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Fay, Carl Friedrich

Fay, Carl Friedrich. Fotograf und Verleger. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 17.12.1853 Ffm., † 22.9.1918 Geisa/Rhön.
Zweites Kind des Handelsmanns Carl F. († 13.3.1870) und dessen Ehefrau Sophia Mathilde, geb. Fay (1822-1915), beide Ffter Bürger (Eheschließung am 3.8.1848).
Geboren im Haus Neue Mainzer Straße E 14 (heute etwa Nr. 39-41). Nach den Meldeunterlagen zog die Mutter vier Monate nach dem Tod ihres Mannes mit dem 16-jährigen Carl Friedrich und den drei Töchtern von Paris nach Ffm. zurück und nahm eine Mietwohnung im Haus Sternstraße 7 (Nordend, Nähe Eschenheimer Anlage/Maurisches Haus). Seinen Berechtigungsschein zum einjährig-freiwilligen Militärdienst legte F. im April 1874 vor; von Oktober 1875 bis September 1876 war er Soldat bei den Husaren im benachbarten Bockenheim. Von Oktober 1876 bis Juli 1879 meldete er sich „nach London“ ab, gab als Gründungsdatum seiner späteren „Kunstanstalt für Photographie und Lichtdruck“ in Ffm. aber gleichwohl 1877 an. 1881 mehrwöchige Aufenthalte in Nürnberg und Hofgeismar. Über die Hintergründe dieser Reisen lässt sich kaum etwas sagen. Da F.s Mutter als „Privatiere“ offenbar über ausreichend Mittel verfügte und die Eltern ihrem Sohn eine höhere Bildung ermöglicht hatten, ist eine „Kavalierstour“ nicht auszuschließen; denkbar ist auch, dass F. sich während dieser Stationen bei Verlegern und Fotografen weitergebildet hat.
Seit 1889 lautet F.s Berufsbezeichnung im Adressbuch nicht mehr „Kaufmann“, sondern „Photograph“; außerdem wurde er in den Vorstand des örtlichen „Vereins zur Pflege der Photographie und verwandter Künste“ gewählt. 1892 zog F. samt Firma, die auf internationalen Ausstellungen hohe Auszeichnungen erhielt, vom Haus Buchgasse 3 in das neu erworbene Anwesen Pfingstweidstraße 11. Damit war er einer der vielen Geschäftsleute, die ihren Sitz aus der Alt- in die Neu- oder Außenstadt verlegten. In Werbeanzeigen betonte F., am neuen Standort über Elektrizität und Dampfheizung zu verfügen. Neben der Vervielfältigung von Fotos und Zeichnungen bot er weiterhin „Photographische Aufnahmen von Landschaften, Gebäuden, Denkmälern, Architekturen, Alterthümern, Interieurs, Maschinen, unterirdischen Räumen etc.“ an. Darüber hinaus hatte er Lichtdrucke für Touristen im Programm, zum Teil mit Untertiteln in englischer Sprache.
Aufgrund seiner geschäftlichen Erfolge konnte F. es wagen, mit den „Bildern aus dem alten Frankfurt am Main“ (ab 1896) ein Mappenwerk in Angriff zu nehmen, das vor allem Aufnahmen von Bauwerken enthielt, die vor Industrialisierung und Gründerzeit entstanden waren. Es handelte sich um ein Gegenstück zur weit verbreiteten Inszenierung moderner Monumentalbauten auf handwerklich guten, aber atmosphärisch kühlen Bildern. Dieser Verzicht auf stimmungstragende Elemente hatte zu einer breiten, länderübergreifenden fotografischen Gegenbewegung geführt, unterstützt z. B. von Bildungsbürgern, Denkmalschützern, Amateurfotografen oder Malern. F. griff diesen Trend auf und verband handwerkliche Qualität und Verbreitung durch den Lichtdruck mit malerisch-historischen Motiven sowie erläuternden Texten. Bis 1911 veröffentlichte er 26 Folgen mit insgesamt 314 Aufnahmen.
Der programmatische Titel signalisierte, dass es nicht um die neue, mondäne Stadt mit ihren jüngsten Prachtbauten und elektrischen Straßenbahnen ging, sondern um das alte, im Rückgang begriffene Ffm. In einem wahren Bauboom waren seit 1866/71 ältere Gebäude und Höfe durch Geschäftsbauten sowie neue Straßen ersetzt worden, zunächst vor allem in der Neustadt. Die Altstadt geriet mit Citybildung, Eröffnung von Unter- und Obermainbrücke, Hauptbahnhof und Westhafen weiter ins Abseits, blieb aber erhalten wie eine abgestreifte erste Haut. Daher konnte man um 1895 in Ffm. einen nahezu geschlossenen historischen Stadtkern mit spätmittelalterlichen Gassenverläufen und Parzellengrößen fotografieren.
Als direkter Auslöser für F.s Entschluss, „Bilder aus dem alten Ffm.“ aufzulegen, kann das Vorhaben gelten, auch die Altstadt aufzulockern, die neue Braubachstraße mit ihren „Zubringern“ (Bethmann-, Dom- und Battonnstraße) wie eine große Schneise durch den alten Baubestand zu brechen und das Rathaus zu erweitern. Angesichts des dafür geplanten Abrisses von über 200 Altstadthäusern wie auch des gleichzeitigen Umbaus etwa der Zeil zur Straße der Kaufhäuser unter Niederlegung älterer Palais und Hotels kam der Fotografie die zentrale Rolle der Erinnerung zu.
Anfangs half F. der junge Chemiker und fotografische Autodidakt Gottfried Vömel. Möglicherweise waren weitere, namentlich nicht bekannte Fotografen beteiligt; auch der inzwischen 70-jährige Carl Friedrich Mylius stellte ältere Aufnahmen zur Verfügung. In der Tradition von Carl Theodor Reiffenstein und Mylius ordnete F. jedem Bild Erläuterungen zu, für die er den Journalisten Franz Rittweger gewinnen konnte, der auf die „Oertliche Beschreibung der Stadt Ffm.“ von Johann Georg Battonn zurückgriff.
