Sohn des Ffter Malers und Restaurators
Johann Ludwig Ernst M. (1738-1819) und dessen Ehefrau Anna Maria, geb. Alleintz (1749-1816). Verheiratet (seit 1806) mit Maria Magdalena M., geb. Bansa (1778-1865), aus Ffm. Der Sohn
Carl M. (1811-1893) und der Enkel
Friedrich Ernst M. (1853-1919) waren ebenfalls als Maler in Ffm. tätig.
M. erhielt seine erste Ausbildung in der väterlichen Werkstatt in Ffm. In dieser Zeit schuf er Kircheninterieurs im Stil seines Vaters und Landschaftsbilder aus der Umgebung von Ffm. Die sich abzeichnende Spezialisierung auf das Landschaftsfach vertiefte er während eines Studienaufenthalts in Dresden (1797-98), wo er Unterricht bei dem Akademielehrer und Landschaftsmaler Johann Christian Klengel (1751-1824) nahm, Werke der Gemäldegalerie – vor allem Viehstücke nach
Johann Heinrich Roos (1631-1685), Paulus Potter (1625-1654), Jan Asselijn (1610-1652) und Nicolaes Berchem (1621/22-1683) – kopierte, Radierungen anfertigte und die sächsische Landschaft studierte. Sein Wunsch, die Ausbildung in Kassel fortzusetzen, ging nicht in Erfüllung. 1799 kehrte er nach Ffm. zurück. Im Jahr seiner Heirat (1806) reichte M. sein Meisterstück, eine idealtypische Landschaft aus der Umgebung von Ffm. (heute als Dauerleihgabe des HMF im Städel Museum), auf dem Römer ein und wurde in die Malergesellschaft aufgenommen. Nach dem Tod des Vaters (1819) übernahm er die bis dahin gemeinsam geführte Maler- und Restaurierungswerkstatt.
M.s Werk zeichnen zwei Schwerpunkte aus: gemalte Landschaften aus der unmittelbaren Umgebung von Ffm. und topografische Ansichten der Stadt Ffm., die er als (kolorierte) Radierungen in Einzelblättern und Serien veröffentlichte; auch einzelne Ffter Ereignisbilder aus den Jahren der Revolutions- und der napoleonischen Kriege erschienen als Radierungen. Die Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde mit Landschaften bilden ein überschaubares Oeuvre; ein unvollständiges handschriftliches Verzeichnis nur der Gemälde (in Privatbesitz) listet nicht mehr als ein Dutzend Darstellungen aus der Frühzeit auf, vornehmlich der Bockenheimer und der Rödelheimer Gegend sowie der Sächsischen Schweiz und einiger Phantasielandschaften, die von Ffter Sammlern erworben wurden.
Bei dem Kunstverleger und Kupferstecher Johann Georg Reinheimer (1777-1820) brachte M. 1803 die „Malerische Wanderung auf den Altkönig und einen Theil der umliegenden Gegend im Sommer 1802“ mit zwölf ganzseitigen und acht halbseitigen Radierungen sowie zehn Vignetten heraus. Er griff damit das sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts anbahnende Interesse am Taunus als geschichtsträchtiger, touristischer Region auf und verknüpfte Natur- und Kunsterlebnis miteinander, worin ihm insbesondere der Pfarrer
Johann Ludwig Christ und der Kunstschriftsteller
Henrich Sebastian Hüsgen vorausgegangen waren. M. wies in der „Malerischen Wanderung“ auf (vermeintlich) römerzeitliche und besonders auf mittelalterliche Relikte hin, die er auch im Bild vor dem Untergang retten wollte. Ebenso zeugen die Darstellungen der im Zuge der Entfestung Fft.s ab 1804 abgerissenen Stadttore, der 1829 niedergelegten Michaelskapelle und der zweckentfremdeten Karmeliterkirche von dem historischen und denkmalpflegerischen Interesse M.s. Hierin sollte ihm in Ffm. vor allem der Maler und Zeichner
Carl Theodor Reiffenstein mit seiner „Sammlung Ffter Ansichten“ nacheifern. Ein herausragendes grafisches Werk von M. ist das Folioblatt „Der Frankfurter Dom mit dem Pfarrthurme und den Fleischschirnen“ (1813), das von Friedrich Christian Reinermann (1764-1835) als Aquatintaradierung nach der Zeichnung und dem Gemälde M.s herausgegeben wurde.
