dichterkomponist das Libretto zu seiner neuen Oper „Irrelohe“ in einer Lesung erstmals öffentlich vor; diese Oper erlebte knapp zwei Wochen nach der Kölner Uraufführung ihre Ffter Erstaufführung am 10.4.1924 (unter der musikalischen Leitung von
Ludwig Rottenberg und der Regie von
Lothar Wallerstein). Schon früh hatten der Komponist und sein Werk besondere Förderung durch
Paul Bekker, den Musikkritiker der FZ, erfahren.
Das Werk Sch.s markiert den Übergang von der Spätromantik zur Moderne; es war stark beeinflusst vom Wiener Jugendstil: „Üppiger Prunk (…) verband sich mit sinnlicher Süße“ [
Theodor W. Adorno; zit. nach: ders.: Gesammelte Schriften 16 (4. Aufl. 2017), S. 369].
Adorno rühmte den „Glanz seiner [d. i. Sch.s] Orchesterpalette“, kritisierte jedoch „Mangel an Strenge und vergeistigender Kraft“ sowie die „Geschmacklosigkeiten seiner Texte“ (zit. nach: ebd., S. 369f.). Sch. hielt an der Tonalität fest, verknüpfte psychologisches Musiktheater mit märchenhaften oder historischen Stoffen. Seit der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre wurde der „subjektive Expressionismus“ in seinem Werk allmählich von Neuer Sachlichkeit und Neoklassizismus verdrängt.
In den 1920er Jahren wurde Sch. neben
Richard Strauss als einer der bedeutendsten Opernkomponisten Deutschlands seit
Richard Wagner angesehen. Der Verfemung Sch.s durch die Nationalsozialisten – er galt nach der Terminologie der Nürnberger Gesetze als „Halbjude“ und wurde wegen der „Dekadenz“ seiner Werke schon lange vorher von nationalistischer Seite angegriffen – folgte die Geringschätzung durch die tonangebende Darmstädter Avantgarde. Erst seit Ende der 1970er Jahre setzte u. a. mit einer vielbeachteten Neuinszenierung der „Gezeichneten“ in Ffm. (unter der musikalischen Leitung von
Michael Gielen und der Regie von Hans Neuenfels, 1979) – zunächst sehr zögerlich – eine Sch.-Renaissance ein, die bis heute anhält und auch weitere Wiederaufführungen in Ffm. brachte. Heute gilt Sch. neben
Richard Strauss als der führende deutschsprachige Musikdramatiker seiner Zeit und zusammen mit Alexander (von) Zemlinsky, Arnold Schönberg und Erich Wolfgang Korngold als wichtiger Repräsentant der Wiener Moderne (vgl. Ulrike Kienzle in: MGG).
Ein Großteil des Nachlasses von Sch. befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien.
Die 1986 von Christopher Hailey gegründete „Franz Schreker Foundation“ fördert die Erforschung von Sch.s Leben und Werk und bereitet Neuausgaben seiner Werke vor.
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