Die „Bilder aus dem alten Ffm.“ waren weit verbreitet; die Aufnahmen werden bis heute vielfach rezipiert, wenn auch meist rein illustrativ. Als Grund für den Erfolg kann die gelungene Zusammenstellung gelten: In bunter Folge finden sich Motive aus Altstadt, Neustadt und Sachsenhausen. In den späteren Lieferungen kommen auch Objekte außerhalb des ehemaligen Mauerrings vor, während die letzte Folge nur die Alte Brücke betrifft, deren Abriss und Neubau bevorstand. Das Mappenwerk enthält Gebäude, die gerade abgebrochen worden waren (z. B. Nr. 62: alte Peterskirche, Nr. 102: Hotel Englischer Hof, Nr. 92: Zeil 54-60, Nr. 143: Patrizierhaus „Viole“) oder für bevorstehende Durchbrüche fallen sollten, so etwa eine Häuserreihe am Theaterplatz (heute: Rathenauplatz), die einem breiteren Eingang zur Fressgass weichen musste (Nr. 271), oder Partien von Kruggasse, Nürnberger Hof und Hof Rebstock, die der Braubachstraße im Weg waren (Nr. 40, 161 und 167). Andererseits sind bis heute bekannte Objekte abgebildet, so der Samstagsberg (Nr. 133) oder die Häuser „Großer Engel“ (Nr. 85) und „Goldene Waage“ (Nr. 241).
Zur Beliebtheit der „Bilder aus dem alten Ffm.“ trugen nicht zuletzt die vielen genrehaften Details bei: Brunnen, Treppentürme, Portale, Haustüren, Hauszeichen und besonders Innenhöfe – aufgeräumt und mit Schmuckelementen versehen oder voller „Gelerch“, also Utensilien aus der Lebens- und Arbeitswelt der Bewohner. F. war nicht der einzige, der solche Motive fotografisch umsetzte. Einer der Bekanntesten ist heute der Franzose Eugène Atget (1857-1927), der zur selben Zeit Fassaden, Höfe, Hauseingänge, Türklopfer und kleine Geschäfte aus dem untergehenden Paris des 18. Jahrhunderts aufnahm und die Fotos als Vorlagen an Maler und Kunsthandwerker verkaufte. Veröffentlicht wurden seine Aufnahmen als Ganzes aber erst 1964. F. hat sie also wahrscheinlich nicht gekannt. Somit bleibt festzuhalten, dass derartige Motive angesichts des raschen Umbaus europäischer Großstädte generell an Popularität gewannen, zuerst in Malerei und Grafik (in Ffm. etwa bei Reiffenstein, Anton Burger oder Bertha Bagge).
F. ging es im Gegensatz zu bestimmten britischen und amerikanischen Fotografen (Henry Mayhew/John Brinny, Thomas Annan, Adolphe Smith/John Thompson, Jacob Riis, Lewis Hine) oder Heinrich Zille nicht vorrangig um soziale Themen. Einige der Motive deuten allerdings problematische Wohnverhältnisse an, wie es sie in vielen Teilen der Stadt gab. Dabei handelte es sich um ältere Häuser, die immer weiter verbaut worden waren, um noch mehr Mieteinnahmen zu erzielen, oder um Objekte, die schon länger zum Abriss bestimmt und entsprechend vernachlässigt worden waren.
Mit den „Bildern aus dem alten Ffm.“ konnten F. und Rittweger den vielfach abgebildeten Monumentalbauten des gründerzeitlichen Ffm. eine unbefangene Dokumentation der älteren Stadt an die Seite stellen, wie es sie bis dahin nicht gegeben hatte. Damit war in der Phase der stärksten Expansion unter Oberbürgermeister Franz Adickes ein fotografischer Kontrapunkt gesetzt. Die Bildtexte Rittwegers brachten zudem leichte Kritik an Gewinnstreben und Anspruchsdenken als Merkmalen der neuen, industriell-kapitalistischen Epoche zum Ausdruck; so wird etwa die Abbildung eines der vielen kleinen Innenhöfe damit begründet, dass sie „eine Vorstellung gibt von der alten genügsamen Weise, mit der die (…) im Schwinden begriffene ältere Generation in den Winkeln und Ecken lebte und sich ihrer Beschäftigung hingab“ (zu Nr. 50).
Die „Bilder aus dem alten Ffm.“ inspirierten Liebhaberfotografen, die sich in der 1903 gegründeten „Gesellschaft Vereinigter Amateurfotografen zu Frankfurt am Main“ (Vorsitz: Carl Abt) zusammengefunden hatten. In der Suche nach dem Einmaligen und Pittoresken (winklige Gassen, alte Höfe, stille Plätze, verträumte Brunnen, altertümliche Läden usw.) berührte sich diese Strömung wiederum mit der „Kunstfotografie“ als internationaler Bewegung. Die organisierten Amateurfotografen profitierten zwar von der Vereinfachung ihrer Liebhaberei durch die Fotoindustrie (Trockenplatten, leichtere Kameras, bessere Papiere), reagierten auf die schematisierte fotografische Produktion der Gründerzeit aber mit dem Streben nach individueller Gestaltung, oftmals in Richtung einer Imitation malerischer Eindrücke und Techniken (pittoreske Motive, absichtliche Unschärfen, besondere Drucktechniken u. a. m). Als „malerisch“ galten vorzugsweise landschaftliche oder historische Motive, was die Allianz zwischen Fotografie und Gedächtnisinstitutionen bekräftigte. F.s „Bilder aus dem alten Ffm.“ trugen damit zu Bildmustern bei, die die visuelle Repräsentation des historischen Ffm. lange prägten, bis sie ab etwa 1930 durch die Kleinbildaufnahmen von Paul Wolff, Max Göllner u. a. um neue Perspektiven erweitert wurden.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Tobias Picard.
Artikel in: Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 197, verfasst von: Sabine Hock.