Zu den topografischen Arbeiten von M. gehört ein Rundpanorama Fft.s vom Turm der Katharinenkirche aus, das von Juli 1811 bis Mai 1812 in einem dafür geschaffenen Rundgebäude im Kaiserhof an der Großen Bockenheimer Gasse besichtigt werden konnte; die zahlreichen Staffagefiguren (insgesamt „2.205 Personen, 146 Wagen und 762 Tiere in den mannichfaltigsten Stellungen, Beschäftigungen und Gruppierungen“ lt. der Beschreibung von Bernhard Hundeshagen, 1811) stammten von dem Schweriner Maler Johann Carl Wilck (1772/74-1819). M. setzte mit dieser monumentalen, 46 Meter langen und sieben Meter hohen Arbeit auf ein modernes und erfolgreiches Massenmedium, das – ausgehend von London und Paris – für ein städtisches Publikum eine neue Seherfahrung kommerzialisierte: Durch eine Rundumsicht wurde der Betrachter mitten in ein historisches oder zeitnahes Ereignis, eine Landschaft oder eine Stadtszenerie versetzt. Zur besseren finanziellen Vermarktung gingen solche Panoramen auf Reisen und wurden meist in temporären Gebäuden etwa auf Jahrmärkten gezeigt; der Bamberger Kunsthändler und reisende Panorama-Unternehmer Burckard Wächter erwarb das M.’sche Rundbild und präsentierte es in verschiedenen süddeutschen Städten, bevor es offensichtlich auf einer dieser Ausstellungsreisen zu einem unbekannten Zeitpunkt nach 1820 verbrannte. Überliefert ist es lediglich durch acht aquarellierte und um 1860 von
Carl Theodor Reiffenstein erworbene und restaurierte Entwurfszeichnungen (heute im HMF) und eine gedruckte Beschreibung von Bernhard Hundeshagen (1784-1858) mit radiertem Orientierungsplan (1811). M.s Panorama bildete den Auftakt für weitere Rundbilder des 19. Jahrhunderts, u. a. von Ferdinand Rothbart (1823-1899), der das Ffter Stadtbild 1850 vom selben Standort aufnahm. Die topografischen Arbeiten M.s sind bis heute eine wichtige Quelle für die Kunst- und Architekturgeschichtsschreibung Fft.s; insbesondere
Reiffenstein zog sie wiederholt als bildliche Belege für seine Rekonstruktionen und historischen Beschreibungen heran. Ein kleines Panoramagemälde in der Sammlung
Prehn zeigt den Blick vom Niederwald in den Rheingau und nach Bingen (heute im HMF).
1825 veröffentlichte M. im Verlag von
Gerhard Friedrich Wilmans die Serie „Kleine Ansichten von Frankfurt am Main“ mit 20 (in späteren Auflagen 36) Radierungen Ffter Sehenswürdigkeiten. Diese Ansichten richteten sich gleichermaßen an die heimische Kundschaft wie an die zahlreichen, auch internationalen Touristen, die Ffm. auf ihrer Reise entlang des Rheins besuchten. Die radierten (und kolorierten) Stadtveduten waren als wirklichkeitsgetreue Erinnerungsstücke gedacht und besaßen noch nicht den romantisierenden Charakter der kurz danach entstehenden, meist lithografischen „Voyages pittoresques“. Laut einer Ankündigung der Grafikfolge in der Zeitschrift „Iris“ eigneten sich die kleinformatigen Blätter besonders für Stammbücher und Brieftaschen sowie für „Arbeitskästchen der Damen“. Die Annonce hob eigens die Staffagefiguren („Spaziergänger, Arbeitsleute, Schiebkärcher, Schornsteinfeger, Schiffer, Gärtner, Soldaten u. s. w.“) hervor; eine früher entstandene kleine Serie von im Stadtraum tätigen Handwerkern deutet bereits auf das Interesse M.s für solche Berufsdarstellungen hin.
M. führte außerdem die florierende Restaurierungswerkstatt seines Vaters
Johann Ludwig Ernst M. fort, in der er Gemälde von Sammlern aus Deutschland und dem Ausland ausbesserte. Die Tätigkeit von Vater und Sohn auf diesem Gebiet ist ab 1806 in einem umfangreichen Arbeitsbuch (in Privatbesitz) dokumentiert. Darin sind mehr als 7.000 Aufträge von über 500 Auftraggebern aus neun Ländern verzeichnet, darunter Restaurierungen von zahlreichen Gemälden des Städel’schen Kunstinstituts. Zudem betätigte sich M. als Experte bei der Erstellung von Inventaren und Auktionskatalogen sowie bei der Hängung von privaten Gemäldekabinetten. Die vom Vater geerbte Verehrung für den Ffter Maler
Johann Heinrich Roos äußerte sich bei M. nicht nur in frühen Kopien, sondern auch in seinem „Anfang einer Sammlung radirter Blätter mit Originalgemälden des
Johann Heinrich Roos“, einer von ihm publizierten Serie von sechs Blättern mit Gemäldereproduktionen (1805).
M. setzte auch das von seinem Vater
Johann Ludwig Ernst M. begonnene Miniaturkabinett mit über 50 verkleinerten Kopien, überwiegend nach von ihnen restaurierten Bildern niederländischer, flämischer und deutscher Meister, fort und schloss es 1843 ab. Er verlagerte dabei den Schwerpunkt noch stärker auf Werke der niederländischen Schule, die ihm als vorbildlich galten und namentlich in Ffter Sammlungen zahlreich vertreten waren. Kunstpolitisch und programmatisch interessant – und gegenläufig zu dem eigentlichen Schwerpunkt des Miniaturkabinetts – sind die beiden jeweils zentral in den Kabinettschränken 1 und 3 platzierten Gemäldekopien nach Werken von
Dürer (1821) und Raffael (1843), die als Solidaritätsbekundung für die Ffter Nazarener bzw. für deren Hauptvertreter und Städeldirektor
Philipp Veit gedeutet werden könnten.
Veit trat 1843 wegen des Ankaufs eines protestantischen Historienbildes von
Carl Friedrich Lessing durch die Administration des Städel’schen Kunstinstituts zurück. Das Miniaturkabinett, das schließlich drei „Flügelaltäre“ mit 205 Gemälden umfasste, wurde 1857 vom Sohn
Carl M. an den Ffter Kunsthändler Anton Baer verkauft und gelangte nach England, von wo es erst 1979/80 wieder zurückerworben werden konnte (heute im HMF und im FDH / Ffter Goethe-Museum).
M. nahm maßgeblichen Anteil an der künstlerischen Ausbildung und Etablierung seines Sohns
Carl M., u. a. durch zahlreiche briefliche Ratschläge und Werkkritiken während dessen Ausbildungsreisen nach München und Italien sowie durch die Vermittlung von Verkäufen und Ausstellungsmöglichkeiten bei verschiedenen deutschen Kunstvereinen.
Die Hanauer Zeichenakademie ernannte Johann Friedrich M. und seinen Vater
Johann Ludwig Ernst M. 1815 zu Mitgliedern.
Werke M.s sind besonders in den Ffter Institutionen (Städel Museum, Historisches Museum, Freies Deutsches Hochstift / Ffter Goethemuseum, Institut für Stadtgeschichte) zahlreich erhalten.
Selbstbildnis (um 1835/40) im HMF.
M. wohnte zeitlebens in dem von seinem Vater erworbenen Haus an der Zeil Lit. D 203 (später Nr. 49). Grabstätte auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann A 101).
Der schriftliche Nachlass (Briefe, Arbeitsbücher) von M. befindet sich in Privatbesitz.
Ausstellungen der Werke M.s fanden im Kontext der
Malerfamilie M. statt, etwa 1911 im Ffter Kunstverein, 1938/39 im Städel, 1982 durch die Museumsgesellschaft Kronberg und 1999/2000 im Freien Deutschen Hochstift / Ffter Goethe-Museum. Dem Rundpanorama Fft.s von M. widmete das HMF 1996 eine Sonderausstellung, in der der Orientierungsplan und die Entwürfe zu dem Rundbild im Original präsentiert wurden. Zwei Kästen des M.’schen Miniaturkabinetts sind seit 1988 im HMF zu sehen, zunächst in der Dauerausstellung „Bürgerliche Sammlungen“, seit 2012 in der Dauerausstellung „Ffter Sammler und Stifter“; das dritte Kabinett gehört als Dauerleihgabe der Bethmann Bank zur Gemäldesammlung des Freien Deutschen Hochstifts / Ffter Goethe-Museums und wird heute in der Goethe-Galerie des Deutschen Romantik-Museums gezeigt.
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Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 64f.,
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