Literatur:
                        
Bartetzko, Dieter/Hoffmann, Detlef/Junker, Almut/Schmidt-Linsenhoff, Viktoria [Hg.]: Fft. in frühen Photographien 1850-1914. München 1977, Neuaufl. 1988.Bartetzko u. a. (Hg.): Fft. in frühen Photographien 1977. | Die Ffter Altstadt – Geschichte und Geschichten. Vorträge eines Symposiums im ISG Ffm. 2018 (im Druck).Picard, Tobias: Die Altstadt im Bild – Fotokampagnen 1896-1943. In: Die Ffter Altstadt – Geschichte u. Geschichten (im Druck). | Fay, Carl Friedrich/Rittweger, Franz: Bilder aus dem alten Ffm. 26 Hefte. Ffm. 1896-1911.Fay/Rittweger: Bilder aus dem alten Ffm. 1-26 (1896-1911). | Frühe Photographie im Rhein-Main-Gebiet 1839-1885. Katalog zur Ausstellung im Haus Giersch – Museum Regionaler Kunst. Redaktion: Manfred Großkinsky, Birgit Sander. Ffm. 2003.Kat. Frühe Photographie im Rhein-Main-Gebiet 2003. | Mayer-Wegelin, Eberhard (Hg.): Das alte Fft. Photographien von 1855-1890 von Carl Friedrich Mylius. München 2014.Mayer-Wegelin (Hg.): Photographien von Carl Friedrich Mylius 2014. | Rittweger, Franz: Das alte Fft. Fotos von Carl Friedrich Fay. [Unvollständige Ausgabe von „Bilder aus dem alten Ffm.“ in einem Band.] Eingeleitet von M. Imhof. Petersberg 2006.Rittweger/Fay: Das alte Fft. 2006.
Quellen: ISG, Einwohnermeldekartei („Nullkartei“), ca. 1870-1930.ISG, Nullkartei. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/9.816. | Institut für Stadtgeschichte Ffm. (ISG FFM).ISG, Fotosammlung S7A (Topographie vor 1943).

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Empfohlene Zitierweise: Picard, Tobias: Fay, Carl Friedrich. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/2161

Stand des Artikels: 28.6.2019
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 07.2019.